By Published On: 1. März 2017Categories: Gesundheit, Psychologie, Wirtschaft

Jeder hat schon mindestens einmal davon gehört, wenn nicht sogar selbst in der Situation gesteckt. In der heutigen Zeit werden Assessment-Center von vielen Unternehmen zur Auswahl des perfekten (Nachwuchs-)Mitarbeiters genutzt. Meist gibt es sogar spezielle Schulungen mit Tipps und Tricks, wie man sich von der gewünschten Seite präsentiert und ruhig, stressfrei an die geforderten Aufgaben herangeht. Doch was steckt genau hinter dem Assessment-Center und ist dies tatsächlich die Wunderwaffe zum Aufspüren des perfekten Mitarbeiters?

Was ist ein Assessment-Center?

Ein Assessment-Center (engl. für ‚Bewertungs-/ Beurteilungscenter) ist ein (meist mehrtätiges) Personalauswahlverfahren, das angehende Mitarbeiter oder Führungskräfte großer Unternehmen durchlaufen müssen. Hier werden anhand von verschiedenen Disziplinen die Fähigkeiten der Mitarbeiter unter speziellen Voraussetzungen wie Zeitdruck oder Stress getestet.

Einige dieser Disziplinen sind zum Beispiel[1]:

  • Präsentation/ Vortrag halten: Beobachtung der Auffassungsgabe sowie der Qualität eines Vortrags unter den Variablen Nervosität, Spontaneität und Stress
  • Persönliches Interview: Herausfinden von internen/ externen Beweggründen (zum Beispiel zur Berufswahl, etc.), Stärken und Schwächen
  • Fallaufgabe: „Auffassungsgabe, Fachwissen, Belastbarkeit, analytisches Denkvermögen“[2]
  • Gruppenarbeit/ Gruppendiskussionen/ Pro- & Kontra-Diskussionen: Schwerpunkte sind das Verhalten in der Gruppe, die Überzeugungskraft, die Argumentation sowie die Kooperation
  • Postkorb-Übung: Schwerpunkte stellen das Prioritäten setzen, die Entscheidungsfähigkeit sowie die Organisation dar
  • Berufs- & Leistungstests, Intelligenztest, Persönlichkeitstests: Abfrage von (spezifischem) Wissen zur besseren Einschätzung des Bewerbers
  • Rollenspiel: Herausfinden der Problemlösefähigkeit, Stressresistenz, Konfliktfähigkeit sowie Führungskompetenz [3]
  • Ärztliche Untersuchung: Überprüfung der körperlichen sowie psychischen Gesundheit des Bewerbers
  • Körperliche Tests: Überprüfung der Belastungsfähigkeit des Bewerbers

Anschließend an jedes Assessment-Center gibt es ein großzügiges Feedback, in welchem die Leistungen der Bewerber persönlich besprochen und in Zusammenhang mit dem Bewerbungsprofil betrachtet werden.

Jedes Unternehmen erstellt zu Beginn des Auswahlverfahrens ein sogenanntes Anforderungsprofil, in dem alle gewünschten Anforderungen an den Bewerber festgehalten werden. Dann wird eine spezifische Auswahl der zu bewältigenden Aufgaben getroffen, welche speziell an das Anforderungsprofil angepasst sind. So gleicht kein Assessment-Center einem anderen!

Generell wird das Assessment-Center in der Personalauswahl („Einstell-Assessment“) eingesetzt, um Schulabgänger oder Führungskräfte vor der Vertragsbindung an das Unternehmen ausgiebig zu testen. Zudem kann es in der Personalentwicklung („Entwicklungs-Assessment“) eingesetzt werden, um Kandidaten für Förderkreise der Führungs-oder Fachlaufbahnen zu identifizieren oder um für Kandidaten im Rahmen der Laufbahnplanung einen individuellen Trainingsbedarf festzustellen[4]. Auch die Karriereberatung kann von einem Assessment-Center profitieren, indem es für die Erstellung eines Stärken-Schwächen-Profil oder einer Potentialanalyse eingesetzt wird und damit Hinweise auf eine mögliche berufliche Orientierung gibt[5].

Das Bestehen des Assessment-Center dient dann als Eintrittskarte für den Beginn oder den Aufstieg in der Karriere des Unternehmens.

Abbildung 1: Bewerbungsgespräch, Quelle: <a href=“http://www.freepik.com/free-photos-vectors/business“>Business image created by Javi_indy – Freepik.com</a>

Warum sind Assessment-Center so erfolgreich?

Assessment-Center erfreuen sich heutzutage großer Beliebtheit.
Sie bilden eine Alternative zum klassischen Bewerbungsgespräch oder Online-Tests, bei der die Bewerber genauestens nach dem gesetzten Anforderungsprofil unters Auge genommen werden.

Dieses Auswahlverfahren hat mehrere Vorteile für Unternehmen: Dadurch, dass die Fähigkeiten der Bewerber umfangreich getestet werden, wird die einseitige Perspektive, welche durch die Zeugnisse vermittelt wird, aufgehoben und um weitere Qualifikationen ergänzt. Die gezeigten Kompetenzen werden zudem um psychologische Aspekte ergänzt, wie zum Beispiel das Arbeiten unter Zeitdruck in einer spontanen Situation der Leistungsabfrage oder den Umgang mit Nervosität und Stress. So greifen Unternehmen nicht mehr ins Schwarze, sondern treffen bewusste, begründete Entscheidungen bezüglich der Einstellung eines Bewerbers. Zudem findet das Auswahlverfahren sehr schnell und gebündelt statt – es können je mehrere Bewerber in einem Durchgang getestet und die Besten ausfindig gemacht werden.

Und auch für die Bewerber stellt das Assessment-Center positive Aspekte dar: Sie können einen bleibenden Eindruck hinterlassen, wenn sie vor Ort unter Beweis stellen, dass sie nicht nur ein gutes Zeugnis, sondern zudem auch soziale und berufsspezifische Kompetenzen mitbringen!

Kritik am Assessment-Center

Mit der Popularität des Assessment-Centers (Verwendung von 71 der DAX-100-Unternehmen[6]) gehen auch einige Kritikpunkte einher, welche sich besonders auf die Validität des Verfahrens beziehen. So wird zum Beispiel kritisiert, dass die „Kriterien für den Berufserfolg […] überhaupt nicht genau zu definieren“[7] sind und somit die Anforderungsprofile zu wünschen übriglassen. Da die Kriterien nicht genau zu formulieren seien, seien diese auch unmöglich durch Tests zu überprüfen.[8]

Fest steht daher: Assessment-Center eignen sich „eher schlecht für die Vorhersage von beruflicher Leistung“[9]! Betrachtet man jedoch die Funktion der Vorhersage von beruflichem Aufstieg und Potenzial, so zeigen die Statistiken positive Ergebnisse![10] Zudem wurde die Validität des Assessment-Centers durch die Durchführung mehrerer Studien auf einen Durchschnittswert von .37 bestätigt[11]. Hier bestehen jedoch individuelle Unterschiede (je nach eingesetzten Elementen und Zertifizierungsgrad der Unternehmen), sodass der Wert von .37 bis .47 variieren kann[12].

Im Vergleich der Validität mit anderen Auswahlverfahren befindet sich das Assessment-Center mit .45 auf dem dritten Platz – direkt hinter den Arbeitsproben (.54) und kognitiven Testverfahren (.53) und sogar vor den klassischen Interviews (.14-.44)![13]

Bezüglich der Bewerber kann man festhalten, dass diese während dem Assessment-Center einem großen psychischen Druck sowie Stress und Nervosität standhalten müssen. Dadurch können Probleme wie Denkblockaden oder fehlende Konzentration auftreten. Dieser Kritikpunkt ist jedoch nur individuell anzuführen, da Aufregung und Stress den Bewerber andererseits auch zu Höchstleistungen antreiben können. Generell ist bekannt, dass das Assessment-Center bei (erfolgreichen sowie auch scheiternden) Bewerbern sehr geschätzt wird – dank des beruflichen Anforderungsbezuges und dem anschließenden persönlichen Feedback, welches den Bewerbern Aufschluss über ihr Auftreten und Abschneiden gibt![14]

Fazit

Bei der oben angeführten Kritik muss man jedoch im Auge behalten, dass jedes Assessment-Center unterschiedliche Anforderungen stellt und verschiedene Aufgaben einsetzt, sodass für eine genaue Aussage über die Validität jedes Verfahren einzeln geprüft werden müsste. Zudem hängt das Assessment-Center sehr von den durchführenden Personen (zum Beispiel bei einer Gruppenarbeit) ab.

Assessment-Center sind Verfahren, in die man im Vorhinein viele Überlegungen stecken muss, um so ein möglichst genaues Anforderungsprofil zu erstellen. So stehen sie entsprechend in einer ständigen Evaluation.

Abschließend lässt sich sagen, dass man mit diesem Personalauswahlverfahren zwar die Anforderungen des Unternehmens mit denen der Bewerber abgleichen kann und so im Endeffekt die „fähigsten Personen“ herausfiltern kann – man im Endeffekt jedoch keinen perfekten Mitarbeiter findet. Denn nicht nur die berufsbezogenen Fähigkeiten oder Persönlichkeitsmerkmale machen eine Person aus, sondern die Gesamtheit an Merkmalen sowie seine Psyche, familiäre Umstände und situationsabhängige äußere Einflüsse.

 

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