Amazon ist das weltvollste Unternehmen der Welt.[1] Welche Führungsstile benötigt es, um das weltweit erfolgreichste Unternehmen zu leiten?
Der Alltag bei Amazon
Von einem kleinen Online-Buchhändler aus einer Garage in Seattle bis zu dem Alleskönner, wie wir ihn heute kennen. Amazon hat in den letzten 20 Jahren eine radikale Entwicklung durchgemacht. Geprägt wurde das Unternehmen von ihrem Gründer Jeff Bezos, der bis heute noch Geschäftsführer des Unternehmens ist.[2] Seine Ambitionen sind es, die das Unternehmen immer wieder zu neuen Höhen antreiben und schlussendlich zu dem wertvollsten Unternehmen der Welt gemacht haben. Was einen Menschen wie Bezos antreibt, wird wahrscheinlich ein Rätsel bleiben. Wie er die gleichen hohen Standards und eine fast übermenschliche Produktivität in seinem Unternehmen durchsetzt, ist hingegen nachvollziehbar. Die 14 Führungsprinzipien, die Bezos in seinem Unternehmen integriert hat, sind auf der Seite von Amazon nachlesbar. Dabei handelt es sich um regelrechte Gebote, zu denen beispielsweise Kundenbesessenheit, Bestehen Sie auf die höchsten Standards, großes Denken und Resultate liefern zählen.[3] Es wird schnell klar, dass Amazon eine strenge leistungsorientierte Kultur verfolgt, in der vor allem eins zählt: Resultate und zwar um jeden Preis. 85 Stunden Arbeitswochen sind bei Amazon für Manager keine Seltenheit und auch Emailverkehr am Wochenende bis spät in die Nacht gehören zum Alltag.[4] Darüber hinaus beschreiben ehemalige Mitarbeiter das Arbeitsumfeld als extrem anspruchsvoll und teilweise sogar als beängstigend.[5] Solche schlechten Arbeitsbedingungen können sich logischerweise negativ auf die Arbeitszufriedenheit auswirken. Das wiederum führt zu einer niedrigeren Leistung.[6] Zurückführen lässt sich das Ganze auf den Führungsstil von Amazon. Das zeigt sich beispielsweise anhand der ständigen Performanceaufzeichnung aller Mitarbeiter. Diesbezüglich hat Amazon spezielle Algorithmen entwickelt, um die Produktivität der Mitarbeiter auf Schritt und Tritt nachvollziehen zu können.[7] Daraus entsteht ein extrem hoher Leistungsdruck, dem viele nicht gewachsen sind. Gleichzeitig sind diese Prinzipien aber auch für den großen Erfolg verantwortlich. Woraus resultieren also diese extrem hohen Produktivitätszahlen, in einem solch rauen Arbeitsumfeld?
Ambitionierte Ziele als Erfolgsgeheimnis
Auch wenn das Unternehmen sich auf den ersten Blick aufgrund der hohen Ansprüche als keinen optimalen Arbeitsplatz bezeichnen lässt, sprechen die Resultate eine andere Sprache. Die extrem hohe Arbeitsbereitschaft und Errungenschaften der Mitarbeiter, die es ermöglicht haben, das Unternehmen an die Spitze der Welt zu treiben, basieren zu großen Teilen auf einem psychologisch erforschten Konzept. Hierbei handelt es sich um die Zielsetzungstheorie von Locke und Latham.[8] Diese Theorie konzentriert sich auf die Faktoren, die für die größtmögliche Leistungswirkung zuständig sind und geht dabei von zwei zentralen Annahmen aus:
- Die Zielsetzung von schwer erreichbaren Zielen resultieren in einer höheren Leistung, als die von leicht erreichbaren Zielen.
- Spezifische und ambitionierte Ziele führen zu einem höheren Arbeitsniveau, als unspezifische Ziele.[9]
Beide Punkte gehören bei Amazon zu der Tagesordnung. Wie bereits erwähnt sind die Erwartungen und zu erreichenden Ziele extrem hoch und auch die Ziele der Mitarbeiter sind klar, zum großen Teil sogar in den bereits erwähnten Führungsprinzipien zu finden.
Darüber hinaus hängen die Leistungen der Mitarbeiter von fünf Variablen ab, die sich wie folgt ergeben:
- Die Fähigkeiten der Mitarbeiter sind von essentieller Bedeutung, da Personen mit guten Fähigkeiten besser geeignet sind schwierige Aufgaben zu erledigen.
- Die Selbstwirksamkeit entscheidet darüber, wie selbstsicher eine Person ist und wie hoch der Schwierigkeitsgrad der Aufgaben ist, die sich eine Person zutraut zu bearbeiten.
- Je stärker die Zielbindung des Mitarbeiters an das Ziel ist, desto größer die Bereitschaft hohe Leistungen zu erbringen.
- Häufige und regelmäßige Rückmeldungen über die erbrachten Leistungen wirken sich positiv auf die Erreichung der Ziele aus.
- Die Komplexität der Aufgabe entscheidet darüber, wie engagiert eine Person ist. Prinzipiell gilt dabei, dass das Engagement bei schwierigen Aufgaben steigt, während es bei einfachen Aufgaben sinkt.[10]
Auch hier lassen sich wieder klare Parallelen zu dem Führungsstil von Amazon ziehen. Der Rekrutierungsprozess des Unternehmens ist sehr selektiv, was sicherstellt, dass alle Mitarbeiter sowohl über die benötigten Fähigkeiten verfügen als auch die Werte des Unternehmens widerspiegeln.[11] Somit ist auch die Zielbindung der Mitarbeiter geleistet. Die Algorithmen, welche die Produktivität der Mitarbeiter überwachen und aufzeichnen, liefern ständiges Feedback, was die Leistungen maximiert. Des weiteren lässt sich davon ausgehen, dass die Komplexität der Aufgaben bei einem der innovativsten Unternehmen der Welt sehr hoch angesiedelt ist.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Amazon die Zielsetzungstheorie bis ins kleinste Detail verinnerlicht hat und so ein Unternehmen darstellt, dass an Leistung kaum zu überbieten ist. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass sich auch die Mitarbeiterzufriedenheit auf die Produktivität auswirkt. Den Aussagen der Mitarbeitern nach zu urteilen, lässt diese aber zu wünschen übrig. Es lässt sich also feststellen, dass bei Amazon zu arbeiten nicht für jeden geeignet ist und das Unternehmen seinen Erfolg noch weiter steigern könnte, indem es sicherstellt, dass die Mitarbeiterzufriedenheit steigt.
Fußnoten
[1] Vgl. Ott (2019)
[2] Vgl. Amazon.de (2018)
[3] Vgl. Amazon.com (o.J.-a)
[4] Vgl. Dämon/Happel (2015)
[5] Vgl. Kantor/Streitfeld (2015)
[6] Vgl. Arif/Rahman (2018), S. 270-271
[7] Vgl. Kantor/Streitfeld (2015)
[8] Vgl. Locke/Latham (2002), S. 706-709
[9] Vgl. Wegge/Schmidt (2009), S. 174
[10] Vgl. Locke/Latham (2002), S. 707-709
[11] Vgl. Amazon.com (o.J.-b)
Literaturverzeichnis
Amazon.com. (o. J.-a). Leadership Principles. Abgerufen 18. November 2019, von https://www.amazon.jobs/en/principles
Amazon.com. (o. J.-b). Working at Amazon. Abgerufen 21. November 2019, von https://www.aboutamazon.com/working-at-amazon
Amazon.de. (2018). Unsere Geschichte: Was aus einer Garagen-Idee werden kann? Abgerufen 18. November 2019, von https://www.aboutamazon.de/%C3%BCber-amazon/unsere-geschichte-was-aus-einer-garagen-idee-werden-kann
Arif, F. N. T., & Rahman, S. A. (2018). Knowledge Management and Job Satisfaction. International Journal of Academic Research in Business and Social Sciences, 8(9), 266–274. https://doi.org/10.6007/ijarbss/v8-i9/4589
Dämon, K., & Happel, S. (2015). Mieser Führungsstil bei Amazon? Abgerufen 16. November 2019, von https://www.wiwo.de/erfolg/management/jeff-bezos-mieser-fuehrungsstil-bei-amazon/12198240.html
Kantor, J., & Streitfeld, D. (2015). Inside Amazon: Wrestling Big Ideas in a Bruising Workplace. Abgerufen 17. November 2019, von https://www.nytimes.com/2015/08/16/technology/inside-amazon-wrestling-big-ideas-in-a-bruising-workplace.html?&_r=1
Locke, E. A., & Latham, G. P. (2002). Building a practically useful theory of goal setting and task motivation: A 35-year odyssey. American Psychologist, 57(9), 705–717. https://doi.org/10.1037//0003-066x.57.9.705
Ott, S. (2019). Amazon steigt zum wertvollsten Unternehmen der Welt auf. Abgerufen 10. November 2019, von https://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/us-konzern-amazon-steigt-zum-wertvollsten-unternehmen-der-welt-auf/23837964.html?ticket=ST-13270623-DXHD14cIgXDEcZae3Tj7-ap1
Wegge, J., & Schmidt, K.-H. (2009). Zielsetzungstheorie. In V. Brandstätter & J. H. Otto (Hrsg.), Handbuch der allgemeinen Psychologie – Motivation und Emotion (1. Aufl., S. 174–181). Göttingen: Hogrefe.
Bildquelle
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