By Published On: 13. Januar 2025Categories: Psychologie

Seit Dezember 2019 haben Versicherte einen Leistungsanspruch auf DiGA. Diese Neuerung wurde mit dem Digitalen Versorgungsgesetz eingeführt. Die Applikation (App) auf Rezept soll bei Patient*innen unterstützend in Anwendungsfeldern wie beispielsweise Diabetologie, Logopädie, Psychotherapie und Physiotherapie eingesetzt werden können. (Bundesministerium für Gesundheit [BMG], 2024a) Doch ist diese Neuerung in der Gesellschaft angekommen? Welche Vorteile oder aber auch Nachteile können sich für Anwender*innen ergeben und was unterscheidet eine gelistete App von einer gesundheitsunterstützenden Applikation die in App- Stores ohne Rezept erhältlich ist?

Grundlegendes zur DiGA

Eine DiGA können Ärzt*innen aber auch Psychotherapeut*innen verordnen, dabei stellt die Praxis ein Rezept aus. Die Krankenkasse sendet den Patient*innen einen Freischaltcode und die Anwendung kann genutzt werden. Ein anderer Weg ist, sich die DiGA als Patient*in bei der Krankenkasse genehmigen zu lassen. Man stellt einen Antrag, bei Genehmigung erhält man einen Freischaltcode zur Nutzung der App. Für Patient*innen ist es möglich Auszüge von therapierelevanten Daten zu erstellen zudem können die Daten in der elektronischen Patientenakte gespeichert werden (BMG, 2024b).

Derzeit existieren 64 digitale Gesundheitsanwendungen. Einzusehen sind sie in einem speziell dafür angefertigten Verzeichnis, abzurufen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukten (BfArM). Diese Liste zeigt verschiedenen Apps auf, jede App wird nach Anwendungsbereich beschrieben, es gibt zu den Apps Gebrauchsanweisungen und der Preis ist einsehbar (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte [BfArM], 2024a).

Unterschied zur App im Store

Nicht jede App findet ihren Weg in dieses Verzeichnis. Sie wird durch das BfArM zunächst einmal wissenschaftlich bewertet und geprüft. Das geschieht durch ein dafür entwickeltes Verfahren, welches sich Fast- Track- Verfahren nennt. Der Prüfungszeitraum beträgt dabei drei Monate nach Eingang des vollständigen Antrages durch die Hersteller*innen. In dieser Prüfung spielen die Anforderungen an die App als auch der positive Versorgungseffekt eine Rolle. Anforderungen wie Sicherheit, Funktionstauglichkeit, Datenschutz, Datensicherheit und Interoperabilität, sind durch die Hersteller*innen zu gewährleiten, als auch der positive Versorgungseffekt auf die Patient*innen. Dabei wird das Augenmerk auf medizinischen Nutzen gelegt und darauf, ob durch die App eine Verfahrens- und Strukturverbesserung erzielt wird. Durch die Hersteller*innen ist dabei ein wissenschaftlicher Nachweis zu erbringen, beispielsweise durch eine Studie. Auch ist in einer 12- monatigen Erprobungsphase bei vorläufiger Aufnahme in des DiGA- Verzeichnis ein Evaluationskonzept vorzulegen. Ist der Antrag stimmig und die Erprobungsphase erfolgreich kann die App fest in das Verzeichnis aufgenommen werden und die Kosten durch die gesetzliche Krankenversicherung erstattet werden (BfArM, 2024b).

Dieses Verfahren macht die DiGA zu einem Medizinprodukt mit nachweislich medizinischem Nutzen, also ein zertifiziertes Produkt. Eine Eigenschaft die zahlreichen Gesundheitsapps in App- Stores fehlt. Diese werden durch die verschiedenen Anwendungszwecke kategorisiert um einen Marketingeffekt zu erzielen, eine nachweisliche Wirkung des Produktes ist jedoch nicht im Vordergrund und durch die Verbraucher*innen nur schwer zu beurteilen und nachzuvollziehen (Die forschende Pharma- Unternehmen [vfa], 2023).

Vorteile und Nachteile der DiGA

Am Beispiel psychischer Erkrankungen können folgende Vorteile der DiGA festgehalten werden. Eine Vielzahl davon sind auf andere Erkrankungsbilder übertragbar. Im Bereich der kognitiven Verhaltenstherapie können temporäre therapeutische Anwendungen getätigt werden. Für Patient*innen ist ein großer Vorteil, den Zeitpunkt und Ort der Intervention selbst bestimmen zu können. Auch ist es möglich die Inhalte der DiGA im persönlichen Tempo zu bearbeiten, zu wiederholen und zu reflektieren, so dass Patient*innen Selbstwirksamkeit erfahren können. Lange Wartezeiten auf einen Therapieplatz können überbrückt werden. Bestimmte Erkrankungen könnten es sogar notwendig machen zunächst nur auf eine Online- Therapie zurückzugreifen. Möglich sind auch eine Nachsorge und Rückfallprophylaxe, für die die Kosten von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden.

Ein großer Nachteil der DiGA ist die Speicherung sensibler Daten, die in den falschen Händen großen Schaden anrichten könnten, gerade dann, wenn unzureichende oder veraltete Sicherheitsmaßnahmen erhoben werden. Auch eine Überforderung durch eine große Anzahl von Funktionen und ein Überfluss an Informationen kann bei Patient*innen eine ablehnende Haltung hervorrufen. Für einige Patient*innen ist es sogar nicht möglich eine DiGA zu nutzen, weil schlichtweg die Gerätschäften und eine Internetzugang fehlt. Gerade bei psychischen Erkrankungen muss genau abgewogen werden wann eine DiGA zum Einsatz kommen kann, da sie für Krisenzeiten keine Eignung aufweist. Kosten bei reinen Präventionsmaßnahmen werden bisher nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen (Sprick, 2024, S. 33). Ein weiterer Nachteil ist die finanzielle Belastung der gesetzlichen Krankenkassen. Der Durchschnittspreis einer DiGA beläuft sich auf 628 Euro. Des Weiteren ist ein Problem das die Hersteller*innen im ersten Erstattungsjahr die Preise unabhängig vom nachgewiesenen Nutzen bestimmen können. Der Preis für die teuerste App liegt bei 2077,40 Euro (Die Techniker, 2024)

Leistungsinanspruchnahme von DiGA

374.377 DiGA wurden im Zeitraum September 2020 bis zum 30. September 2023 durch Versicherungsnehmer*innen in Anspruch genommen, die je nach Krankheitsbild eingesetzt wurden. Fast die Hälfte aller Freischaltungen beliefen sich im Bereich der psychischen Erkrankungen. Dabei wurde die DiGA überwiegend von Frauen in Anspruch genommen. Die Verwender*innen waren im Durchschnitt zwischen 30 und 50 Jahre alt. Die höchste Inanspruchnahme liegt im Alter vom 50 bis 60 Jahren. DiGA wurden überwiegend von Vertragsärzt*innen und Vertragspsychtherapeut*innen verordnet und vor allem in Städten (GKV- Spitzenverband, 2023).

Fazit

Obwohl die DiGA viele Vorteile für Patient*innen bereithält hat sie für mich nicht die Überzeugungskraft eines Mediums, dass bereits 3 Jahre in Anwendung ist. Zum einen ist sie ein sehr kostspieliges Instrument, zum anderen sehr von den Anwender*innen und den Menschen abhängig die sie verschreiben. Auch spielt es eine Rolle ob Menschen Zugang zu Geräten und Internet haben, sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, sind diese Menschen klar im Nachteil. Genau so stellt es sich in der Verteilung der Verschreibung von Stadt zu Land dar. Politisch sollte also auch die Zugänglichkeit solcher Medien betrachtet werden, und ob das Medium einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen bereithält. Nimmt man diese Erkenntnisse zusammen, ist die DIGA noch nicht in der Gesellschaft angekommen.

Literaturverzeichnis


Bundesministerium für Arzneimittel und Medizinprodukten (2024a).DiGA- Verzeichnis. In https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis, abgerufen am 20.10.2024.

Bundesministerium für Arzneimittel und Medizinprodukte (2024b). Für DiGA- Hersteller. Wie funktioniert das Fast- Track- Verfahren? Warum heißt das Verfahren „Fast- Track- Verfahren?“ In https://diga.bfarm.de/de/diga-hersteller,abgerufen am 20.10.2024.

Bundesministerium für Gesundheit (2024a). Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA), Was ist DiGA? In https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/krankenversicherung/online-ratgeber-krankenversicherung/arznei-heil-und-hilfsmittel/digitale-gesundheitsanwendungen, angerufen am 20.10.2024.

Bundesministerium für Gesundheit (2024b). Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA). Wie erhalte ich eine DiGA? Übertragung therapierelevanter Daten. In https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/krankenversicherung/online-ratgeber-krankenversicherung/arznei-heil-und-hilfsmittel/digitale-gesundheitsanwendungen, abgerufen am 20.10.2024.

Die forschenden Pharma- Unternehmen (2023). Wirtschaft und Politik. DiGA- Digitale Gesundheitsanwendungen und Apps auf Rezept. In https://www.vfa.de/de/wirtschaft-politik/abcgesundheitspolitik/diga-schnell-erklaert.html, abgerufen am 2023.

Die Techniker (2024). DiGA- Report II 2024. Bedenkliche Preisentwicklung bei Apps auf Rezept. In https://www.tk.de/presse/themen/digitale-gesundheit/digitaler-fortschritt/diga-report-2-2024-2125138, abgerufen am 22.10.2024.

GKV- Spitzenverband (2023). Bericht des GKV- Spitzenverbandes über die Inanspruchnahme und Entwicklung der Versorgung mit Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA- Bericht), gemäß § 33a Absatz 6 SGB V, Berichtszeitraum: 01.09.2020- 30.09.2023. In https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/telematik/digitales/2023_DiGA_Bericht_GKV-Spitzenverband.pdf, abgerufen am 22.10.2024.

Sprick, U. (2024). Digitale Gesundheitsanwendungen in der Psychiatrie und Psychotherapie. DNP- Die Neurologie & Psychiatrie, Ausgabe 25, S. 33. In https://doi.org/10.1007/s15202-024-6311-y, abgerufen am 20.10.2024.

Titelbildquelle

[Csaba Nagy, 2017], smartphone-2471543_1280.jpg unter CCO- Lizenz über https://pixabay.com/de/photos/smartphone-tablet-tastatur-2471543, abgerufen am 25.10.2024.

Nutzungsbedingungen unter https://pixabay.com/service/terms/, abgerufen am 25.10.2024.

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