Die Digitalisierung hat die Art und Weise, wie Menschen miteinander kommunizieren, grundlegend verändert. Während persönliche Gespräche früher zur Norm gezählt haben, bestimmen heutzutage Messenger-Dienste, soziale Netzwerke sowie E-Mails den Austausch. Diese Entwicklung weist im Hinblick auf zwischenmenschliche Beziehungen sowohl positive als auch negative Aspekte auf, die in diesem Beitrag näher beleuchtet werden. [1]
Veränderungen in der Kommunikationskultur
Die Digitalisierung hat in der Kommunikation zu einer Entgrenzung von Zeit und Raum geführt- Nachrichten können weltweit in Echtzeit versendet werden, was eine Überwindung von Distanzen zur Folge hat. Dadurch ist eine permanente Erreichbarkeit gewährleistet, die Gefahr einer sog. „Kommunikationsüberlastung“ bleibt jedoch bestehen. [2]
Einen zentralen Aspekt der digitalen Kommunikation stellt die Verschiebung von synchroner zu asynchroner Kommunikation dar. Das bedeutet, dass persönliche Gespräche wie Telefonate einen direkten Austausch ermöglichen, während digitale Nachrichten eine verzögerte Reaktion darstellen. Diese Gegebenheit bringt sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich- während asynchrone Kommunikation den Aspekt der Reflexion und wohlbedachten Antworten fördert, begünstigt sie auch gleichzeitig Missverständnisse. [3]
Soziale Nähe und Distanz
Eine Frage, die häufig in der Diskussion steht, ist die, ob digitale Kommunikation soziale Nähe stärkt oder schwächt. Aus zahlreichen Studien ging hervor, dass digitale Interaktionen einerseits soziale Bindungen stärken – insbesondere, wenn diese über große Distanzen hinweg bestehen – , andererseits besteht die Gefahr, dass digitale Medien persönliche Interaktionen ersetzen und dadurch soziale Isolation begünstigen. [4]
Der Verlust nonverbaler Signale stellt einen weiteren Nachteil der digitalen Kommunikation dar. Für die Interpretation von Emotionen sind die Mimik, die Gestik sowie der Tonfall unerlässlich, gehen in der schriftlichen Kommunikation jedoch größtenteils verloren. Mittels diverser Emojis und GIFs wird versucht, diese Diskrepanz zu schließen, die emotionale Tiefe eines direkten Gesprächs können sie dennoch nicht vollumfänglich ersetzen. [5]
Algorithmen und Filterblasen
Digitale Kommunikation basiert hauptsächlich auf Algorithmen, weshalb soziale Netzwerke wie z.B. Facebook, Instagram oder YouTube bevorzugte Inhalte anzeigen, die das Nutzerinteresse reflektieren. Vor diesem Hintergrund werden sog. „Filterblasen“ gebildet, die dazu führen, dass Menschen primär mit denjenigen Informationen konfrontiert werden, die ihre Ansichten bestätigen. Nicht selten ist dieses Phänomen der Auslöser dafür, dass sich gesellschaftliche Gruppen stärker voneinander abgrenzen und für andere Perspektiven nicht mehr offen zeigen, was erhebliche negative Auswirkungen auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt hat. [6]
Interpersonelle Beziehungen
Die Dynamik zwischenmenschlicher Beziehungen wird durch die permanente Verfügbarkeit verändert. So zeigten Untersuchungen, dass das exzessive Nutzen von Smartphones in sozialen Situationen von Mitmenschen als störend empfunden wird und die Gesprächsqualität negativ beeinflusst. [7]
Ein weiterer Aspekt, der interpersonelle Beziehungen negativ beeinflusst, ist das sog. „Phubbing“ (Phone + Snubbing), bei dem Menschen ihr Smartphone benutzen, während sie sich in einem persönlichen Gespräch befinden. Es ist empirisch belegt, dass „Phubbing“ häufig zu einem Gefühl der Zurückweisung sowie zu einer geringeren Beziehungsqualität führt. [8]
Chancen und Herausforderungen
Ungeachtet der Herausforderungen bietet die digitale Kommunikation auch Chancen. So erleichtert sie das Pflegen von Kontakten, fördert den interkulturellen Austausch und eröffnet die Möglichkeit, große soziale Netzwerke aufzubauen. Ein bewusster Umgang mit digitalen Kommunikationsmitteln ist essenziell, um die potenziellen Gefahren der sozialen Isolation, der Missverständnisse und Filterblasen vorzubeugen. Ein bedachter Einsatz von digitalen Medien kann dazu beitragen, die Vorteile der digitalen Kommunikation zu nutzen, ohne, dass die Qualität interpersoneller Beziehungen beeinträchtigt wird. Voraussetzung hierfür ist die digitale Kompetenz, d.h. die Fähigkeit, diverse Kommunikationsformen situationsgerecht einzusetzen. [9]
Fazit und Ausblick
Die digitale Kommunikation hat das Sozialverhalten der heutigen Gesellschaft drastisch verändert. Während sie neue Möglichkeiten aufzeigt, stellt sie gleichzeitig auch Herausforderungen dar. Während sie die soziale Nähe über große Distanzen hinweg fördert, birgt sie gleichzeitig das Risiko, persönliche Interaktionen zu verdrängen und Missverständnisse zu begünstigen. Daher ist ein bewusster Umgang mit digitalen Kommunikationsmitteln unabdingbar, denn nur so können die Vorteile sinnvoll genutzt und negative Auswirkungen minimiert werden. [10]
[1] Vgl. Baller, G. / Schaller, B. (2017), S. 219-238; Beißwenger, M. (2015), S. 3-16; Sesli, T. (2024).
[2] Vgl. Adamus, T. et al. (2022), S. 121-135; Antoni, C. H. / Ellwart, T. (2017), S. 305-315; Carr, N. (2010), S. 130-132.
[3] Vgl. Portakal, E. (2024); TechSmith (2025); Walther, J. B. (2011), S. 443-479.
[4] Vgl. Arnd-Caddigan, M. / Turkle, S. (2015), S. 247-248; Baym, N. K. (2011), S. 149-151; BPES (2024); Habscheid, S. (2024), S. 51; NSW (2025); Schmidt, J. H. / Taddicken, M. (2017), o.S; Soulatwork-Kongress (2025); Stiftung für Zukunftsfragen (2023); Uni Marburg (2024).
[5] Vgl. Bauer, A. (2024); Delhees, K. A. (1994), S. 11-47; Derks, D. et al. (2008), S. 766-785; Isenschmid, J. (2020), S. 173-186; Klotz, J. (2025); Lipp, J. (2020); Portleroi, K. (2023); Rojas, S. L. et al. (2012), S. 103-112; Spengler, R. (2020); Tarkowski, P. (2018).
[6] Vgl. LMZ (2018); Oertel, B. et al. (2023); Schmidt, J. H. et al. (2017).
[7] Vgl. Fritz, O. et al. (2019); Klotz, J. (2025); Przybylski, A. K. / Weinstein, N. (2012), S. 237-246; Soulatwork (2022); Uni Marburg (2025).
[8] Vgl. Al-Saggaf, Y. (2023), S. 51-62; Gürtler, C. (2024), S. 189-210; Neutsch, J. (2023); Roberts, J. A. / David, M. E. (2016), S. 134-141.
[9] Vgl. Ashraf, S. (2023); Digitales Institut (2023); Kassel, F. (2024); Plett, S. (2024); Rheingold, H. (2012).
[10] Vgl. ebd.
Literaturverzeichnis
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Titelbild von Dach, M. (2020). Verfügbar unter https://www.pexels.com/de-de/foto/iphone-smartphone-bildschirm-symbole-5956083/ , abgerufen am 26.03.2025.
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