By Published On: 29. April 2021Categories: Gesundheit, Psychologie, Wirtschaft

Dachgärten und Balkone werden heutzutage als „grüne Wohnzimmer“ im Freien bezeichnet. Sie sorgen für Ruhe und bieten zudem eine Erweiterung des Lebensraums. In diesen „grünen Wohnzimmern“ lässt sich die Natur erleben. Es können Pflanzen beim Gedeihen und Blühen beobachtet und auch verschiedene Insekten bestaunt werden. Zudem schafft dieser Lebensraum die Möglichkeit eigenes Obst und Gemüse anzubauen (Modery & Kötter, 2014, S. 13).
Urban Gardening erlangt immer mehr Beliebtheit. Darunter wird Gartenarbeit in Form von Bepflanzung von Balkon- und Dachgärten oder Brachflächen verstanden, sowie das Gärtnern in Gemeinschaftsgärten. Schließlich macht das Arbeiten im Garten nicht nur Spaß, sondern reduziert zugleich Stress (Kropp, 2019, S. 36-37). Die Wahrnehmung der Natur trägt auch zur Wiedererlangung der normalen Leistungsfähigkeit bei. Des Weiteren erzeugt ein Naturaufenthalt eine gute Stimmung und bewirkt, dass Anspannungen besser unter Kontrolle bleiben (Flade, 2018, S. 56). Eine Statista-Umfrage zu Maßnahmen zum Stressabbau nach Geschlecht im Jahr 2017 in Deutschland ergab, dass rund 54% der befragten Frauen und etwa 47% der Männer, Spazieren gehen und Gartenarbeit nutzen, um Stress abzubauen (Statista-Umfrage, 2017).
Es stellt sich daher die Frage, ob Firmengärten zur Gesundheitsförderung in einer Organisation eine Möglichkeit darstellen?

Gesundheit: ein wichtiges Gut

In der heutigen Zeit ist neben der Urbanisierung, die verstärkt Hektik, Lärm und Crowding mit sich bringt, auch der vermehrte Leistungsdruck in der digitalisierten Arbeitswelt verantwortlich für erhöhtes Stressempfinden. Sobald eine Situation als bedrohlich oder überfordernd bewertet wird, folgt Stress. Wenn es zu der Feststellung kommt, dass eine Situation nicht bewältigbar ist, d.h. die Umstände nicht verändert und die Belastungsfaktoren nicht aufgehoben bzw. vermieden oder entschärft werden können, steigt der Stress an. Bei einer aussichtlosen Situation wird der momentane Stress zu chronischem (Flade, 2018, S. 58).
In Unternehmen konzentriert sich die betriebliche Gesundheitsförderung auf die Entwicklung der körperlichen und psychischen Gesundheit der Mitarbeiter. In der Fachsprache wird unter Gesundheitsentwicklung die Sanogenese oder Salutogenese verstanden. Aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen psychischer Gesundheit und Leistungsfähigkeit, steht auch die Entwicklung der Leistungsfähigkeit im Fokus (Rudow, 2011, S. 222-223). Erholte Menschen schaffen es eher mit Belastungen umzugehen und Ich-Funktionen (Konzentrationsfähigkeit, Widerstand gegen Versuchungen, Affektkontrolle) zu bewahren (Flade, 2018, S. 58). Es geht bei der betrieblichen Gesundheitsförderung folglich darum, gezielte präventive Maßnahmen heranzuziehen. Dadurch lassen sich die physische und psychische Gesundheit aller Arbeitnehmer aktiv bestärken (Poppelreuter, 2018, S. 173). Damit Unternehmen Gesundheitsfördermaßnahmen einsetzen, bedarf es aussagekräftige Evaluierungen von Gesundheitsprogrammen (Adam 1990, Grundlach, 1992, Janßen 1991; zitiert nach Sonntag, Frieling & Stegmaier, 2012, S. 296). Programmevaluationen von Gesundheitsförderungsmaßnahmen richten sich auf die Bestätigung der Effektivität, aber auch auf die Einschätzung ihrer ökonomischen Effizienz (Sonntag et al., 2012, S. 296).

Die Effektivität von Firmengärten

Es konnte vielfach nachgewiesen werden, dass Naturräume als auch Stadtblau und Stadtgrün im Allgemeinen eine gesundheitsfördernde und gesundheitsschützende Wirkung haben (Claßen & Bunz, 2018, S. 721). Schon Kurzbesuche in Naturgebieten haben eine positive Auswirkung auf den wahrgenommenen Stressabbau im Gegensatz zu Aufenthalten in grünarmen Umgebungen (Tyrväinen et al. 2014, S 1). Ein angelegter Firmengarten kann daher für Entspannung und Erholung sorgen. Darüber hinaus begünstigt er die Kommunikation der Angestellten untereinander und trägt zur Verbesserung des Betriebsklimas bei (Menke, 2016, S. 120). Es muss kein Park rings um das Firmengebäude angelegt werden, auch Dächer bieten eine Möglichkeit ebenfalls green spaces für die Beschäftigten zu errichten (Flade, 2018, S. 153). Auf Dachterrassen lassen sich z.B. Töpfe, Holzbottiche, Pflanzenkästen, Hochbeete sowie Balkonkästen aufstellen. Holzbottiche können als Seerosenteich eingesetzt werden. Des Weiteren lässt sich eine naturnahe Atmosphäre durch einen dünnen Grasteppich auf dem Dachgartenboden schaffen (Modery & Kötter, 2014, S. 21).  Auch auf Balkonen, Brachflächen oder an Fassaden können Gurken, Salate, Tomaten, Erdbeeren und Paprika angebaut werden (Dierich & Thomaier, 2014, S. 37).
Da Geschäftsräume oft in Stadtzentren oder in Industriegebieten liegen, sind Firmengärten außerdem ökologisch höchst wirksam. Das bedeutet, dass diese sowohl zum Artenschutz beitragen als auch das städtische Kleinklima verbessern. Besonders großflächige Begrünungen auf Fassaden oder Dächern reduzieren Immissionen von Staub und Lärm. Da hier zum Teil der Ressourcenverbrauch und die Überbauung ausgeglichen wird, kann ebenfalls ein positives Statement nach außen (Bewusstsein für Mit- und Umwelt sowie Natur) gesetzt werden. Dieses Verantwortungsbewusstsein wird von der Stiftung „Die grüne Stadt“ gefördert. Seit einigen Jahren veranstaltet diese einen Wettbewerb zum Greening von Firmengärten (Menke, 2016, S. 120-121).

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Aufenthalt in der Natur eine erholungsfördernde Aktivität darstellt (Blasche, 2019, S. 78). „Entspannung, Faszination, Zufriedenheit, positive Gefühle und Gedanken stellen sich ein, zündende, Ideen fließen“ (Gans, Dienemann, Hume & Lorino, 2020, S. 32). Darum ist ein Firmengarten vor allem für Unternehmen mit Sitz in grünarmen Umgebungen eine Überlegung wert. Naturgemäß sind Firmengärten mit Beschaffungs- und Instandhaltungskosten verbunden, bringen aber eine Reihe von Vorteilen mit sich. Ein Firmengarten trägt dazu bei, das Wohlbefinden der Angestellten zu erhöhen. Darüber hinaus schafft ein gemeinsamer Garten Raum für viele Möglichkeiten. Je nach verfügbaren Platz können Sportaktivitäten, Entspannungsübungen, Kundengespräche, Meetings oder Events verrichtet werden. Es kann schließlich festgehalten werden, dass erholte Mitarbeiter ein Gewinn für das gesamte Unternehmen sind. 

Literatur

Blasche, B. (2019). Erholung als Maßnahme der Prävention arbeitsbedingter Ermüdung, Psychologie in Österreich 1 & 2, S. 74-81.

Claßen, T. & Bunz, M. (2018). Einfluss von Naturräumen auf die Gesundheit. Evidenzlage und Konsequenzen für Wissenschaft und Praxis, Bundesgesundheitsbl. Nr. 61, S. 720-728. https://doi.org/10.1007/s00103-018-2744-9.

Dierich, A. & Thomaier, S. (2014). Lebensmittel vom Dach, Ökologisches Wirtschaften, 29. Bd., Nr. 1. S. 37- 40.

Flade, A. (2018). Zurück zur Natur? Erkenntnisse und Konzepte der Naturpsychologie. Wiesbaden: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-658-21122-6.

Gans, C., Dienemann, K., Hume, A. & Lorino, A. (2020). Arbeitsraum Natur. Handbuch für Coaches, Therapeuten, Trainer und Organisationen. Wiesbaden: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-658-29939-2.

Kropp, A. (2019). Grundlagen der Nachhaltigen Entwicklung. Handlungsmöglichkeiten und Strategien zur Umsetzung. Wiesbaden: Springer Gabler. https://doi.org/10.1007/978-3-658-23072-2.

Menke, P. (2016). Grüne Infrastruktur. Konzepte und Strategien zur Förderung eines Bewusstseins für den Wert von Stadtgrün-. Standort 40, S. 117-122. https://doi.org/10.1007/s00548-016-0424-2

Modery, A. & Kötter, E. (2014). City-Gardening. Erfolgreich gärtnern ohne Garten. Schwarzenbek: Cadmos.

Poppelreuter, M. (2018). Psychische Belastungen in der Arbeitswelt 4.0. Entstehung – Vorbeugung – Maßnahmen. Berlin: Erich Schmidt.

Rudow, B. (2011). Die gesunde Arbeit. Arbeitsgestaltung, Arbeitsorganisation und Personalführung (2. Aufl.). München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag.

Sonntag, K., Frieling, E. & Stegmaier, R. (2012). Lehrbuch Arbeitspsychologie (3. Aufl.). Bern: Hans Huber.

Statista-Umfrage, (2017). Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um Stress abzubauen? Verfügbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/282583/umfrage/umfrage-zum-massnahmen-zum-stressabbau-nach-geschlecht/ [24.02.2021].

Tyrväinen, L., Ojala, A., Korpela, K. Lanki, T., Tsunetsugu, Y. & Kagawa, T. (2013). The influence of urban green environments on stress relief measures: A field experiment. Journal of Environmental Psychologie, Nr. 38., S. 1-9.

Beitragsbild von Frank Nürnberger auf Pixabay:
https://pixabay.com/de/photos/london-city-rooftop-garten-stadt-4816070/ [26.04.2021].

Teile diesen Artikel