Fällt es Ihnen leicht, vor Publikum zu stehen und zu sprechen? Oder sind Sie in dieser Situation mehr als nur etwas aufgeregt und Ihnen ist dies so unangenehm, dass Sie starkes Herzklopfen, zittrige Hände und mentale Unruhe verspüren? Wenn das auf Sie zutrifft, könnte es sein, dass Sie unter Auftrittsangst leiden. Wo die Grenzen zwischen „normalem“ Lampenfieber und Auftrittsangst liegen, wird in diesem Blog-Beitrag erläutert. Ferner werden typische Ursachen von Auftrittsangst und Lampenfieber dargelegt. Darauf aufbauend, werden Strategien erläutert, die bei der Bewältigung von Lampenfieber und Auftrittsangst hilfreich sein können.
Definition Lampenfieber und Auftrittsangst
Angst ist eine Reaktion auf eine Situation, die als bedrohlich wahrgenommen wird (Bensberg, 2014, S. 202). Sie zeigt sich durch verschiedene Symptome, wie Herzrasen, Schweißausbrüche, Zittern oder Unwohlsein im Magen (Bensberg, 2014, S. 202). Diese Reaktion ist sofort spürbar und dient eigentlich dazu, vor möglichen Gefahren zu schützen (Bensberg, 2014, S. 202). Aus Ängsten können sich Angststörungen entwickeln, die behandelt werden sollten (Bensberg, 2014, S. 202).
Unter Auftrittsangst und Lampenfieber versteht man die nervöse, angespannte und aufgeregte Stimmung kurz vor einem Moment, in dem man im Fokus der Aufmerksamkeit anderer steht (Bensberg, 2014, S. 203). Es wird differenziert zwischen einer produktiven und einer hinderlichen Form (Bensberg, 2014, S. 203). Lampenfieber steht dabei für die positive Variante und Auftrittsangst für die negative Ausprägung, die die Leistung beeinträchtigen kann (Bensberg, 2014, S. 203).
Lampenfieber wird als eine Mischung aus Aufregung, Anspannung und freudiger Erwartung beschrieben (Bensberg, 2014, S. 203). Es erhöht aufgrund des intensiven körperlichen Erregungszustandes die Leistungsfähigkeit (Bensberg, 2014, S. 203). Besonders wirksam ist dies, wenn das Lampenfieber mit einem Gefühl der freudigen Erregung verbunden ist und nur vor der Situation besteht (Bensberg, 2014, S. 203).
Auftrittsangst ist in der Regel durch negative Annahmen, Selbstabwertung und Selbstzweifel charakterisiert (Bensberg, 2014, S. 203). Im Gegensatz zum Lampenfieber mindert Auftrittsangst die Leistungsfähigkeit (Spahn, 2011, S. 46), da sie häufig mit unrealistischen Erwartungen des Scheiterns und einer starken Selbstabwertung einhergeht (Bensberg, 2014, S. 203). In diesem Fall überwiegt die Angst vor Kritik und Misserfolg, anstatt des Vertrauens in die eigenen Fähigkeiten (Bensberg, 2014, S. 203).
Ursachen
Negative Erlebnisse in ähnlichen Situationen, z. B. bei Vorträgen oder Gruppendiskussionen, können eine Ursache für spätere Ängste sein (Metzig & Schuster, 2018, S. 23–24). Erfahrungen wie Herabsetzungen, unangebrachtes Lachen, unvorhergesehene Momente des Stockens oder Stotterns können nachfolgende Bewertungssituationen zu traumatischen Ereignissen machen (Metzig & Schuster, 2018, S. 24). Häufig haben Menschen mit Auftrittsangst negative Erfahrungen mit Auftritten in der Pubertät gemacht (Spahn, 2011, S. 46). Die Ursprünge der Bewertungsangst können bis in die frühe Kindheit zurückreichen (Metzig & Schuster, 2018, S. 24). Kinder stehen oft vor Herausforderungen, da sie viele Fähigkeiten bisher nicht beherrschen und im Vergleich zu Erwachsenen ungeschickt sind (Metzig & Schuster, 2018, S. 24). Sie sind häufig Kritik und Spott ausgesetzt (Metzig & Schuster, 2018, S. 24). Die Angst aus dem Kindesalter kann im Erwachsenenalter weiter fortbestehen, auch wenn eine Person im späteren Verlauf ihre eigenen Fähigkeiten gut entwickelt hat und stolz auf die eigenen Leistungen ist (Metzig & Schuster, 2018, S. 26). Weitere Ursachen für Auftrittsangst können Perfektionismus (Chalupsky, 2017, S. 304) und die Furcht vor Fehlern sein (Hey, 2018, S. 178).
Bewältigungsstrategien
Stark ausgeprägte Auftrittsangst kann eine psychotherapeutische Behandlung erforderlich machen. Das Ziel der Behandlung von Auftrittsangst ist es, einen optimalen Grad an Erregung zu erreichen, der die Leistungsfähigkeit maximiert (Spahn, 2011, S. 46). Bei der Behandlung hat sich ein multimodales Konzept bewährt, das auf die Person zugeschnittene Therapieansätze in der Vorbereitung und Nachbereitung eines Auftritts kombiniert (Spahn, 2011, S. 48).
Bei weniger stark ausgeprägten Ängsten oder Lampenfieber können folgende Bewältigungsstrategien helfen. Am Tag vor dem Auftritt sollte man sich aktiv ablenken, zum Beispiel, indem man sich mit anderen Menschen trifft, um nicht zu viel über den bevorstehenden Auftritt nachzudenken (Chalupsky, 2017, S. 307). Beruhigungs- und Entspannungstechniken sollten im Vorfeld erlernt und vor dem Auftritt angewendet werden (Chalupsky, 2017, S. 308). Außerdem sollte man sich bewusst machen, dass Nervosität bis zu einem gewissen Grad normal ist (Chalupsky, 2017, S. 308) und die Leistungsfähigkeit und Konzentration steigert (Hey, 2018, S. 179). Eine sorgfältige Vorbereitung auf den Auftritt trägt ebenfalls dazu bei, Lampenfieber und Ängste abzubauen (Hey, 2018, S. 180). Zudem sollten immer wieder Gelegenheiten genutzt werden, vor anderen zu präsentieren und so zu üben (Hey, 2018, S. 184).
Der letzte Tipp hat mir selbst am meisten geholfen. Bei meinen ersten Auftritten als Sängerin litt ich sehr unter Lampenfieber bis hin zur Auftrittsangst. Mich der Situation immer wieder zu stellen, hat mir geholfen, dass die Angst mit der Zeit weniger wurde und ich heute mit einem „normalen“ Maß an Lampenfieber auftreten kann.
Fazit
Lampenfieber ist eine natürliche Reaktion, die die meisten Menschen kennen, die etwas vor einem Publikum vortragen. Es erhöht die Konzentration und die Leistungsfähigkeit. Ist das Lampenfieber zu stark ausgeprägt, kann es sich um eine Auftrittsangst handeln, die die Leistungsfähigkeit mindert. Die Ursachen der Angst können bis in die Kindheit zurückreichen und durch negative Erfahrungen entstehen. Bei stark ausgeprägter Auftrittsangst sollte psychotherapeutische Hilfe in Anspruch genommen werden. Weniger stark ausgeprägte Ängste und Lampenfieber können durch verschiedene Bewältigungsstrategien überwunden werden. Dazu gehören Ablenkung, das Erlernen von Entspannungstechniken, das Akzeptieren der Nervosität und das regelmäßige Üben von Auftrittssituationen. Wichtig ist, sich der angstauslösenden Situation zu stellen und dabei die Erfahrung zu machen, dass die Angst mit der Zeit abnehmen kann.
Literaturverzeichnis
Bensberg, G. (2014). Dein Weg zum Prüfungserfolg. Angstfrei durchs Studium: Auswahlverfahren, Referate, Prüfungen, Bewerbungen. Berlin: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-662-43419-2
Chalupsky, K. (2017). Behandlung eines Profimusikers mit Auftrittsangst. Zeitschrift für Psychodrama und Soziometrie, 16(2), 303–310. https://doi.org/10.1007/s11620-017-0397-6
Hey, B. (2018). Präsentieren in Wissenschaft und Forschung (2., überarbeitete Aufl.). Berlin: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-662-53609-4
Metzig, W. & Schuster, M. (2018). Prüfungsangst und Lampenfieber. Berlin: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-662-54696-3
Spahn, C. (2011). Angst macht den Auftritt zur Tortur. MMW Fortschritte der Medizin, 153(43), 46–48. https://doi.org/10.1007/BF03368985
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