Die Digitalisierung ist ein viel diskutiertes Thema. Die digitale Transformation verändert unsere Arbeitswelt grundlegend – auch Werkstätte für Menschen mit Behinderung (WfbM) sind von dieser Entwicklung betroffen und sollten diese Entwicklung beispielsweise als Teilhabemöglichkeit sehen und nutzen. Eine zentrale Fragestellung dabei ist, wie Menschen mit Behinderungen von den neuen Technologien an ihrem Arbeitsplatz profitieren können. Es werden Chancen aber auch Herausforderungen der Digitalisierung beleuchtet und konkrete Ansätze in der Umsetzung sowie Projekte zu KI dargestellt.
Potenziale der Digitalisierung
Die Digitalisierung in WfbM hat großes Potenzial, die Arbeitsbedingungen sowie Teilhabemöglichkeiten zu verbessern.
- Unterstützung im Arbeitsalltag und Produktivität: Digitale Assistenzsysteme helfen Menschen mit Behinderungen bei Arbeitsabläufen
- Förderung von Selbstbestimmung, Selbstständigkeit & Empowerment: Apps (z.B. Helpico und digitale Hilfsmittel erleichtern alltägliche Aufgaben und ermöglichen selbstständiges Arbeiten und Lernen
- Erschließung neuer Geschäftsfelder und Arbeitsplätze: Die Digitalisierung schafft neue Tätigkeitsbereiche (z.B. in der Digitalisierung von Dokumenten oder IT-Dienstleistungen)
- Optimierung von Arbeitsabläufen durch digitale Hilfsmittel (barrierefreie Technologien) -> Erhöhung der Teilhabechancen
- Flexibilität in Bezug auf Zeit und Ort (z.B. Homeoffice) -> bessere Vereinbarkeit der Work-Life-Balance
- Verbesserung der Kommunikation und Vernetzung (Digitale Tools fördern den Austausch)
- Steigerung der Effizienz: Digitale Dokumentation und Datenverwaltung erleichtern administrative Aufgaben und sparen Zeit
- Förderung der allgemeinen Gesundheit (durch Flexibilität, Autonomie, etc.)
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Insbesondere im Bereich der beruflichen Rehabilitation und Teilhabe eröffnet Digitalisierung bedeutende Möglichkeiten, diese Zielgruppe an Lern- und Arbeitsplätzen individuell zu unterstützen und die Inklusion im Berufsleben zu fördern. 2
1 Vgl. BGW (2021), S.23-28; BAG WfbM (2020), S.2-3; BMASGK (2019), S.66
2 Vgl. BAG WfbM (2020), S.2
Herausforderungen bei der Umsetzung
- Finanzierung: Oft mangelt es an einer stabilen und nachhaltigen Finanzierung für digitale Infrastrukturen
- Komplexität: -> fordert die Anpassung der Arbeitsprozesse
- Personalaufwand: Erhöhter Personalaufwand durch mehr Begleitung
- Qualifizierung: Es ist notwendig, die digitalen Kompetenzen sowohl des Personals als auch von Menschen mit Behinderungen zu fördern
- Datenschutz: Der Umgang mit sensiblen Daten muss sorgfältig geregelt und überwacht werden
- Die Gefahr der Gesundheit (z.B. Mehrarbeit durch Homeoffice, Leistungsdruck)
- Mögliche Exklusion: von denjenigen, welchen Technologien nur eingeschränkt oder gar nicht nutzen
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Die BAG WfbM sieht jedoch großes Potenzial in den neuen Technologien und fordert die Werkstätten auf, dieses Potenzial aktiv zu nutzen und in ihre tägliche Arbeit zu integrieren. Sie setzt sich für einen „digitalen Aufbruch“ ein, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern. Ihr Ziel ist es, die Bedingungen für berufliche Bildung und lebenslanges Lernen zu verbessern und die digitalen Arbeitsprozesse an die Bedürfnisse der Menschen mit Behinderungen anzupassen. 4
3 Vgl. BGW (2021), S.28-30; BMASGK (2019), S.67; BAG WfbM (2023), S.1-2
4 Vgl. BAG WfbM (2023), S.1-2
Abbildung 1: Soziale Integration des Arbeitsteams.
(Quelle: www.freepik.com)
Ansätze für eine digitale Transformation
- Digitale Assistenzsysteme: Der Einsatz von Assistenzrobotern und Werkerassistenzsystemen, wie beispielsweise pick-by-light, ermöglicht eine effiziente Unterstützung bei der Arbeit. Zudem können KI-gestützte Assistenztechnologien (z.B. Ava App, Seeing AI App, Open Sesame App und Helpicto) den Beschäftigten helfen, ihre Aufgaben besser zu bewältigen und den Arbeitsalltag zu erleichtern
- Digitale Bildungsangebote: Die Entwicklung und Implementierung digitaler Lernplattformen für Qualifizierungsmaßnahmen, beispielsweise unter Verwendung des Assistenzsystems diBAss, eröffnet neue Möglichkeiten für die berufliche Weiterbildung. Der Einsatz von Tablets mit digitalen Arbeitsanleitungen (e-Learning) erleichtert das Erlernen und Wiederholen von Tätigkeiten und fördert die Selbstständigkeit der Beschäftigten
- Digitale Infrastruktur: Der Ausbau der digitalen Ausstattung in den Werkstätten ist entscheidend für eine erfolgreiche digitale Transformation. Die Bereitstellung von WLAN, 5G und modernen Endgeräten stellt sicher, dass die Beschäftigten Zugang zu den notwendigen Technologien haben, um effektiv arbeiten und lernen zu können
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5 Vgl. syndeum GmbH (2024); Projekt KI.ASSIST (2024); Projekt KI.ASSIST (2024a); Gerhard (2024); BGW (2021), S.19-21
Projekte zu KI
Das Projekt „KI-Kompass Inklusiv“ (2023-2024) und sein Vorgängerprojekt „KI.ASSIST“ (2019-2022) sind zwei bedeutende Initiativen, die sich auf den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Unterstützung und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in der Arbeitswelt konzentrieren. KI.ASSIST untersuchte in Deutschland erstmals wissenschaftlich und praxisorientiert die Potenziale KI-gestützter Assistenztechnologien für die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Die Erkenntnisse aus diesem Projekt bilden die Grundlage für KI-Kompass Inklusiv. Das Ziel des Projekts KI-Kompass Inklusiv ist der Aufbau eines Kompetenzzentrums für KI-gestützte Assistenztechnologien und Inklusion im Arbeitsleben und besteht aus drei Hauptsäulen:
a) Monitoring: Aufbau einer Datenbank zu KI-gestützten Assistenztechnologien
b) Beratung & Kompetenzen: Entwicklung von Informations-, Beratungs- und Schulungsangeboten
c) Praxislabore: Erprobung und Entwicklung nachhaltiger KI-gestützter Lösungen für inklusive Arbeits- und Lernprozesse
KI-Kompass Inklusiv legt großen Wert auf Barrierefreiheit und ethische Grundsätze. Menschen mit Behinderungen werden aktiv in alle Projektbereiche einbezogen. Beide Projekte zeigen das wachsende Bewusstsein für die Potenziale von KI in der Inklusion und streben danach, konkrete Lösungen für die Verbesserung der Arbeitssituation von Menschen mit Behinderungen zu entwickeln und umzusetzen. Sie stellen zudem das zunehmende Bewusstsein für die Chancen der Künstlichen Intelligenz (KI) in der Inklusion dar. 6
6 Vgl. DFKI (2023); Projekt KI.ASSIST (2024a); Projekt KI.ASSIST (2024b), Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (2024)
Fazit
Die Digitalisierung stellt Werkstätte für behinderte Menschen vor große Herausforderungen, bietet jedoch auch enorme Chancen für verbesserte Teilhabe und neue Tätigkeitsfelder. Entscheidend sind eine strategische Herangehensweise, ausreichende Ressourcen und die Qualifizierung aller Beteiligten. Mit dem richtigen Ansatz kann die Digitalisierung einen wichtigen Beitrag zur Inklusion und Förderung von Menschen mit Behinderung in der Arbeitswelt leisten.
Nachweise
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: designed by freepik, Soziale Integration des Arbeitsteams, www.freepik.com, abgerufen am 28.10.24 unter: https://de.freepik.com/fotos-kostenlos/soziale-integration-des-arbeitsteams_24481641.htm#fromView=search&page=1&position=2&uuid=e2c2f67b-fcee-4b7e-b0f4-de1dd977aca7
Titelbildquelle: designed by freepik, von vectorjuice, Behinderter Mann im Rollstuhl. Rehabilitation verletzter Charaktere. Assistive Technologie, Geräte für behinderte Menschen, übernommenes Technologiekonzept, www.freepik.com, abgerufen am 28.10.24 unter: https://de.freepik.com/vektoren-kostenlos/behinderter-mann-im-rollstuhl-rehabilitation-verletzter-charaktere-assistive-technologie-geraete-fuer-behinderte-menschen-uebernommenes-technologiekonzept_10782543.htm#fromView=search&page=1&position=10&uuid=e2c2f67b-fcee-4b7e-b0f4-de1dd977aca7
Literaturverzeichnis
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BAG WfbM (2023), Politik. BAG WfbM fordert einen digitalen Aufbruch für Werkstätten, in: https://www.bagwfbm.de/article/6506, abgerufen am 28.10.24.
BGW (2021), Digitale Technologien sind unterschiedlich stark verbreitet. Digitalisierung in der Behindertenhilfe – Trendbericht 2021, in: https://www.bgw-online.de/resource/blob/50194/7ccb4951ade35e203639363f64a1e1b3/bgw55-83-141-trendbericht-behindertenhilfe-digitale-technologien-data.pdf, abgerufen am 28.10.24
BMASGK (2019), Auswirkungen der Digitalisierung auf die Inklusion von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt. Abschlussbericht, in: https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:96b2824f-09bd-42b2-bfa0-816d1e8fb5ef/Abschlussbericht%20Auswirkungen%20der%20Digitalisierung%20auf%20die%20Inklusion%20von%20Menschen%20mit%20Behinderung%20in%20den%20Arbeitsmarkt.pdf, abgerufen am 28.10.24.
Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (2024), Das Projekt KI-Kompass Inklusiv, in: https://ki-kompass-inklusiv.de/ueber-ki-kompass-inklusiv/, abgerufen am 28.10.24.
DFKI (2023), KI-Kompass Inklusiv: Kompetenzzentrum zu Künstlicher Intelligenz und Inklusion in der Arbeitswelt gestartet, in: https://www.dfki.de/web/news/ki-kompass-inklusiv-kompetenzzentrum-zu-kuenstlicher-intelligenz-und-inklusion-in-der-arbeitswelt-gestartet, abgerufen am 28.10.24.
Gerhard, J. (2024), E-Learning mit Lernmanagementsystemen in der WfbM, gpe. Campus, in: https://www.campus-gpe.de/blog/e-learning-mit-lernmanagementsystemen-in-der-wfbm, abgerufen am 28.10.24.
Projekt KI.ASSIST (2024a), Das KI-Technologieradar, in: https://www.ki-assist.de/wissen/kuenstliche-intelligenz/das-ki-technologieradar, abgerufen am 28.10.24.
Projekt KI.ASSIST (2024b), KI-gestützte Assistenztechnologien, in: https://www.ki-assist.de/wissen/kuenstliche-intelligenz/ki-gestuetzte-assistenztechnologien, abgerufen am 28.10.24.
syndeum GmbH (2024), Beispielprojekte. Aufbau des Netzwerks für digitale Assistenzsysteme am Arbeitsplatz, in: https://www.syndeum.de/beispielprojekte, abgerufen am 28.10.24.