By Published On: 1. April 2025Categories: Wirtschaft

Laut einem Beitrag, der auf welt.de erschienen ist, sollten einige Fans der Rockband Green Day bis zu 500 Dollar für ein Ticket auf der Plattform Ticketmaster zahlen, wohingegen andere nur 200 Dollar für das Ticket ausgaben. Das führte zu erheblichem Ärger bei den Fans. Aufgrund von diesem aber auch vielen anderen Fällen, wird nun das Dynamic Pricing stärker von Politik und Verbraucherschützern beobachtet, sogar die EU-Kommission will diese Praxis prüfen.[1] Doch was wird eigentlich genau unter dem Begriff Dynamic Pricing verstanden und warum setzen es Unternehmen in der Praxis ein? Wie genau kommt es durch diese Preisstrategie zu negativer Stimmung auf Seiten der Kundschaft und wie kann es Anbietern im Onlinehandel gelingen, Dynamic Pricing einzusetzen, ohne dabei die Kundinnen und Kunden zu verstimmen? All das wird in diesem Blog aufgezeigt.  

Begriffserklärung Dynamic Pricing und was es den Unternehmen bringt

Der Begriff Dynamic Pricing (auch: Dynamische Preissetzung[2] oder Dynamisches Pricing[3]) wird in der Literatur inhomogen verwendet.[4] In diesem Blog wird der Definition von Klein/ Steinhardt gefolgt, wonach darunter das geplante Vorgehen eines Unternehmens verstanden wird, seine Preise innerhalb des Verkaufsprozesses dynamisch zu ändern, um auf Nachfrageveränderungen oder die Konkurrenzsituation zu reagieren und den Gewinn zu maximieren.[5]

Das Ziel bzw. der Vorteil für Unternehmen steckt bereits in der Definition. Es soll dadurch eine monetäre Zielgröße wie der Gewinn maximiert werden. In Phasen unelastischer Nachfrage werden die Preise erhöht, in Phasen elastischer Nachfrage gesenkt, um die maximale Zahlungsbereitschaft abzuschöpfen.[6] Diese Preisanpassungen erfolgen oft automatisch durch Algorithmen, die neben Angebot und Nachfrage auch den Wettbewerb und externe Faktoren wie das Wetter miteinkalkulieren.[7] Die Digitalisierung fördert das Dynamic Pricing und gerade im Onlinehandel wird diese Strategie immer mehr verwendet. Amazon beispielsweise ändert seine Preise an einem einzigen Tag mehr als 2,5 Mio. Mal.[8]

Gefahren für Onlinehändler und wie diesen begegnet werden kann

Beim Dynamic Pricing besteht die Gefahr, dass Kundinnen und Kunden aufgrund von starken Preisschwankungen verunsichert und irritiert werden und es zu negativen Effekten des Preisimages des Unternehmens kommt. In diesem Zusammenhang spielen auch Gefühle wie Preisfairness und Täuschung eine Rolle, weshalb es Unternehmen nicht übertreiben und die Preisstrategien ethisch und fair seien sollten, um das Vertrauen der Kundschaft nicht zu verlieren.[9]Für Kundinnen und Kunden ist das Dynamic Pricing sowohl Chance als auch Risiko zugleich. Zum einen bietet es die Möglichkeit, einen günstigeren Preis zu erzielen. Zum anderen entsteht dadurch die Herausforderung, den geeigneten Kaufzeitpunkt zu wählen, was die Komplexität erhöht. Im Onlinehandel kommt außerdem eine große Produktvielfalt zwischen mehreren Anbietern und innerhalb eines Anbieters hinzu. Diese Angebots- und Informationsvielfalt kann auf Seiten der Kundinnen und Kunden zu einer Überforderung führen und es kann somit zum sogenannten Choice Overload-Effekt kommen.[10]

Dynamic Pricing und Choice Overload in ihrem Spannungsfeld haben einen erheblichen Einfluss auf die Komplexitätswahrnehmung der Kundinnen und Kunden. Ist sowohl die Preis- als auch die Produktkomplexität hoch, kann es zu einer Überlastung und folglich zum Kaufabbruch, Aufschub der Kaufentscheidung, negativer Wahrnehmung der Preise und/oder auch Kundenunzufriedenheit kommen.[11] Wenn allerdings beide Dimensionen niedrig sind, schöpft der Anbieter das Ertragspotential nicht voll aus. Der optimale mittlere Bereich ist da, wo jeweils eine der beiden Dimensionen gering und die andere hoch ausgeprägt ist. Hier ist die Komplexität für die Kundinnen und Kunden akzeptabel, es kommt zu keiner Überlastung und doch kann der Ertrag abgeschöpft werden. Diese Szenarien veranschaulicht Abbildung 1.[12]

Abbildung 1: Einfluss von Dynamic Pricing in Wechselwirkung mit Choice Overload auf die Komplexitätswahrnehmung der Kundinnen und Kunden (Quelle: Pohl/ Musial, 2025, S.206)

Empfehlungen zur Vermeidung negativer Effekte

Für die Unternehmen können folgenden Handlungsempfehlungen ausgesprochen werden:[13]

  1. Die Ermittlung der Preise sollte im Hinblick auf ökonomische Erfolgsgrößen aber auch immer im Einklang mit den psychologischen Zielen erfolgen. Die Preisfestlegung sollte mit Blick auf die Kostenstruktur und den Wettbewerb sowie auf die Zahlungsbereitschaft der Kundinnen und Kunden und deren Preiselastizität erfolgen, ohne dabei diese durch zu hohe Komplexität zu überlasten. 
  2. Damit das gelingt, empfiehlt es sich die Preisstrategie auf seine Komplexität hin zu messen. Dafür können z.B. Umfragen zur Preis- und Kundenzufriedenheit, Kaufabbruchsanalysen und Tests zur Nutzerfreundlichkeit der Darstellung des Preises eingesetzt werden. 
  3. Ebenso empfiehlt es sich, die Produktstrategie auf ihre Komplexität hin zu prüfen. Dafür lassen sich unter anderem Kundenfeedbacks, Kundenzufriedenheitsumfragen und Tests zur Nutzerfreundlichkeit des Produktvergleichs auf der Homepage einsetzen. 
  4. Wird auf Seiten der Kundinnen und Kunden durch die Messungen eine zu hohe Komplexitätswahrnehmung festgestellt, sollten komplexitätsreduzierende Maßnahmen ergriffen werden:  Die Produktkomplexität lässt sich minimieren, indem das Angebotsportfolio reduziert wird und/oder Filteroptionen bereitgestellt werden. Die Preiskomplexität lässt sich reduzieren, indem die Preisstrukturen vereinfacht oder sogar Festpreise eingeplant werden. 

Fazit 

Durch die Preisstrategie des Dynamic Pricings können Unternehmen, v. a. Onlinehändler, ihre Gewinne maximieren. Allerdings muss dabei beachtet werden, dass eine zu hohe Preiskomplexität durch Dynamic Pricing in Wechselwirkung mit einer zu hohen Produktkomplexität auch negative Folgen auf Seiten der Kundinnen und Kunden haben kann, wie das Gefühl von Unfairness. Es kann bis zu einer Überlastung der Kundschaft kommen, woraus negative ökonomische Konsequenzen wie Kaufverschiebungen und -abbrüche resultieren. Um das zu verhindern, empfiehlt es sich, die Produkt- und Preiskomplexität regelmäßig zu messen und wenn eine Dimension zu hoch ist, komplexitätsreduzierende Maßnahmen einzusetzen, so dass sich die Komplexität auf einem akzeptablen Niveau befindet (Feld 1 oder 4 in Abbildung 1). Durch diese Balance kann sichergestellt werden, dass das Dynamic Pricing ertragsoptimierend eingesetzt wird, ohne dabei die Kundinnen und Kunden zu verstimmen.


Fußnoten

[1] Vgl. Meyer (2024)

[2] Vgl. Meffert et al. (2024), S. 502

[3] Vgl. Clausen et al. (2018)

[4] Vgl. Priester (2022), S.13

[5] Vgl. Klein/ Steinhardt (2008), S.176 

[6] Vgl. Pohl/ Musial (2025), S.203

[7] Vgl. Clausen et al. (2018)

[8] Vgl. Simon et al. (2025), S.273 und Pohl/ Musial (2025), S.203 

[9] Vgl. Simon et al (2025), S.428, 584 und 706

[10] Vgl. Pohl/ Musial (2025), S.202

[11] Vgl. Pohl/ Musial (2025), S.209

[12] Vgl. Pohl/ Musial (2025), S.206-207

[13] Vgl. Pohl/ Musial (2025), S.208-209


Literaturverzeichnis

Clausen, G./ Simon, H./ Tacke, G. (2018), Gabler Wirtschaftslexikon. Dynamisches Pricing, https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/dynamisches-pricing-53646/version-276718, abgerufen am 11.03.2025.

Klein, R./ Steinhardt, C. (2008), Revenue Management. Grundlagen und mathematische Methoden, Berlin. 

Meffert, H./ Burmann, C./ Kirchgeorg, M./ Eisenbeiß, M. (2024), Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung. Konzepte – Instrumente – Praxisbeispiele, 14. Aufl., Wiesbaden.

Meyer, L. (2024), Fluch oder Segen? Was das Ende des Preisschilds für Verbraucher bedeutet, https://www.welt.de/wirtschaft/plus253582210/Madame-Tussauds-Legoland-Ticketmaster-Das-Ende-der-festen-Preise-Verbraucherschuetzer-warnen.html?notify=success_subscription&offerId=O_RGZ5B2KK3SQYSSH7R5, abgerufen am 11.03.2025.

Pohl, A./ Musial, J. (2025), Dynamic Pricing und Choice Overload im Onlinehandel. In: Berentzen, J. B./ Hoog, P. (Hrsg.) Modernes Handelsmanagement. Wissenschaftliche Erkenntnisse und Ansätze aus der Unternehmenspraxis für die Zukunft des Handels, Wiesbaden, S.201-211.

Priester, A. (2022), Dynamic Pricing aus Konsumentensicht, Theoretische Analyse und Empirische Untersuchung von Einflussfaktoren, Wiesbaden. 

Simon, H./ Fassnacht, M./ Schmitz, A.-K. (2025), Preismanagement. Strategie – Analyse – Entscheidung – Umsetzung, 5. Aufl., Wiesbaden. 


Bildquelle Titelbild

Pexels, von Photo By: Kaboompics.com, Link zum Lizenztext: https://www.pexels.com/de-DE/lizenz/, Link zur Fundstelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/laptop-geld-banknoten-kasse-5706010/

Teile diesen Artikel