Bleiben oder Aufgeben?
Unter den in Teil angeführten Bedingungen, hatte ich Jahre später, bereits zwei Urlaubssemester konsumiert und nur einige Basis-Module abgeschlossen. Ich kam zu der Erkenntnis, dass das Fernstudium in Umfang, intellektueller Herausforderung und Länge, nicht zu meinem damaligen Leben passte. Ich schrieb also an das Studiensekretariat und teilte die Kündigung meines Studienvertrages mit. In der Kenntnisnahme war die Kündigungsfrist angeführt. Kurz vor dem Ablauf dieser Frist, begann ich auf mein Bauchgefühl zu hören. Und dieses sagte mir eindeutig, weiterzumachen. Also trat ich von meinem Rücktritt zurück: ich war wieder Psychologiestudent. Aber ich hatte mir geschworen, diesmal alles anders zu machen.
Durch Änderung zum Erfolg
Ich evaluierte und reflektierte, was meiner Meinung nach die Gründe für meinen bisherigen ausbleibende Erfolg ausschlaggebend waren:
- Mangelnder Kontakt zu Mitstudierenden
- Nur sporadisches Arbeiten an den Modulen, wenn ich Zeit hatte
- Kein konsequentes Arbeiten
- Studium hatte wenig bis gar keine Priorität in meinem Leben
- Lange Bearbeitungszeiten für einzelne Module und schriftliche Arbeiten
- Keine Wissensaneignung außerhalb des Studiums
- Keine klar definierten Ziele
- Keinerlei zeitlichen Rahmendefinitionen
Um diese für mich negativen Punkte zu ändern, suchte ich mir über den Punkt „Studi-Kontakte“ im Onlinecampus, Mitstudierende aus, die ähnlich weit wie ich waren und aktiv Kontakte zu anderen Student*innen suchten. Diese schrieb ich alle per Email an. Mit den meisten ergab sich letztlich keine Korrespondenz, einige wenige antworteten mir nicht einmal, aber mit anderen entwickelte sich geradezu eine Freundschaft. Wir tauschten uns zu psychologischen Themen aus, gaben neu erfahrene Informationen weiter, berichteten von unseren Modulerfahrungen und redeten über berufliche Ziele. Da störten schließlich auch die oft vielen hunderten Kilometer geografischer Abstand nicht mehr.
Auch versuchte ich, dem Studium einen höheren Stellenwert in meinem Leben zu geben. Ich setzte mir relevante Ziele während dem Studium. Ich las psychologische Magazine und Folder, bewertete Werbung im Vorbeigehen aus psychologischer Sicht und für mich selbst, das Verhalten der mir begegnenden Menschen. Vieles wird nicht richtig gewesen sein, aber ich beschäftigte mich sehr viel mit der Psychologie auch abseits des strikten Lernens für Prüfungen. Außerdem setzte ich mir für das Absolvieren von Modulen eine zeitliche Deadline. Anfangs waren dies Monate an zeitlichem Spielraum. Später kürzte ich die von mir selbst gewählten Abgabetermine auf nur wenige Wochen. Wenn ich es dann tatsächlich rechtzeitig schaffte, belohnte ich mich mit einem Kauf oder der Teilnahme an einem sportlichen Wettbewerb. Apropos Sport: während ich nunmehr konsequent und stundenlang an Arbeiten saß, machte ich aktive Pausen, in welchen ich Laufen oder Trainieren ging. Danach setzte ich mich mit klarem Kopf, erneut an den Schreibtisch. Wenn ich einmal nicht weiterwusste, ließ ich die Arbeit etwas ruhend reifen und begann stattdessen an einem neuen, zusammenhängenden Modul zu arbeiten. Später kehrte ich mit mehr Wissen, neuen Ideen und stärkerer Motivation zu der ruhenden Arbeit zurück. Und besonders interessant war, dass durch alle diese Veränderungen, das Psychologiestudium eine viel wichtigere Präsenz in meinem Leben einnahm. Ich studierte nicht mehr nebenbei, immer nur dann, wenn ich Zeit dafür hatte. Ich verschaffte mir aktiv Zeit für das Studieren, wo ich dann mit voller Energie arbeitete. Die Erfolgserlebnisse, welche ich durch die Noten und guten Feedbacks erfuhr, nutzte ich nicht, um mich auf den geernteten Lorbeeren auszuruhen, sondern als Motivationsschub um im Flow zu bleiben. Mit der Zeit sah ich mich tatsächlich als zukünftigen Psychologen und nicht mehr ausschließlich als Sprach- und Literaturwissenschaftler und als Kriminalpolizisten. Diese hohe Tempo drückte natürlich auch auf die Qualität der Arbeiten: so bekam ich teilweise auch ein-zwei schlechtere Noten, welche aber meinem sehr guten Notendurchschnitt keinen Abbruch taten. Außerdem lernte ich von dem Satz: „Done is better than perfect!“. Vor allem bei Modulen die nicht so unbedingt mein Interesse trafen. Glücklicherweise waren das nur wenige und Perfektionismus ist auch nicht immer unbedingt nur gut.
Fazit
Mit dem Studium der Psychologie erfüllte ich mir einen langgehegten Wunsch. Ich musste niemandem mehr etwas beweisen, vielleicht trug auch dieser Umstand dazu bei, anfangs beinahe zu scheitern. Durch etliche Änderungen an meinem Lernverhalten, dem aktiven sozialen Umgang mit Mitstudierenden, der Selbst- und Fremdmotivation durch Belohnungen, dem konsequentem Arbeiten, dem Einräumen von zeitlichen Räumen und Verkürzen der Deadlines, stellte sich Erfolg ein. Auch verabschiedete ich mich davon, allzu perfekte Arbeiten abgeben zu wollen. Ich merkte schnell durch die steigende Anzahl von absolvierten Modulen, worum es bei den schriftlichen Arbeiten geht. Auch erhöhte sich durch die sich entwickelnde Routine sowohl das Arbeitspensum als auch die zeitliche Effektivität der Bearbeitung. Über die Art meiner eigenen Motivation und Verhaltensmuster und Strategien, stolperte ich öfters im Zuge des Lesens von Fachliteratur und der Studienbriefe. Dies bestärkte mich immer wieder auf meinem Weg.
Mittlerweile fehlen mir nur mehr einige wenige Module und ich bin guter Dinge, auch den Rest des Studiums zu schaffen und die Bachelorthesis gut verfassen zu können. Wenn ich bei meiner spärlichen Freizeit das schaffe, dann können das Mitstudierende mit ähnlichen Problemen ebenso. Vielleicht helfen die von mir durchgeführten Änderungen in meinem Lernverhalten, auch Mitstudierenden bei der Bewältigung ihrer eigenen Prokrastinationskrisen.
Bildquellennachweis:
Lernen erfordert Zeitmanagement (eigenes Bild) (2024)