Im Spitzensport steht die optimale Leistungsfähigkeit der Athleten im Mittelpunkt, doch intensives Training und Wettkämpfe bergen nicht selten das Risiko von Überlastungen sowie Verletzungen. Die Belastungssteuerung in der Trainingsplanung spielt daher eine substanzielle Rolle wenn es darum geht, die Balance zwischen dem sogenannten „Work-Load“ und der Regeneration zu wahren, um so Höchstleistungen zu erreichen zu können. Immer häufiger wird dabei der Ansatz „Weniger ist mehr“ verfolgt, bei dem durch gezielte Pausen und strategische Reduktion der Trainingsintensitäten die langfristige Leistungsfähigkeit gesteigert und die Gesundheit der Sportler geschützt werden soll. Doch wie viel „weniger“ ist tatsächlich sinnvoll und führt eine reduzierte individuelle Belastung wirklich zu besseren Ergebnissen?
Was ist Belastungssteuerung überhaupt?
Eine Belastungssteuerung bezeichnet in der Sportwissenschaft die gezielte Anpassung körperlicher Trainingsbelastungen an individuelle Voraussetzungen, um eine optimale Leistungssteigerung zu erreichen. Dazu zählen Alter, Geschlecht, Konstitution, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Psyche und Motivation. Bei der Steuerung des Trainingsprozesses wird so sichergestellt, dass überschwellige Reize zu einer Steigerung der Leistung führen, ohne Gefahr zu laufen, die Belastbarkeit des Athleten zu übersteigen. Überlastungszustände, auch Overreaching genannt, machen sich konträr durch einen Leistungsabfall bemerkbar (Thiel & Banzer, 2011, S. 20).
Durch beispielsweise frühzeitiges Erkennen von Ermüdung, Ermittlung der Ursachen und die individuelle Anpassung von Ruhe, Erholung, Training und Wettkampfbelastung ermöglicht es die Belastungssteuerung, das Verletzungsrisiko der Athleten zu reduzieren und drohenden Überlastungen entgegenzusteuern (Thiel & Banzer, 2011, S. 23-24).
Die Balance zwischen Trainingsbelastung und Erholung ist entscheidend für eine gesunde Leistungsentwicklung, weshalb es wichtig ist, sowohl die körperliche Belastung als auch Phasen der Regeneration richtig zu dosieren. Trainingspläne an individuelle Voraussetzungen anpassen, Trainingsperioden adäquat zu planen und Trainingsreize gezielt zu setzen ist so die zentrale Aufgabe der Belastungssteuerung (Verwaltungs-Berufsgenossenschaft).
Wie sieht Belastungssteuerung konkret aus?
Nachdem geklärt ist, was unter Belastungssteuerung überhaupt zu verstehen ist, richten wir unseren Blick im Folgenden auf praxisnahe Techniken und Verfahrensweisen. Wo früher noch eindimensional gedacht wurde, finden sich heute vielschichtige Ansätze für die Belastungssteuerung, welche die Erfassung, Analyse und das Monitoring, sowohl subjektiver als auch objektiver Werte umfassen (Meyer, A).
Strategische Reduktion der Trainingsintensitäten mithilfe des Monitorings:
Um die optimale Belastung eines Athleten zu finden, bietet es sich an, eine tägliche Überwachung von Trainingsbelastungen vorzunehmen.
Mithilfe sogenannter „Monitoring- oder Tracking-Tools“ wird in der Praxis so beispielsweise häufig die Herzfrequenz gemessen. Wichtige Messwerte umfassen dabei die Ruheherzfrequenz, die Herzfrequenz während des Trainings und die Herzfrequenz-Erholung, die Aufschluss über den Ermüdungsstatus des Athleten geben. Die Indikatoren sind potenziell durchaus nützlich, sollten jedoch in Kombination mit anderen Messwerten interpretiert werden (Thorpe, Atkinson, Drust & Gregson, 2017, S. 27-28).
Häufig wird daher zusätzlich das GPS-Tracking genutzt, welches Parameter wie Distanzen, Geschwindigkeiten oder Kräfte aufzeichnet. Unter Verwendung eines satellitengeschützten Navigationssystems, werden präzise Standort- und Zeitinformationen an GPS-Empfänger gesendet, die (anhand der Signallaufzeit) in der Lage sind, die Position des Athleten zu berechnen. Zudem erhalten die Geräte Sensoren wie etwa Beschleunigungsmesser oder Magnetometer, um mehr Daten zur Belastung und Aktivität zu erfassen, aber gleichzeitig auch eine Bewertung des Verletzungsrisikos zu ermöglichen. (Malone, Lovell, Varley & Coutts, 2017, S. 18-19).
Die Erfassung, Analyse und Auswertung solcher Daten können dabei helfen, strategisch Trainingsintensitäten zu regulieren. Zeigt die Herzfrequenz beispielsweise einen überdurchschnittlichen bpm (beats per minute) an, so kann oft auf eine Sauerstoffknappheit des Athleten geschlossen werden, welche dazu führt, dass die Belastung nur noch limitiert durchgeführt werden kann und daher reguliert werden sollte. Gleichzeitig bietet die Überwachung zurückgelegter Distanzen mithilfe des GPS-Tracking die Möglichkeit, Entscheidungen über Spielminuten und Trainingseinheiten auf einer fundierten Basis zu treffen. Besteht der Verdacht eines potenziellen Overreaching, können beispielsweise Athleten in Mannschaftssportarten so in weniger bedeutenden Spielen gezielt weniger eingesetzt oder gar ganz geschont werden. Das Konzept der Belastungssteuerung erlaubt es Trainern daher auch, den Trainingsplan individuell an die Belastbarkeit und Bedürfnisse der einzelnen Athleten anzupassen, da nicht jeder Athlet die gleiche Fähigkeit zur Regeneration oder Belastung verfügt.
Erholungsstrategien und gezielte Pausen:
Neben weniger körperlicher Belastung, profitieren Athleten auch von mehr Erholung in Anbetracht ihrer Leistungsfähigkeit.
Schon alleine Athleten, die z.B. weniger als acht Stunden pro Nacht schlafen, haben ein 1,7-mal höheres Risiko sich sportlich zu verletzen, als diejenigen, die täglich acht oder mehr Stunden ruhen (Gabbett, 2020 , S. 58).
Neben solchen passiven Wiederherstellungsvorgängen, die eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen und somit die Frequenz intensiver Trainingseinheiten limitieren, sollte die Regeneration allerdings auch aktiv gestaltet werden. So kann ein variantenreiches Training die Erholung fördern bzw. das Auftreten einer Ermüdung verzögern. Weitere Möglichkeiten für die aktive Gestaltung von Erholungsphasen umfassen z.B. Massagen, spezielle Ernährungsmaßnahmen, entzündungshemmende Wärme- oder Kaltbehandlungen sowie leichte Belastungen direkt im Anschluss an intensive Trainingseinheiten. Jedoch sollte diese aktive Erholung in einer gewohnten Sportart durchgeführt werden, da ungewohnte Belastungen zu Muskelschmerzen führen können und somit einen weiteren Stressor darstellen (Faude, 2007, S. 36-39).
Letztlich ist es empirisch unstrittig, dass sich regelmäßige Dehnübungen, ganz egal ob sie statisch oder dynamisch eingesetzt werden, zur Erhaltung und Förderung der Beweglichkeit, zur psychischen Entspannung sowie zur Vorbereitung auf Trainings- oder Wettkampfreize eignen (Hofmeister, 2012, S. 104-105).
All diese Erholungsstrategien sind integraler Bestandteil eines erfolgreichen Trainingsprogramms im Spitzensport, tragen maßgeblich zur Verbesserung der langfristigen sportlichen Leistung bei und reduzieren das Verletzungsrisiko der Athleten.
Weniger ist Mehr?
Final lässt sich festhalten, dass eine richtige Belastungssteuerung entscheidend dafür ist, die Leistungsfähigkeit im Spitzensport zur maximieren und gleichzeitig Verletzungen vorzubeugen. Ein zu intensives Training kann den Körper überlasten, während eine gezielte Reduzierung der Belastung, durch angepasste oder verminderte Trainingsumfänge sowie ausreichend Ruhe- bzw. Erholungsphasen, langfristig zu besseren Ergebnissen führen kann. Der Ansatz „Weniger ist Mehr“ gilt allerdings nur, wenn Belastungen individuell auf die Athleten abgestimmt werden und vor allem die Balance zwischen Belastung und Erholung gewahrt wird. Am Ende ist also eine in spezifisch angepasste Trainingsteuerung ausschlaggebend, um dauerhaft Spitzenleistungen zu erreichen.
Literaturverzeichnis
Thiel, C. & Banzer, W. (2011). Belastungssteuerung im Spitzensport. Forschung intensiv. 2/2011, S. 20-24.
VBG. Was ist Belastungssteuerung? Zugriff am 02.09.2024. Verfügbar unter https://www.vbg.de/cms/nachwuchskicker/fussball-know-how/belastungssteuerung#:~:text=Unter%20Belastungssteuerung%20verstehen%20Sportwissenschaftler%20und,%2C%20Fertigkeiten%2C%20Psyche%20und%20Motivation
Meyer, A. Workload-Management: Die Zusammenfassung. Zugriff am 05.09.2024. Verfügbar unter https://www.spt-education.de/spt-plus/research/workload-management-die-zusammenfassung/
Thorpe, R., Atkinson, G., Drust, B. & Gregson, W. (2017). Monitoring Fatigue Status in Elite Team-Sport Athletes: Implications for Practice. International Journal of Sports Physiology and Performance, Januar 2017, S. 27-28.
Malone, J., Lovell, R., Varley, M. & Coutts, A. (2017). Unpacking the Black Box: Applications and Considerations for Using GPS Devices in Sport. International Journal of Sports Physiology and Performance, Januar 2017, S. 18-19.
Gabbett, T. (2020). Debunking the myths about training load, injury and performance: empirical evidence, hot topics and recommendations for practitioners. Br J Sports Med, Vol 54 No 1, S. 58.
Faude, O. (2007). Regeneration im leistungssportlichen Training. S. 36-39.
Hofmeister, M. (2012). Verhindert Dehnen Muskelkater und Verletzungen?. Ernährung & Medizin, September 2012; 27, S. 104- 105.
Bildquelle
https://pixabay.com/de/photos/frau-musik-fit-fitness-technologie-1867757