Verliebt, Verheiratet, Geschieden – so sieht die Realität für viele Menschen in Deutschland aus. In 2018 lag die Scheidungsquote bei knapp über einem Drittel.[1] Doch warum scheitern so viele Beziehungen, obwohl sie sich geschworen haben einander zu lieben „bis der Tod uns scheidet?“
Warum scheitern Beziehungen?
Wenn frisch verliebte sich das Ja-Wort geben, denkt noch keiner an eine Scheidung. Ganz im Gegenteil – der Zukunft wird optimistisch und mit großen Zielen entgegengeblickt. Dennoch scheitern viele Beziehungen trotz guter Vorsätze letztendlich trotzdem. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Jede Beziehung ist anders und bringt ihre eigenen Herausforderungen und Probleme mit. Trotzdem lassen sich gewisse Gründe identifizieren, die Betroffene immer wieder nennen. Als klassische Trennungsgründe galten in der Vergangenheit beispielsweise Schulden, Fremdgehen und das Auseinanderleben.[2] Allerdings deuten die Ergebnisse einer neuen Studie darauf schließen, dass sich die Gründe für die meisten Trennungen zu einer emotionalen Ebene hin verschieben. So fanden die Forscher im Rahmen einer Studie in Dänemark heraus, dass 47% der Scheidungen aufgrund von einem Mangel an Intimität und Liebe geschehen, 44% basieren auf Kommunikationsschwierigkeiten und 34% der Teilnehmer machten einen Mangel an Sympathie, Respekt und Vertrauen für das Scheitern ihrer Ehe verantwortlich.[3] Mit anderen Worten ausgedrückt: der inkorrekte Umgang mit dem anderen Geschlecht und eine Schwäche mit seiner besseren Hälfte zu kommunizieren, scheinen die Hauptgründe für das Scheitern von Beziehungen zu sein. Vor allem die Kommunikation ist ein unterschwelliges Problem, dass sich in allen drei Gründen wiederfinden lässt. Sich nicht geliebt fühlen, fehlende Sympathie und auch allgemeine Kommunikationsschwierigkeiten haben ihren Ursprung in der Art und Weise, wie und was wir sagen. Dass Frauen und Männer nicht immer auf Augenhöhe sehen, ist jedem klar. Fraglich ist jedoch, warum etwas scheinbar Einfaches, wie das adäquate Kommunizieren miteinander dafür verantwortlich ist, dass so viele Menschen ihre Treueschwüre brechen.
Woraus resultieren diese Kommunikationsschwierigkeiten?
Die Unterschiede in der Kommunikation zwischen Frauen und Männer ist bereits in zahlreichen Büchern thematisiert worden. John Gray ging sogar soweit, in seinem Bestseller „Men are from Mars, Women are from Venus“ die beiden Geschlechter als Bewohner zweier unterschiedlicher Planeten darzustellen, die die gleichen Wörter in ihrer Sprache haben, diesen Wörtern allerdings eine andere Bedeutung beimessen.[4] Logischerweise sind in einem solchen Szenario Missverständnisse vorprogrammiert. Dies ist eine nützliche Veranschaulichung, um die Unterschiede der Bedürfnisse von Frauen und Männern darzustellen. Um die Sprache der Liebe jedoch letztendlich wissenschaftlich entschlüsseln und den Ursprung der Kommunikationsschwierigkeiten zu bestimmen, muss zuerst geklärt sein, was Liebe überhaupt ist. Während es viele Arten und Definitionen von Liebe gibt, ist Liebe wissenschaftlich betrachtet nichts anderes als eine Reihe von chemischen Reaktionen im Gehirn. „Liebe wird durch eine Kombination von Hormonen – darunter Dopamin, Oxytocin, Testosteron und Noradrenalin – ausgelöst.“[5]. Diese Ausschüttung von Hormonen führt dazu, dass Menschen sich verliebt fühlen. Männer und Frauen unterscheiden sich jedoch darin, wie sie Liebe wahrnehmen. Diesbezüglich haben Tomografien gezeigt, dass bei verliebten Männern der Bereich im Gehirn aktiv ist, der für sexuelle Erregung zuständig ist, während es sich bei den Frauen um die Bereiche für Erinnerungen, Emotionen und Aufmerksamkeit handelt.[6] Das erklärt, warum Männer und Frauen von Natur aus unterschiedlichen Ideen über Liebe haben. Des weiteren wundert es nicht, dass diese Unterschiede auch verschiedene Bedürfnisse und Wünsche in einer Beziehung hervorrufen. Daraus ergibt sich, dass Frauen folgende Bedürfnisse gegenüber Männern haben:
- Liebe
- Treue
- Freundlichkeit
- Zuverlässigkeit
- Bildung und Intelligenz[7]
Männer hingegen haben dahingegen sehr viel primitivere Erwartungen:
- Sex
- Lebenswichtige Dienstleistungen (Kochen, Waschen etc.)
- Geliebt werden und an erster Stelle stehen
- Zeit für sich allein, ohne gestört zu werden[8]
Bei solch unterschiedlichen Bedürfnissen sind Konfrontationen quasi vorprogrammiert. Daraus ergibt sich, dass eine gute Kommunikation für den Erfolg einer Beziehung von essentieller Wichtigkeit ist.
Können psychologische Ansätze dabei helfen, die Kommunikation zwischen Partnern verbessern?
Die Antwort lautet ganz klar ja. Schließlich geben Menschen, wenn sie kommunizieren, viel mehr über sich preis, als nur das gesprochene Wort. Daher können Kommunikationstechniken dazu verwendet werden, um mehr über die Bedürfnisse des Partners zu erfahren. Das Kommunikationsquadrat stellt dies sehr anschaulich dar. Dieses Modell zeigt auf, dass sich jede Nachricht aus vier Ebenen zusammensetzt. Diese Ebenen sind:
- Die Sachebene, die Fakten, Sachverhalte oder Daten wiedergibt.
- Die Selbstkundgabe, die bewusst oder unbewusst Informationen über die eigene Meinung beziehungsweise die eigenen Gefühle und Stellung offenbart.
- Die Beziehungsebene, die offen legt, was man von der anderen Person hält und wie man zu dem anderen steht.
- Die Appellebene, die ausdrückt, was die eigenen Wünsche oder die eigentliche Botschaft ausdrückt.[9]
Das lässt sich an einem Beispiel verdeutlichen: Wenn eine Frau sagt: „Schatz, wir verbringen so selten Zeit miteinander.“, dann beinhaltet diese Nachricht vier Ebenen. Die Sachebene sagt aus, dass das das Paar wenig Zeit miteinander verbringt. Die Selbstkundgabe findet anhand der Wortwahl und aus dem Umstand, dass sie diesen Punkt erwähnt. Daraus kann man schließen, dass die Frau diesen Zustand nicht gutheißt. Die Beziehungsebene dieser Botschaft drückt aus, dass sie romantische Gefühle gegenüber ihrem Partner besitzt, welches an dem Wort „Schatz“ erkennbar ist. Die Appellebene der Botschaft enthält eine Aufforderung diese Situation zu ändern. Somit steht fest, dass Aussagen vielschichtig sind und genaues Zuhören nötig ist, um die den Partner besser verstehen zu können. Das ermöglicht auch herauszufinden, was die eigentliche Botschaft hinter dem Gesagten ist.
Fazit
Männer und Frauen haben unterschiedliche Bedürfnisse und Anforderungen in einer Beziehung. Um diese Unterschiede erkennen zu können, benötigt es vor allem die Fähigkeit diese Bedürfnisse zu erkennen. Paare können ihre Kommunikation und dadurch auch ihre Beziehung verbessern, indem sie sich mit dem Kommunikationsquadrat vertraut machen und die vier Ebenen im Kopf behalten, wenn sie mit ihrem Partner kommunizieren. Oft muss man eben zwischen den Zeilen lesen, um herauszufinden, was wirklich von einem erwartet wird.
Fußnoten
[1] Vgl. Statistisches Bundesamt (2019)
[2] Vgl. Scheidung.org (o.J.)
[3] Vgl. Strizzi et al. (2019), S. 5-6
[4] Vgl. Gray (2012), S. 60-61
[5] Pease/Pease/Schuler (2009), S. 27
[6] Vgl. Fisher/Aron/Brown (2006), S. 2181
[7] Vgl. Pease/Pease/Schuler (2009), S. 83
[8] Vgl. Pease/Pease/Schuler (2009), S. 108-109
[9] Vgl. Schulz von Thun Institut (o.J.)
Literaturverzeichnis
Fisher, H. E., Aron, A., & Brown, L. L. (2006). Romantic love: a mammalian brain system for mate choice. Philosophical Transactions of the Royal Society B: Biological Sciences, 361(1476), 2173–2186. https://doi.org/10.1098/rstb.2006.1938
Gray, J. (2012). Men Are from Mars, Women Are from Venus: The Classic Guide to Understanding the Opposite Sex. New York: HarperCollins.
Pease, B., Pease, B., & Schuler, K. (2009). Warum Männer immer Sex wollen und Frauen von der Liebe träumen. Berlin: Ullstein.
Scheidung.org. (o. J.). Welche Scheidungsgründe sind in Deutschland rechtsgültig? Abgerufen 10. November 2019, von https://www.scheidung.org/scheidungsgruende/
Schulz von Thun Institut. (o. J.). das Kommunikationsquadrat. Abgerufen 5. November 2019, von https://www.schulz-von-thun.de/die-modelle/das-kommunikationsquadrat
Statistisches Bundesamt. (2019). Anzahl der Ehescheidungen in Deutschland von 1990 bis 2018 [Graph]. In Statista. Zugriff am 18. November 2019, von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/228/umfrage/anzahl-der-ehescheidungen-seit-1990/
Strizzi, J. M., Sander, S., Ciprić, A., & Hald, G. M. (2019). “I Had Not Seen Star Wars” and Other Motives for Divorce in Denmark. Journal of Sex & Marital Therapy, 1–10. doi: 10.1080/0092623x.2019.1641871
Bildquelle
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