Gerade wer soziale Medien wie Instagram, Facebook oder Twitter nutzt, ist sicherlich schon über den einen oder anderen „Finanzvermittler“ gestolpert, der mit der eigenen Erfolgsgeschichte von schnellen Reichtum prahlt. „In nur wenigen Wochen kannst du richtig viel Geld verdienen“, heißt es oft in von Ihnen versendeten Privatnachrichten. Hohe Renditen für einen geringen Aufwand? Alles, was ich dafür tun muss, ist neue Teilnehmer anzuwerben? – Das klingt auf den ersten Blick äußerst verlockend. Viele Menschen fallen auf genau diese Verlockungen herein, im Glaube, mit minimalem Risiko große Gewinne erzielen zu können. Doch was oftmals als einfaches und gewinnbringendes Geschäft angepriesen wird, entpuppt sich in Wirklichkeit als ein gefährliches „Schneeballsystem“.
Das Grundprinzip des Schneeballsystems
Ein Schneeballsystem ist ein Geschäftsmodell, welches lediglich durch eine stetige Rekrutierung und somit wachsende Anzahl an Teilnehmern funktioniert, die in das System einzahlen, um die Gewinne der bereits aktiven Mitglieder zu finanzieren. Typischerweise werden den Teilnehmern gewinnbringende Geldinvestitionen versprochen, die sie alleinig durch die Akquisition weiterer Investoren erzielen sollen. Analog gleicht dies einem den Hang hinab rollenden und dabei stetig anwachsenden Schneeball, was auch den Namen des Systems erklärt (Verbraucherzentrale, 2023).
Im Kern jedoch handelt es sich nicht um ein nachhaltiges Geschäftsmodell, denn es wird kein echter oder allenfalls ein überteuerter Wert geschaffen. Stattdessen hängt der Erfolg allein von der Fähigkeit ab, immer mehr Menschen zum Einstieg zu bewegen. Sobald die Rekrutierung ins Stocken gerät und nicht mehr genügend neue Teilnehmer für finanziellen Nachschub sorgen, bricht das System zusammen und viele Anleger erleiden einen finanziellen Verlust (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, 2022).
Es gibt verschiedene Formen des Schneeballsystems, unter anderem das Pyramidensystem sowie Schenkkreise
Beim Pyramidensystem steht ein Produkt oder eine Dienstleistung im Vordergrund. Dieses wird hierarchisch von oben nach unten, von Teilnehmer zu Teilnehmer weitergereicht, wobei eine Preissteigerung auf jeder Ebene erfolgt. Beispielsweise kauft Mitglied 1 ein Produkt für 10€ und wirbt im Anschluss Mitglied 2 an, welches dasselbe Produkt für 15€ von Mitglied 1 abkauft. Mitglied 2 kann das Produkt nun ebenfalls weiterverkaufen oder eine weitere Person rekrutieren, die das Produkt ab sofort von ihr bezieht, wiederum zu einem höheren Preis. Oftmals erhalten die Mitglieder zudem eine Provision von den Einnahmen der Personen, die Sie selbst angeworben haben (GeVestor Financial Publishing Group, 2020).
Im Gegensatz dazu werden in sogenannten Schenkkreisen keine werthaltigen Produkte oder Dienstleistungen angeboten. Hierbei erhalten die Teilnehmer der höchsten Hierarchiestufe einen Geldbetrag von den Neumitgliedern, die sie zuvor angeworben haben – und zwar „geschenkt“.
Teile dieses Scheingewinns behält der Werber dann für sich und nicht selten erhält auch derjenige, der den Werber geworben hat („Werber der zweiten Stufe“), einen geschenkten Anteil. Anschließend verlassen die beschenkten Teilnehmer das System, wodurch sich folglich eine neue höchste Hierarchiestufe bildet, die beschenkt werden kann. Neue Mitglieder beginnen nun ihrerseits auch Investoren zu werben, in der Hoffnung, nach einem späteren Aufstieg in der Hierarchie, selbst „beschenkt“ zu werden (Wikipedia, 2024).
So lässt sich letztlich festhalten, dass die vermeintlichen Gewinnausschüttungen lediglich aus den Einzahlungen neuer Investoren stammen (Lohnsteuerhilfeverein, 2024).
Risiken von Schneeballsystemen
Der Schneeball wächst jedoch nicht unbegrenzt weiter und wer investiert, setzt sich einer hohen Wahrscheinlichkeit finanzieller Verluste aus, denn sobald keine Teilnehmenden mehr dazukommen, entpuppt er sich als Lawine. Das System erfordert eine stetig wachsende Anzahl von Investoren, um funktionieren zu können und führt zum Zusammenbruch, wenn das Wachstum nachlässt. Dabei reißt die Lawine oftmals den gesamten Kapitaleinsatz der später dazugekommenen Mitglieder mit sich (Sparkasse).
Sind Personen einmal in ein Schneeballsystem eingestiegen, kann der Ausstieg allerdings schwer sein. Möglicherweise wurden hohe Summen an Geld angelegt und das Einzige was bleibt, ist die Hoffnung, dass das mutmaßliche Rendite-Wunder doch noch eintritt (Spreier, 2024).
Wer folglich in der Hierarchie ganz unten steht, verliert meist alles und ruiniert im Schlimmsten Fall auch Freunde und Verwandte, die ebenfalls angeworben wurden (Blaß, S. 52).
Einzig für die Initiatoren, die das Ganze losgetreten haben, rechnet sich das Geschäft und Sie kassieren ihre Beteiligungen von ahnungslosen Anlegern. Sicherungsinstanzen, die die Opfer von Betrugsfällen entschädigt, gibt es dabei nicht. Eventuell besteht die Möglichkeit, die Verantwortlichen sowie Anlagevermittler juristisch zu belangen, doch ob bei diesen ausreichend Vermögen vorhanden ist, um den Schaden zu kompensieren ist ungewiss (Zinsbaustein GmbH, 2020).
Fazit – Erkennen von Schneeballsystem
Betrügerische Systeme wie dieses zu enttarnen ist oftmals gar nicht so leicht, denn oft wird die Masche leicht verändert, um die Systematik dahinter zu verschleiern. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen wies beispielsweise vor einigen Jahren auf fragwürdige Geschäfte mit Kryptowährungen wie Bitcoin hin, hinter denen sich ebenfalls gesetzeswidrige Schneeballsysteme verbergen können (Sparkasse).
Und tatsächlich, in erster Linie finden sich Schneeballsysteme und ähnliche Betrügereien am illegalen, dem Schwarzen Kapitalmarkt. Dazu zählen sämtliche Anbieter auf dem Finanzmarkt, die genehmigungspflichtige Finanzgeschäfte unerlaubt anbieten oder gar verbotene Transaktionen durchführen. Die Gefahr, dass Anleger bei Geschäften mit solchen Anbietern ihr Geld verlieren ist hoch, weshalb es von Nöten ist, solche zu erkennen (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, 2022).
Vom Sofa aus lässt sich nicht einfach Geld verdienen, indem andere Menschen zum Mitmachen überredet werden. Daher sollte man stets vermeintlich genialen Geldanlagen und unnatürlich hohen Gewinnversprechen misstrauen, die Quelle der Rendite hinterfragen sowie das Unternehmen genau überprüfen. Da Schneeballsysteme außerdem immer darauf ausgelegt sind, dass die Zahl der Teilnehmer stark ansteigt, werden Mitglieder gar dazu gedrängt, viele neue Mitglieder anzuwerben, für die Sie dann jeweils ein „Kopfgeld“ erhalten. Auch dies sollte stutzig machen (Verbraucherzentrale, 2023).
Letztlich haben die Betreiber kein Interesse daran, dass das Risiko-Rendite-Verhältnis ihres Produkts kritisch hinterfragt wird. Viele Schneeballsystem versuchen deshalb, unerfahrene und unkritische Anleger zu begeistern, indem die Chancen aggressiv beworben werden, während gleichzeitig die Risiken ausgelassen oder als „rein theoretisch“ abgetan werden. Das Produkt klingt „zum gut, um wahr zu sein“ und ist es schließlich auch (Zinsbaustein GmbH, 2020).
Literaturverzeichnis
Verbraucherzentrale (2023). Dubiose Geldanlagen im Internet: Woran Sie ein Schneeballsystem erkennen. Zugriff am 04.11.2024. Verfügbar unter https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/geld-versicherungen/sparen-und-anlegen/dubiose-geldanlagen-im-internet-woran-sie-ein-schneeballsystem-erkennen-13147
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (2022). Vorsicht, Betrug! Zugriff am 04.11.2024. Verfügbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2022/fa_bj_2204_vorsicht_betrug.html
GeVestor Financial Publishing Group (2020). Was ist ein Schneeballsystem und wie erkennt man es? Zugriff am 05.11.2024. Verfügbar unter https://www.youtube.com/watch?v=mU6jKobHnHg
Wikipedia (2024). Schneeballsystem. Zugriff am 05.11.2014. Verfügbar unter https://de.wikipedia.org/wiki/Schneeballsystem#Herz-_und_Schenkkreise
Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V. (2024). Schneeballsystem: Steuern auch auf Scheingewinne fällig. Zugriff am 05.11.2024. Verfügbar unter https://www.vlh.de/kaufen-investieren/abgeltungssteuer/schneeballsystem-steuern-auch-auf-scheingewinne-faellig.html
Sparkasse. Illegale Schneeballsysteme: So erkennen Sie die Gefahr. Zugriff am 05.11.2024. Verfügbar unter https://www.sparkasse.de/pk/ratgeber/finanzplanung/investieren/alternative-geldanlagen/schneeballsystem.html#
Spreier, K (2024). Betrug durch Schneeballsysteme erkennen. Zugriff am 06.11.2024. Verfügbar unter https://www.zdf.de/nachrichten/ratgeber/schneeballsystem-betrug-100.html
Blaß, B (2023). Geldabzocke in digitalen Netzwerken. Der freie Zahnarzt, S. 50-52.
Zinsbaustein GmbH (2020). Schneeballsysteme – eine Gefahr für Kapitalanleger. Zugriff am 06.11.2024. Verfügbar unter https://wissen.zinsbaustein.de/blog/schneeballsysteme
Bildquelle
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