Die Müllproblematik in Afrika stellte eine der drängendsten ökologischen und gesellschaftlichen Herausforderungen des Kontinents dar. In vielen Regionen Afrikas mangelt es an einer effizienten Abfallbewirtschaftung, an finanziellen Möglichkeiten sowie staatlicher Regulierung, was zu weit verbreiteter Umweltverschmutzung und Gesundheitsrisiken führt. Die zunehmende Urbanisierung und das wirtschaftliche Wachstum verschärfen dieses Problem, da die Infrastruktur häufig nicht mit dem wachsenden Müllaufkommen Schritt halten kann. Durch den Export großer Mengen an Elektroschrott ist es allerdings auch der industrialisierte Westen, der maßgeblich zur Müllproblematik auf dem Kontinent beiträgt. Meist unter Missachtung internationaler Abkommen zur Regulierung, findet in Afrika illegaler Müllhandel statt, welcher die ohnehin belastete Abfallinfrastruktur zusätzlich überfordert.
Die Müllproblematik und ihre Ursachen
Eine rasante wirtschaftliche Entwicklung, starkes Bevölkerungswachstum und die zunehmende Urbanisierung (vor allem in Westafrika), führen vielerorts zu einem steigenden Konsum, welcher mit entsprechender Zunahme der Müllmenge einhergeht, ohne das parallel die erforderlichen Kapazitäten für eine geordnete Abfallwirtschaft ausgebaut werden. Grund ist die noch wenig organisierte Abfallentsorgung auf dem Kontinent, die nur soweit reicht, dass etwa 20% des gesamten Mülls auf geordneten Deponien abgelagert wird. Den Regelfall bilden wilde Müllkippen aber auch Abwasserkanäle, der Straßenrand oder die offene Verbrennung werden zur „Beseitigung“ des Abfalls missbraucht. (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit [GIZ], 2022, S. 3).
Über organische und toxische Abfälle, Bauschutt und teilweise auch Krankenhausabfällen, landen sämtliche Abfallarten auf ungesicherten Deponien, die über keine technische Ausrüstung verfügen. Vorrichtungen zur Erfassung und Kontrolle von Sickerwasser- oder Gasfassungsanlagen sind ebenso wenig vorhanden wie Basisabdichtungen, was zu Kontamination von Luft, Boden und Grundwasser mit Schadstoffen führt. (GIZ, 2022, S. 9).
Anders als beispielsweise in Europa, mangelt es in Afrika an technischen Standards, die eine geregelte und effiziente Bewirtschaftung des Müllaufkommens versprechen. Vielerorts fehlt es an Anlagen, Technologien, Fachpersonal und vor allem an finanziellen Möglichkeiten, um eine sachgerechte Abfallentsorgung- und Verwertung voranzutreiben. (GIZ, 2022, S.5).
Dringend erforderliche Sanierungen und der Bau fortschrittlicher Deponien benötigen angesichts der weiter wachsenden Abfallmenge und unzureichenden Kapazitäten eine Modernisierung des Abfallsektors auf dem Kontinent.
Nationale als auch lokale Regierungen sind deshalb bereits bemüht, moderne Ansätze und regulatorische Rahmenbedingungen in der Abfallwirtschaft einzuführen. Teilweise sind ihre Ziele jedoch zu hoch gesteckt und in der Vergangenheit mangelte es oft an einer kohärenten Politik, weshalb Zielvorstellungen nur bedingt umgesetzt wurden. Große (staatliche) Investitionen sowie eine schnell fortschreitende Modernisierung des Abfallsektors sind so, vor allem auch aufgrund der finanziellen Engpässe, weiterhin wenig zu erwarten. (GIZ, 2022, S. 10).
Die Problematik um den Müll bleibt somit weiterhin bestehen und muss daher, noch gezielter, Teil politischer Agenden werden.
Auf den Deponien landen allerdings nicht nur eigene Abfälle, sondern auch Abfälle aus dem Ausland. Ausgediente Gebrauchtgeräte wie Kühlschränke, Fernseher oder Laptops, sogenannter E-Waste, finden trotz Verboten zur Einfuhr ihren Weg nach Afrika. Illegaler Handel mit Müll, für den Westen ein durchaus lukratives Geschäft, welches allerdings die Problematik auf dem afrikanischen Kontinent verschärft.
Verschärfung durch den Westen
Grundsätzlich ist der Export gefährlicher Abfälle, die in Entwicklungsländer beseitigt werden sollen, laut der Basler Konvention von 1989 untersagt. Mittlerweile sind daher über 190 Staaten dazu verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass ihre Abfälle umweltgerecht behandelt und entsorgt werden. (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, 2014).
Doch nur ein kleiner Teil des Mülls wird dort recycelt, wo er auch tatsächlich anfällt. Der Wohlstandsschrott der Industrienationen findet zunehmend über europäische Reeder illegal seinen Weg in afrikanische Entwicklungsländer, wo er die Situation um den Abfall drastisch verschlechtert. Die Gründe hierfür sind recht simpel. Wer beispielsweise seine alten Elektrogeräte auf deutschen Wertstoffhöfen oder bei Gebrauchtwarenhändler loswerden will, sieht sich häufig teuren Entsorgungskosten gegenüber. Gleichzeitig ist der Elektroschrott in Afrika begehrt, da dieser wertvolle Edelmetalle enthält. Denn Menschen suchen auf Müllkippen gezielt nach Gold, Silber, Coltan, Eisen, Kupfer oder Aluminium, verbaut in den Altgeräten, um es zu verkaufen und so ein geringes Einkommen zu generieren. Arbeitsschutzstandards und Umweltvorschriften gibt es dabei nicht, doch häufig ist dies für die Arbeiter der einzige Weg ihre Familien zu versorgen, trotz der enormen Risiken die die Suche nach den Metallen mit sich bergen. (Uken, 2009).
Nachdem sie die Wertmetalle dann gewonnen und anschließend an lokale Schrotthändler verkauft haben, werden diese zu begehrten Industrierohstoffen recycelt und landen dann über Großhändler wieder auf dem Weltmarkt. Ein Teufelskreis für Afrika, ein Milliardengeschäft für den Westen. (Zeitler, 2019).
Die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt
Die Folgen der Entsorgungspraktiken auf dem Kontinent sind katastrophal. Zum Auslösen der Metalle werden meist die Kunststoffanteile und Plastikverkleidungen geschmolzen, wobei giftige Schwermetalle austreten. Die Liste reicht dabei von Blei und Cadmium bis hin zu Quecksilber. Die Reste werden verbrannt, wobei beispielsweise Isolierschaum aus Kühlschränken als Brennmaterial dient. (Zeitler, 2019).
Über dem offenen Feuer entstehen so hochgiftige Dämpfe, die nicht selten krebserregend sind. So beschweren sich viele Arbeiter, die meist noch im Kindes- oder Jugendalter sind, über Atemprobleme und Magenschmerzen da sie täglich stundenlang in meterhohem Qualm verbringen müssen. (Uken, 2009).
Der Regen schwemmt die Brühe aus alten Elektrogeräten und regenbogenfarbenem Wasser dann aus und verseucht Boden und Flüsse. Im ghanaeschen Agbogbloshie beispielsweise, einem Slum am Rande der Hauptstadt Accra und Zuhause einer der größten Müllhalden Afrikas, fließen die schimmernden Pfützen direkt ins offene Meer und führen so zu einem Fischsterben vor der Küste. (Zeitler, 2019).
Lösungsansatz/Fazit
Als Europäer tragen wir eine direkte Mitverantwortung zur Müllkatastrophe in Afrika, die bei jedem einzelnen Verbraucher beginnt. Ein Ansatz zur Bekämpfung wäre es, unsere alten Elektrogeräte nur bei zertifizierten Recyclingunternehmen abzugeben anstatt sie an unlizenziert Gebrauchtwarenhändler zu verkaufen, im Hausmüll zu entsorgen oder gar am Straßenrand abzustellen. Weiterhin kann jeder durch bewussten Konsum seinen Teil dazu beitragen, die Lage auf dem afrikanischen Kontinent ein Stück weit zu verbessern, indem Geräte länger genutzt werden sowie Reparaturdienstleistungen in Anspruch genommen werden.
Gleichzeitig besteht die Pflicht europäischer Länder, die Ausfuhr von Elektroschrott strenger zu regulieren und sicherzustellen, dass nur funktionstüchtige Geräte nach Afrika exportiert werden. Bestehende Gesetzte als auch die Zusammenarbeit mit Zollbehörden und internationalen Organisationen sollten daher weiter gestärkt werden, um illegalen Schrottexporten vorzubeugen.
Literaturverzeichnis
Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, (2022). Abfallmanagement in Westafrika.
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, (2014). Basler Übereinkommen. Zugriff am 27.07.2024. Verfügbar unter https://www.bmuv.de/gesetz/basler-uebereinkommen-ueber-die-kontrolle-der-grenzueberschreitenden-verbringung-gefaehrlicher-abfaelle-und-ihrer-entsorgung
Uken, M. (2009). Müll, Moneten, Mafia. Zugriff am 29.07.2024. Verfügbar unter https://www.spiegel.de/wirtschaft/abfallentsorgung-in-afrika-muell-moneten-mafia-a-618414.html
Zeitler, A. (2019). Giftiger Elektromüll. Zugriff am 02.08.2024. Verfügbar unter https://www.planet-wissen.de/kultur/afrika/ghana/pwiegiftigerelektromuell100.html
Bildquelle
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