Seit nahezu einem Jahr befindet sich die Welt aufgrund des Virus COVID-19 im Ausnahmezustand. Sämtliche Restaurants sowie der Handel wurden geschlossen, körpernahe Dienstleistungen wie Friseure oder Nagelstudios konnten nicht mehr in Anspruch genommen werden und etliche Unternehmen mussten so rasch wie nur möglich zum mobilen Arbeiten, Tele-Arbeit bzw. Homeoffice umstrukturieren. Dass man die Arbeit von einem Tag auf den anderen nicht mehr wie gewohnt umsetzen kann, stellt für viele eine Herausforderung dar. Doch wie können Unternehmen die Mitarbeiter, trotz der belastenden Situation, dazu motivieren, die Arbeit so gut wie möglich zu erledigen, ohne dabei zu viele Ressourcen der Mitarbeiter zu beanspruchen? Zunächst werden einige Vor- und Nachteile des Homeoffice aufgezeigt, um dann Möglichkeiten für eine erfolgreiche Gestaltung bieten zu können.
Vor- und Nachteile des Homeoffice
Vorteile:
Durch den verkürzten Arbeitsweg ergibt sich die Möglichkeit, länger zu schlafen bzw. wesentlich mehr Zeit, die man bspw. für ein Frühstück in Ruhe nutzen kann, während man dies ansonsten häufig im Gehen oder in den öffentlichen Verkehrsmitteln am Weg zur Arbeit zu sich nimmt. Abgesehen davon kann die gewonnene Zeit auch für Sport oder andere Hobbies genutzt werden. Weiters wird das Unfallrisiko im öffentlichen Straßenverkehr eingedämmt, indem weder ein Auto oder die (Straßen- oder U-)Bahn genutzt werden muss. Dadurch werden Kosten für den Arbeitnehmer geringer gehalten: Tickets für den öffentlichen Straßenverkehr oder die ansonsten regelmäßigen Tankkosten fallen weg, ebenso wie Kosten für arbeitstaugliche Kleidung (sofern diese nicht der Arbeitgeber zur Verfügung stellt) bzw. deren Reinigung, das Kantinenessen, der schnelle Coffee-to-go oder ein gemütlicher After-Work-Drink. Durch die Zeit in den eigenen vier Wänden ergibt sich auch eine gewisse Flexibilität. Arzttermine oder Termine mit dem Handwerker können – natürlich nach Absprache mit der/dem Vorgesetzten – während der Arbeitszeit, bspw. im Rahmen einer längeren Pause, wahrgenommen werden, wofür man sich sonst evtl. einen Urlaubstag nehmen musste. Dies ermöglicht den Arbeitnehmern eine bessere Gestaltung der Work-Life-Balance und erspart eine Menge Stress. Ebenso kann der Stress für Personen, die in einem Großraumbüro tätig sind, durch das Arbeiten im Homeoffice reduziert werden, da man nicht den ganzen Tag einem enormen Lärmpegel ausgesetzt ist.[1]
Nachteile:
Laut einer Umfrage von der DAK-Krankenkasse ist der größte Nachteil des Homeoffice die Einschränkung der sozialen Kontakte. Der direkte Austausch mit den Kollegen fehlt vielen. Dicht gefolgt von dem Fehlen des raschen Austausches bei auftretenden Fragen bezüglich der Arbeit. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Schwierigkeit, Privates und Berufliches erfolgreich zu trennen. Sämtliche Unterlagen, die den Job betreffen, befinden sich nun in der privaten Umgebung, wo man sonst abschalten kann und die Gedanken nicht mehr um die Arbeit herumschwirren. Die „Grenze“ vom Arbeitstag zum Feierabend verschwimmt oft und ein Abschalten ist nicht möglich. Durch die vermehrte Zeit im eigenen Zuhause sieht man vielleicht auch Dinge, die erledigt werden sollten, schneller, als wenn man normalerweise nach einem langen Arbeitstag bzw. -weg nach Hause kommt. Dadurch besteht die Gefahr, dass man das Ausräumen des Geschirrspülers, das Waschen der Wäsche, etc. während der Arbeitszeit erledigt und somit keine klaren Trennlinien zwischen der Arbeit und dem Privatleben ziehen kann.[2] Sind dann auch noch weitere Personen (Lebenspartner, Kinder) oder Haustiere andauernd präsent, kann die Konzentrationsfähigkeit enorm darunter leiden, was dazu führen kann, dass die Arbeit nicht ordentlich erledigt wird und folglich zu Problemen führen kann. Durch das fehlende „Herrichten“ bzw. die tägliche Morgenroutine ergibt sich die Verlockung, den ganzen Tag ungestylt im Pyjama vor dem PC zu sitzen, so kann schnell das Gefühl vermittelt werden, „faul“ zu sein, obwohl man arbeitet. Somit geht eine gewisse Strukturiertheit des Tages leicht verloren, wodurch man sich leicht „verlieren“ kann. Dieser „Schlabberlook“ kann ein falsches Selbstbild vermitteln und folglich kann die Gefahr bestehen, dass jegliche Arbeitsmotivation verloren geht und man schneller als gedacht auf der Couch landet, was sich keinesfalls positiv auf die Arbeit auswirkt.
Gestaltungsmöglichkeiten des Unternehmens
Für viele Unternehmen stellte diese rasche bzw. „erzwungene“ Umstrukturierung eine große Hürde dar. Ein Mangel an technischen Geräten oder die Bereitschaft der Mitarbeiter, von zuhause aus zu arbeiten, forderte alle Beteiligten bei der erfolgreichen Umsetzung heraus. Trotz der anspruchsvollen Situation sollten Unternehmen nicht auf das Wohl der Mitarbeiter vergessen. Durch Anwendungen wie Skype oder Microsoft Teams kann der tägliche und rasche Austausch mit Kollegen erfolgen. Ebenso können regelmäßige Team-Meetings in Form von Videokonferenzen abgehalten werden, damit sich die Mitarbeiter – zumindest virtuell – mal wieder sehen können. Die Investition in solch eine Anwendung könnte dem größten Nachteil laut Umfrage der DAK-Krankenkasse des Homeoffice entgegenwirken.[3] Um den Mitarbeitern trotz Distanz stets als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen, ist es als Vorgesetzter wichtig, erreichbar zu sein. Diverse Fragen oder Anfragen können und sollten per Skype, Telefon oder E-Mail rasch geklärt werden, natürlich nur im Rahmen der gesetzlich geregelten Arbeitszeiten, da sonst die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatzeit verschwimmen. Über diese digitalen Plattformen könnten auch Workshops angeboten werden, wie man eine gesunde Work-Life-Balance trotz Homeoffice gestalten kann. Für viele Mitarbeiter könnte es auch ein Anreiz sein für diverse „Unannehmlichkeiten“, bspw. eigene Räume nutzen oder Strom- und Internetkosten, einen monetären Ersatz zu bekommen. Dies könnte in Form von einem pauschalierten Kostenbeitrag oder Gutscheinen für Möbelausstattungshäuser oder Lebensmittelhandelsketten gestaltet werden. Dadurch kann den Mitarbeitern ein gewisses Gefühl der Wertschätzung und Dankbarkeit des Unternehmens vermittelt werden.
Gestaltungsmöglichkeiten des Individuums
Natürlich bedarf es auch Eigenmotivation des Mitarbeiters, erfolgreich im Homeoffice zu sein. Ein wichtiger Schritt dabei ist es eine Struktur oder Routine hineinzubringen, ein Beispiel dafür liefert folgende Tabelle:
06:30 – 07:30 Uhr | Aufstehen, Morgenhygiene, Frühstück |
07:30 – 10:00 Uhr | Arbeiten |
10:00 – 10:15 Uhr | Bildschirmpause, Lüften |
10:15 – 12:00 Uhr | Arbeiten |
12:00 – 12:45 Uhr | Mittagspause (am besten außerhalb des Büros verbringen und dieses währenddessen lüften) |
12:45 – 14:00 Uhr | Arbeiten |
14:00 – 14:15 Uhr | Bildschirm- und evtl. Kaffeepause, Obstjause, Lüften |
14:15 – 16:30 Uhr | Arbeiten |
Ab 16:30 Uhr | Feierabend – PC und Arbeitstelefon abschalten, Türe zum Büro schließen, einen Spaziergang einlegen, Sport machen, ein Buch lesen, entspannen und keinen Gedanken mehr an die Arbeit verlieren |
Sind die Tage strukturiert, gelingt es möglicherweise besser, die Arbeits- und Pausenzeiten einzuhalten, um danach mit dem Arbeitstag abschließen und entspannt in den Feierabend gehen zu können. Ebenso ist es wichtig, das eigene Selbstbild positiv zu wahren, indem man sich bspw. auch zuhause die Haare macht, den Pyjama aus- und Arbeitsklamotten anzieht, auf eine ausgewogene Ernährung und Bewegung achtet, etc., denn sobald man vor dem PC „vergammelt“ kann sich dies sehr schnell negativ auf die Selbstwahrnehmung und folglich auf viele weitere Lebensbereiche auswirken.
Fazit
Für viele Unternehmen überwiegen die Vorteile des Homeoffice (bspw. Ersparnisse durch Mietkosten der Räumlichkeiten) und auch die Mitarbeiter haben Großteiles Gefallen an dieser Arbeitsweise gefunden und wünschen sich Homeoffice auch nach der Pandemie, wie eine Umfrage der Arbeiterkammer Österreich deutlich macht.[4] Als besonders angenehm wird dabei die gewonnene Zeit aufgrund des wegfallenden Arbeitsweges und die bessere Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben gesehen.[5] Sofern die bereits angesprochenen Möglichkeiten seitens des Unternehmens und der Mitarbeiter umgesetzt werden, kann sich Homeoffice sowohl für das Unternehmen als auch für die Mitarbeiter durchaus positiv auswirken.
[1] Vgl. Statista, Juli 2020b
[2] Vgl. Statista, Juli 2020a
[3] Vgl. Statista, Juli 2020a
[4] Vgl. Statista, Juni 2020
[5] Vgl. Statista, Juli 2020b
Literatur:
Statista: (Juni 2020). Möchten Sie auch nach der Corona-Krise öfter im Home Office arbeiten? Abgerufen am 17.02.2021. Verfügbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1116550/umfrage/home-office-wunsch-nach-der-corona-krise-in-oesterreich/
Statista: (Juli 2020a). Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu den Nachteilen von Homeoffice zu?. Abgerufen am 15.02.2021. Verfügbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1135513/umfrage/nachteile-von-homeoffice-in-deutschland/
Statista: (Juli 2020b). Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu den Vorteilen von Homeoffice zu? Abgerufen am 17.02.2021. Verfügbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1135485/umfrage/vorteile-von-homeoffice-in-deutschland/
Abbildung: Möchten Sie auch nach der Corona-Krise öfter im Home Office arbeiten? Abgerufen am: 17.02.2021.Verfügbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1116550/umfrage/home-office-wunsch-nach-der-corona-krise-in-oesterreich/
Beitragsbild: Kater Balu, 2021, fotografiert von Patricia Stetter