Im Laufe des Kaufentscheidungsprozesses können sich für einen Kunden viele unterschiedliche Berührpunkte mit einem Unternehmen ergeben. Diese verschiedenen Berührpunkte werden Customer Touchpoints oder auch nur Touchpoints genannt (Wirtz, 2013, S. 82). Die Customer Touchpoints wiederum lassen sich in unternehmenseigene, z.B. Filialen und Webshops, und unternehmensferne Touchpoints, z.B. Blogs, Communitys und Bewertungsportale, unterteilen (Kreutzer, 2021, S. 20). Gerade den unternehmensfernen Touchpoints wird häufig von Unternehmensseite zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, da sie nicht direkt gesteuert werden können – obwohl diesen oftmals eine hohe Glaubwürdigkeit zugeschrieben wird (Kreutzer, 2021, S. 20). Verbindet man die einzelnen Customer Touchpoints über den Kaufentscheidungsprozess hinweg, so erhält man die Customer Journey eines Kunden:
„Verbindet man die einzelnen Kontaktpunkte mit den Phasen des Kaufentscheidungsprozesses, so entsteht von der ersten Kontaktaufnahme über den Abschluss des Kaufvertrags bis zum Empfang des bestellten Produktes eine Customer Journey (Kundenreise). Diese erweitert sich gegebenenfalls noch über den Kaufabschluss hinaus durch die Inanspruchnahme von After-Sales-Serviceleistungen und die (positiven oder negativen) Erfahrungen mit der Retournierung von Warensendungen.“
(Deges, 2020, S. 81)
Die Customer Journey
Die Customer Touchpoints, die von Kunden genutzt werden können, sind mittlerweile sehr vielfältig geworden, z.B. Social-Media-Auftritte eines Unternehmens, Webshops, Suchmaschinen, Vergleichsportale, Fernsehwerbung, Kataloge oder Filialen (Kreutzer, 2021, S. 11). Dabei kann festgehalten werden, dass die Kunden nicht alle Touchpoints gleichermaßen in Anspruch nehmen werden. Insgesamt lässt sich jedoch ein verstärktes Touchpoint-Hopping erkennen. Touchpoint-Hopping beschreibt das Verhalten von Kunden, die je nach Präferenz und Situation zwischen den verschiedenen Customer Touchpoints hin und her wechseln (Padberg, 2020, S. 190). So ist es beispielsweise denkbar, dass von einem Kunden in der U-Bahn auf dem Weg zur Arbeit das Smartphone genutzt wird, während er im Büro den PC nutzt, um sich über die Angebote eines Unternehmens zu informieren. Dies setzt er anschließend zuhause auf der Couch mit einem Katalog fort.
Dieses Touchpoint-Hopping erhöht für Unternehmen jedoch die Komplexität, denn sie müssen nun der Customer Experience über die verschiedenen Touchpoints hinweg höchste Aufmerksamkeit zukommen lassen. Eine negative Erfahrung an einem Customer Touchpoint kann schließlich bereits dazu führen, dass ein Kunde sich von dem Unternehmen abwendet:
„Jeder Touchpoint muss heute eigenständig funktionieren, also Awareness generieren, die Marke transportieren, das Produkt erklären und im besten Fall noch eine Bezugsquelle anbieten.“
(Kruse Brandão & Wolfram, 2018, S. 97)
Die optimale Gestaltung der Customer Journey mit ihren verschiedenen Customer Touchpoints wird sich daher in den kommenden Jahren mehr und mehr zu einem strategischen Wettbewerbsvorteil der Unternehmen entwickeln und entscheidend für deren Überlebensfähigkeit sein (Zöller, 2019, S. 176).
Phasen einer Customer Journey
In Anlehnung an etablierte Modelle des Kaufentscheidungsprozesses kann auch die Customer Journey in drei verschiedene Phasen unterteilt werden (Lemon & Verhoef, 2016, S. 76, siehe Abbildung 1):
- Vorkaufsphase: Diese Phase umfasste alle Interaktionen eines Kunden vor dem eigentlichen Kauf. Dies umfasst im Wesentlichen das Erkennen eines Bedarfs (oft auch ausgelöst durch einen Impuls), die Suche nach passenden Möglichkeiten zur Bedarfsbefriedigung sowie die weitere Berücksichtigung der dazu am besten geeigneten Alternativen.
- Kaufphase: Die zweite Phase umfasst den eigentlichen Kauf und ist die kürzeste der drei Phasen. Hier wird die beste Alternative ausgewählt, ggfs. bestellt und anschließend bezahlt.
- Nachkaufphase: Diese Phase hat den Fokus auf Interaktionen des Kunden mit dem Unternehmen nach dem Kauf, z.B. die Nutzung des Produkts, Weiterempfehlungen oder Service-Anfragen.
Weil es jedoch auch Modelle des Kaufentscheidungsprozesses gibt, die mehr als drei Phasen enthalten, finden sich mittlerweile auch Modelle der Customer Journey, die aus bis zu sieben verschiedenen Phasen der Customer Journey bestehen (Hamilton, Ferraro, Haws & Mukhopadhyay, 2021, S. 70).
Moments of Truths
Entlang der Customer Journey lassen sich verschiedene Zeitpunkte identifizieren, die als besonders bedeutsam angesehen werden können (siehe Abbildung 2). Diese werden Moments of Truth genannt, weil der Kunde hier seine Erwartungen mit den tatsächlichen Gegebenheiten abgleicht (Kruse Brandão & Wolfram, 2018, S. 92 – 93):
- Zero Moment of Truth: Hier informiert sich ein Kunde erstmalig online über ein Produkt, z.B. über die Webseite des Herstellers (Lecinski, 2011, S. 10).
- First Moment of Truth: Dies kennzeichnet den Moment, wenn ein Kunde zum erstmal ein Produkt physisch begutachten kann, um es anschließend zu kaufen. Es findet ein Abgleich zwischen den beispielsweise durch TV-Werbung aufgebauten Erwartungen mit dem vorliegenden Produkt statt.
- Second Moment of Truth: Dieser Moment beschreibt die Nutzung des Produkts nach dem Kauf. Dabei werden die Erfahrungen der Produktnutzung mit den Erwartungen abgeglichen.
- Third Moment of Truth: Dieser Moment beschreibt den Zeitpunkt, wenn die Kunden z.B. in den sozialen Medien von den gemachten Erfahrungen berichten. Von diesen Berichten geht eine hohe Glaubwürdigkeit aus, so dass sie von anderen Konsumenten in deren Kaufentscheidungsprozess berücksichtigt werden. Da diese Berichte somit für die Unternehmen von hoher Bedeutung sind, wird dieser Moment wird auch Ultimate Moment of Truth genannt.
Fazit
Die verschiedenen Berührpunkte, die ein Kunde im Verlauf seines Kaufentscheidungsprozesses mit dem Unternehmen hat, werden Customer Touchpoints oder Touchpoints genannt. Verbindet man diese Customer Touchpoints über den gesamten Kaufentscheidungsprozess, so erhält man die Customer Journey. Die Customer Touchpoints sind mittlerweile sehr vielfältig geworden, so dass die Kunden je nach Situation und Präferenz zwischen diesen wechseln. Dies erhöht die Komplexität für Unternehmen, da sie sich nun der Customer Experience an jedem einzelnen Customer Touchpoint zuwenden müssen – denn bereits eine negative Erfahrung kann ausreichen, damit der Kunde sich von dem Unternehmen abwendet.
Literaturverzeichnis
Deges, F. (2020). Grundlagen des E-Commerce – Strategien, Modelle, Instrumente. Wiesbaden: Springer Gabler.
Hamilton, R., Ferraro, R.,Haws, K. L. & Mukhopadhyay, A. (2021). Traveling with Companions: The Social Customer Journey. Journal of Marketing, 85(1), S. 68-92.
Kreutzer, R. T. (2021). Online-Marketing (3. Auf.). Wiesbaden: Springer Gabler.
Kruse Brandão, T. & Wolfram, G. (2018). Digital Connection. Die bessere Customer Journey mit smarten Technologien – Strategie und Praxisbeispiele. Wiesbaden: Gabler.
Lecinski, J. (2011). ZMOT – Winning the Zero Moment of Truth. Mountain View, CA: Google Inc.
Lemon, K. N. & Verhoef, P. C. (2016). Understanding Customer Experience Throughout the Customer Journey. Journal of Marketing, 80(6), S. 69–96.
Padberg, J. (2020). Connected Car – Connected Customer: Die Automobilindustrie entdeckt den direkten Kundenkontakt. In: M. Stadelmann, M. Pufahl, M. & D.-D. Laux (Hrsg.), CRM goes digital: Digitale Kundenschnittstellen in Marketing, Vertrieb und Service exzellent gestalten und nutzen (S. 181-198). Wiesbaden: Springer Gabler.
Wirtz, B. W. (2013). Multi-Channel-Marketing. Wiesbaden: Springer Gabler.
Zöller, S. (2019). Ja zur Digitalisierung! Mit der richtigen Einstellung die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens sichern. Wiesbaden: Springer Gabler.
Bildquelle
justynafaliszek (2019). Abgerufen am 18.01.2022. Verfügbar unter https://pixabay.com/de/photos/shopping-einkaufen-online-4000414/