By Published On: 18. Oktober 2024Categories: Digitalisierung, Wirtschaft

Die Entwicklung der Bedürfnisse und Anforderungen der Konsumenten an den Handel, die Veränderungen des Kundenverhaltens und dem Wandel der gesellschaftlichen Werte, kombiniert mit den Entwicklungen und der zunehmenden Bedeutung des E-Commerce in Verbindung mit der ständigen Verfügbarkeit von Produkten und der bequemen Einkaufserlebnisse für Konsumenten stellen den stationären Handel vor eine Reihe neuer Herausforderungen. Begründet ist dieser Wandel in der digitalen Transformation, die sowohl Einfluss auf Geschäftsstrukturen und -modelle nimmt, also auch ein verändertes Käuferverhalten hervorruft. Zudem wird hierdurch eine Intensivierung des Wettbewerbs hervorgerufen. Daraus lässt sich das Sprichwort „Handel im Wandel“ schließen, welcher auf den steigenden Digitalisierungsgrad reagieren und sich neu erfinden muss, um in diesem Wandel mithalten zu können (Knoppe, Rock & Wild, 2022, S. 18).

Was kann der stationäre Einzelhandel, was der Online Handel nicht kann?

Abb. 1: Analyse kanalspezifischer Vorteile Stationär vs. Online.

(Merkle, 2020, S. 69)

Wie aus der Abbildung entnommen werden kann, bietet sowohl der Onlinehandel, aber auch der stationäre Einzelhandel klare und starke Vorteile. Herauszustellen ist bei der Betrachtung der Alleinstellungsmerkmale und Vorteile des stationären Einzelhandels v.a. im Hinblick auf das veränderte Konsumentenverhalten die großen Individualisierungspotenziale der Ladengeschäfte bzgl. Beratung und passgenaue Einkaufserlebnisse. Sie fungieren als „Show-Rooms“ mit einer dreidimensionalen Inszenierung der Marke und können diese hinsichtlich Image und Corporate Identity optimal repräsentieren. Hierdurch gewinnt der Kunde ein Gefühl für die Marke, das Online Shops nie in diesem Ausmaß transportieren können. Als wichtiges Kommunikations-Instrument schafft der stationäre Handel einzigartige haptische Erlebnisse und können neue Zielgruppen ansprechen. Durch den stationären Handel als wichtiger Servicepoint können Kunden abgeholt werden, indem Produkte erklärt werden und Einweisungen erfolgen können. Aber auch bei der Betrachtung der Aspekte Lieferung, Abholung, Retounierung oder Umtausch stellt das Ladengeschäft ein bedeutendes Bindeglied zwischen Unternehmen und Konsument dar (Merkle, 2020, S. 3). Auch im Hinblick auf ein kundenorientiertes Beratungsgespräch mit einem hohen Individualisierungsgrad kann sich der stationäre Handel gegenüber dem Online-Handel abheben. 

Für Konsumenten spielt v.a. die Faktoren Zeitersparnis und Bequemlichkeit eine große Rolle, welche insbesondere dem Onlinehandel zugeschrieben werden. „Vor allem Digital Natives fordern nahtlose Einkaufserlebnisse und innovative Handelsformate, welche zugleich ein ganzheitliches Einkaufs- und Serviceerlebnis hervorbringen.“ (Knoppe, Rock & Wild, 2022, S. 18). Durch die Digitalisierung und der Einsatz neuer Technologien und Innovationen muss der stationäre Handel den Konsumenten ständig neue (digitale) Informationen zu Produkten und Leistungen, aber auch digitale Erlebnisse zur Verfügung stehen, um langfristig mit dem Onlinehandel mithalten zu können.

Die Entwicklung vom klassischen Händler hin zu Smart Stores

Der hohe Digitalisierungsgrad mit dessen vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten stellt für den stationären Einzelhandel Chancen und Erfolg bringende Möglichkeiten dar – wenn sie genutzt werden. In diesem Zusammenhang bietet die Entwicklung sogenannter „Smart Stores“ (digitalisierte Shops) Zukunftsperspektiven. Smart Stores sind stationäre Einzelhandelsgeschäfte, die ein verbessertes Einkaufserlebnis, eine Steigerung der Effizienz und einen personalisierten, individuellen Service forcieren. Dafür werden Technologien und digitale Innovationen eingesetzt, sowie die On- und Offline-Präsenz kombiniert.

Bei der Entwicklung von Smart Stores geht es um eine neue strategische Aufstellung bzw. Ausrichtung, um vor dem Hintergrund der eigenen Unternehmensstrategie und in Verbindung mit regionalen Wettbewerbsvorteilen und Kundennähe, die Potenziale der digitalen Möglichkeiten und Aspekte für sich auszuschöpfen (Knoppe, Rock & Wild, 2022, S. 24). Dabei wird der Einsatz von digitalen Technologien mit Aspekten der Nachhaltigkeit und der Standortvorteile kombiniert, wodurch individuelle Formate von Smart Stores entstehen können. Für Unternehmen ist es wichtig zu verstehen, dass Digitalisierung heute in nahezu allen Bereichen des Geschäfts- und Gesellschaftslebens selbstverständlich ist und dass Konsumenten eine dementsprechende Erwartungshaltung an Unternehmen haben. Kunden suchen im Einzelhandel nach digitaler Effizienz und der damit einhergehenden Entlastung, außerdem nach Erlebnissen und einem hohen Grad an Personalisierung, der mit entsprechenden Technologien erreicht werden kann (Merkle, 2020, S. 171).

Die folgende Abbildung zeigt einige der unzähligen Einsatzmöglichkeiten der Technologien in Smart Stores.

Abb. 2: Mögliche Einsatzbereiche für Technologien in Smart Stores.

(Eigene Darstellung)

Beispiele für den Einsatz dieser Technologien in Smart Stores sind: (Knoppe, Rock & Wild, 2022, S. 36 & 37)

  • Click&Collect- Konzepte oder Buy Online, Pick Up In-Store (Ship-from-Store)
  • Self-Checkout Terminals  (Automatisierung der Geschäfte)
  • Automaten als kleine Warenlager und automatisierte Abholstationen für bestimmte Online-Bestellungen (Automatisierung von Filialen und Warenhäuser)
  • Digitale Screens oder Schaufenster in den Geschäften
  • Das Suchen der Produkte mit digitaler Unterstützung im Laden (Seamless Shopping)
  • Digitale Abbildung des physischen Stores inklusive Ausstattung, Warenbestand usw. (Digitaler Zwilling)
  • Rückverfolgbarkeit aller Produkte und Sicherstellung der Qualität (Transparente Lieferkette)
  • Personalisierte Produkte und Services, digitale Darstellung der Produktverfügbarkeit (Digitale Differenzierung)
  • Virtuelle Anproben von Produkten durch KI und 3D-Modellen oder die Anprobe nicht vorrätiger Artikel
  • Größenempfehlungen und passenden Outfits bei der virtuellen Anprobe

Chancen und Zukunftsperspektiven von Smart Stores 

Der stationäre Einzelhandel spürt die Auswirkungen der Entwicklung des Onlinehandels – allerdings stellt das keineswegs ein K.O.-Kriterium dar. Die Einsatzbereiche der Technologien in Smart Stores birgt vielfältige Möglichkeiten für Unternehmen, wenn sie genutzt werden. So wird beispielsweise durch Click&Collekt- Konzepte oder Self-Check-out Terminals eine Steigerung der Bequemlichkeit für den Kunden erreicht. Eine transparente und einfache Verfolgung der Lieferkette schafft Vertrauen. Durch die virtuelle Anprobe werden einzigartige Einkaufserlebnisse geschaffen, der Kunde wird gerne wieder das Geschäft aufsuchen. Dies sind nur einige der unzähligen Möglichkeiten, die die Digitalisierung dem Einzelhandel bereithält, und auch in Zukunft können immer wieder neue digitale Lösungen erwartet werden. 

Grundsätzlich ist es dabei wichtig, sich als stationäres Ladengeschäft sowohl bei den regionalen Mitbewerbern, v.a. aber vom Onlinehandel zu differenzieren. Dabei sollten die genannten Vorteile, die der stationäre Handel gegenüber dem Onlinehandel hat, mit den digitalen Möglichkeiten kombiniert werden. „Stationäre Einzelhandelskonzepte müssen sich im digitalen Zeitalter auf ihre eigentlichen Kernkompetenzen– innovative Sortimentsauswahl, begeisternde Präsentation und persönliche Beratung- rückbesinnen.“ (Merkle, 2020, S. 69). Wenn dies gelingt, stehen dem Einzelhandel neue, aufregende Möglichkeiten und Wege offen.

Literaturverzeichnis

Knoppe, M., Rock, S. & Wild, M. (Hrsg.) (2022), Der zukunftsfähige Handel, Springer Gabler, Wiesbaden

Merkle, W. (2020), Erfolgreich im stationären Einzelhandel – Wege zur konsequenten Profilierung im digitalen Zeitalter, Springer Gabler, Wiesbaden

Abbildungsverzeichnis

Titelbildquelle: https://www.freepik.com/free-ai-image/person-using-ar-technology-perform-their-occupation_137499487.htm#fromView=search&page=2&position=10&uuid=9565805d-b22f-440b-b61b-2a5b10125faf

Abbildung 1: Merkle, W. (2020), Erfolgreich im stationären Einzelhandel – Wege zur konsequenten Profilierung im digitalen Zeitalter, Springer Gabler, Wiesbaden, S. 69

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