By Published On: 7. Februar 2024Categories: Nachhaltigkeit, Technologie

Unser Leben aus der Vogelperspektive ist in der Regel ein seltener Anblick, jedenfalls dann, wenn keine Flugerlaubnis für Privatflugzeuge oder dergleichen vorliegt. Allerdings ermöglicht auch Google Earth erstaunlich differenzierte Abbildungen unserer Umgebung, die einen genaueren Blick auf das Verhältnis von Bebauung und Grünflächen ermöglichen. In städtischen Gegenden sind einzelne Straßen und Wohnhäuser sehr gut zu erkennen, hier und da ein paar Bäume oder ein Park. Allerdings fällt auch auf, wie viele grau/schwarze Flächen zu sehen sind – häufig in Form von Dächern der Wohnhäuser, Schulen oder riesigen Hallen auf Firmengeländen.

In der Diskussion um klimafreundliches, ökologisches Bauen und Wassermanagement vor allem in urbanen Gegenden bekommt u.a. die Begrünung von Dächern eine große Bedeutung.

Ausmaß und Folgen der Bebauung der Erdoberfläche

Ein kleiner Exkurs in die Geschichte der Bebauung der Erdoberfläche zeigt, wie sehr diese seit dem 19. Jahrhundert stetig zugenommen hat. So waren im 19. Jahrhundert 10% der bebaubaren Erdoberfläche genutzt und 2007 bereits 50%. Die Prognose geht in Richtung 75% bis 2050 (1). Physikalische Folgen der Bebauung oder auch Versiegelung der Erdoberfläche sind vielfältig: sie verändert die Wärme- und Feuchtigkeitsverhältnisse in der Grenzschicht zwischen Atmosphäre und Erdboden, speichert stärker die Sonneneinstrahlung, verändert die Wärmespeicherfähigkeit und Wärmeleitfähigkeit des Erdbodens und beeinflusst das Verdunstungsvermögen in den bodennahen Luftschichten. Auch der Windstrom wird gebremst und umgeleitet. Eine verstärkte Erwärmung und Wärmespeicherung in urbanen Gegenden liegt vor allem daran, dass die Bebauung zu einer Oberflächenvergrößerung von ca. 40% führt (1).

Bis 2060 sollen laut Prognosen zwei Drittel der Weltbevölkerung in städtischen Ballungsräumen leben (2). Diese Tatsache unterstreicht die Bedeutung der Auseinandersetzung mit der Frage, wie Städte möglichst klimafreundlich gestaltet werden können. Ökologische Folgen der Versiegelung der natürlichen Landschaft zeigen sich zudem in der Veränderung der Lebensräume von Pflanzen und Tieren.

Welchen Beitrag können begrünte Dächer zur klimafreundlichen Stadt leisten?

Begrünte Dächer haben viele Vorteile. Sie können neben der Fassadenbegrünung einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des Stadtklimas leisten, sowohl in Bezug auf die Temperaturentwicklung als auch der Luftqualität. Die bepflanzten Flächen wirken der Erwärmung der Gebäude entgegen, sorgen durch ihren Kohlenstoffdioxid-Sauerstoff-Austausch für eine Verbesserung der Luftqualität und fungieren als Staubfilter. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Speicherung von Regenwasser und die damit verbundene Entlastung der Kanalisation (1,3).

Für das Gebäude selber ergeben sich ebenfalls positive Auswirkungen. So hat die temperaturregulierende Wirkung einer Vegetationsschicht auch den Vorteil, dass sich das darunterliegende Gebäude bei starker Sonneneinstrahlung nicht so stark erwärmt und zugleich dient es der Isolierung bei Kälte. Das macht sich zum einen für die Bewohner durch ein angenehmes Raumklima bemerkbar, es schützt aber auch das Material im Dachaufbau vor witterungsbedingten Einflüssen. Zudem sorgt Dachbegrünung für Schalldämmung (3).

Durch den Klimawandel wird der Umgang mit Hitzeperioden oder Starkregen immer bedeutsamer – hier können begrünte Dächer einen wichtigen Beitrag leisten. Darüber hinaus werden durch den Ausbau von Grünflächen Lebensräume für Tiere und Pflanzen erhalten, wodurch insbesondere Insekten profitieren (4,5).

Arten der Dachbegrünung

Es wird zwischen der extensiven und intensiven Dachbegrünung unterschieden, was sich vor allem in der dicke der Vegetationsschicht und der dafür geeigneten Pflanzen zeigt (3). Eine extensive Begrünung benötigt keine gärtnerische Pflege, da hier niedrig wachsende, selbsterhaltende Pflanzen wachsen wie beispielsweise bei einer Sedum-Moss-Krautbegrünung. Auf einer intensiven Begrünung, die eine dickere Substratschicht aufweist, können Stauden, Gehölze bis hin zu kleineren Bäumen wachsen.  Die Pflege ist hier deutlich aufwendiger, jedoch weist sie auch eine bessere Wasserspeicherungskapazität auf und trocknet in Hitzeperioden langsamer aus.

Die extensive Begrünung wird aufgrund ihrer Pflegeleichtigkeit standardmäßig eingesetzt. Ein Nachteil, wie z.B. schnelleres Austrocknen bei starker Sonneneinstrahlung, senkt die klimawirksamen Effekte deutlich, weshalb eine Semi-intensive Dachbegrünung als innovatives Klimaanpassungs- und Umweltschutz- instrument erforscht und diskutiert wird (6).

Fazit

Die Dachbegrünung eignet sich sehr gut dazu, Gebäude klimafreundlich, nachhaltig und  ökologisch zu gestalten. Aufgrund des Wachstums von urbanen Ballungsräumen, insbesondere vor dem Hintergrund des Klimawandels und Umweltaspekten wie Luftverschmutzung und Abnahme der Artenvielfalt in Flora und Fauna, bekommt die Gestaltung von Städten eine immer wichtiger werdende Bedeutung. Es spricht nichts dagegen, bereits bestehende Gebäude (soweit die Dachneigung dies zulässt) mit Begrünung nachzurüsten. Gerade größere Gebäudekomplexe wie Schulen und Fabrikhallen haben häufig Flachdächer oder Dächer mit geringer Neigung und könnten begrünt werden. Das Bundesumweltamt hat beispielsweise eine Begrünung von Bundesgebäuden im Rahmen von Sanierungen und Neubauten im Programm – 2017 waren nur 5% der Gesamtdachfläche von Bundesgebäuden begrünt (7). Da ist Luft nach oben!

Und neben allen bisher genannten Vorteilen von Dachbegrünung kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu: grüne Flächen aus Moosen, kleineren blühenden Blumen bis hin zu Büschen und Bäumen sehen auch einfach schön aus und haben einen Einfluss auf das seelische Wohlbefinden.

Literaturverzeichnis

1. Mehra SR. Urbane Bebauung. In: Mehra SR, Herausgeber. Stadtbauphysik: Grundlagen klima- und umweltgerechter Städte [Internet]. Wiesbaden: Springer Fachmedien; 2021 [zitiert 18. Januar 2024]. S. 151–87. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1007/978-3-658-30449-2_6

2. Menke P. Grüne Infrastruktur –. Standort. 1. Juni 2016;40(2):117–22.

3. Stahr M. Dächer. In: Stahr M, Herausgeber. Bausanierung: Erkennen und Beheben von Bauschäden [Internet]. Wiesbaden: Springer Fachmedien; 2022 [zitiert 18. Januar 2024]. S. 569–614. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1007/978-3-658-28148-9_10

4. Poetschke F. Umweltbundesamt; 2018 [zitiert 20. Januar 2024]. Dem Klimawandel begegnen. Verfügbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/themen/dem-klimawandel-begegnen

5. IT.NRW. Nordrhein-Westfalen startet neue Klima-Initiative zur Hausbegrünung [Internet]. 2021 [zitiert 20. Januar 2024]. Verfügbar unter: https://www.lanuv.nrw.de/landesamt/veroeffentlichungen/pressemitteilungen/details/2767-nordrhein-westfalen-startet-neue-klima-initiative-zur-hausbegruenung

6. Hietel E, Panferov O, Rößner U, Seelos K, Lorenz-Haas C, Warnecke B, u. a. Semi-intensive Dachbegrünung. Transform Cities. 2020;(3):58–65.

7. Börner B. Umweltbundesamt; 2019 [zitiert 18. Januar 2024]. BAU-R-2: Dachbegrünung von Bundesgebäuden. Verfügbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/monitoring-zur-das/handlungsfelder/bauwesen/bau-r-2/indikator

Bildquelle: https://unsplash.com/de/fotos/draufsicht-auf-das-gebaude-mit-baumen-IfmqOuOkaOA

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