By Published On: 3. Juni 2024Categories: Kommunikation, Psychologie

Die Persönlichkeit ist ein Phänomen, das viele Expert*innen, sowie Laien seit langer Zeit fasziniert. Viele Modelle zur Erfassung der unterschiedlichen Merkmale wurden im Laufe der Zeit entwickelt und vorgestellt. Ein interessantes Modell ist das sogenannte Fünf-Faktoren-Modell (Big 5). Es beschreibt die Persönlichkeit eines jeden Menschen anhand von fünf nachvollziehbaren Faktoren. In diesem Blogbeitrag sollen diese Faktoren erläutert werden, sowie die Chancen und Grenzen der Big Five diskutiert werden.

Die 5 Faktoren

Das Big-Five-Modell der Persönlichkeit wurde aufbauend auf den Erkenntnissen von Eysenck, in den 1980er und 1990er Jahren von Costa und McCrae entwickelt. Im Englischen können die fünf Faktoren mit dem Akronym OCEAN abgekürzt werden. Die einzelnen Faktoren können als Skala interpretiert werden, auf der ein Mensch einzuordnen ist. Eine sogenannte Likert-Skala mit fünf verschiedenen Stufen zwischen „stark ausgeprägt“ und „schwach ausgeprägt“ bietet sich hierfür beispielweise an. Bis heute existieren einige Abwandlungen und Ergänzungen des ursprünglichen Systems (Asendorpf & Neyer, 2018, S. 122).

Openness to new experiences (Offenheit für neue Erfahrungen): Menschen mit einer hohen Ausprägung sind neugierig, phantasievoll, kreativ, weise und intelligent. Menschen mit niedriger Ausprägung sind gewöhnlich, einfach, einseitig interessiert und unintelligent.

Concientiousness (Gewissenhaftigkeit): Eine hohe Ausprägung bedeutet Ordentlichkeit, Beharrlichkeit und Zuverlässigkeit. Eine niedrige Ausprägung bedeutet Leichtsinnigkeit, Vergesslichkeit und Unverantwortlichkeit.

Extraversion (Extraversion): Hoch extravertierte Menschen sind gesprächig, offen, aktiv, sozial und abenteuerlustig, während solche mit einer schwachen Ausprägung still, reserviert und schüchtern sind.

Agreeableness (Verträglichkeit): Verträgliche Menschen sind hilfsbereit, mitfühlend, nett, herzlich und feinfühlig. Menschen mit einer schwachen Ausprägung von Verträglichkeit sind unfreundlich, streitsuchend, hartherzig und kalt.

Neuroticism (Neurotizismus): Neurotizismus gibt den Grad der Nervosität, Ängstlichkeit, Anspannung, Reizbarkeit, emotionalen Instabilität und Besorgtheit an. Schwach neurotizistische Menschen sind hingegen stabil, ruhig und zufrieden (Roth, 2019).

Zur Erfassung der Big 5 gibt es viele verschiedene Fragebögen, wie beispielsweise den NEO-PI-R. Dieser umfassende Test enthält 240 Items, die die fünf Faktoren mit jeweils sechs Facetten, untersuchen sollen. Ein weiterer, hingegen frei zugänglicher Test ist der Big-Five-Inventar-2. Dieser Test hat eine etwas kürzere Bearbeitungszeit und ist auf auf deutsch validiert. Er untersucht allerdings etwas weniger Facetten (Wikipedia, 2024).

Chancen und Grenzen

Das Big-Five-Modell hat sowohl viele Vorteile, als auch einige Nachteile. Zum einen ist das Modell aufgrund der Tatsache, dass die Merkmale im Wesentlichen der Alltagspsychologie entnommen wurden, recht leicht verständlich für Laien. Allerdings liefert der Big 5 Ansatz keine Erklärung dafür, warum ein Mensch denn nun eine besonders starke Ausprägung in einem der Merkmale hat. Dabei ist es besonders interessant zu wissen, warum ein Mensch zum Beispiel besonders neurotizistisch ist; also ob es veranlagt ist und vor allem, ob es sich im Laufe des Lebens verändern kann (Roth, 2019). Darüber hinaus sind die fünf Dimensionen ein recht sparsames System (Asendorpf & Neyer, 2018, S. 123).

Die Erhebungsgrundlage des Fünffaktorenmodells ist der Fragebogen. Meist geben die Probanden eine Selbstauskunft, indem sie den Fragebogen selbst beantworten. In der empirischen Psychologie gilt die Selbstauskunft als recht ungenau. Abgesehen davon, dass die eigene Einschätzung nie ganz objektiv sein kann, kommen häufig zahlreiche Störvariablen hinzu. Ein Beispiel hierfür ist die soziale Erwünschtheit. Menschen tendieren nämlich, auch unbewusst, dazu, sich selbst besser dazustellen, beziehungsweise von der Gesellschaft als angesehener darzustellen. So man sich zum Beispiel tendenziell immer freundlicher, ordentlicher und zuverlässiger darstellen als man ist, denn niemand gibt gerne zu, unordentlich zu sein, oder häufig zu spät zu kommen. Das Gegenteil kann aber ebenfalls eintreffen: Stark neurotizistische Menschen neigen oftmals auch zu eine negativeren Darstellung von sich selbst. Fremdbeurteilungen sind deutlich besser, allerdings ist der Aufbau des Testes als Fragebogen, bei dem man ankreuzen muss, nicht optimal. Hier wären offene Fragen effektiver (Roth, 2019).

Ein Vorteil des Big 5 Modells ist, dass zumindest die sogenannten „Big Three“, also Extraversion, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit sowohl im Kulturvergleich in den meisten Sprachen anwendbar ist, als auch im Hinblick auf die kindliche Persönlichkeit recht gut abdeckt (Asendorpf & Neyer, 2018, S. 123). Costa und McCrae setzten allerdings eine Unabhängigkeit der fünf Merkmale voraus. In der Realität ist es allerdings so, dass die fünf Faktoren untereinander, teilweise deutlich, korrelieren. Neurotizismus und Gewissenhaftigkeit weisen zum Beispiel deutliche Zusammenhänge auf (Roth, 2019). Es gibt heute zahlreiche Weiterentwicklungen und Abwandlungen der Big 5, die diese Korrelationen umgehen.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Big 5 Modell ein interessantes Modell zur Persönlichkeitsanalyse ist. Besonders im alltagspsychologischen Gebrauch kann es sehr interessant und aufschlussreich sein, darüber nachzudenken wo man sich selbst auf den Skalen sehen würde, oder das Modell bei Freund*innen anzuwenden. Auch im empirischen Bereich findet das Modell Anwendung und es beruhen zahlreiche weitere Modelle auf den Big 5. Allerdings ist im Auge zu behalten, dass die fünf Faktoren untereinander korrelieren, sodass Testergebnisse ungenau sein können. Auch der Testaufbau eines Fragebogens mit Selbstauskunft ist recht fehleranfällig.

Literatur

Asendorpf, J./ Neyer, F. (2018): Psychologie der Persönlichkeit. 6. Aufl., Berlin.

Roth, G. (2019). Warum es so schwierig ist, sich und andere zu ändern. Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten. 2. Aufl., Stuttgart.

Wikipedia (2024). Big Five (Psychologie). Zugriff am 23.01.2024. Verfügbar unter https://de.wikipedia.org/wiki/Big_Five_(Psychologie).

Titelbild: Von Albin Schmitt, Fünf-Faktoren-Modell, unter https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/2c/Fuenfaktorenmodell.svg. Lizenz: CC BY-SA 4.0 DEED Attribution-ShareAlike 4.0 International. Lizenzvertrag: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.en.

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