Einleitung
In der heutigen Gesellschaft ist es inzwischen üblich viel Zeit im Internet zu verbringen, über soziale Medien in Kontakt zu treten und PC und Handy in einen großen Teil der Freizeit einzubinden. Besonders die Wirkung von den besonders bei Kindern und Jugendlichen beliebten Computer- und Konsolenspielen stehen im Fokus verschiedener Wissenschaftsdisziplinen und sind Untersuchungsgegenstand in verschiedenen Studien. Dabei wird inzwischen nicht nur die mögliche gewaltfördernde, suchtfördernde oder negative Wirkung von Spielen (z.B. „Killerspielen“) untersucht, sondern auch deren mögliche positiven und vorteilhaften Wirkungen in Form von Serious Games. Zur Untersuchung welche Potenziale Videospiele für die Gesundheitsförderung und Prävention mit sich bringen sollte zunächst geklärt werden, was sog. Serious Games überhaupt sind.
Was sind Serious Games?
Bereits zu Beginn der Geschichte der Menschheit wurden Spiele zu ernsthaften Zwecken eingesetzt, heutzutage sind diese sogar ein bedeutender Bestandteil der Gesellschaft (Tolks et al., 2020, S.698). Im Jahr 1970 wurden „Serious Games“ erstmals in dem Buch von Clark C. thematisiert, welcher im Buch zunächst über die Potenziale dieser Spiele für das Lernen und Lehren berichtete. Der Ursprung der Serious Games liegt demnach in analogen Spielformen wie Brett- und Rollenspiele, auch wenn zu der damaligen Zeit bereits ansatzweise digitale Spiele für Computersimulationen existierten. Die Prägung des aktuell gängigen Begriffs der Serious Games erfolgte im Jahr 2002 durch die Gründung der „Serious Games Initiative“, welche das Ziel der Anwendung von Computerspielen speziell für Aus- und Weiterbildungszweck in Politik und Management verfolgte und unterstützte (Breuer & Schmitt, 2017, S.2).
Die Inhalte der Serious Games sind thematisch nicht festgelegt, dabei thematisieren 63% der Spiele Themen im schulischen Kontext, 14% befassen sich mit Themen mit gesellschaftlicher Relevanz, rund 10% der Spiele werden im Kontext beruflicher Weiterbildung eingebracht. Des Weiteren beinhalten 8% der Serious Games die Themengebiete der Medizin und Gesundheit, 5% dienen dem Einsatz zu militärischen Zwecken und zuletzt wird 1% der Spiele den Marketing Games zugeschrieben. Die Entwicklung der Serious Games konzentriert sich dabei auf alle Genres von Videospielen, z.B. First-Person-Shooter, Rollenspiele, Simulationen, Strategiespiele, Arcade-Games oder Wirtschaftssimulationen. Zur Definition was nun genau der Unterschied zwischen gängiger Videospiele und Serious Games ist kann gesagt werden, dass Serious Games zwar auch einen unterhaltenden Faktor aufweisen, diese jedoch nicht primär für Zwecke der Unterhaltung gedacht sind, sondern der Fokus auf eingehend und deutlich durchdachten Bildungszwecken liegt (Lampert, Schwinge & Tolks, 2009, S.2-3).
Prosoziale Effekte kooperativer Videospiele
Viele psychologische Studien beschäftigten sich mittlerweile mit der Wirkung gewalthaltiger Videospiele auf das soziale Verhalten der Probanden sowie deren Aggressionspotenzial. Der Inhalt gewalthaltiger Videospiele (z.B. die Spielereihe „Call of Duty“) ist es anderen Charakteren durch das Ausüben von Gewalt zu schaden. Je moderner das Spiel ist, umso realistischer ist dessen Umsetzung und das Spielerlebnis für die Nutzer. Eine Metaanalyse von korrelativen und experimentellen Längsschnittstudien zeigte, dass der Konsum gewalthaltiger Videospiele mit einer erhöhten Neigung zu aggressivem Verhalten einhergeht (Greitemeyer, 2018, S.350).
Auf der anderen Seite kann sich der Konsum von Videospielen auch positiv auf die Nutzer auswirken. Die Effekte und Auswirkungen von Videospielen wird dadurch erklärt, dass während des Spiels Verhaltensweisen gelernt werden, die dann auch im Alltag gezeigt werden. Während gewalthaltige Inhalte von Videospielen zu der Erkenntnis führt, dass das Ausleben von Aggressionen zu positiven Konsequenzen führt, bringen andere Inhalte folglich auch andere Konsequenzen des Verhaltens mit sich. Die Inhalte von Serious Games beziehen sich darauf, anderen Charakteren des Spiels zu helfen, was sich im realen Leben durchaus positiv auf die Hilfsbereitschaft auswirkt. Dieselbe Metaanalyse, welche zuvor im Text die Zusammenhänge zwischen dem Konsum von gewalthaltigen Videospielinhalten und der erhöhten Neigung zu aggressivem Verhalten aufwies, zeigte in parallelen Untersuchungen auch eine Korrelation zwischen dem Konsum prosozialer Inhalte von Videospielen und der gesteigerten Hilfsbereitschaft bei den Konsumenten. Zudem stellte sich heraus, dass der Konsum prosozialer Videospielinhalte Aggressionsverhalten gemindert werden kann (Greitemeyer, 2018, S.349-352).
Förderung des Wohlbefindens durch Videospiele und deren Einsatz in Gesundheitsförderung und Prävention
Auch die Erfüllung psychologischer Bedürfnisse und das Bedürfnis nach sozialer Verbundenheit durch den Konsum von Videospiele ist Thema in aktuellen Forschungsstudien. Es wird davon ausgegangen, dass Videospiele, in denen die Spieler eigenständig freie Entscheidungen treffen können, das Gefühl der Autonomie positiv beeinflusst wird. Außerdem wird die Kompetenz der Spieler erfüllt, wenn die Anpassung des Schwierigkeitsgrades ausgeglichen ist und mit den Spielniveau des Spielers übereinstimmt. Zuletzt erfüllt die kooperative und kompetitive Interaktion mit anderen Spielcharakteren sowie das Zusammenschließen von gemeinsamen Bündnissen das Bedürfnis nach Verbundenheit. Jene Art von Bedürfnisbefriedigung wird mit einer erhöhten Vitalität, des Selbstbewusstseins und einem positiven Affekt in Verbindung gebracht (Wulf, 2017, S.45-46).
V.a. im Zusammenhang mit gesundheitsbezogenen sowie medizinischen Themen und der Vermittlung gesundheitsbezogener Themen werden die Potenziale der Serious Games vermehrt untersucht. Diesbezüglich veranstaltete der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e.V. und die nordmedia (Mediengesellschaft Niedersachsen/Bremen mbH) im März 2008 im Rahmen der CeBit eine Konferenz zum Thema „Serious Games for Health – Spiele in der Medizin“. Die Serious Games for Health entsprechen dabei nicht dem Konzept des Unterhaltungsmediums, sondern dienen dem Einsatz für gesundheitsförderliche Zwecke. Es werden Spiele speziell dafür entwickelt, um ein positives Einwirken auf den Gesundheitszustand des Nutzers zu erzielen. Serious Games kommen in unterschiedlichen medizinischen Bereichen zum Einsatz, z.B. als therapeutisches Element bezüglich psychischer/physischer Erkrankungen, bei Schulungen von medizinischem Personal aber auch im Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention. Studien im Bereich des Disease Managements konnten bereits einen positiven Zusammenhang zwischen Serious Games und der Verbesserung des krankheitsbezogenen Selbstmanagements nachgewiesen werden. Im präventiven Kontext konnte bei dem Einsatz von Serious Games zudem eine Steigerung der Selbstwirksamkeitserwartung, der Zuwachs an Wissen und eine Verbesserung der Selbstfürsorge im Bezug auf Erkrankungen festgestellt werden (Lampert, Schwinge & Tolks, 2009, S.6-11).
Fazit & Ausblick
Die Entwicklung von Serious Games ist besonders in Deutschland noch nicht ausgereift und steht noch am Anfang, daher ist eine deutliche Erweiterung des Angebots vorhersehbar. Speziell für den Gesundheitsbereich ist es denkbar, dass es weitere Spieltitel geben wird, die sich bspw. im therapeutischen Bereich auf eine deutlich eingrenzbare Zielgruppe beziehen werden. Da die Studienlagen noch nicht ausreichend vorhanden sind, um empirisch fundierte Einschätzungen über Potenziale und Wirkung von Serious Games in Gesundheitsförderung und Prävention machen zu können, sollte die Weiterentwicklung der Serious Games entsprechend begleitet und untersucht werden. Sowohl im Kontext gewalthaltiger Videospiele als auch bei den Serious Games sollte der Fokus dabei weiterhin daraufgelegt werden, inwiefern und unter welchen Bedingungen ein Transfer zwischen dem Videospiel und der Realität stattfinden kann.
Literatur- und Quellenverzeichnis
Breuer, J. & Schmitt, J.B., (2017), Serious Games in der Gesundheitskommunikation. In: Rossmann, C. & Hastall. M.R. (Hrsg.), Handbuch der Gesundheitskommunikation: kommunikationswissenschaftliche Perspektiven, Wiesbaden/Germany, https://doi.org/10.1007/978-3-658-10948-6_16-1
Greitemeyer, T., (2018), Über den Zusammenhang von Videospielkonsum und sozialem Verhalten – The Relationship Between Video Gaming und Social Behavior, Psychologie in Österreich 5-2018, verfügbar unter: https://www.researchgate.net/publication/329840802_The_Relationship_Between_Video_Gaming_and_Social_Behavior/references (aufgerufen am 17.09.2022)
Lampert, C., Schwinge, C. & Tolks, D., (2009), Der gespielte Ernst des Lebens: Bestandsaufnahme und Potenziale von Serious Games (for Health), MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, Themenheft Nr. 15/16: Computerspiele und Videogames in formellen und informellen Bildungskontexten, DOI:10.21240/mpaed/15+16/2009.03.11.X
Tolks, D., Lampert, C., Dadaczynski, K., Maslon, E., Paulus, P. & Sailer, M., (2020), Spielerische Ansätze in Prävention und Gesundheitsförderung: Serious Games und Gamification, Bundesgesundheitsbl 2020, 63:698-707, https://doi.org/10.1007/s00103-020-03156-1
Wulf, T., (2017), Kooperation und Kompetition im Videospiel – Der Einfluss sozialer Interdependenz auf Stimmung und prosoziales Verhalten, 1.Aufl., Wiesbaden/Germany