In einer Zeit, in der digitale Technologien einen immer präsenteren Platz einnehmen, sind Kinder von klein auf von einer Vielzahl digitaler Medien umgeben. Von Smartphones über Tablets bis hin zu interaktiven Lernplattformen – die Vielfalt erstreckt sich über ein breites Spektrum. Die Frage, die sich Eltern, Bildungsfachkräfte und Gesellschaft gleichermaßen stellen, lautet: Welchen Einfluss haben diese digitalen Medien auf die Entwicklung und Gesundheit der Kinder?
Frühe Nutzung digitaler Medien bei Kindern über den empfohlenen Grenzwerten
Die zunehmende frühzeitige Nutzung digitaler Bildschirmmedien bei Kindern ist alarmierend. In den letzten zehn Jahren hat sich das Durchschnittsalter, in dem Kinder digitale Medien verwenden, auf unter ein Jahr verringert. Die durchschnittliche tägliche Bildschirmzeit für Kinder in den USA überschreitet deutlich die von nationalen (BZgA) und internationalen (WHO) Gesundheitsbehörden empfohlenen Grenzwerte. Laut den Leitlinien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sollte idealerweise für Kinder von 0 bis 3 Jahren keine Bildschirmzeit vorgesehen sein, während für 3- bis 6-Jährige maximal 30 Minuten und für 6- bis 10-Jährige 45–60 Minuten empfohlen werden (Spitzer, 2022, S. 797–798).
Frühkindliche Medienerziehung und -bildung
Die Zielsetzung der frühkindlichen Medienerziehung und -bildung besteht darin, Kinder dazu zu ermutigen, Medien auf reflektierte und altersgerechte Weise zu nutzen. Es soll sie dazu befähigen, sich produktiv und gestalterisch mit digitalen Medien auseinanderzusetzen. Hierbei ist eine pädagogische Begleitung wichtig, damit Kinder lernen, die positiven Aspekte der Medien verantwortungsbewusst zu nutzen. Gleichzeitig sollen sie die Kompetenz entwickeln, angemessen mit negativen Medienereignissen oder -risiken umzugehen. Zu den Risikobereichen gehören unter anderem Werbung sowie die entstehenden Konsumwünsche bei Kindern.
Durch empirische Daten wird deutlich, dass in den meisten Einrichtungen der Bereich der Medienerziehung und -bildung vernachlässigt wird (Friedrichs-Liesenkötter, 2020, S. 447–449).
Positive Potenziale digitaler Medien für Kinder
Die Nutzung digitaler Medien bietet Kindern einige Vorteile. Vorschulkinder können beispielsweise effektiver mit gut gestalteten E-Books lernen als mit gedruckten Büchern. Allerdings sollten ablenkende Elemente wie Spiele, Animationen oder Sounds vermieden werden, da sie den Lernfortschritt beeinträchtigen können. Die aktive Beteiligung erwachsener Betreuungspersonen am Leseerlebnis ist von großer Wichtigkeit und fördert das Verständnis sowie die Sprachentwicklung. Trotzdem sollte der Einsatz von E-Books auf Tablets für Säuglinge und Kleinkinder eingeschränkt werden, da diese Altersgruppe stärker von der persönlichen Interaktion mit Betreuungspersonen profitiert als von alleiniger Bildschirminteraktion (Reich, Yau, Warschauer, 2016, S. 585).
Gesundheitsrisiken durch Bildschirmzeit bei Kindern
Im Kontext der körperlichen und seelischen Gesundheit von Kindern zeigt sich allerdings, dass die übermäßige Bildschirmnutzung nachweislich ungünstige Auswirkungen auf ihr Wohlbefinden haben kann.
Die jüngere Generation verbringt vermehrt Zeit drinnen, was zu reduzierter körperlicher Aktivität durch Medienkonsum führt und damit einhergehende gesundheitliche Probleme wie Bewegungsmangel, Haltungsschäden, Übergewicht und Adipositas begünstigt (Spitzer, 2022, S. 797–799).
Der Schlaf ist in den ersten Lebensjahren entscheidend für die kognitive Entwicklung von Säuglingen und Kleinkindern. Untersuchungen an 715 britischen Kindern (6–36 Monate) zeigen, dass vermehrte Touchscreen-Nutzung mit verkürztem Nachtschlaf, verlängertem Tagesschlaf, längerer Einschlafzeit und einer geringeren Gesamtdauer des Schlafs korreliert (Cheung, Bedford, Saez De Urabain, Karmiloff-Smith, Smith, 2017, S. 1–4).
Weitere potenzielle nachteilige Folgen für die körperliche Gesundheit umfassen Bluthochdruck, eine prädiabetische Stoffwechsellage, Kurzsichtigkeit und ein erhöhtes Risikoverhalten.
Jenseits der physischen Beeinträchtigungen zeigen sich im psychischen Bereich unter anderem Aufmerksamkeitsstörungen, Ängste, Depressionen, Stress und diverse Abhängigkeiten (Spielsucht, Smartphone-Sucht und dergleichen) (Spitzer, 2022, S. 798).
Fazit und Ausblick
Die früh beginnende Bildschirmnutzung über den empfohlenen Richtlinien sorgt für Besorgnis, da die Nutzung bei Kleinkindern drastisch zunimmt. Die unbeachtete frühkindliche Medienerziehung verstärkt die Problematik.
Unter Berücksichtigung spezifischer Kriterien erweist sich die prägnante Verwendung digitaler Medien als förderlich für das kindliche Lernen, wobei diese Wirkung sich ausschließlich bei Kindern ab einem Alter von 2 Jahren manifestiert.
Dennoch zeigen sich erhebliche Gesundheitsrisiken durch übermäßige Bildschirmzeit.
Im Großen und Ganzen sollte Kindern der verantwortungsbewusste Umgang mit digitalen Medien beigebracht werden, da die Welt zunehmend digitalisiert wird und die Kompetenz im Umgang mit Bildschirmmedien für die Zukunft zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Es ist allerdings zwingend erforderlich, die festgelegten Leitlinien nicht zu überschreiten, um mögliche gesundheitliche Probleme zu vermeiden. Insbesondere sollte der Zugang zu digitalen Medien für Kinder unter 2 Jahren vollständig eingeschränkt werden, da die Bildschirmnutzung für diese Altersgruppe nachweislich nahezu keine Vorteile bietet.
Bildverzeichnis
Titelbild: Von Jessica Lewis auf https://www.pexels.com/de-de/foto/smartphone-madchen-surfen-internet-4200824/
Literaturverzeichnis
Cheung, C. H. M., Bedford, R., Saez De Urabain, I. R., Karmiloff-Smith, A., Smith, T. J. (2017). Daily touchscreen use in infants and toddlers is associated with reduced sleep and delayed sleep onset. Scientific Reports, 7(46104), 1–7.
Friedrichs-Liesenkötter, H. (2020). Digitalisierung in der frühkindlichen Bildung: Von der digitalen Platzvergabe bis zu Medienerziehung und -bildung. In Kutscher, N., Ley, T., Seelmayer, U., Siller, F., Tillmann, A., Zorn, I. (Hrsg.), Handbuch Soziale Arbeit und Digitalisierung (S. 442–456). Weinheim: Beltz Juventa Verlag.
Reich, S. M., Yau, J. C., Warschauer, M. (2016). Tablet-Based eBooks for Young Children: What Does the Research Say? Journal of Developmental and Behavioral Pediatrics: JDBP, 37(7), 585–591.
Spitzer, M. (2022). Digitalisierung in Kindergarten und Grundschule schadet der Entwicklung, Gesundheit und Bildung von Kindern. Nervenheilkunde, 41(11), 797–812.