Zufriedene Mitarbeiter kommen gerne zur Arbeit, verbreiten ein angenehmes Arbeitsklima und sind erwiesenermaßen produktiver als unzufriedene Mitarbeiter (Ekker, 2015, S.10). Nicht außer Acht zu lassen ist insbesondere für Arbeitgeber, dass zufriedene Mitarbeiter eine stärkere Bindung zum Arbeitsplatz besitzen, weswegen Stellen weniger häufig neu besetzt werden müssen. Von außen betrachtet entstehen folglich weniger Kosten bei höherer Produktivität und all das mit zufriedenen Mitarbeitern. Eine Win-Win-Situation für Arbeitgeber und -nehmer also, die paradoxerweise dennoch noch nicht eindeutig Einzug in die Realität deutscher Unternehmen gefunden hat. Nach einer Befragung zur Zufriedenheit mit der eigenen Arbeit findet sich der höchste Anteil an zufriedenen Mitarbeitern bei der Altersgruppe ab 61 Jahren mit 68%, während bei der Altersgruppe von 31-40 Jahren lediglich 50% der Mitarbeiter angaben, zufrieden mit ihrer Arbeit zu sein (Statista Research Department, 2015). Wirft man einen Blick in die Vergangenheit, so stellt man fest, dass sich seit der Industrialisierung, in der Menschen bis zu sechzehn Stunden ihres Tages mit Arbeit verbrachten ohne auch nur die Worte „Unfallschutz“ und „soziale Leistungen“ zu kennen (Luczak, 1998, S.4), einiges in Bezug auf die Behandlung der Arbeiter getan hat. Im Gegenteil Human-Relations-Ansätze messen den arbeitenden Menschen als Ressource eine größere Bedeutung für die Produktivität zu (Bergmann & Garrecht, 2016, S.138) und finden in der Welt der Wirtschaft zunehmend Anklang. Auch ein gesellschaftlicher Wertewechsel mit einer zunehmenden Bedeutung des Individuums sorgt dafür, dass das Individuum für sich und die Gesellschaft zum zentralen Punkt der Betrachtung wird (Junge, 2002, S.7-8). Die Perspektive wechselt sich somit vermehrt von: „Warum sollten wir Sie einstellen?“ hin zu „Warum sollte ich für Sie arbeiten?“. Für Arbeitgeber bieten sich damit Chancen, die es zu ergreifen und Herausforderungen, die es zu überwinden gilt, um in Zukunft Arbeitsumfelder zu schaffen, die ihre Mitarbeiter zufriedenstellen.
Als erstes gilt es dafür zu identifizieren, was unter dem Arbeitsumfeld konkret zu verstehen ist und welche Faktoren diesbezüglich differenziert werden können. Dafür eignet sich die folgende Unterteilung in (Cropley & Cropley, 2018, S.99-100):
- physikalische Faktoren (institutionelle Strukturen, Büroräume, Fertigungshallen usw.),
- immaterielle Faktoren (Traditionen, Philosophie, Gewohnheiten usw.),
- Menschen (Kollegen, Mitarbeiter, Führungskräfte usw.) und
- psychologische Faktoren (Beziehungen, soziale Hierarchien, Rollen usw.)
Ersichtlich wird daraus bereits, dass ein Arbeitsumfeld ein komplexes Konstrukt ist, in welchem verschiedene Faktoren sich auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter auswirken. Mit diesem Wissen schließt sich der nächste Schritt an, der darin besteht festzulegen, was unter Mitarbeiterzufriedenheit verstanden werden kann. Zufriedenheit wird hier definiert als ein Zustand, in dem die Bedürfnisse eines Individuums vollständig befriedigt sind. Daraus lässt sich folgern, dass Zufriedenheit der Mitarbeiter dann als gegeben angesehen werden kann, wenn die Bedürfnisse dieser erkannt und durch das Arbeitsumfeld befriedigt werden. Ein bekanntes Modell, um die Bedürfnisse von Menschen zu ordnen und vereinfachend darzustellen, ist die Bedürfnishierarchie von Abraham Maslow (Kennedy, 1998, S.144; Hellmann & Hollmann, 2017, S.39-40). Dabei existieren nach diesem Modell sogenannte defizitäre Bedürfnisse in Form von Existenzbedürfnissen, Sicherheitsbedürfnissen, sozialen Bedürfnissen und Individualbedürfnissen, die ausgeglichen werden müssen und im Gegensatz dazu ein Wachstumsbedürfnis bei der Selbstverwirklichung, welches nicht ausgeglichen werden muss (Hellmann & Hollmann, 2017, S.39-40).
Auf Basis dieser Bedürfnishierarchie können nun Handlungsempfehlungen für die Verbesserung der Arbeitsplätze abgeleitet werden.
Existenzielle Bedürfnisse (Hunger, Durst und Schlaf):
Um die Bedürfnisse nach Hunger und Durst stillen zu können, sollten Möglichkeiten am Arbeitsplatz geschaffen werden, die eine solche Versorgung ermöglichen. Konkret heißt das für Arbeitgeber also beispielsweise eine Kantine zu eröffnen, den Pausenraum um eine Kaffeemaschine zu erweitern oder Lebensmittel zur Verfügung zu stellen, die Mitarbeitern frei zum Verzehr zur Verfügung stehen. Auch das Bedürfnis nach Schlaf kann indirekt befriedigt werden. Zwar sind Mitarbeiter selbst dafür verantwortlich ausreichend zu schlafen, jedoch können Gleitzeiten eingeführt werden, um Mitarbeitern mehr Flexibilität bei der Planung ihres Schlafs einzuräumen und gleichzeitig Stress zu reduzieren (Personalreferent.biz, 2020).
Sicherheitsbedürfnis (Sicherheit des Arbeitsplatzes):
Sicherheit des Arbeitsplatzes kann dabei unter anderem dadurch gewährleistet werden, dass Mitarbeiter unbefristet beschäftigt werden. Ebenso trägt ein sicherer Arbeitsplatz dazu bei, dass die Beschäftigten langfristiger Planen, sich stärker engagieren und mehr Energie auf ihre Arbeit richten (Becker, 2019, S.72). Neben dem Beschäftigungsverhältnis, sollte zusätzlich darauf geachtet werden, dass durch Unfallschutz und entsprechende Sicherheitsmaßnahmen auch der physische Schutz der Mitarbeiter am Arbeitsplatz gegeben ist.
Soziale Bedürfnisse (Kommunikation und Austausch):
Die sozialen Bedürfnisse lassen sich im Arbeitsumfeld beispielsweise dadurch erfüllen, dass Grundregeln aufgestellt werden, die beinhalten, dass Wertschätzung und Toleranz der Kollegen eine Voraussetzung für den Austausch darstellen und gleichermaßen Mobbing und Ausgrenzungen jeglicher Art unerwünscht sind. Weiterhin können Veranstaltungen außerhalb des Arbeitsplatzes angeboten werden wie beispielsweise Kegeln, Mini-Golf oder Weihnachtsfeiern, um den Zusammenhalt zu stärken.
Individualbedürfnisse (Anerkennung und Prestige):
Die Anerkennung von Leistungen beziehungsweise die Wertschätzung der Tätigkeit der Mitarbeiter, kann durch Mitarbeitergespräche direkt passieren, durch Feedbackbögen oder auch in einem Meeting vor anderen Kollegen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang lediglich, dass die Mitarbeiter wissen, dass sie gebraucht und ihre Arbeit geschätzt wird.
Selbstverwirklichung (Wachstum der eigenen Person):
Die Persönlichkeitsentfaltung oder auch das Wachstum der Person ist ein Prozess, der zu großen Teilen bereits während der Arbeit und beim Arbeiten an Aufgaben passiert. Dennoch können Führungskräfte auch in diesem Bereich fördern, indem sie ihren Mitarbeitern Trainings oder Coachings anbieten und Aufgaben so vergeben, dass Mitarbeiter sich stetig weiterentwickeln können und mehr Verantwortung tragen (Becker, 2019, S.69). Es lässt sich zusammenfassend formulieren, dass die Kenntnis über die grundlegenden Bedürfnisse der Mitarbeiter verschiedenste Möglichkeiten für Unternehmensinnovationen eröffnet und eine Erfüllung dieser Bedürfnisse im Gegenzug mit höherer Produktivität belohnt wird.
Literatur
Becker, F. (2019). Mitarbeiter wirksam motivieren. Mitarbeitermotivation mit der Macht der Psychologie. Springer, Berlin, Heidelberg.
Bergmann, R. & Garrecht, M. (2016). Organisation und Projektmanagement, Springer Gabler, Berlin, Heidelberg, 2.Auflage.
Cropley, D. H. & Cropley, A. J. (2018). Die Psychologie der organisationalen Innovation. Eine Einführung für Führungskräfte. Springer, Wiesbaden.
Ekker, R. (2015). Steigerung der Mitarbeiterproduktivität: Die Wirkungskette zwischen der Mitarbeiterzufriedenheit und der Produktivität von Produktionsmitarbeitern. Diplomica Verlag
Hellmann, G. & Hollmann, J. (2017). Führungskompetenz in der öffentlichen Verwaltung. Motivation, Teamleitung und Bürgerbeteiligung. Springer Gabler, Wiesbaden.
Nussbaumer, H. (2018). Ernährungsempfehlungen bei Typ-2-Diabetes: Für Diabetesberatung und -schulung. Springer-Verlag.
Kennedy, C. (1998). Management Gurus. 40 Vordenker und ihre Ideen. Gabler Verlag, Wiesbaden
Luczak, H. (1998). Arbeitswissenschaft. Springer, Berlin, Heidelberg, 2. Auflage.
Internetquellen
Personalreferent.biz (2020). Arbeitszeitmodelle die Vor- und Nachteile. Verfügbar unter: https://www.personalreferent.biz/insiderwissen/vor-und-nachteile-verschiedener-arbeitszeitmodelle Zuletzt aufgerufen am: 21.01.2021
Statista Research Department (2015). Anteil Erwerbstätiger, die mit ihrer Arbeit zufrieden sind nach Altersgruppen. Verfügbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/516577/umfrage/zufriedenheit-mit-der-arbeit-in-deutschland-nach-alter/ Zuletzt aufgerufen am: 19.01.2021
Bildquelle des Titelbilds:
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