By Published On: 13. August 2020Categories: Psychologie, Wirtschaft

Paulhus und Williams prägten vor fast 20 Jahren den Begriff der „dunklen Triade der Persönlichkeit“, welcher jene Persönlichkeitseigenschaften bezeichnet, die im Allgemeinen nicht mit positiven Zuschreibungen assoziiert werden. Dieser dunkle Kern der Persönlichkeit setzt sich aus Machiavellismus, Narzissmus und Psychopathie zusammen. Die Ausprägungen des Narzissmus und der Psychopathie befinden sich noch im subklinischen Bereich (Paulhus & Williams, 2002, S. 556).

 

Narzissmus

Der Begriff Narzissmus geht auf die antike griechische Mythologie zurück. Narziss war ein besonders schöner junger Mann, der von beiden Geschlechtern angebetet wurde. Aufgrund seiner starken Selbstbezogenheit genügte ihm keiner seiner Verehrer*innen. Daraufhin wurde er von einer griechischen Gottheit mit unerfüllbarer Selbstliebe bestraft (Furtner, 2017, S. 5). Letztendlich ertrank Narziss in einem Teich, bei dem Versuch sein eigenes Spiegelbild auf der Wasseroberfläche zu umarmen[1] (Hilsbecher, 1988, S. 38). In der klinischen Psychologie wird gem. DSM-V-Modell Teil III von einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung gesprochen, wenn die betroffene Person ein vermindertes Funktionsniveau der Persönlichkeit, Defizite in mindestens zwei von vier Bereichen – Identität, Selbststeuerung, Nähe und Empathie – sowie die problematischen Persönlichkeitsmerkmale Grandiosität und Suche nach Aufmerksamkeit aufweist (Hartmann, 2018, S. 33). Bei der dunklen Triade liegt der Narzissmus im subklinischen Bereich, befindet sich in seiner Ausprägung also noch unterhalb einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung nach DSM-V. Narzisstische Personen fallen durch ihr Bestreben auf von anderen Personen bewundert und in ihrer Grandiosität bestätigt zu werden. Erfahren Sie Kränkung oder Ablehnung reagieren Narzissten mit Feindseligkeit und Abwertung (Externbrink & Keil, 2018, S. 8).

 

Machiavellismus

Der Machiavellismus als Persönlichkeitseigenschaft geht auf die Staatsphilosophie von Niccolò Machiavelli zurück und wurde 1970 von Christie und Geis erstmals beschrieben. Demnach sind Machiavellisten besonders geschickt darin andere Menschen taktisch zu täuschen, zu instrumentalisieren und zu manipulieren (Christie & Geis, 1970, S. 4). Ihre Ziele verfolgen Machiavellisten ohne Rücksicht auf den Schaden, den sie dabei ihren Mitmenschen zufügen, ganz nach dem Motto „der Zweck heiligt die Mittel“ (Furtner, 2017, S. 8).

 

Psychopathie

Die dritte Komponente der dunklen Triade ist die Psychopathie. Anders als beim Narzissmus und der narzisstischen Persönlichkeitsstörung findet sich im DSM-V keine psychopathische Persönlichkeitsstörung. Hare und Kolleg*innen haben 1991 den „The Hare Psychopathy Checklist-Revised“ (PCL-R) herausgebracht (Hare, 1991) und 2003 überarbeitet (Hare, 2003).

20 Items messen auf einer dreistufigen Skala (0: trifft nicht zu, 1: trifft in mancher Hinsicht zu, 2: trifft zu) Verhaltensweisen und abgeleitete Persönlichkeitsmerkmale, die als grundlegend für das klinische Konstrukt der Psychopathie angesehen werden. Das PCL-R stellt das am häufigsten verwendete Messinstrument für psychopatische Merkmale dar (Hollerbach, Mokros, Nitschke, & Habermeyer, 2018, S. 187).

Psychopathen gelten auf den ersten Blick als besonders charismatisch, sind auf den zweiten Blick jedoch unempathisch und sehr impulsiv. Sie missachten soziale Normen und schädigen andere Personen ohne dabei Furcht, Schuld oder Reue zu empfinden (Externbrink & Keil, 2018, S. 12).

 

Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Es ist unmöglich gleichzeitig Machiavellist*in, Psychopath*in und Narzisst*in zu sein. Paulhus schreibt jeder dieser Persönlichkeitseigenschaften einen eigenen Kern zu, wobei es zu Überschneidungen an den Rändern kommt. So konnte die geringe Verträglichkeit als gemeinsames Merkmal der Triade festgestellt werden (Paulhus & Williams, 2002, S. 560).

Beim Narzissmus und der Psychopathie findet sich die Überhöhung des Selbst, wohingegen Machiavellisten eine realistische (Selbst-)Einschätzung besitzen. Gemeinsamkeiten zwischen Machiavellist*innen und Narzisst*innen bestehen in den maladaptiven Aspekten, so zeigen beide Typen u.a. ausbeuterisches Verhalten. Mit Psychopath*innen hingegen bestehen Überschneidungen bei den affektiven Faktoren, wie fehlende Empathie und Rücksichtslosigkeit beim Durchsetzen ihrer Ziele (Schwarzinger & Schuler, 2017, S. 301).

 

Die dunkle Triade im beruflichen Kontext

Im Zusammenhang mit dem Konstrukt der dunklen Triade wird auch oft die Frage diskutiert ob Narzissten, Machiavellisten und Psychopathen besondere Karrierepräferenzen und angestrebte Berufs- und Tätigkeitsfelder besitzen (Externbrink & Keil, 2018, S. 34).

Der Narzissmus wird mit unethischem Verhalten von Führungskräften sowie einer übersteigerten Fokussierung auf Machtpositionen in Verbindung gebracht (Amernic & Craig, 2010, S. 90). Charakteristisch für die narzisstische Karriere ist neben dem Streben nach Bewunderung und Macht auch das Desinteresse an einer konventionellen Tätigkeit. Narzisst*innen finden sich daher bevorzugt in künstlerischen, unternehmerischen und sozialen Berufen (Externbrink & Keil, 2018, S. 36).

Es konnte nachgewiesen werden, dass Psychopath*innen die Produktivität im Unternehmen negativ beeinflussen und verantwortungsloses Verhalten fördern (Boddy & P., 2010, S. 310). Die psychopathische Karriere ist von einer anti-sozialen Orientierung geprägt, also ein berufliches Setting, in welchem sie wenig mit anderen Menschen zusammenarbeiten müssten, sich der Aufsicht anderer entziehen und kaum Regeln beachten. Dieses erklärt, warum Psychopath*innen es vorziehen im Management privater Organisationen zu arbeiten  (Externbrink & Keil, 2018, S. 36).

Machiavellismus zeigt sich im beruflichen Kontext mit vermindertem Engagement insbesondere in Teamkonstellationen, einer starken Konzentration darauf, Machtpositionen aufrechtzuerhalten sowie auffälligem manipulativem Verhalten (Kessler, et al., S. 1890). Machiavellist*innen wählen ebenfalls keine Berufe, in denen sie sich um andere Menschen kümmern müssen oder die ein fürsorgliches Verhalten erfordern (Externbrink & Keil, 2018, S. 36).

Insgesamt zeigen Personen mit einer ausgeprägten dunklen Triade typische mit dem beruflichen Erfolg assoziierte Merkmale wie Durchsetzungsfähigkeit oder Rationalität und schneiden bei individuellen Erfolgsfaktoren, wie dem Gehalt besser ab (Schwarzinger, 2018, S. 16).

Der Mythos der erfolgreichen psychopathischen, narzisstischen oder machiavellistischen Führungskraft kann einem Abgleich mit der Realität jedoch nicht standhalten. So zeigten Studien, dass dunkle Eigenschaften nicht gleichzusetzen sind mit besserer beruflicher Leistung. Vielmehr führt das oben beschriebene Verhaltensspektrum dazu, dass das Arbeitsklima sich verschlechtert, unethische Entscheidungen getroffen werden, was negative Auswirkungen auf die Produktivität des Unternehmens mit sich bringt (Schwarzinger & Schuler, 2017, S. 302).

 

 

Literaturverzeichnis

Amernic, J. H., & Craig, R. J. (2010). Accounting as a facilitator of extreme narcissism. Journal of Business Ethics, S. 79–93.

Boddy, & P., C. R. (2010). Corporate Psychopaths and organizational type . Journal of Public Affairs, S. 300-313.

Christie, R., & Geis, F. L. (1970). Studies in Machiavellianism. New York: Academic Press.

Externbrink, K., & Keil, M. (2018). Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie in Organisationen : Theorien, Methoden und Befunde zur dunklen Triade. Wiesbaden: Springer.

Furtner, M. (2017). Dark Leadership. Wiesbaden: Springer.

Hare, R. (1991). The Hare Psychopathy Checklist-Revised (PCL-R). Toronto: Multi-Health Systems.

Hare, R. (2003). The Hare Psychopathy Checklist-Revised, 2. Aufl. Toronto: Multi-Health Systems.

Hartmann, H.-P. (2018). Narzissmus und narzisstische Persönlichkeitsstörungen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Hilsbecher, W. (1988). Zum Beispiel Ödipus: Varianten eines Daseinsmodells. Berlin (West): Rolf A. Burkart Atelier.

Hollerbach, P., Mokros, A., Nitschke, J., & Habermeyer, E. (2018). Hare Psychopathy Checklist-Revised : Deutschsprachige Normierung und Hinweise zur sachgerechten Anwendung | Hare Psychopathy Checklist-Revised : German language adaptation and recommendations for correct use. Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie , S. 186-191.

Kessler, S. R., Bandell, A. C., Spector, P. E., Borman, W. C., Nelson, C. E., & Penney, L. M. (kein Datum). Re-examining Machiavelli: A three-dimensional model of Machiavellianism in the workplace. Journal of Applied Social Psychology, S. 1868-1896.

Paulhus, D. L., & Williams, K. M. (2002). The Dark Triad of personality: Narcissism, Machiavellianism, and psychopathy. Journal of Research in Personality, S. 556-563.

Schwarzinger, D. (2018). Personalauswahl mit der Dunklen Triade. personalSchweiz, S. 16-17.

Schwarzinger, D., & Schuler, H. (2017). Die Dunkle Triade der Persönlichkeit im Berufskontext. Report Psychologie, S. 298-305.

 

Bild von PublicDomainPictures auf Pixabay.

[1] Es existieren verschiedene Enden der Sage von Narziss.

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