Mit Alltagsstress besser zurechtkommen, die Konzentration steigern und Sorgen loslassen. Regelmäßiges Meditieren soll helfen. Doch was steckt hinter dem neuen Trend? In diesem Beitrag werden die positiven Effekte der Meditation mithilfe des heutigen Forschungsstandes beleuchtet.
Einführung
Heutzutage leiden ungefähr 18% der Menschen an einer psychischen Erkrankung. Angst- und Stimmungsstörungen treten am meisten auf (National Institute of Mental Health 2017). Die Prävention und Verbesserung des psychischen Gesundheitszustandes ist damit Gegenstand umfangreicher Forschungen. Ursprünglich stammt die Meditation aus dem spirituellen Umfeld, findet jedoch abseits der Esoterik immer mehr Zuspruch. Empirische Untersuchungen unterstützen verschiedene Lebensstilinterventionen, die Stress reduzieren und allgemein der psychischen Gesundheit zugutekommen sollen. Diese Interventionen umfassen Meditation, Bewegung sowie Aufmerksamkeitsverlagerungen auf positive Ereignisse. Evolutionspsychologen konzeptualisieren Stimmung und Emotionen im Allgemeinen als weiterentwickelte Mechanismen zur Beeinflussung von Verhaltenstendenzen.
Wie funktioniert meditieren?
Es gibt viele verschiedene Techniken zu meditieren. Dies kann von Entspannungsübungen über tranceähnliche Bewusstseinslagen bis hin zu einer klaren wachen Versunkenheit reichen. Je nach Kulturkreis unterscheidet sich die Technik. Beispielsweise kennt man aus der christlichen Tradition das Gebet, in Asien ist Yoga vertreten. Im weitesten Sinne geht es darum, die Bewusstseinslage zu verändern (Pfeiffer W. M. 1988). Bei der vielfältigen Angebotsauswahl kann es schwerfallen, überhaupt erstmal anzufangen. Im Endeffekt kommt es nur darauf an, dass der Meditierende seine Form der Meditation findet und sich damit wohl fühlt.
Schmerzreaktion
Besonders interessant für die psychologische Forschung, als auch die Medizin, ist die Hemmwirkung auf Schmerzen. An der Wake Forst University in Winston-Salem (USA) haben Forscher den schmerzlindernden Effekt der Meditation nicht nur quantitativ gemessen, sondern auch die Vorgänge im Gehirn verfolgt. Gewählt wurde eine Art der Meditation, bei der sich die Meditierenden vor allem auf das Atmen konzentrieren. Die Übung dauerte knapp eineinhalb Stunden und wurde mit 15 Versuchspersonen durchgeführt. Die Probanden wurden einem Wärmeschmerz von 50 °C ausgesetzt und protokollierten daraufhin ihr Schmerzempfinden. Dieser wurde von den meisten als stark oder intensiv beschrieben. Die Schmerzreaktion im Gehirn wurde zudem mittels funktioneller Kernspintomografie aufgezeichnet. Nach der ersten Testreihe wurden die Probanden in die Meditation eingewiesen und nochmals dem Wärmeschmerz ausgesetzt. Die Schmerzen wurden 40% weniger intensiv und 57% weniger unangenehm empfunden. Diese Werte können selbst mit manchen Schmerzmedikamenten nicht erreicht werden. Die Linderung der Schmerzen durch Meditation ist bereits mehrfach belegt worden. In dieser Studie wurde jedoch auch die Hirnaktivität gemessen. Der Gyrus postcentralis, welcher für die Intensität der Schmerzempfindung bedeutsam ist, wies eine erhöhte Aktivität auf. Aber auch in anderen Hirnarealen konnten Reaktionen festgestellt werden wie z. B. im orbitofrontalen Cortex, der für die Bewertung der Sinneseindrücke zuständig ist (Malberg K. 2011).
Stress
Um zu testen, ob und wann eine Stressreduktion mithilfe von Meditation möglich ist, wurde eine achtwöchige Untersuchung mit 238 Personen durchgeführt. Dazu verwendeten die Probanden eine Meditations-App¹ mit der täglich 10 bis 20 Minuten meditiert wurde. Es konnte eine signifikante Verbesserung des mentalen Wohlbefindens und eine signifikante Reduktion der empfundenen Belastung durch den Job festgestellt werden. Erstaunlicherweise reduzierte sich der systolische Blutdruck, ein typischer körperlicher Stressparameter, signifikant im Vergleich zur Kontrollgruppe bei täglicher Meditation (Bostock et al. 2020).
Kognitive Fähigkeiten
Ob die kognitiven Fähigkeiten verbessert werden können, wurde mithilfe einer Studie untersucht, in der meditative Atemübungen durchgeführt wurden. Dabei wurden die Hirnströme der Probanden während der verschiedenen Atemübungen mittels EEG gemessen. Dabei wurde insbesondere beim tiefen Einatmen durch die Nase die Aktivität in der Amygdala und dem Hippocampus erhöht. Diese zwei Hirnregionen sind Teile des limbischen Systems, welches verantwortlich für Emotionen und intellektuelle Leistungen ist. Zudem konnte festgestellt werden, dass bei Gedächtnisaufgaben besser abgeschnitten wurde, wenn durch die Nase anstelle des Mundes eingeatmet wird (Zelano et al. 2016).
Ängste
Die Meditation ist kein Ersatz für eine Psychotherapie, kann jedoch Angstzustände mildern. Dies wurde durch eine großangelegte Metaanalyse von 47 Studien mit insgesamt 3515 Teilnehmenden herausgefunden. Regelmäßiges Meditieren kann bereits nach acht Wochen eine kleine bis moderate Reduktion von Angstzuständen, Depressionen und sogar körperlichen Schmerzzuständen bewirken (Goyal M. et al. 2014).
Fazit
Meditation ist Teil verschiedenster Kulturen und inzwischen auch in Deutschland angekommen. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass sich meditieren positiv auf die mentale Gesundheit auswirkt. Meine eigenen Erfahrungen konnten dies nur bestätigen und mir damit meine anfänglichen Vorurteile nehmen.
¹ Die verwendete App nennt sich „Headspace“.
Quellenangaben
Bostock et al. (2020) Mindfulness on-the-go: Effects of a mindfulness meditation app on work stress and well-being. In: J Occup Health Psychology Author manuscript. PMC. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6215525/pdf/nihms949422.pdf
DeSoto C. (2021) Stress Reduction and Mental Health. In: Shackelford T.K., Weekes-Shackelford V.A. (eds) Encyclopedia of Evolutionary Psychological Science. Springer, Cham. https://doi.org/10.1007/978-3-319-19650-3_826.
Goyal M. et al. (2014). Meditation programs for psychological stress and well-being: a systematic review and meta-analysis. JAMA Intern Med. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24395196/.
Malberg K. (2011) Meditation lindert starke Schmerzen. In: Aktuelle Medizin, kritisch gelesen. Springer, Heidelberg. https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/BF03368282.pdf.
Pfeiffer, W. M. (1988). Meditation und Trance. In R. Asanger & G. Wenninger (Hrsg.), Handwörterbuch der Psychologie. München-Weinheim: Psychologie Verlags Union. https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/meditation/9412.
Zelano et al. (2016). Nasal Respiration Entrains Human Limbic Oscillations and Modulates Cognitive Function. In: The Journal of Neuroscience, December/ 36(49):12448 –12467. https://www.jneurosci.org/content/jneuro/36/49/12448.full.pdf.
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