By Published On: 13. Juni 2024Categories: Gesundheit, Psychologie


Burnout ist längst keine Modeerkrankung mehr. Immer mehr Menschen sind aufgrund von Burnout arbeitsunfähig. Eine Statistik der AOK verzeichnete im Jahr 2022 im Durchschnitt etwa 160 Arbeitsunfähigkeitstage pro 1.000 Mitglieder aufgrund der Diagnose Burnout-Syndrom. Das Arbeitsunfähigkeitsvolumen aufgrund von Burnout hat sich im letzten Jahrzehnt mehr als verdoppelt, wie die Abbildung 3 zeigt (Springer, 2023).

Zeitgleich werden immer mehr negative Auswirkungen der Digitalisierung wie vermehrter Stress am Arbeitsplatz diskutiert. Der digitale Wandel bringt für die Arbeitenden neue Herausforderungen wie ständige Erreichbarkeit, Multitaskingfähigkeit, Veränderungsdruck, schnelles Arbeiten, Entgrenzung des Arbeitsplatzes und Informationsüberflutung mit sich. Durch die Digitalisierung wird das Stressempfinden auf den Menschen erhöht und dadurch die Erschöpfungssymptomatik begünstigt (Listopad & Brünner, 2020, S. 322, 339).

Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund von Burn-out-Erkrankungen in Deutschland in den Jahren 2004 bis 2022 je 1.000 AOK-Mitglieder
Quelle: Springer in Statista (2023)

Entstehung von Burnout

Burnout bedeutet übersetzt „Ausbrennen“ und beschreibt nach Rusch (2019) einen Zustand extremer emotionaler Erschöpfung. Burnout entsteht durch einen dauerhaften langanhaltenden nicht zu bewältigenden Stresszustand. Er wird überwiegend durch durchgängige stressauslösende Arbeitsbedingungen ausgelöst. Dazu zählen u.a. ein großes Arbeitspensum, Zeitdruck, hohe Arbeitsanforderungen, lange Arbeitswege, hohe emotionale Anforderungen, mangelnde Wertschätzung, geringe Kontrollmöglichkeiten, soziale Konflikte, ein schlechtes Betriebsklima, unklare Zielsetzung oder auch uneinheitliche Prozesse. Zusätzlich haben betroffene Personen ein ausgeprägtes Karrieredenken und ein sehr hohes Anspruchsniveau an sich selbst. Daher sind meist leistungsmotivierte und engagierte Menschen davon betroffen (S. 55, 56).

Freudenberge & North (1992) beschreiben die Entwicklung eines Burnouts in 12 Stadien. Burnout beginnt demnach mit einem starken Drang sich zu beweisen und einem überstarken Ehrgeiz. Im zweiten Stadium zeigt sich zusätzlich ein verstärkter Einsatz, um Erfolgserlebnisse zu erzielen. Dadurch werden im dritten Stadium die eigenen Bedürfnisse vernachlässigt. Die Erholung von der Arbeit wird weniger. Familie und Freunde werden vernachlässigt. Dadurch treten im nächsten Stadium erste Konflikte auf, die verdrängt und nicht ernst genommen werden. Im fünften Stadium verschieben sich die Werte, das Privatleben und die eigenen Bedürfnisse treten in den Hintergrund. Im sechsten Stadium werden körperliche Warnsignale ignoriert. Im nächsten Stadium erfolgt der komplette Rückzug aus dem sozialen Umfeld aber auch die emotionale Bindung zur Arbeit lässt nach. Im achten Stadium wird das Interesse an der Arbeit weniger und geht mit einer ablehnenden Einstellung gegenüber den Kollegen und Kunden einher. In der nächsten Stufe gelingt es den betroffenen kaum noch Erholung zu finden und mündet im zehnten Stadium in der inneren Leere, welche allgemeines Desinteresse, Belanglosigkeit, Antriebslosigkeit, Demotivation und mangelnde Begeisterungsfähigkeit mit sich bringt. Das elfte Stadium ist die Verzweiflung, welche im zwölften Stadium mit chronischem Stress in Burnout endet (Freudenberge & North, 1992, S. 57; Rusch, 2019, S. 56-57).   

Die Diagnose Burnout-Syndrom

In der revidierten Verfassung der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD 11) wird Burnout zum ersten Mal als berufsbedingtes Phänomen aufgeführt, jedoch nicht als medizinische Erkrankung klassifiziert. Im Kapitel 24 des ICD 11 wird Burnout mit Faktoren beschrieben, die den Gesundheitszustand oder die Inanspruchnahme von Gesundheitsdiensten beeinflussen, die nicht als Krankheiten eingestuft werden. Burnout wird in ICD-11 als ein Syndrom definiert, „das als Folge von chronischem Stress am Arbeitsplatz verstanden wird, der nicht erfolgreich bewältigt wurde. Es ist durch drei Dimensionen gekennzeichnet:

  • Gefühle der Energieerschöpfung oder Erschöpfung;
  • zunehmende mentale Distanz zur Arbeit oder Gefühle von Negativismus oder Zynismus in Bezug auf die eigene Arbeit;
  • und verminderte berufliche Effizienz.

Burnout bezieht sich speziell auf Phänomene im beruflichen Kontext und sollte nicht zur Beschreibung von Erfahrungen in anderen Lebensbereichen verwendet werden“ (WHO, 2019). Dabei treten auch weitere Symptome wie Verspannung, Schlafstörungen, Verdauungsprobleme, Kopfschmerzen und das Empfinden von Leere und Sinnlosigkeit auf (Rusch, 2019, S. 57). 

Behandlung von Burnout-Syndrom

Die Techniker (2023) beschreibt die folgenden möglichen Therapieansätze zur Behandlung von Burnout-Betroffenen. Welcher Ansatz für einen Betroffenen infrage kommt, hängt von der individuellen Situation ab.

Bei dem tiefenpsychologischen Verfahren und auch bei der Psychoanalyse wird gemeinsam mit einem Therapeuten bzw. einer Therapeutin die Vergangenheit reflektiert und gemeinsam geschaut, wie die Vergangenheit die aktuelle Situation beeinflusst hat. Dabei werden gemeinsam Faktoren herausgearbeitet, die die aktuelle Situation negativ beeinflusst haben und Maßnahmen erarbeitet, an diesen Faktoren zu arbeiten und diese zu minimieren.

In der kognitiven Verhaltenstherapie lernen Betroffene, wie sie ihr Verhalten gesundheitsfördernd stärken können. Dabei wird der Fokus auf die Einstellungsänderung zur Arbeit gelegt. Das Ziel dabei ist ein besserer Umgang mit den Stressoren am Arbeitsplatz und eine nachhaltige Verhaltensänderung.

Zugleich können auch Entspannungsmethoden als integrierter Bestandteil der Therapie eingesetzt werden. Hierbei werden Methoden erlernt, sich bewusst von stressverursachenden Gedanken zu lösen, abzuschalten und zur Ruhe zu kommen. Beispiele für solche Methoden sind autogenes Training und Muskelrelaxation.

Inwieweit Medikamente bei Burnout helfen, ist bislang noch nicht ausreichend untersucht worden. Daher ist von einer Behandlung mit Medikamenten abzuraten (Die Techniker, 2023).

Burnout präventiv vorbeugen

Zur Vorbeugung von Burnout hat sich besonders das Stressmanagement etabliert, in welchem Strategien zur Stressbewältigung gelernt werden, um sich so vorab auf den Umgang mit kritischen Lebensereignissen oder auch mit andauernden Arbeitsbelastungen vorzubereiten. Hierbei können verschiedene Strategien und ihre Integration im Alltag gelernt werden. Um körperliche Spannung abzubauen, empfiehlt sich Bewegung und Sport. Dies schafft einen Ausgleich und fördert das seelische Wohlbefinden (Die Techniker, 2023). 

Besonders eine klare Trennung von Arbeit und Privatem kann das Risiko für ein Burnout minimieren. Wer einer Tätigkeit im Büro nachgeht, hat eine bessere Möglichkeit, Zuhause von der Arbeit abzuschalten und kann sich besser von der Arbeit erholen. Wer dauerhaft im Homeoffice eingesetzt ist, kann eine Tendenz entwickeln, die Arbeit nicht in der privaten Zeit richtig loslassen zu können. Dabei können die Gedanken immer wieder um die Arbeit kreisen und die Personen neigen dazu, auch nach Feierabend Emails zu checken und entwickeln den Druck, diese anschließend zu bearbeiten. In diesem Fall muss die Person ein klares Konzept für sich entwickeln, die Arbeit vom Privatleben zu trennen und die freie Zeit für sich zu nutzen und abzuschalten (Bogodistov, Moormann & Schweigkofler, 2023, S. 386). Hilfreich dabei kann es sein, sein Diensthandy und Notebook nach der Arbeit auszuschalten und aus der Sichtweite zu legen, sodass diese nicht an die Arbeit erinnern können. Um nicht dauerhaft unter Strom während der Arbeitszeit zu stehen, sollten auch regelmäßig kurze Pausen eingebaut werden, um sich wieder zu fassen und durchatmen zu können. Auch der Jahresurlaub sollte als Erholung dienen und genommen werden, anstatt diesen auf das kommende Jahr zu verschieben oder ihn sich sogar auszahlen zu lassen. Die Arbeitsziele sollten realistisch geplant werden, dass diese ohne viel Stress erreicht werden können. Wichtig ist auch die transparente Kommunikation mit Kollegen und Vorgesetzten, dass Grenzen ehrlich und offen angesprochen werden. Dabei sollte auch gelernt werden, bei Überlastung auch mal „nein“ zu sagen. Wichtig dabei ist, dass auch in der privaten Zeit nach der Arbeit Erholungsphasen eingebaut werden. Für eine gesunde Psyche ist zudem auch die Aufrechterhaltung von sozialen Beziehungen bzw. Freundschaften förderlich (Die Techniker, 2023).     

Fazit

Der digitale Wandel bringt vielmehr Anforderungen für die Beschäftigten mit sich. Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Gesundheit sind ernst zu nehmen. Unternehmen müssen viel mehr Maßnahmen am Arbeitsplatz ergreifen, um die Gesundheit und das Wohlbefinden der Beschäftigten zu erhalten und zu fördern, um so das Burnout-Risiko nachhaltig zu minimieren (Listopad & Brünner, 2020, S. 345). Auch die Arbeitskräfte müssen sich an die immer mehr dynamisch werdende Arbeitswelt anpassen und frühzeitig lernen, sich vor chronischem Stress zu schützen und Stresssituationen besser zu bewältigen. Arbeitskräfte müssen über die Entwicklung von Burnout und den Folgen aufgeklärt werden. So können Anzeichen oder frühe Stadien von Burnout frühzeitig erkannt und schlimmerem vorgebeugt werden. Für eine erfolgreiche Prävention gegen Burnout müssen sowohl privat als auch auf der Arbeit Maßnahmen ergriffen werden.


Literatur

Bogodistov, Y., Moormann, J., Schweigkofler, M. (2023) Burnout im Homeoffice: Auswirkungen von Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen im Homeoffice auf Burnout und Schlafqualität. Zeitschrift für Arbeitswissenschaften, 77, S. 375 – 389

Die Techniker (2023). Was ist das Burnout-Syndrom? Aufgerufen am 27.12.2023. Verfügbar unter https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/psychische-erkrankungen/burnout-syndrom-2016416?tkcm=aaus

Freudenberger, H., & North, G. (1992). Burn-out bei Frauen – Über das Gefühl des Ausgebranntseins (2. Auf.). Fischer Verlag: Frankfurt am Main.

Listopad, I. W., Brünner, G. (2020). Burnout im digitalen Zeitalter – Entwicklung und Etablierung eines ganzheitlichen Konzepts zur Burnout-Prävention in (innovativen) Unternehmen. In M. A. Pfannstiel & P. F.-J. Steinhoff (Hrsg.). Transformationsvorhaben mit dem Enterprise Transformation Cycle meistern (S. 321-352). Springer: Wiesbaden.

Rusch, S. (2019). Stressmanagement – Ein Arbeitsbuch für die Aus-, Fort- und Weiterbildung (2. Aufl.). Springer: Berlin.

Springer, A. (2023). Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund von Burn-out-Erkrankungen in Deutschland in den Jahren 2004 bis 2022 (je 1.000 AOK-Mitglieder). In Statista. Aufgerufen am 26.12.2023. Verfügbar unter https://de.statista.com/statistik/daten/studie/239869/umfrage/arbeitsunfaehigkeitstage-aufgrund-von-burn-out-erkrankungen/

WHO (2023). Burn-out an „occupational phenomenon”. Aufgerufen am 26.12.2023. Verfügbar unter https://www.who.int/standards/classifications/frequently-asked-questions/burn-out-an-occupational-phenomenon

Titelbildquelle

Bild von Lukas Bieri (2017). In Pixabay. Aufgerufen am 26.12.2023. Verfügbar unter https://pixabay.com/de/photos/bloggerin-drehbuchautor-verzweifelt-2838945/

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