By Published On: 14. Mai 2016Categories: Psychologie, Wirtschaft

In den Niederlanden gibt es seit Juli 2015 ein Gesetz, das einen rechtlichen Anspruch auf das Arbeiten von Zuhause aus regelt. Aber wie sieht das in Deutschland aus? Wieviele Arbeitnehmer nutzen Heimarbeit bzw. haben ein Interesse an Homeoffice? Mit welchen Nach- bzw. Vorteilen ist diese Form der Arbeit ganz konkret verbunden? Und was muss man bedenken und beachten, wenn man in Homeoffice arbeiten will?

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat zu diesem Thema Anfang 2016 die Ergebnisse einer Umfrage unter abhängig Beschäftigten veröffentlicht. Dabei wurde festgestellt, dass in Deutschland die Möglichkeiten zum Homeoffice bei weitem nicht ausgenutzt werden. Lediglich 12 % aller abhängig Beschäftigten arbeiten von zuhause aus. Damit liegt Deutschland unterhalb des EU-Durchschnitts. Während bei den meisten Arbeitnehmern, deren Tätigkeit die Möglichkeit zu Homeoffice bietet, auch der Wunsch nach mehr zeitlicher Autonomie gegeben ist, liegt das Akzeptanzproblem von Heimarbeit häufig bei den Arbeitgebern. Diese befürchten durch einen Kontrollverlust oftmals Leistungseinbußen in der Produktivität. Allerdings ist auch nicht jede Tätigkeit für Homeoffice geeignet. In der Dienstleistungsbranche oder der öffentlichen Verwaltung wäre Homeoffice beispielsweise vielfach möglich. Auch eignen sich tendenziell eher höher qualifizierte Berufe dafür. Insgesamt gaben etwa 40 % der abhängig Beschäftigten in der Umfrage an, dass ihre Tätigkeit auch von zuhause ausgeübt werden könnte und wiederum zwei Drittel davon haben auch den Wunsch danach.

 

Nachteile und Vorteile von Homeoffice

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Nachteile für den Arbeitnehmer:

  • Es kann ein gewisses Stresspotenzial in den eigenen vier Wänden entstehen, da eine richtige Trennung von Arbeitsplatz und Wohnort entfällt. Deshalb ist es schwieriger, den Stress oder Ärger „im Büro zu lassen“.
  • Sitzt man alleine am Schreibtisch, können Motivationsprobleme die Folge sein. Beispielsweise wenn man es nicht schafft morgens früh aufzustehen, weil die Kontrolle durch und der Kontakt zu anderen fehlen.
  • Eine weitere Gefahr besteht in der Ablenkung. Ablenkung kann mit mangelnder Motivation einhergehen. Denn ist letztere nicht vorhanden, sucht man sich andere Beschäftigungen, wie etwa im Internet zu surfen oder mit Freunden zu telefonieren. Oder man wird von der Hausarbeit, beispielsweise in Form eines Stapels Wäsche die man nur schnell noch waschen will, abgelenkt.
  • Eine mögliche Schwächung der Position aus karrieretechnischer Sicht kann ein weiterer Nachteil sein. Zum einen fehlt die kollegiale Herausforderung, zum anderen ist man ein Stück weit aus dem Blickwinkel des Chefs verschwunden.
  • Zur Einrichtung eines Homeoffice ist ausreichend Platz zuhause notwendig und es entstehen Anschaffungskosten für Möbel und technische Ausstattung zur Kommunikation mit dem Chef oder den Kollegen. Die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sind zudem nur begrenzt steuerlich absetzbar.
  • Ein nicht zu vernachlässigender Punkt ist die Einsamkeit. Es finden keine spontanen, kurzen Gespräche mit den Kollegen in der Kaffeeküche statt und der geistige Austausch ist auf Telefonkommunikation oder Videotelefonie beschränkt.

Nachteile für den Arbeitgeber:

  • Der Nachteil für den Chef ist in erster Linie ein befürchteter Kontrollverlust. Im Homeoffice ist keine direkte „Überwachung“ der Produktivität des Mitarbeiters möglich. Allerdings sollte man hierbei Anwesenheit nicht mit Produktivität gleichsetzen. Die Leistung kann auch an den Arbeitsergebnissen gemessen werden. Zudem arbeiten Arbeitnehmer zuhause oftmals länger (im Schnitt über 40 Stunden pro Woche) und nehmen unbezahlte Mehrstunden in Kauf.

 

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Vorteile für den Arbeitnehmer:

  • Der große Vorteil für den Arbeitnehmer liegt in der flexibleren Einteilung der Arbeitszeit.
  • Homeoffice geht außerdem mit einer Zeitersparnis einher, da der Anfahrtsweg ins Büro entfällt.
  • Zudem geht das Arbeiten von Zuhause aus mit einer Kostenersparnis Man spart Fahrtkosten und Geld für Arbeitskleidung, wie zum Beispiel teure Anzüge, die man für das Büro möglicherweise benötigt. Auch sich das Mittagessen zuhause zuzubereiten, kann billiger und gesünder sein, als auswärts oder in der Kantine Essen zu gehen.
  • Der Arbeitnehmer hat mehr Ruhe als im Büro. Im Büro telefoniert der Kollege am Schreibtisch nebenan vielleicht auch mal lauter oder schaut auf einen Kaffee vorbei.
  • Es kann eine optimale Verbindung zwischen Familie und Beruf geschaffen werden. Denn hier besteht beispielsweise die Möglichkeit, die Kinder von der Schule abzuholen und zu versorgen und danach weiterzuarbeiten.
  • Außerdem besteht das Potenzial zu höherer Produktivität, weil Hochphasen im individuellen Biorhythmus besser genutzt werden können.

Vorteile für den Arbeitgeber:

  • Eine Überbürokratisierung kann vermieden werden, indem die formelle Berichterstattung und starre Hierarchien durchbrochen werden.
  • Den Mitarbeitern die Wahlmöglichkeit zu lassen, im Büro oder von Zuhause aus zu arbeiten, sorgt auch für eine Zufriedenheitssteigerung bei der Belegschaft.
  • Zudem werden Kosten eingespart, weil die Mitarbeiter im Homeoffice keine Bürokosten verursachen.
  • Für potenzielle neue Mitarbeiter kann die Flexibilität, Homeoffice wählen zu können, Betriebe attraktiver erscheinen lassen.
  • Arbeitnehmer in Homeoffice arbeiten im Schnitt mehr. Sie arbeiten im Durchschnitt 40,6 Stunden pro Woche während alle abhängig Beschäftigten insgesamt normalerweise 36,2 Stunden pro Woche arbeiten. Dies gibt den Firmen einen möglichen Produktionsgewinn durch unbezahlte Mehrarbeit.

 

Tipps für ein erfolgreiches Arbeiten von Zuhause

In erster Linie erfordert Homeoffice viel Disziplin, sowie ein gutes Zeit- und Selbstmanagement. Sich selbst organisieren zu können und sich seine Zeit in geeigneter Weise einteilen zu können, ist aber erlernbar.

Im Speziellen schließt das folgende Punkte ein:

  • Man sollte sich feste Arbeits- und Pausenzeiten einplanen. Denn nur mit einer klar strukturierten Zeiteinteilung gibt es auch einen festen Feierabend. Die Arbeitsplanung kann sich dabei auch nach den persönlichen Hochphasen richten. Damit der Arbeitstag nicht plötzlich 20 Stunden hat, sollte er nicht komplett verplant werden. Stattdessen sollten ca. 20 % der Arbeitszeit für Unvorhergesehenes frei gehalten werden. Dazu gehören zum Beispiel plötzlich einberufene Meetings oder nicht eingeplante Kundenwünsche, die Priorität haben.
  • Ziele sollten geplant und definiert sein. Am besten ist vorher mit dem Chef abzustimmen, was wann abgearbeitet werden soll. Hier kann man mit Deadlines oder abzuarbeitenden Projekten pro Woche arbeiten. Wichtig ist, dass die Ziele erreichbar und realistisch sind.
  • Eine feste räumliche Trennung zwischen Arbeits- und Wohnbereich ist außerdem wichtig,
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    Abb. 4

    damit man gewissermaßen abends die Bürotür schließen und die Arbeit „hinter sich lassen kann“. Neben der räumlichen Trennung kann auch eine aufgabenbezogene Trennung bedeutsam sein. So sollten im „Homeoffice“ keine Privatgespräche geführt werden (außer in definierten Pausen). Andererseits wiederum gilt es zu vermeiden, abends auf der Couch noch zu arbeiten. Auch ist es in diesem Zusammenhang sinnvoll, nicht im Pyjama an den Schreibtisch zu gehen, sondern morgens die auch früher übliche Morgenroutine beizubehalten.

  • Ein weiterer Punkt ist die Erreichbarkeit. Während der definierten Arbeitszeiten sollte man für den Chef und die Kollegen telefonisch erreichbar sein und E-Mails schnell beantworten. Auf diese Weise kann man seine Produktivität nach außen erkennbar machen.
  • Zudem sollte man sich bewusst machen, dass es nach wie vor wichtig ist, den Kontakt zu den Kollegen und dem Chef kontinuierlich aufrecht zu erhalten. Zum einen, weil man so die Gefahr der Einsamkeit in den Griff bekommen kann, zum anderen ist man im Büro nicht völlig von der Bildfläche verschwunden. Sich auszutauschen und Feedback zu erhalten, ist auch im Homeoffice von Bedeutung. Dies kann man zum Beispiel erreichen, indem man regelmäßige Videokonferenzen und/oder wenn möglich auch feste Präsenztage im Büro einplant. Damit man nicht nur zuhause ist, kann es auch Sinn machen, die Mittagspause gelegentlich draußen zu verbringen oder auch mal mit den Kollegen Mittagessen zu gehen.

 

Zukunftsfähig: Ja. Für Jeden: Nein!

Natürlich muss in erster Linie jeder für sich selbst einschätzen, ob er von zuhause aus arbeiten kann und will oder nicht. Nicht jedem liegt das Arbeitsleben als „Einzelkämpfer“. So wird auch beim Lesen der Tipps nicht jeder davon überzeugt sein, diese umsetzen zu wollen oder zu können. Aufgrund der modernen Kommunikationsmöglichkeiten ist es viel einfacher geworden, von zuhause aus zu arbeiten. Vor dem Hintergrund berufstätiger Mütter oder Alleinerziehender wird eine Flexibilisierung von Arbeitsplätzen zunehmend bedeutsamer und ist auch gewünscht. Von Seiten der Arbeitgeber sollte allerdings, sofern Homeoffice tätigkeitsbezogen möglich ist, immer die Option gewährt werden. Nach oben erwähnter Umfrage des DIW sind Beschäftigte, die theoretisch von zuhause aus arbeiten könnten und dies auch wollen, aber von Arbeitgeberseite dazu keine Möglichkeiten geboten werden, unzufriedener mit ihrer Arbeit. Laut derselben Umfrage sind Heimarbeiter etwas zufriedener als die Menschen, die im Büro arbeiten. Dabei gilt es zu beachten, dass unzufriedene Arbeitnehmer häufiger den Job wechseln.

Bei wachsenden komplexen und hochqualifizierten Tätigkeiten und zunehmender Flexibilisierung ist das Homeoffice sicher ein zukunftsfähiges Arbeitsmodell. Dies gilt aber nicht für Jeden. Denn in bestimmten Tätigkeitsbereichen wird es nicht möglich sein, von zuhause aus zu arbeiten. Hinzu kommt, dass für den Einen oder Anderen die Nachteile von Heimarbeit schwerer wiegen als die Vorteile. Vielleicht ist für Letztere deshalb auch eine Hybridlösung der „Königsweg“: Homeoffice mit festen Bürotagen.

 

Quellen:

Bernau, V.: Nachteile von Home-Office. Süddeutsche Zeitung Online. 11. Dezember 2013 URL: http://www.sueddeutsche.de/karriere/nachteile-von-home-office-allein-allein-1.1841591 (12. März 2016).

Brenke, K.: Home Office: Möglichkeiten werden bei weitem nicht ausgeschöpft. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung Berlin. Wochenbericht. 3. Februar 2016 URL: https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.526036.de/16-5.pdf (12. März 2016).

Groll, T.: Home Office. Vorteile und Tücken der Telearbeit. Zeit Online 28. April 2015 URL: http://www.zeit.de/karriere/2015-04/homeoffice-arbeit-arbeitsrecht (12. März 2016).

Mai, J.: Home Office: So arbeiten Sie produktiver zuhause. 01. September 2014 URL: http://karrierebibel.de/home-office-tipps/ (12. März 2016).

Michler, I.: Der sinnlose Widerstand der Firmen gegen Homeoffice. Zeit Online. 19. November 2015 URL: http://www.welt.de/wirtschaft/karriere/article149011948/Der-sinnlose-Widerstand-der-Firmen-gegen-Homeoffice.html (12. März 2016).

(o:V.): Homeoffice. Sechs Tipps für die Arbeit allein daheim. Spiegel Online. 17. April 2015 URL: http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/homeoffice-sechs-tipps-a-1026895.html (12. März 2016).

(o.V.): Das Homeoffice wird wichtiger. Wirtschaftspsychologie aktuell. Nachrichten aus der Wirtschaftspsychologie. 3. März 2015 URL: http://www.wirtschaftspsychologie-aktuell.de/nachrichten/nachrichten-20150303-das-homeoffice-wird-wichtiger.html (12. März 2016).

(o.V.): Wirtschaftspsychologie: Home-Office – reichlich Nutzen, wenig Nutzung. Psychologie Aktuell. 2. Mai 2015 URL: http://www.psychologie-aktuell.com/news/aktuelle-news-psychologie/news-lesen/article/1430733577-wirtschaftspsychologie-home-office-reichlich-nutzen-wenig-nutzung.html (12. März 2016).

(o.V.): Homeoffice ist ausbaufähig. Wirtschaftspsychologie aktuell. Nachrichten aus der Wirtschaftspsychologie. 29. Februar 2016 http://www.wirtschaftspsychologie-aktuell.de/nachrichten/nachrichten-20160229-homeoffice-ist-ausbaufaehig.html (12. März 2016).

 

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Abb. 1: https://pixabay.com/de/laptop-frau-kaffee-fr%C3%BChst%C3%BCck-943559/

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Abb. 3: https://pixabay.com/de/unternehmer-start-start-up-karriere-696962/

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