Viele Unternehmen führen im Rahmen ihres gesellschaftlichen Engagements Corporate Volunteering (CV) durch. Kerngedanke von CV ist, sich als Unternehmen mit den eigenen Mitarbeitern durch bürgerschaftliches Engagement aktiv für kulturelle, soziale oder ökologische Belange im näheren Umfeld zu engagieren. Doch neben diesem rein altruistischen Ansatz steckt in CV darüber hinaus auch Potential für das Personalmanagement.
Gesellschaftliche Entwicklungen haben die Arbeitsmärkte verändert. Hierzu zählen beispielsweise die Digitalisierung und die Globalisierung, die eine immer größere Qualifikation und Spezialisierung der Mitarbeiter notwendig machen. Aus dem demografischen Wandel resultiert ein Fachkräftemangel, weshalb sich Berufseinsteiger heutzutage oftmals das Unternehmen ihrer Wahl aussuchen können.[1] Für sie, aber auch für bestehende Mitarbeiter, zählen längst nicht mehr nur rein monetäre Faktoren. Sie suchen nach Sinnstiftung bei der Arbeit, sie haben klare Vorstellungen hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und sie wollen in Unternehmen arbeiten, die eine positive Reputation haben und die sich möglichst auch gesellschaftlich engagieren. Unternehmen sind deshalb gefordert, sich beim Kampf um die besten Talente und dem Erhalt der Mitarbeiter als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren, um die eigene Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit zu sichern. Hierbei sind insbesondere die Personalabteilungen gefragt.[2]
Doch wie lassen sich Corporate Volunteering-Maßnahmen gezielt für das Personalmanagement nutzen? Prinzipiell bestehen Möglichkeiten für alle Hierarchieebenen im Unternehmen und in jeder Phase der Bindung zum Unternehmen, also bei der Re-krutierung und Personalauswahl sowie für angestellte und ausscheidende Mitarbeiter.[3]
CV in den Recrutierungs- und Auswahlprozess einfließen lassen (Into-the-job)
Auch wenn angehende Mitarbeiter noch nicht Teil des Unternehmens sind, bieten sich bereits in dieser Phase Möglichkeiten, CV mit Personalmarketing oder Recruiting zu verknüpfen. Unterstützen Unternehmen beispielsweise gezielt studentische Initiativen wie das internationale Studierendennetzwerk enactus[4], so kommen sie in Kontakt mit einem großen Pool an Talenten, die im Rahmen der enactus-Projekte wichtige berufliche Fähigkeiten, Kompetenzen und Skills unter Beweis stellen. Die Studenten wiederum erleben hautnah mögliche spätere Arbeitgeber bei der Wahrnehmung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung und können erste Kontakte aufnehmen.[5]
Social Days können Unternehmen als ergänzendes Element der Personalauswahl dazu nutzen, potentielle Kandidaten z. B. auf Teamfähigkeit und Motivation zu testen, also soziale Kompetenzen, die sich im Rahmen eines Vorstellungsgesprächs nicht prüfen lassen.[6]
Mitarbeiter durch CV qualifizieren (Along-the-job)
Gerade wenn es um die Schärfung von sozialen Kompetenzen oder die Förderung von individuellen Stärken und Potenzialen der Mitarbeiter geht, stecken in der Verknüpfung von CV mit der Personalentwicklung Synergien. Ein Instrument ist hierbei das „Engagementlernen“, das eine alternative Trainingsmethode zu klassischen Personalentwicklungsmaßnahmen darstellt.[7] Engagementlernen basiert auf dem Konzept „Lernen in fremden Lebenswelten“. Das Konzept folgt dem Kerngedanken, dass sich Sozialkompetenz nicht wie Fachwissen in klassischen Seminaren erlernen lässt, sondern viel leichter im Rahmen authentischer Situationen. Dies kann in etwa geschehen, indem Teilnehmer ihre eigene Komfortzone verlassen und direkt mit Menschen in Kontakt kommen, die sich in anderen Lebenssituationen befinden (z. B. behinderte Menschen oder schwierige Jugendliche in einer sozialen Einrichtung), sie dadurch emotional berührt und gefordert werden, was wiederum Impulse entstehen lässt.[8] Auf diese Weise entwickeln sich ganz automatisch emotionale Kompetenz und Empathie.
Im Gegensatz zu Corporate Volunteering-Programmen, die auf das soziale Engagement der Mitarbeiter fokussieren und nur ganz nebenbei Handlungskompetenzen entwickelt werden können, wird beim Engagementlernen auf ein konkretes Entwicklungsziel in Bezug auf die Organisation, Teams oder Mitarbeiter hingearbeitet und hierfür die Möglichkeiten sozialen Engagements genutzt. Damit die Methode zum Erfolgt führt, benötigt es ein an den Entwicklungszielen ausgerichtetes Projektdesign sowie einen kompetenten Trainer, der die Teilnehmer begleitet, sie reflektieren lässt und der Lerntransfer sichergestellt wird. Zudem braucht es einen passenden Partner im Gemeinwesen mit einem konkreten passenden Bedarf, in dem das soziale Projekt stattfinden kann, der letztendlich einen tatsächlichen Nutzen zieht und sich somit als „Partner auf Augenhöhe“ fühlt. Engagementlernen findet beispielsweise bei der Entwicklung von High-Potentials Anwendung, die ein „Sozialpraktikum“ absolvieren. Über einen vorab festgelegten Zeitraum sind sie bei einem gemeinnützigen Partner vor Ort (z. B. Bahnhofsmission), geben ihre Expertise in Bezug auf konkrete Problemstellungen weiter und müssen diese in einem völlig anderen Umfeld anwenden, wobei sie die eigene Komfortzone verlassen und mit den eigenen Stärken und Schwächen konfrontiert werden.[9]
Mit CV ältere Mitarbeiter in den Ruhestand begleiten (Out-of-the-job)
Auch die letzte Phase des Erwerbslebens von Mitarbeitern bietet Potenzial für die Verknüpfung von CV mit der Personalarbeit. So bieten beispielsweise Mentorenprogramme die Möglichkeit, dass Ältere ihren beruflichen Erfahrungsschatz an Jüngere weitergeben. Ältere erfahren dadurch das Gefühl „gebraucht zu werden“ was motiviert, einer „Lernentwöhnung“ entgegenwirkt und alternative und sinnstiftende Aufgaben für die Zeit nach dem Erwerbsleben aufzeigt.[10]
Fazit
Die Verknüpfung von CV mit dem Personalmanagement eröffnet innovative Möglichkeiten, die für die Mitarbeitergewinnung/-bindung, die Personalentwicklung, aber auch für das Image und die Gestaltung der Unternehmenskultur einen wichtigen Beitrag leisten können. CSR- und Personalverantwortliche sollten deshalb den Schulterschluss suchen, Zielüberschneidungen abgleichen und dieses Potenzial nutzen.
Literaturnachweis
Bartsch, G.: Nachhaltige Führungskräfteentwicklung durch Corporate Volunteering. In: Gordon, G./Nelke, A. (Hrsg.): CSR und nachhaltige Innovation. Zukunftsfähigkeit durch soziale, ökonomische und ökologische Innovationen. Springer-Verlag GmbH. Berlin Heidelberg. 2017. S. 269 – 280.
Busold, M.: Professioneller Auswahlprozess – Ein Instrument des CSR. In: Doyé, T. (Hrsg.): CSR und Human Resources Management Die Relevanz von CSR für modernes Personalmanagement. Springer-Verlag GmbH. Berlin Heidelberg. 2016. S. 147 – 158.
Enactus e.V.: Enactus – unternehmerisch die Welt im Kleinen verbessern. URL: www.enactus.de/ (28.01.2018)
Koch, S.: Engagementlernen: Gesellschaftliches Engagement und Personalentwicklung verbinden. In: Dreesbach-Bundy, S./Scheck, B. (Hrsg.): CSR und Corporate Volunteering. Mitarbeiterengagement für gesellschaftliche Belange. Springer-Verlag GmbH. Berlin Heidelberg. 2018. S. 163 – 178.
Rossa, M./ Przybylski, J.: CV for HR: Potentiale von Corporate Volunteering für das Humanressourcenmanagement. In: Dreesbach-Bundy, S./Scheck, B. (Hrsg.): CSR und Corporate Volunteering. Mitarbeiterengagement für gesellschaftliche Belange. Springer-Verlag GmbH. Berlin Heidelberg. 2018. S. 25 – 40.
Bildnachweis
https://pixabay.com/de/human-resources-rekrutierung-1917296/
Fußnoten
[1] Vgl. Busold, M.: 2016, S. 148.
[2] Vgl. Rossa, M./Przybylski, J.: 2018, S. 25.
[3] Vgl. Rossa, M./Przybylski, J.: 2018, S. 30 f.
[4] Enactus steht für die Prinzipien entrepreneurial, action, us.
[5] Vgl. Enactus e.V. (28.01.2018), www.enactus.de.
[6] Vgl. Rossa, M./Przybylski, J.: 2018, S. 31 f.
[7] Vgl. Koch, S.: 2018, S. 169.
[8] Vgl. Bartsch, G.: 2017, S. 271 ff.
[9] Vgl. Koch, S.: 2018, S. 168 ff.
[10] Vgl. Rossa, M./Przybylski, J.: 2018, S. 35.