By Published On: 7. Januar 2025Categories: Soziales

Eine digital vernetzte Gesellschaft sollte es ermöglichen, dass alle Bürger*innen in Deutschland von der Digitalisierung profitieren unabhängig von Alter, Wohlstand und /oder Behinderung. Was bedeutet digitale Kluft? Wie stellt sie sich in Deutschland dar und welche Hürden gibt es dabei für Menschen mit Behinderung?

Aspekte der digitalen Kluft

Unter digitaler Kluft, im Englischen als „digital divide“ bezeichnet, wird der Spalt beschrieben, welcher sich zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen und dem Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologien befindet. Unterschieden wird dabei, zwischen Menschen die einen guten Zugang dazu haben, und Menschen deren Zugang eingeschränkt oder nicht vorhanden ist. Die Spaltung kann sich auf den Unterschied zwischen Ländern und Regionen beziehen, als auch auf soziale und wirtschaftliche Aspekte innerhalb eines Landes. Als Ursache lassen sich verschiedene Faktoren identifizieren. Zum einen können ökonomische Umstände, Bildungsniveau und technologische Infrastruktur benannt werden, zum anderen spielen politische und steuernde Rahmenbedingungen sowie kulturelle Sichtweisen eine Rolle. Unter dieser Betrachtungsweise lässt sich die digitale Kluft auf Dimensionen herunterbrechen in denen sich die Spaltung niederschlägt. Im Bereich des Zugangs können Unterscheide in der Verfügbarkeit von Breitbandinternet, Computern und mobilen Geräten festgestellt werden. Bei der Nutzung geht es um die Fähigkeit und das Wissen auf das Menschen die Technologien nutzen zurückgreifen können. Die Qualität weist Unterschiede in der Beschaffenheit und Geschwindigkeit des Internets auf. All diese Faktoren haben Auswirkungen auf die Menschen deren Zugang verwehrt bleibt oder nur bedingt möglich ist. Sie sind oft von wichtigen Informations-, Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten abgeschnitten, können Gesundheitsdienste nicht nutzen und bleiben von sozialer Teilhabe ausgeschlossen (Entwicklungspolitisches Netzwerk Hessen, 2024).

Deutschland und die digitale Kluft

Gute Informationen dazu bietet der D21- Digital- Index. Er misst die Anpassungs- und Zukunftsfähigkeit der digitalen Gesellschaft in verschiedenen Lebensbereichen und zeigt auf, inwiefern verschiedenen Bevölkerungsgruppen Gefahr laufen digital abgehängt zu werden. Dabei wurden insgesamt 33.578 Menschen aus verschiedenen Bevölkerungsgruppen und unterschiedlichen Alters und Geschlechts in Deutschland, überwiegend persönlich aber auch online, zur Digitalisierung befragt. Abgefragt wurden mit unter fünf verschiedene Basiskompetenzen und Resilienzfaktoren bezüglich der Digitalisierung aber auch Zugang, Grundeinstellung und Nutzung. Die Studie zeigt auf, dass die Gesellschaft in Bezug auf die Digitalisierung gespalten ist. Ein Teil steht dem digitalen Wandel aufgeschlossen gegenüber, der andere Teil ist skeptisch und ablehnend. Etwa 15 Prozent der Bevölkerung befindet sich im digitalen Abseits und nutzt die Möglichkeit etwas digital zu erledigen nur selten. Die Studie zeigt auch auf, dass der bekannte soziodemographische Spalt zwischen den Bildungsniveaus, den Geschlechtern, den Generationen und den Einkommensschichten erhalten bleibt. Ebenfalls Einfluss, haben die Geschwindigkeit mit der sich technologische und digitale Innovationen verbreiten. Der Fortschritt geschieht in einer Geschwindigkeit mit der viele Menschen, auch mit guten digitalen Kompetenzen, nicht Schritt halten können. Das führt dazu, dass sich im Bereich der digitalen Basiskompetenzen die Kluft ausweitet, und jedem Zweiten Basiskompetenzen wie Informationen Online finden, Smartphonefunktionen anpassen aber auch Textprogramme nutzen fehlen. Um diese Lücke zu schließen, benötigt es zielgruppengerechten Angeboten um den Mehrwert der Digitalisierung herauszuarbeiten (D21- Digital- Index, 2023/24).

Digitale Kluft und Menschen mit Behinderung

Betrachtet man die Datenlage der digitalen Kluft aus der Perspektive von Menschen mit Behinderung zeigt sich, dass sich der Unterschied nicht im Interesse an digitalen Medien widerspiegelt, sondern in der Bedürfnislage, im Zugang und in der Finanzierung. In stationären Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderung sind 60 Prozent ohne Internet Zugang. Im betreuten Wohnen sind es 58 Prozent und in Alten und Pflegeheimen sind es sogar 83 Prozent der Menschen mit Behinderung die keinen Zugang zum Internet besitzen. Betroffen davon sind auch Personen im jüngeren und mittleren Alter, bei denen die Relevanz digitaler Teilhabemöglichkeiten eine größere Rolle spielen dürfte. Auch die Barrierefreiheit von Behörden, die eine wichtige Rolle bei der Beantragung finanzieller Mittel spielen ist betroffen. Informationen über das Internet, sind für Menschen mit Behinderung schwer zugänglich und so gestaltet, dass sie nicht genutzt werden können (Schäfers & Schlachter, 2022, S. 111- 113).

Im Internet gibt es für Menschen mit Behinderung zwar eine Vielzahl von Hilfsangeboten, finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten und Informationen, jedoch sind diese nicht leicht zu finden und im Netz verstreut. Zudem fehlt häufig der Zugang zu Geräten (Kreuder- Schock et al., 2024).

Die Vorteile der Digitalisierung liegen für Menschen mit Behinderung aus Expert*innensicht besonders in einer Zunahme von Autonomie durch Smart- Home Technologien wie intelligente Klingeln, Hausnotrufsysteme oder Fallwarnmelder. Zudem sind Entwicklungen wie Exoskelette, Retina- und Cochlea- Implantate und Fortschritte in der Robotik, die Innovationen die einen enormen Fortschritt gezeigt haben. Auch das Smartphone bringt Funktionen mit wie die automatische Bildbeschreibung oder die Direktübersetzung von Gebärdensprache, die das Leben von Menschen mit Behinderung erleichtern (Borgstedt & Möller- Slawinski, 2020, S. 27- 29).

Fazit

Obwohl ein großer Teil der Bevölkerung über die Möglichkeit der Nutzung von Technologien und über Digitalkompetenzen verfügen, bleibt das Problem der digitalen Kluft weiterhin ungelöst. Durch Verbesserung der digitalen Ausstattung und Nutzungskompetenzen kann digitale Ungleichheit zwar abgeschwächt werden, dennoch bleibt sie eine wissenschaftliche und politische Aufgabe. Die zügige Entwicklung der Digitalisierung kann weiterhin dazu beitragen, dass sich die Ungleichheit diesbezüglich verstärkt und weiter voranschreitet (Zillien, 2024). Gerade im Bereichen wie stationären Wohneinrichtungen und betreute Wohneinheiten für Menschen mit Behinderung zeigt sich das noch großer Handlungsbedarf besteht.

Literaturverzeichnis

Borgstedt, S/Möller- Slowinski, H. (2020). Digitale Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Chancen und Risiken aus Perspektive der Expert*innen, S. 27- 29. Aktion Mensch. In https://aktion-mensch.stylelabs.cloud/api/public/content/AktionMensch_Studie-Digitale-Teilhabe.pdf?v=16179909, abgerufen am 22.12.2024.

D21- Digital- Index (2023/2024). Jährliches Lagebild zur Digitalen Gesellschaft. In https://initiatived21.de/uploads/03_Studien-Publikationen/D21-Digital-Index/2023-24/d21digitalindex_2023-2024.pdf#page=19, abgerufen am 22.12.2024.

Entwicklungspolitisches Netzwerk Hessen (2024). Digital Divide. In https://www.epn-hessen.de/themen/kommunikation-digitalisierung-partizipation/was-bedeutet-digital-gap/, abgerufen am 22.12.2024.

Kreuder- Schock, M. et al. (2024). Barrieren digitaler Teilhabe erkennen und überwinden. Ein Leitfaden für die Praxis. In https://doi.org/10.3278/9783763976744, abrufen am 22.12.2024.

Schäfers M./Schachler V. (2022). Repräsentativbefragung zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Barrieren in der Umwelt, S.111- 113. In https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Forschungsberichte/fb-598-abschlussbericht-repraesentativumfrage-teilhabe.pdf?__blob=publicationFile&v=5, abgerufen am 22.12.2024.

Zillien, N. (2024). Digitale Ungleichheit. Anwendung und Beispiele und Kritik und Probleme. In https://www.bidt.digital/glossar/digitale-ungleichheit/, abgerufen am 22.12.2024.

Titelbildquelle

[Maryam62, 2016], snail-1447233_1280.jpg, unter Inhaltslizenz über https://pixabay.com/de/photos/schnecke-hindernis-überwinden-wille-1447233/, abgerufen am 22.12.24. Nutzungsbedingungen unter https://pixabay.com/service/terms, abgerufen am 22.12.2024.

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