By Published On: 26. Juli 2024Categories: Pädagogik

Träume und ihre Deutung haben die Menschheit seit Jahrtausenden fasziniert. In vielen Kulturen wurden Träume als Botschaften von Göttern oder als Fenster zur Seele betrachtet. Später deutete Freud sie als Botschaften des Unbewussten. Die moderne Wissenschaft untersucht Träume als wichtige Ausdrucksform des Unterbewusstseins, die uns Einblicke in unsere tiefsten Wünsche, Ängste und Gedanken gewähren kann. Traumdeutung, ob in der Psychoanalyse oder in spirituellen Praktiken, versucht, diese nächtlichen Visionen zu entschlüsseln und ihre Bedeutung für unser tägliches Leben zu verstehen.

Was sind Träume?

Träume bzw. die Berichte über Träume sind eine Wiedergabe der subjektiven Erfahrung, die während des Schlafens stattgefunden hat (Lüth & Schredl, S. 149, 2023). Bei Traum werden zwischen dem geträumten Traum, der Traumerinnerung des Träumenden und den verschiedenen Folgen des Traums wie Erzählung, im Wachen weiter geführte Traumemotionen, langanhaltende Erinnerung, Verschriftlichung und Deutungsversuche unterschieden. Die Traumdeutung fokussiert sich auf den erinnerten und erzählten Traum. Durch das Erzählen wird der Traum in die bewusste Welt integriert und verändert sich dadurch, sodass er sich vom ursprünglichen geträumten Traum entfernt (Walde, 2018, S.52). Viele Träume hängen mit persönlichen Erfahrungen aus dem Wach-Leben zusammen (Vallat, Chatard, Blagrove, & Ruby, 2017). Im Durchschnitt erinnern wir uns an einen Traum pro Woche (Schredl, 2008).

Abbildung 1: Träume und seine Bedeutung

Welche Funktion haben Träume?

Welche der folgenden Aussagen trifft Ihrer Meinung nach am ehesten zu? Unsere Träume… (Schöl, 2009)


Wissenschaftler:innen diskutieren schon lange über die Funktion unserer Träume und unterstützen verschiedene Theorien. Wenn Sie Option D gewählt haben, stimmen Sie der Mehrheit der Befragten in einer Studie von Carey Morewedge und Michael Norton zu. Diese Forscher fanden heraus, dass Menschen aus den USA, Südkorea und Indien unabhängig von ihrer Kultur glauben, dass Träume einen tiefen liegenden Sinn haben. Träume werden als besonders bedeutsam empfunden, wenn sie unsere Überzeugungen und Wünsche widerspiegeln, anstatt nur den Alltag darzustellen oder bedeutungslos zu sein (Morewedge & Norton 2009; Schöl, 2009).

Woher kommt die Traumdeutung?

Sigmund Freud

Abbildung 2: Träume als Tor fürs Unterbewusstsein

Die Traumdeutung beruht auf den weltbekannten Psychologen Sigmund Freud. Der Vater der Psychoanalyse. Seine Theorie besagt, dass Träume als Tor fürs Unterbewusstsein sind und wichtigen Bestandteil der Psychoanalyse sieht. In seinem 1899 erschienen Buch „Die Traumdeutung“ stellte er seine Theorie vor. Freud glaubte, dass Träume geheime Wünsche und unterdrückte Gefühle offenbaren, die tagsüber nicht zugelassen werden, weil sie entweder Angst erzeugen oder gegen gesellschaftliche Normen verstoßen. Dies betraf oft sexuelles Verlangen oder aggressive Fantasien. Diese Inhalte werden im Traum zensiert und symbolisch dargestellt. Diese Symbole sind universell und könnten durch psychoanalytische Arbeit entschlüsselt werden. Obwohl Freuds spezifische Symboltheorien heute in der Psychologie wenig Bedeutung haben, legte er den Grundstein für die moderne Traumdeutung (Hartmann, 2022).

Jungs Traumdeutung: Der Schlüssel zum kollektiven Unbewussten

Der Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung, ein ehemaliger Schüler Freuds, erweiterte dessen Theorie, indem er Träume als Spiegel des Unbewussten ansah. Anders als Freud betrachtete er die Bedeutung von Träumen als individuell und nicht allgemeingültig. Jung glaubte, dass viele Träume aus persönlichen Lebenserfahrungen stammen. Er entwickelte das Konzept des „kollektiven Unbewussten“, ein gemeinsames geistiges Erbe der Menschheit, repräsentiert durch universelle Symbole. Diese Sichtweise steht der modernen Psychoanalyse näher, die individuelle Traumdeutungen betont (Hartmann, 2022).

Abbildung 3: Träume – Der Schlüssel zum Unbewussten

Traumdeutung heute – Analytische Psychotherapie

Freuds Ansatz zur Traumdeutung brachte weitreichende Erkenntnisse und eröffnete ein neues Verständnis des menschlichen Geistes im 20. Jahrhundert. Diese Methode ermöglichte ihm grundlegende Einsichten in die Struktur und Dynamik der Psyche, was dazu führte, dass seine Traumtheorie die Basis einer neuen Theorie des Seelenlebens bildete – der Psychoanalyse. Diese Theorie untersucht die Prozesse des individuellen psychischen Erlebens und beeinflusste die Entwicklung der modernen Psychotherapie maßgeblich (Ermann, 2020, S. 15).

Heute wird die Traumdeutung in der modernen analytischen Psychotherapie weiterhin genutzt, jedoch weniger zentral als bei Freud. Sie dient als einer von mehreren Wegen, um unbewusste Konflikte und verdrängte Probleme zu verstehen. Freuds spezifische Traumsymbolik wird heute kritisch betrachtet. Stattdessen werden Trauminhalte individuell und gemeinsam mit den Patienten interpretiert, um persönliche psychische Probleme zu behandeln (Hartmann, 2022).

Albträume

Der Wunsch „Träum süß!“ zeigt, dass Träume mehr als nur bedeutungslose Bilder sind. Doch nicht alle Träume sind angenehm – Albträume können belastende Inhalte haben und auf tiefere Ängste hinweisen.

Abbildung 4: Albträume

Es sind Träume, die von intensiven negativen Gefühlen geprägt sind und uns oft abrupt aus dem Schlaf reißen. Zum Beispiel erwachen wir bei einem Falltraum, kurz bevor wir auf dem Boden aufschlagen. Die Themen können stark variieren – von Prüfungsängsten über Verfolgungsjagden bis hin zur Angst vor dem Verlust geliebter Menschen. Gemeinsames Merkmal all dieser Albträume ist die überwältigende Emotion und das Gefühl der Hilflosigkeit, das sie bei uns hinterlassen (Zweifel, 2023).

Eine Umfrage der Techniker Krankenkasse hat ergeben, dass 7% der Männer und 14% der Frauen unter Albträumen leiden. So stark, dass sie deshalb nicht richtig schlafen können (Techniker Krankenkasse, 2017, S. 26). Eine weitere Statistik zeigt das Ergebnis einer Umfrage zu den Inhalten von Albträumen. Demnach gaben rund 40% der Befragten, die mehrmals im Jahr unter Angstträumen litten, an, in die Tiefe zu stürzen. 26% berichteten, von anderen Menschen verfolgt zu werden. Fast genauso viele träumten sie können sie sich nicht bewegen, während sie in Gefahr sind, und 7% träumten von ausfallenden Zähnen (Statista, 2007).

Luzides Träumen

Abbildung 5: Luzide Träume

Luzides Träumen, auch Klarträumen genannt, bedeutet, dass man im Traum erkennt, dass man träumt und den Trauminhalt möglicherweise beeinflussen kann. Diese Fähigkeit wird in der Albtraumtherapie und im mentalen Training von Sportlern genutzt (Lüth, Anthes, Gerhardt, Haverkamp, Schwarz & Steinmetz, 2018, S.37). Klarträumen ist ein besonderes Phänomen, das Bewusstsein und Schlaf miteinander verbindet. Es zeichnet sich durch das Bewusstsein der träumenden Person aus, dass sie gerade träumt. Im luziden Traum können Träumende aktiv in das Traumgeschehen eingreifen und es verändern, wodurch die wahrgenommene Selbstwirksamkeit und Selbstkontrolle gestärkt werden (Holzinger & Fränkl, 2021, S. 57).

Träume verstehen

Wie im vorherigen Abschnitt erwähnt, ist Hilflosigkeit ein zentrales Motiv in Albträumen. Im Traum verliert man beispielsweise sein Auto oder sucht verzweifelt nach seinem Geldbeutel mit allen Ausweisen. Diese Hilflosigkeit wird im Traum verstärkt dargestellt, während man in der Realität gezielt nach Lösungen suchen würde. Positiv betrachtet bieten unangenehme Träume die Chance, Lösungsstrategien zu üben. Michael Schredl, einer der führenden deutschen Schlaf- und Traumforscher am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim, sagt: „Wer seine Träume versteht, lebt glücklicher!“ Träume bieten uns wertvolle Lernmöglichkeiten und helfen, besser mit dem Leben umzugehen. Sie fördern unsere Kreativität und ermöglichen es, das Leben bewusster zu gestalten (Zweifel, 2023).

Abbildung 6: Träume verstehen – Die Leiter zur kreativen Inspiration

Abbildungsverzeichnis

Titelbild: Bild von Roman Odintsov (2022). In Pexels. Zugriff am 08.07.2024. Verfügbar unter https://www.pexels.com/de-de/foto/frau-schminke-makeup-festhalten-11760380/

Abbildung 1: Bild von Mo Eid (2022). In Pexels. Zugriff am 08.07.2024. Verfügbar unter https://www.pexels.com/de-de/foto/treppe-stufen-kunst-wolken-11643390/

Abbildung 2: Bild von Baroco Ferison (Nutzername: „BarocoF“) (2020). In Pixabay. Zugriff am 08.07.2024. Verfügbar unter https://pixabay.com/es/photos/puerta-portal-fantas%C3%ADa-mundos-5094596/

Abbildung 3: Bild von Jaredd Craig (2018). In Unsplash. Zugriff am 08.07.2024. Verfügbar unter https://unsplash.com/de/fotos/ansicht-eines-schwebenden-geoffneten-buches-aus-gestapelten-buchern-in-der-bibliothek-HH4WBGNyltc

Abbildung 4: Bild von Farhad Ali (2024). In Pexels. Zugriff am 08.07.2024. Verfügbar unter https://www.pexels.com/de-de/foto/schwarz-und-weiss-schwarzweiss-person-hande-22303902/

Abbildung 5: Bild von Branden Ponschke (Nutzername: „Ponschke“) (2019). In Pixabay. Zugriff am 08.07.2024. Verfügbar unter https://pixabay.com/es/photos/escalofriante-4635574/

Abbildung 6: Bild von Rakicevic Nenad (2018). In Pexels. Zugriff am 08.07.2024. Verfügbar unter https://www.pexels.com/de-de/foto/mann-der-eistute-unter-wolke-halt-1262302/

Literaturverzeichnis

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Hartmann, C. (2022). Traumdeutung. Psychologie Heute. Zugriff am 29.05.2024. Verfügbar unter Traumdeutung – Was bedeutet mein Traum? – Psychologie Heute (psychologie-heute.de)

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Lüth, K., Anthes, S., Gerhardt, E., Haverkamp, T., Schwarz, L. & Steinmetz, L. (2018). Luzides Träumen. Schlaf, 07(01), 37–44. doi:10.1055/s-0038-1641702

Lüth, K. & Schredl, M. (2023). Träume in Forschung und Praxis. Somnologie, 27, 149–150. doi:10.1007/s11818-023-00420-9 

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Schredl, M. (2008). Traumerinnerungshäufigkeit in einer repräsentativen deutschen Stichprobe. Wahrnehmungs- und Motorikfähigkeiten106(3), 699-702. doi:10.2466/pms.106.3.699-702

Schöl, C. (2009). Die (Be-)Deutung unserer Träume. Universität Mannheim. Zugriff am 29.05.2024. Verfügbar unter https://www.uni-mannheim.de/forschung-erleben/artikel/die-be-deutung-unserer-traeume/

Techniker Krankenkasse. (2017). Schlaf gut, Deutschland: TK-Schlafstudie 2017. Techniker Krankenkasse. Zugriff am 29.05.2024. Verfügbar unter https://www.tk.de/resource/blob/2033604/118707bfcdd95b0b1ccdaf06b30226ea/schlaf-gut-deutschland-data.pdf

Vallat, R., Chatard, B., Blagrove, M. & Ruby, P. (2017). Characteristics of the memory sources of dreams: A new version of the content-matching paradigm to take mundane and remote memories into account. PloS one12(10), e0185262. doi:10.1371/journal.pone.0185262

Walde, C. (2018). Traumdeutung und Traumnutzung – Historische Perspektiven. In: Krovoza, A., Walde, C. (eds) Traum und Schlaf. J.B. Metzler, Stuttgart. doi:10.1007/978-3-476-05356-5_3

Zweifel, M. (2023). Im Kontinent der Träume. astreaAPOTHEKE. Zugriff am 29.05.2024. Verfügbar unter https://astrea-apotheke.ch/im-kontinent-der-traeume/

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