By Published On: 25. Juli 2024Categories: Pädagogik, Psychologie

Manipulation – klingt unangenehm, nicht wahr? Sofort denken wir an etwas Schlechtes, an unfaire Beeinflussung. Das Erschreckende an vielen Manipulationstechniken: Wir merken gar nicht, wie wir beeinflusst werden. Jeden Tag. Kann man wirklich so einfach Menschen manipulieren? Die Antwort ist ja. Menschen entscheiden sehr irrational. Und genau das öffnet die Türe weit für eine Vielzahl an Beeinflussungsmöglichkeiten. Ob im Alltag, bei der Arbeit oder in den Medien, Manipulationstechniken werden geschickt eingesetzt, um unser Denken und Handeln zu lenken. Von subtilen Hinweisen bis zu raffinierten Überredungskünsten – die Methoden sind vielfältig und oft so geschickt, dass wir sie kaum bemerken. Die Psychologie hinter diesen Techniken ist faszinierend und komplex, da sie tief in die menschliche Psyche eindringt und oft auf unbewussten Ebenen wirkt. Die Fähigkeit, Manipulation zu erkennen und sich dagegen zu wappnen, ist daher von unschätzbarem Wert.

Was ist Manipulation?

Der Begriff Manipulation stammt aus dem Lateinischen, abgeleitet von „manus“ (Hand) und „plere“ (füllen), was im Wesentlichen „Handhabung“ bedeutet. In verschiedenen Fachgebieten hat Manipulation eine neutrale Konnotation und dient als notwendiges und zielgerichtetes Mittel, wie zum Beispiel bei der Anpassung von Vergleichsgruppen in wissenschaftlichen Studien. Doch im Alltag hat Manipulation eine ganz andere, meist negative Bedeutung. Hier geht es darum, andere zu beeinflussen, um eigene Vorteile zu erzielen, häufig durch bewusste Verzerrung der Realität.

Stellen Sie sich vor, jemand lenkt Ihre Entscheidungen, ohne dass Sie es merken – das ist das Wesen der Manipulation. Ohne Ihr Wissen und oft gegen Ihren Willen werden Sie beeinflusst, was den Begriff heute so negativ besetzt. Durch geschickte psychologische Tricks und Effekte werden Menschen dazu gebracht, Dinge zu tun, die sie sonst vielleicht nie getan hätten. Diese Manipulationstechniken sind überall präsent – sei es in Verkaufsstrategien, Verhandlungen oder bei der Durchsetzung persönlicher Meinungen (Bundeszentrale für politische Bildung [bpb], 2021; Kohlen, 2021; Studyflix, o.J.).

Ist Manipulation immer böse?

Abbildung 1: Ein faires Spiel bei „positiver“ Manipulation

Manipulation kann auch positive Aspekte haben, wie zum Beispiel bei Motivation. Wenn man jemanden ermutigt oder begeistert, ihn in seinen Bemühungen bestärkt, ist dies auch eine Form von Manipulation, jedoch im positiven Sinne. Dies ist vergleichbar mit Überzeugung, bei der sich die Einstellung des Gesprächspartners ändert und er nun den Vorschlag unterstützt und dieselbe Meinung teilt. Wenn man jemanden überzeugen möchte, muss man der Person stets die Freiheit lassen, ihre eigene Entscheidung zu treffen. Die Person sollte aus eigenem Antrieb den neuen Standpunkt übernehmen und ihn akzeptieren können (Edmüller & Wilhelm,2016, S. 16).

Typische Fehler bei Überzeugungsversuchen

Es gibt also Wege, Menschen fair für seine Ideen zu gewinnen. Bevor diese allerdings im nächsten Abschnitt erläutert werden, sollte man sich zunächst der häufigsten Fehler bewusst werden:

Zu Beginn bleibt die Diskussion sachlich und eine Argumentationsphase startet, in der versucht wird, die Argumente des Gegenübers zu widerlegen. Wenn rationale Argumente jedoch auf Widerstand stoßen, wird es unfair: Man greift zu manipulativen Taktiken wie versteckten oder offenen Drohungen, dem Schüren von Mitleid, dem Bilden von Bündnissen oder dem Isolieren Einzelner. In extremen Fällen wird Druck ausgeübt, indem man lange und intensiv argumentiert, um den anderen zu überzeugen (Edmüller & Wilhelm,2016, S. 14). Das ist die Falle des Bestätigungszwangs, bei dem man unbedingt recht behalten und seine Meinung durchsetzen möchte (Edmüller & Wilhelm,2016, S. 18.-19). Diese Methoden beruhen auf zwei falschen Annahmen (Edmüller & Wilhelm,2016, S. 14-15):

① Es ist falsch zu glauben, dass man jemanden überzeugen kann, indem man ihn so lange verbal bedrängt, bis er nachgibt. Ständige Argumente können zwar eine Scheinzustimmung erzwingen, aber das bedeutet nicht, dass der andere wirklich überzeugt ist. Es zeigt nur, dass er erschöpft ist und nicht weiter diskutieren will.

② Ein gutes Argument führt nicht zwangsläufig zur Akzeptanz durch den Gesprächspartner. Auch wenn das Argument inhaltlich überlegen ist, bedeutet das nicht automatisch, dass der andere es anerkennt oder übernimmt.

Überzeugen statt manipulieren: Die wichtigen Schritte in der Kunst des Überzeugens

Abbildung 2: Die Kunst des Überzeugens

Vorbereitung

Analysiere die Interessen und Ziele des Adressaten im Voraus. Die Akzeptanz deines Standpunkts steigt, wenn du relevante und überzeugende Gründe lieferst. Eine Adressatenanalyse hilft dir, Argumente gezielt abzustimmen und die Perspektive des Gesprächspartners zu verstehen. Ignorierst du die Überzeugungswelt des Adressaten, sind deine Argumente selten erfolgreich. Zum Beispiel können die Fragen lauten (Edmüller & Wilhelm,2016, S. 21-22):

  • Wer ist mein Adressat?
  • Was ist dem Adressaten wichtig?
  • Welche Anliegen (Interessen, Wünsche, Hoffnungen, Befürchtungen, Ängste, Abneigungen usw.) hat er?
  • Welche Meinungen (Vorurteile, Vorwissen, Fachwissen, Ansichten, Überzeugungen, Irrtümer usw.) hat der Adressat zum Thema?
  • Welche Einwände könnte er einbringen

Die vier Komponenten der Überzeugungskraft

Es gibt vier zentrale Aspekte, die für gute Kommunikation entscheidend sind und die in dieser Abbildung den allgemeinen Rahmen für Überzeugungsstrategien darstellen (Edmüller & Wilhelm,2016, S. 26):

Abbildung 3: Die vier Komponenten der Überzeugungskraft
(Eigene Darstellung in Anlehnung an Edmüller & Wilhelm,2016, S. 26)

Strategien

Es gibt klassische Begründungsstrategien, die die Akzeptanz des Adressaten erhöhen und somit die eigene Überzeugungskraft stärken (Edmüller & Wilhelm,2016, S. 30):

  • Push-Strategien: Mit dieser Strategie tritt man offensiv auf, um den Nutzen oder Vorteil von Handlungen hervorzuheben (Edmüller & Wilhelm,2016, S. 33). Dazu gehören Argumentations- und Präsentationsmethoden, bei denen der Überzeuger aktiv seinen Standpunkt stark betont und verteidigt (Edmüller & Wilhelm,2016, S. 30).
  • Pull-Strategien: Mit dieser Strategie tritt man sanft, aber effektiv auf, indem man den Adressaten durch geschickte Fragen und einfühlsames Zuhören einbezieht (Edmüller & Wilhelm,2016, S. 83). Ziel ist es, Vertrauen aufzubauen und gemeinsam einen Denkprozess sowie einen Dialog zu entwickeln. Fragen und Zuhören sind dabei zentrale Instrumente, um die Anliegen des Gesprächspartners gezielt herauszuarbeiten (Edmüller & Wilhelm,2016, S. 31).

Wer überzeugen will, sollte sowohl Push- als auch Pull-Strategien kombinieren (Edmüller & Wilhelm,2016, S. 30).

So schützt du dich vor Manipulation

Leitlinien und effektive Methoden helfen, sich gegen Manipulationsversuche zu wehren. Halte dich an folgende Punkte (Edmüller & Wilhelm,2016, S. 109-112):

Die häufigsten Manipulationstechniken

Manipulation durch Wiederholung

Durch ständige Wiederholung beispielsweise im Fernsehen, Radio oder auf dem Handy wirken Werbespots vertrauter und glaubwürdiger. Je öfter wir dieselben Botschaften hören oder sehen, desto mehr glauben wir, dass wir die beworbenen Produkte unbedingt brauchen, weil sie scheinbar von hoher Qualität sind. Also muss es auch gut sein, oder? (Kohlen, 2021).

Abbildung 4: Manipulation in Werbung

Mauern und Blockieren

Abbildung 5: Die Blockstrategie

Der Manipulator setzt die Blockstrategie ein, um seinen Gesprächspartner daran zu hindern, sein Ziel zu erreichen, während er selbst kein eigenes Ziel verfolgt. Dabei kann er entweder passiv-defensiv agieren oder aktiv-offensiv vorgehen (Edmüller & Wilhelm, 2015, S. 16-17):

Defensives VerhaltenOffensives Verhalten
– Auf einen Standpunkt beharren
– Erklärung verweigern
– Keine Antwort auf Fragen geben
– Nicht verstehen wollen
– Ausweichen
– Ablenken
– Absichtlich missverstehen
– Scheinargumente vorbringen
– Aufbauschen  
Tabelle 1: Defensives und Offensives Verhalten
     (Eigene Darstellung in Anlehnung an Edmüller & Wilhelm, 2015, S. 16-17)

Machiavelli light – Typische Machspiele

Abbildung 6: Typische Machtspiele

Der Manipulator nutzt gezielt Machtinstrumente, um seine Ziele zu erreichen und seine Macht zu erhalten oder auszubauen. Kleine Machtdemonstrationen, wie zu spät kommen, herablassende Bemerkungen machen, das größte Rederecht beanspruchen sowie nicht zuhören und unterbrechen, lenken den Gesprächspartner in die gewünschte Richtung (Edmüller & Wilhelm,2016, S. 224-225).

Der Spiegeltrick

Abbildung 7: Der Spiegeltrick

Der Manipulator spürt geschickt Gemeinsamkeiten mit seinem Gesprächspartner auf, sei es in Herkunft, Interessen, Meinungen oder Alter. Diese baut er dann ins Gespräch ein, um Sympathiepunkte zu sammeln und eine positive Verbindung herzustellen. Der Spiegeltrick ist eine Technik, bei der man das Verhalten oder die Worte des Gegenübers widerspiegelt, um die Manipulation zu neutralisieren oder die Situation zu deeskalieren (Edmüller & Wilhelm,2016, S. 171).

Die Gut-und-Böse-Taktik

Die Gut-und-Böse-Taktik kennen wir gut aus Hollywood-Filmen. Sie läuft nach folgendem Muster ab: Es gibt einen freundlichen und einen unfreundlichen Polizisten, die gemeinsam einen Verdächtigen verhören. Der freundliche Polizist verhält sich entgegenkommend, kooperativ und unterstützend, während der unfreundliche Polizist aggressiv und bedrohlich auftritt. Er setzt den Verdächtigen unter Druck, indem er Wutausbrüche vortäuscht oder ihn provoziert. Dieses Verhalten ist emotional erschöpfend, sodass der Verdächtige eher auf den netten Polizisten eingeht und dessen Angebote annimmt (Edmüller & Wilhelm,2016, S. 207).

Die Strohmanntaktik

Diese Taktik ist eine Form der Argumentation, bei der jemand die Position des Gegners verzerrt, übertreibt oder vereinfacht, um sie leichter angreifen zu können (Edmüller & Wilhelm,2016, S. 294-295).

Beispiel:

Person A: „Ich denke, wir sollten die Militärausgaben senken und mehr in Bildung investieren.“

Person B: „Also möchtest du, dass unser Land wehrlos ist und keine Verteidigung hat? Das ist unverantwortlich!“

In diesem Beispiel hat Person B die Position von Person A verzerrt. Person A hat nicht gesagt, dass das Land keine Verteidigung haben soll, sondern lediglich vorgeschlagen, die Militärausgaben zu senken und mehr in Bildung zu investieren. Person B hat daraus eine extremere und leichter anzugreifende Position gemacht (keine Verteidigung), um die Argumentation von Person A zu widerlegen.

Fazit

Manipulation ist ein weit verbreitetes Phänomen, das oft unbemerkt bleibt und unsere Entscheidungen beeinflusst. Während Manipulationstechniken im Alltag, in den Medien und am Arbeitsplatz häufig eingesetzt werden, um das Denken und Handeln anderer zu lenken, ist es wichtig, diese Techniken zu erkennen und sich dagegen zu wappnen. Obwohl Manipulation oft negativ konnotiert ist, kann sie auch positive Aspekte haben, wie Motivation und Überzeugung. Effektive Kommunikation und das Bewusstsein für manipulative Taktiken sind entscheidend, um sich vor ungewollter Beeinflussung zu schützen und fair zu überzeugen.

Abbildungsverzeichnis

Titelbild: Bild von Alex Yomare (Nutzername: „Yomare“) (2015). In Pixabay. Zugriff am 08.07.2024. Verfügbar unter https://pixabay.com/es/photos/mano-marioneta-mu%C3%B1eco-de-nieve-784077/

Abbildung 1: Bild von Katrin Bolovtsova (2020). In Pexels. Zugriff am 08.07.2024. Verfügbar unter https://www.pexels.com/de-de/foto/bucher-bibliothek-drinnen-figuren-6077123/

Abbildung 2: Bild von Mizuno K (2022). In Pexels. Zugriff am 08.07.2024. Verfügbar unter https://www.pexels.com/de-de/foto/mann-buro-frauen-portrat-12903342/

Abbildung 3: Eigene Darstellung in Anlehnung an Edmüller & Wilhelm,2016, S. 26

Abbildung 4: Bild von Ajeet Mestry (2017). In Unsplash. Zugriff am 08.07.2024. Verfügbar unter https://unsplash.com/de/fotos/turned-off-black-television-UBhpOIHnazM

Abbildung 5: Bild von Alex Green (2020). In Pexels. Zugriff am 08.07.2024. Verfügbar unter https://www.pexels.com/de-de/foto/schwarze-frau-die-beleidigung-des-freundes-nimmt-5699850/

Abbildung 6: Bild von yi lu (2022). In Pexels. Zugriff am 08.07.2024. Verfügbar unter https://www.pexels.com/de-de/foto/geschaftsmann-mann-person-hande-11264967/

Abbildung 7: Bild von Creatifrankenstein(2019). In Pixabay. Zugriff am 08.07.2024. Verfügbar unter https://pixabay.com/es/photos/cr%C3%A1neo-espejo-horror-de-miedo-4248008/

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Defensives und Offensives Verhalten

Literaturverzeichnis

Bundeszentrale für politische Bildung. (2021). Manipulation. Zugriff am 27.05.2024. Verfügbar unter https://www.bpb.de/themen/medien-journalismus/krieg-in-den-medien/500419/manipulation/

Edmüller, A. & Wilhelm, T. (2015). Manipulationstechniken: Erkennen und Abwehren (3. Aufl.) Haufe-Lexware.

Edmüller, A. & Wilhelm, T. (2016). Manipulationstechniken: So wehren Sie sich (4. Aufl.). Haufe-Lexware.

Kohlen, R. (2021). Manipulationstechniken erkennen, einsetzen und abwehren. Hochschule Fresenius. Zugriff am 27.05.2024. Verfügbar unter Manipulationstechniken erkennen, einsetzen und abwehren (hs-fresenius.de)

Studyflix. (o. J.). Manipulationstechniken. Zugriff am 27.05.2024. Verfügbar unter Manipulationstechniken • Die 7 häufigsten Techniken · [mit Video] (studyflix.de)

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