Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel und die Idee einer verkürzten Arbeitswoche wird immer beliebter. In diesem Blogbeitrag wird die 4-Tage-Woche vorgestellt. Es wird unter anderem auf die Ergebnisse unterschiedlicher Studien und Pilotprojekte aus verschiedenen Ländern eingegangen. Zudem wird kurz auf mögliche Herausforderungen, die bei diesem Arbeitsmodell auftreten können, beleuchtet. Abschließend wird auf die Frage eingegangen, inwiefern die 4-Tage-Woche in Deutschland umsetzbar ist.
Was ist die 4-Tage-Woche?
Die 4-Tage-Woche bezieht sich auf eine Arbeitswoche, in der Arbeitnehmer*innen nur an vier Tagen in der Woche arbeiten und einen zusätzlichen freien Tag haben. Die Arbeitszeit bei der 4-Tage-Woche wird im Regelfall um 20 Prozent gekürzt, d.h. sie beträgt 32 Stunden pro Woche. Hierbei ist zu beachten, dass nicht jeder Arbeitgeber einen vollen Lohnausgleich ermöglichen kann. D.h. die reduzierte Arbeitszeit bei diesem Arbeitsmodell kann auch mit einem angepassten Lohnausgleich einhergehen. Die Idee hinter der 4-Tage-Woche ist es, die Work-Life-Balance zu verbessern und die Produktivität am Arbeitsplatz zu erhöhen. Das Arbeitsmodell bietet Unternehmen zudem die Möglichkeit, Unzufriedenheit der Mitarbeitenden und hohe Fluktuation durch Überlastung entgegenwirken zu können. Die 4-Tage-Woche wird in verschiedenen Ländern und Branchen diskutiert und in einigen Unternehmen erprobt (Helmold, 2022).
Wie wird das Arbeitsmodell in unterschiedlichen Ländern umgesetzt?
Bisher gibt es nur eine Handvoll Länder, die dieses Arbeitsmodell in Unternehmen oder öffentlichen Einrichtungen eingeführt haben, um zu untersuchen, in welchem Umfang das Arbeitsmodell zukünftig genutzt werden kann.
Island
Es wurden über vier Jahre in einigen Unternehmen den Mitarbeitenden die Möglichkeit gegeben, ca. 35 Stunden die Woche zu arbeiten. Die Ergebnisse dieser Studie zeigten eine signifikante Verbesserung der Work-Life-Balance und eine höhere Zufriedenheit der Mitarbeitenden ohne negative Auswirkungen auf die Produktivität (Haraldsson, 2021).
Neuseeland
In den vergangenen Jahren konnte im Rahmen von Pilotprojekten in verschiedenen Unternehmen die 4-Tage-Woche getestet werden. Das Unternehmen Perpetual Guardian, das Trust- und Nachlassdienstleistungen anbietet, kürzte 2018 die Arbeitszeit ihrer Mitarbeitenden um 20 Prozent. Es konnte ermittelt werden, dass sowohl die Produktivität als auch die Zufriedenheit der Mitarbeitenden stark anstieg. Außerdem gaben 78 Prozent der Arbeitnehmenden an, durch das neue Arbeitsmodell eine verbesserte Work-Life-Balance bekommen zu haben („Vier-Tage-Woche: Neuseeländische Firma macht kürzere Arbeitswoche zur Regel“, 2018). Dieses Ergebnis konnte auch durch die Ingenieurs-Consulting-Firma BVT, die seit August 2022 an dem Pilotprojekt teilnimmt, bestätigt werden. Zudem nahmen laut der Geschäftsführerin die Krankmeldungen signifikant ab (Ratzow, 2022).
England
In England wurde 2022 eine sechsmonatige Studie mit insgesamt 61 Unternehmen aus verschiedenen Branchen mit rund 2900 Angestellten durchgeführt. In diesem Zeitraum führten die Unternehmen die 4-Tage-Woche ein, ohne die Löhne zu reduzieren. Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass 39 Prozent der Angestellten weniger gestresst waren als vor Test, 65 Prozent der Unternehmen meldeten einen Rückgang der Krankmeldungen und die Fluktuationsrate sank auf weniger als die Hälfte verglichen zum Vorjahr. Zudem trat der vermutete Einbruch des Umsatzes nicht ein, vielmehr stieg dieser um durchschnittlich 1,4 Prozent. Außerdem gaben 60 Prozent der Beschäftigten an, dass sie durch das neue Arbeitsmodell ihren Job mit den Betreuungspflichten besser vereinen konnten. 56 Unternehmen behielten die 4-Tage-Woche bei, um das Arbeitsmodell langfristig zu testen (Lewis et al., 2023).
Welche Gefahren birgt dieses Arbeitsmodell?
Wie bereits aus den Studienergebnissen der verschiedenen Länder ersichtlich geworden ist, bietet die 4-Tage-Woche viele Vorteile, wie mehr Freizeit, höhere Produktivität, weniger Krankmeldungen und weniger Stress. Allerdings weist das Modell auch einiger Nachteile auf. So steht die 4-Tage-Woche vor der Herausforderung, dass nicht alle Betriebsabläufe mit diesem Arbeitsmodell vereinbar sind. Denn insbesondere in Branchen, die eine kontinuierliche Produktion oder Dienstleistung (z. B. Gesundheitswesen) erfordern, lässt sich dieses Arbeitsmodell nur schwer umsetzen. Dies benötigt die Organisation von Schichtarbeiten bzw. Wochenenddiensten und könnte für einige Unternehmen zusätzliche Kosten (z. B. für die Einstellung von zusätzlichen Personal oder der Anpassung der Arbeitsprozesse) bedeuten. Außerdem führt die 4-Tage-Woche bei Arbeitnehmenden neben der geringeren Arbeitszeit auch in vielen Fällen zu weniger Einkommen.Denn nicht jedes Unternehmen bzw. jede Branche kann einen vollen Lohnausgleich stemmen. Des Weiteren kann noch nicht eingeschätzt werden, ob die positiven Auswirkungen der 4-Tage-Woche auf lange Sicht bestehen bleiben. Denn es wäre möglich, dass die Arbeitnehmenden sich an die verringerte Arbeitszeit gewöhnen und ab diesem Zeitpunkt nur begrenzt auf das Stresslevel einwirken können (Lewis et al., 2023).
Wie sieht es in Deutschland aus?
In einer aktuellen Studie der HDI (2022) wurden rund 3.900 Arbeitnehmenden befragt. Knapp die Hälfte (48 Prozent) gaben an, lieber in Teilzeit zu arbeiten, wenn der Arbeitgeber es anbieten würde. Insbesondere die jüngeren Arbeitnehmer*innen wären dieser Möglichkeit gegenüber offen. Aus der Studie geht ebenfalls hervor, dass rund 76 Prozent der Befragten für die Einführung der 4-Tage-Woche sind. Knapp 14 Prozent wären auch ohne vollständigen Lohnausgleich für das neue Arbeitsmodell (Repräsentative Befragung von 3.891 Erwerbstätigen in Deutschland, 2022). Diese Ergebnisse zeigen, dass die 4-Tage-Woche auch in Deutschland Anklang findet. Allerdings erfordert die Einführung des Arbeitsmodells eine sorgfältige Planung und Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse von Unternehmen und Mitarbeitenden (z. B. der Branche, der Größe des Unternehmens, den Arbeitsprozessen und der Einstellung von Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen). In Deutschland gibt es bereits einige Unternehmen, die dieses Arbeitsmodell eingeführt haben, wie die Softwarefirma „Digital Enabler“, der Online-Optiker „Brille24“ oder die Online-Plattform für Druckprodukte „Flyeralarm“.
Literaturverzeichnis
Haraldsson, G. D. (2021). Going Public: Iceland’s Journey to a shorter working week [Studienzusammenfassung]. Autonomy and Alda.
HDI-Versicherung (Hrsg.). (2022). Repräsentative Befragung von 3.891 Erwerbstätigen in Deutschland(HDI-Berufe-Studie) [Studienzusammenfassung]. HDI.
Helmold, M. (2022). New Work, transformatorische und virtuelle Führung: Was wir aus aktuellen Krisen lernen können. Springer Gabler.
Ratzow, S. (2022). Pilotprojekt: Vier-Tage-Woche in Neuseeland. ARD-Studio Singapur. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/arbeitnehmer-flexibilitaet-arbeitszeit-neuseeland-101.html
Vier-Tage- Woche: Neuseeländische Firma macht kürzere Arbeitswoche zur Regel. (2018, Oktober 2). Zeit online. https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2018-10/vier-tage-woche-unternehmen-perpetual-neuseeland-pilotprojekt/komplettansicht
Bildquelle
Foto von Annie Spratt auf Unsplash, https://unsplash.com/de/fotos/dWYU3i-mqEo, abgerufen am 28.04.2023