Warum werden manche Menschen krank, wenn sie belastenden Situationen ausgesetzt sind? Warum verkraftet ein Mensch den Tod oder die schwere Krankheit eines nahen Angehörigen besser, als eine andere? Warum entwickeln manche Menschen, die als Kind Gewalt im Elternhaus erfahren haben eine psychische Störung und andere nicht? Was hilft den Menschen, damit sie aus Krisensituationen wieder herauskommen, ohne an ihnen zu zerbrechen? Sind es bestimmte Persönlichkeitsmerkmale, die Menschen dabei helfen aus schwierigen Situationen gestärkt hervorzugehen? Woran finden Menschen in schwierigen Situationen Halt?[1] Diese Fragen sind unter anderem Gegenstand der Resilienzforschung.
Begriffsdefinition
Konkret beschäftigt sich die Resilienzforschung mit der sehr komplexen Frage, welche Faktoren bei welchen Risikofaktoren unter welchen Bedingungen und bei welchen Populationen zur Resilienz beitragen.[2] Der Begriff Resilienz leitet sich von dem englischen Wort resilience ab und bedeutet so viel wie Spannkraft, Elastizität, Widerstandsfähigkeit.[3] Die psychische Widerstandsfähigkeit, Resilienz, ist in der Psychologie ein noch recht junges Konzept.[4] Renneberg definiert Resilienz folgendermaßen: „Mit Resilienz werden Prozesse oder Phänomene beschrieben, die eine positive Anpassung des Individuums trotz vorhandener Risikofaktoren widerspiegeln.“[5] Sie bezeichnet somit die Fähigkeit eines Individuums oder eines sozialen Systems erfolgreich mit belastenden Situationen umzugehen. Vereinfacht kann man sagen, dass die Resilienz die Fähigkeit ist, sich in schwierigen Situationen nicht unterkriegen zu lassen respektive an der schwierigen Situation nicht zu zerbrechen.[6] Menschen verfügen also über Schutzfaktoren, um vor negativen Auswirkungen gesundheitsschädigender Einflüsse bewahrt zu werden.[7] Im Rahmen der Resilienzforschung werden die negativen Auswirkungen von Risikofaktoren respektive das Ausbleiben dieser, resilienzfördernde Faktoren und auch Risikofaktoren sowie die Auswirkungen dieser Faktoren auf positive (u. a. Fähigkeiten und Kompetenzen) und negative Merkmale (z. B. Ausbildung einer psychischen Störung) untersucht.[8] Synonyme für Resilienz sind Stressresistenz, psychische Elastizität und psychische Robustheit.[9]
Nach Olssen et al. 2003 können Resilienzfaktoren auf drei verschiedenen Ebenen in Erscheinung treten:
- Faktoren auf individueller Ebene: Merkmale, die innerhalb der Person liegen (Kompetenzen, Persönlichkeitsmerkmale usw.),
- Faktoren auf sozialer Ebene: soziale Kontakte zu Familie, Freunden und Bekannten,
- Faktoren auf gesellschaftlicher Ebene: Einflüsse, die durch gesellschaftliche Institutionen und Normen entstehen sowie die Verfügbarkeit bestimmter gesellschaftlicher Ressourcen.[10]
Resilienz kann somit nicht als eine Eigenschaft betrachtet werden, da sich die Resilienzfaktoren nicht nur auf ein Persönlichkeitsmerkmal beschränken lassen. Im Einzelfall kann jedoch beispielsweise Optimismus dazu beitragen, dass eine Person widerstandsfähig ist.[11]
Kann man Resilienz „erwerben“?
Resilienz ist eine Fähigkeit, die jede Person, unabhängig von ihrer genetischen Veranlagung, im Laufe ihres Lebens aufbauen und trainieren kann. Der Fähigkeit, auf belastende Situationen flexibel reagieren zu können und psychologischen Faktoren wie positivem Denken, wird dabei ein großer Stellenwert beigemessen. Auch die Fähigkeit, die eigenen Emotionen und Impulse kontrollieren und die Möglichkeit ein tragfähiges Netzwerk aus sozialen Verbindungen aufbauen zu können sind zentrale Merkmale der Resilienz. Durch Resilienztrainings können diese Fähigkeiten zur Stärkung der psychologischen Schutzmechanismen trainiert werden. Diese beinhalten das Üben der kognitiven Umstrukturierung und der achtsamen Selbstbeobachtung im Alltag sowie Meditations- und Konzentrationsübungen. Die Forscher des „Deutschen Resilienzzentrums“ in Mainz gehen aktuell der Frage nach, welche Vorgänge im Gehirn Menschen dazu befähigen, sich gegen die schädlichen Auswirkungen von Stress zu schützen. Weiterhin untersuchen sie, wie diese Resilienzfaktoren langfristig verstärkt und gezielt trainiert werden können. Zur Erforschung dieser Fragen wurden mehrere Langzeitstudien auf den Weg gebracht. Insgesamt steckt die Forschung jedoch noch in den „Kinderschuhen“.[12]
Fazit
Schutzmechanismen kann man trainieren, sie sind einem nicht automatisch „in die Wiege gelegt.“ Bei der Bewältigung von Krisen, die nahezu allen Menschen im Leben einmal wiederfahren, hilft ein Persönlichkeitsmerkmal als Schutzfaktor allein in der Regel nicht aus. Die Resilienz ist ein vielschichtiger Prozess, der aus mehreren Bewältigungsstrategien besteht. So wie sich psychische Störungen nicht von heute auf morgen entwickeln, entwickelt sich auch die Resilienz nicht von einem Tag auf den anderen. Durch gezielte Trainings kann diese jedoch gestärkt werden. Folgendes Zitat von R. H. Schuller verdeutlicht das Gute an schwierigen Zeiten: „Tough times don’t last, tough people do.“[13]
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