Künstliche Intelligenz (KI) ist weltweit auf dem Vormarsch und wird in vielen Bereichen bereits selbstverständlich genutzt. Im Bildungssektor kommt diese fortschrittliche Technologie nur langsam an. Dabei verfügen die neuen Lerntechnologien über ein enormes Potenzial und können neue Perspektiven des Unterrichts eröffnen.

Neue Lern- und Lehrkonzepte im Schulalltag

Die neuen Lern- und Lehrkonzepte gehen weit über das Klassenzimmer hinaus. Freies Lernen zieht in unser alltägliches Leben ein. Es wurde beispielsweise eine Bushaltestelle in West Philadelphia so gestaltet, dass sie Kinder zum Spielen, Erforschen, Bewegen und Interagieren gemeinsam mit ihren Eltern anregt. Neue Lernsysteme, die künstliche Intelligenz mit Experimenten in der realen Welt kombinieren, haben zahlreiche Einsatzmöglichkeiten, wie im Klassenraum oder im Museum. Sie ermöglichen Kindern selbst zu forschen und dabei anregendes Feedback zu bekommen (Schmid et al., 2021, S. 4ff.). Das Ziel für den Einsatz von künstlicher Intelligenz liegt darin, ein intelligentes Verhalten auf Computern abzubilden, um Personen die Nutzung von physischen und kognitiven Assistenzfunktionen zu ermöglichen (Scheer, 2018, S.7).

Individuelle Förderung und Individualisierung

Die Möglichkeit zur individuellen Förderung von Schüler/-innen und auch jenen, die aufgrund länger andauernder Krankheit oder chronischen Erkrankungen zweitweise oder vollständig auf Haus- oder Krankenhausunterricht angewiesen sind, bietet es eine Chance an den Lernprozessen der eigenen Klasse oder Lerngruppe teilzuhaben.

Neue Wege ergibt der Einsatz von künstlicher Intelligenz, kurz KI, in Form von sogenannten Avataren, die nun zwei schwerstkranken Kindern den Schulbesuch ermöglichen. Diese Avatare sind stellvertretend für die beiden Jungs auf den Schulfluren und den Unterrichtsräumen unterwegs. Sie werden von Zuhause über einen Laptop gesteuert.  Das ermöglicht den Schülern selbst wiedergesehen und gehört zu werden. Sie können in Gruppenarbeiten mitwirken und in den direkten Austausch mit Schülern und Lehrern gehen. Ermöglicht werden konnte dieses teure Unterfangen von 4500 Euro pro Avatar nur durch den Einsatz des gemeinnützigen Vereins Kolibri, der die Kosten übernahm. Aktuell werden diese Kostenpunkte weder über die Krankenkassen noch über das Bildungssystem gefördert. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen betont, dass nur Hilfsmittel in Anspruch genommen werden können, die im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt sind. Damit Hersteller in dieses Verzeichnis aufgenommen werden, müssen diese einen Antrag für das Produkt stellen und die Funktionstauglichkeit, Qualität und gegebenenfalls den medizinischen oder pflegerischen Nutzen des Hilfsmittels nachweisen (Schmid et al., 2021, S. 4ff.).

Das Vorgehen des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen bezüglich der Aufnahme von neuen technischen Errungenschaften in den Heilmittelkatalog, ist aus meiner Sicht nicht mehr zeitgemäß, gerade im Hinblick auf die stetig voranschreitende Digitalisierung. Es wird mit der Modernisierung nicht mehr schrittgehalten. Speziell in dem oben genannten Beispiel wird deutlich, dass Kindern ihr Recht auf Bildung und Teilhabe aufgrund von bürokratisch festgefahrenen Prozessen verwehrt wird und erst der unermüdliche Einsatz von Eltern, Lehrern und gemeinnützigen Organisationen dieses ermöglichen.

Digitale Entwicklung und Erprobung

Da im Bereich KI noch vieles in der Entwicklung und Erprobung ist, gibt es kaum belastbare Studien, die belegen, dass KI-Technologie das Lernen tatsächlich verbessert. Im internationalen Vergleich hinkt der Einsatz von KI-Technologie an deutschen Schulen massiv hinterher. Das liegt unter anderem daran, wer diese neue Technologie einsetzen möchte, muss über eine sehr gute technische Infrastruktur und IT-Ausstattung verfügen. Diese Voraussetzungen sind an vielen deutschen Schulen noch unzureichend ausgebaut. Das Thema Datenschutz gibt ebenfalls Bedenken auf, wenn es darum geht, intelligente und lernfähige KI-Anwendungen einzusetzen. Diese Lernstandsanalysen durchführen, um so das Kompetenzniveau von Schüler/-innen zu ermitteln und anschließend eigenständige Empfehlungen für das Lernen abzuleiten (Schmid et al., 2021, S. 4ff.). Viele der neuen Einsatzmöglichkeiten und der bereits existierenden KI-Anwendungen sind in der Schulpraxis noch nicht erprobt und evaluiert, auch weil die Zeit, das Geld und geschulte Lehrkräfte fehlen. Ebenfalls gilt es zu bedenken, dass die Entwicklung von KI-Instrumenten für den schulischen Kontext nicht der Wirtschaft überlassen werden kann, sondern die Erkenntnisse aus der Pädagogik und der Psychologie berücksichtigt und mit einbezogen werden müssen.

 Fazit

Ein erfolgreiches Lernen mit digitalen Medien und der Einsatz neuer Technologien bietet erweiterte Möglichkeiten die Bereiche der Kompetenzbildung, Motivation und die Lernfreunde zu fördern. Das Potenzial für das Lehren und Lernen in einer digitalisierten Welt liegt auf den drei Ebenen einer kognitiven Aktivierung von Lernprozessen, Klassenführung (Classroom-Management) und einer konstruktiven Unterstützung (Sekretariat der Kultusministerkonferenz, 2021, S. 9).

Als zukünftige Handlungsempfehlung ist vor allem der Einsatz von KI-Innovationsschulen zu nennen, um mehr erproben zu können. Es besteht wissenschaftlicher Konsens darüber, dass die KI gestützten Systeme nur eine Ergänzung zum Lernen darstellen und keinesfalls Lehrkräfte ersetzen können und werden (Schmid et al., 2021, S. 4ff.).

Literatur

Scheer, A.-W. (2018). „Wir müssen immer die Interaktion mit dem Menschen im Blick haben“ – Interview mit Wolfgang Wahlster und August-Willhelm Scheer. In: IM+IO, Heft 3, September 2018, S. 7 -12.

Schmid, U., Blanc, B., Toepel, M., Pinkwart, N., Drachsler, H. (2021). KI@Bildung: Lehren und Lernen in der Schule mit Werkzeugen Künstlicher Intelligenz. Schlussbericht. Berlin, Essen, Bonn: mmb Institut. URL: https://www.mmb-institut.de/wp-content/uploads/KI@Bildung_Schlussbericht.pdf (15.12.2021).

Sekretariat der Kultusministerkonferenz (2021). Lehren und Lernen in der digitalen     Welt Ergänzung zur Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“ (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 09.12.2021). Berlin: kmk.org. URL: https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2021/202 1_12_09-Lehren-und-Lernen-Digi.pdf (15.07.2022).

Bildnachweis

Croset, Clarisse (2018). Two girl illustrations photo. Unsplash. URL:https://unsplash.com/photos/-tikpxRBcsA (29.07.2022).

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