Die Bedeutung nachhaltiger Industriepraktiken nimmt in einer Welt, in der Klimawandel und Ressourcenknappheit vorherrschende Herausforderungen sind, stetig zu. In Deutschland ist Nachhaltigkeit bereits in vielen Geschäftsmodellen verankert, wobei die Digitalisierung eine Schlüsselrolle spielt.
Die Digitalisierung verändert allgemein die Art und Weise, wie wir kommunizieren, arbeiten und lernen und birgt viele Vorteile. So hat auch die Digitalisierung von Lieferketten eine entscheidende Rolle für die Schaffung nachhaltiger Industrien. Folgend werden einige Vorteile und Herausforderungen aufgezeigt.
Inhaltsverzeichnis
- Was sind digitale Lieferketten?
- Vorteile für die Nachhaltigkeit
- Herausforderungen
- Zusammenfassung
1. Was sind digitale Lieferketten?
Digitale Lieferketten befassen sich mit der Nutzung von Informationssystemen und Technologien zur Unterstützung und Optimierung von Beschaffungsprozessen. Dadurch soll die die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Lieferanten und Kunden effizienter gestaltet werden. Genauer sind davon der Austausch, die Analyse und das Management von Daten und betrieblichen Abläufe wie Vertrieb, Beschaffung, Fertigung und Qualitätssicherung betroffen. Mittels Softwarelösungen können Unternehmen ihre Lieferkettenprozesse in Daten erfassen und visualisieren (Wellbrock & Ludin, 2019). Die gewonnenen Daten führen zu transparenteren Lieferketten, wobei durch Modifikation an den einzelnen Stellschrauben der Lieferkette die Effizienz erhöht werden kann. Die Transformation zu digitalen Lieferketten umfasst beispielsweise die Integration von Technologien wie der additiven Fertigung, Blockchain, Big Data und IoT (Rogetzer et al., 2018).
2. Vorteile digitaler Lieferketten für die Nachhaltigkeit
Die Nachhaltigkeit von Lieferketten bezieht sich auf die Entwicklung und Implementierung von Geschäftspraktiken, die darauf abzielen, Umweltauswirkungen zu minimieren, soziale Gerechtigkeit zu fördern und Wirtschaftlichkeit auf Dauer zu sichern. Dabei spielt die Digitalisierung eine entscheidende Rolle, da sie eine durchgehende Transparenz und Informationen über alle Wertschöpfungsstufen hinweg ermöglicht (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 2022).
Die Integration von Big Data, also dem Sammeln von möglichst vielen Daten, in Lieferketten ist ein wichtiger erster Schritt und bildet die Basis, um genug Informationen für weitere Schritte zur Verfügung zu haben. Sie führt im besten Fall zu einer Minimierung von Überproduktion und Verschwendung durch die Optimierung auf Basis von Analysen der Daten (Chiappetta Jabbour et al., 2020). Auch das Konzept der Kreislaufwirtschaft kann so unterstützt werden, indem sie die Rückführung und das Recycling von Produkten jederzeit transparent einsehbar macht (Park & Li, 2021).
Darauf aufbauend können beispielsweise digitale Zwillinge, welche eine virtuelle Abbildung physischer Assets oder Prozesse in Echtzeit ermöglichen, erschaffen werden. Diese Technologie unterstützt die Optimierung von Betriebs- und Produktionsabläufen, indem sie präzise Simulationen und Analysen ermöglicht. Dies kann zu einer deutlichen Reduzierung des Energieverbrauchs und der Abfallproduktion führen, da Ressourcen effektiver eingesetzt werden können. Auch automatisierte Lösungen von Problemen, die durch mangelnde Informationen entstehen, sind dadurch möglich (Göckel & Müller, 2020).
Künstliche Intelligenzen ermöglichen es Unternehmen, große Mengen an Daten aus verschiedenen Quellen zu analysieren und fundierte Entscheidungen zu treffen. Solche ständig angepassten Entscheidungen führen schneller zu den wirtschaftlichen, sozialen und nachhaltigen Zielen von Unternehmen (Charitha & Hemaraju, 2023).
Technologien wie die Blockchain können eine erleichterte und manipulationssichere Überwachung von fairen Arbeitsbedingungen und nachhaltigere Beschaffungspraktiken gewährleisten (Rogetzer et al., 2018).
Durch die Verringerung von Such-, Replikations-, Transport-, Verfolgungs- und Verifizierungskosten tragen digitale Technologien zur ökonomischen Effizienz bei. Das Einsparen dieser Kosten, kann mehr Ziele fokussieren und beispielsweise die Nachhaltigkeit fördern (Goldfarb & Tucker, 2017).
3. Herausforderungen digitaler Lieferketten
Die Gestaltung einer digitalen Lieferkette, welche Nachhaltigkeitsziele unterstützt, birgt allerdings einige Herausforderungen, welche die Umsetzung deutlich schwerer und teilweise sogar unmöglich machen.
Die Digitalisierung erfordert meist eine hochkomplexe Implementierung von den oben genannten Technologien sowie die Entwicklung innovativer Praktiken, Prozesse und Komponenten (Rogetzer et al., 2018). Dafür sind Fachkräfte von Nöten, an denen es in der aktuellen Wirtschaftslage weltweit mangelt. Auch hohe Anschaffungs- und Implementierungskosten sowie Sicherheitsbedenken in Bezug auf die Technologien führen dazu, dass diese nicht von Unternehmen adaptiert werden.
Um globale Lieferketten nachhaltig zu gestalten, ist eine internationale Zusammenarbeit erforderlich, welche die Entwicklung von Agenturen und regulatorischen Mechanismen umfasst. Dies erfordert wiederum ein besseres Verständnis der globalen Lieferketten und die Entwicklung einer Strategie, die soziale und geschäftliche Nachhaltigkeit miteinander verbindet (Mehdikhani & Valmohammadi, 2019).
Bei vielen Technologien ist eine stets aktuelle Hardware und Software unabdingbar. Durch kurze Lebenszyklen der Hardware entsteht daher Elektromüll in hohen Massen. Die effektive Verwaltung davon erfordert fortschrittliche Recyclingtechnologien und -infrastrukturen. In vielen Fällen fehlen in Entwicklungsländern jedoch die notwendigen technologischen, finanziellen und organisatorischen Kapazitäten. Dadurch entstehen durch toxische chemische Substanzen erhebliche Gefährdungen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt. Elektromüll ist zudem eine sekundäre Quelle wertvoller und kostbarer Metalle, die nicht ungenutzt bleiben sollten. Daher müssen Strategien entwickelt werden um die umweltfreundliche Gestaltung von Produkten, das erweiterte Produzentenverantwortungsprinzip, Lebenszyklusanalysen und das Prinzip der Kreislaufwirtschaft zu erreichen (Arya & Kumar, 2020).
Obwohl die Europäische Union bereits Vorschläge für Richtlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen vorgelegt hat, besteht dennoch die Notwendigkeit, neue Regulierungen zu erarbeiten, die Unternehmen zur Einhaltung nachhaltiger digitaler Lieferketten verpflichten. Dies ist ein entscheidender Schritt, um eine nachhaltige und flächendeckende Entwicklung in diesem Bereich zu gewährleisten (Hanebeck et al.).
4. Zusammenfassung
Insgesamt zeigt sich, dass die Digitalisierung von Lieferketten ein entscheidender Faktor für die Förderung nachhaltiger Industrien ist. Durch den Einsatz von Technologien wie Big Data, KI oder Blockchain können Prozesse optimiert und Ressourcen effizienter genutzt werden. Zudem ermöglicht die Digitalisierung eine erhöhte Transparenz über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg. Dadurch können nachhaltige Geschäftspraktiken besser implementiert und überwacht werden. Dennoch sind auch einige Herausforderungen zu bewältigen. Neben den hohen Kosten und dem komplexen Implementierungsprozess digitaler Technologien stellt auch der Mangel an Fachkräften ein Hindernis dar. Darüber hinaus erfordert die nachhaltige Gestaltung globaler Lieferketten eine internationale Zusammenarbeit und die Entwicklung entsprechender regulatorischer Mechanismen. Ein weiteres Problem stellt die Verwaltung von Elektromüll dar, die sowohl erhebliche Umwelt- als auch Gesundheitsrisiken mit sich bringt.
Bildverzeichnis
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Literaturverzeichnis
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Charitha, C., & Hemaraju, B. (2023). Impact of Artificial Intelligence on Decision-making in Organisations. International Journal For Multidisciplinary Research. https://doi.org/10.36948/ijfmr.2023.v05i04.5172
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