By Published On: 24. April 2023Categories: Psychologie

Jeffrey Dahmer und weitere Serienmörder quälten bereits Tiere in ihrer Kindheit, was in
ihren Fällen eine unheimliche Art von Vorsehung mit sich brachte (Wright & Hensley,
2003, S. 78-79). Tierquälerei ist ein Faktor der Macdonalds Triade, welche spätere Gewalttaten vorhersagen soll. Doch können anhand von solchen Verhaltensweisen wirklich
mögliche Mörder frühzeitig entdeckt werden? Und steckt noch etwas anderes hinter der
Triade? In diesem Beitrag wird der Macdonalds Triade auf den Grund gegangen

Frühanzeichen des Bösen

In dem Artikel „A Threat to Kill“ beobachtete John Macdonald, dass von 100 Patienten
einer Psychiatrie, welche gedroht haben zu morden, gerade die sadistischsten und
aggressivsten Patienten drei Verhaltensweisen gemeinsam hatten. Diese sind Bettnässen nach dem Alter von 5 Jahren, Tierquälerei und Brandstiftung im Kindesalter. Wenn
sich diese Indikatoren bei einem Kind zeigen, könnte dies darauf hinweisen, dass das
Kind Gefahr nimmt ein gewalttätiger Erwachsener zu werden (Macdonald, 1963, S. 125-
130). Obwohl diese Theorie in den letzten Jahrzenten oft wissenschaftlich in Frage gestellt wurde, bleibt sie immer noch vor allem in der Gesellschaft anerkannt (Irvine, 2008,
S. 268).

Was spricht für die Nützlichkeit der Macdonald Triade?

Betrachten wir nun die einzelnen Faktoren und ihre wissenschaftlichen Belege. Oft
wurde die Triade vor allem im Zusammenhang mit Serienmördern erforscht. In einer
Studie dazu, ob Brandstiftung ein Prädiktor dafür sein kann, ein Serienmörder zu werden, kam heraus, dass alle drei der untersuchten Serienmörder Brandstifter waren. Um
mit der Abweisung der Eltern umzugehen, übten sie ihre Frustration durch Brandstiftung
aus, um sich mächtiger zu fühlen (Singer & Hensley, 2004, S. 473). Weitere Studien zu
Serienmördern fanden heraus, dass 50% der untersuchten Serienmörder Bettnässer
waren (Mckenzie, 1995 S. 6).
In einer Studie über den Zusammenhang zwischen der Macdonalds Triade und Serienmördern zeigte sich, dass ein beträchtlicher Prozentsatz der Mörder die Faktoren der
Triade in Ihrer Kindheit aufwies:

Aufkommen der Macdonald Triade bei Serienmördern (Zuniga, 2021, S. 31)

Ebenso gibt es auch viel Forschung, welche den Zusammenhang von Tierquälerei und menschengerichtete Gewalt zeigen. Es zeigte sich, dass Kinder, welche Tiere quälen ein höheres Risiko haben, gewalttätige Erwachsene zu werden, und das Erwachsene, welche Tiere quälen auch eher zu häuslicher Gewalt und Kindermissbrauch neigen. Jedoch sollte hier auch bedacht werden, dass nicht alle Studien repräsentativ waren, da sie sehr kleine Stichproben mit wenig Kontrolle auswiesen (Peterson & Farrington, 2007, S. 38).

Was spricht dagegen?

Abgesehen von der oft fehlenden Repräsentativität der Befunde wird auch kritisiert, dass die kindlichen Frühanzeichen von gewalttätigen Erwachsenen, wie Mördern, zu wenig adäquat untersucht werden (Wright & Hensley, 2003, S. 86). Zudem gibt es auch mehrere Belege, welche den Befunden entgegensprechen: Laut einer Studie von 570 Erwachsenen über Delinquenz und Tierquälerei gab es keine signifikanten Korrelationen zwischen Tierquälerei und menschengerichteter Gewalt. Es konnte nur festgestellt werden, dass Tierquälerei mit weiteren antisozialen Verhaltensweisen im Teenageralter wie Mobbing und Kämpfen zusammenhängt (Irvine, 2008, S. 268).  Ebenso fand auch Heller, Ehrlich und Lester (1984) keinen signifikanten Unterschied in dem Vorkommen der Triade als Ganze zwischen gewalttätigen und nicht gewalttätigen Verbrechen (S. 151-152). Nur Tierquälerei wurde häufiger bei den gewalttätigen Verbrechen aufgefunden. Dies zeigt, dass die Prädiktoren als Triade möglicherweise weniger nützlich sind als die einzelnen Prädiktoren für sich.

Der Ursprung der drei Verhaltensweisen

Obwohl sich wie nun dargestellt darüber streiten lässt, ob die Triade nun hilfreich ist oder nicht gibt es einen weiteren wichtigen Zusammenhang zwischen den einzelnen Faktoren der Triade: Sie entstehen oft aus einem dysfunktionalen Zuhause des Kindes. Wie schon oben bei dem Grund für die Brandstiftung erwähnt, sind diese Verhaltensweisen wie auch Bettnässen und Tierquälerei oft ein Ventil, um mit der schwierigen familiären Situation umzugehen (Parfitt & Alleyne, 2020, S.207). Es zeigte sich, dass physische, sexuelle und psychische Misshandlung die Wahrscheinlichkeit des Auftretens der Macdonald Triade erhöhen (Zuniga, 2021, S. 3). Außerdem wurde belegt, dass das Erleben von Gewalttaten im Kindesalter einen starken Einfluss auf die Gewalteinstellungen und das tatsächliche Gewalthandeln von Jugendlichen hat (Pfeiffer, Wetzels & Enzmann, 1999, S. 39). Eine Studie an 280 Serienmördern zeigte, dass Brandstiftung oft auf psychische Misshandlung der Eltern hinweist und Bettnässen ein Indikator für physische Gewalt ist. Auch die Ausübung von Tierquälerei kann darauf hinweisen, dass ein Kind physische und/oder psychische Gewalt erfährt (Leary, Southand, Hill & Achman, 2017, S. 627).

Fazit

Die hier aufgezeigten Ergebnisse diverser Studien zeigen, dass die Macdonalds Triade im Einzelnen zwar mögliche Prädiktoren für spätere Gewalttaten sein können, es jedoch nicht genug repräsentative Belege für ihre Wirksamkeit gibt und sich die Meinungen sehr spalten. Letztendlich lässt sich sagen, dass diese Indikatoren möglicherweise nicht direkt spätere Gewalttaten vorhersagen können, sie aber als Warnsignal gelten könnten, um dem Kind professionelle Hilfe zu ermöglichen (Parfitt & Alleyne, 2020, S. 307).

Eine wichtige Entdeckung ist jedoch, dass ein dysfunktionales Elternhaus zu jeder der drei Prädiktoren der Triade führen kann. Dies könnte auf zwei Arten interpretiert werden.  Zum einen könnte die Macdonalds Triade somit nicht nur auf spätere Gewalttaten hinweisen, sondern sie könnte bei einem Kind auch auf einen momentanen Missbrauch der Eltern schließen, welcher dann frühzeitig nachgegangen werden kann. Andererseits könnte auch darauf geschlossen werden, dass der Hauptgrund für spätere Gewalttaten ein dysfunktionales Elternhaus sein kann.

Nach der Betrachtung der Belege zu dem Missbrauch im Elternhaus ist meine eigene Meinung zu dem Thema, dass ein besonderes Augenmerk auf die häuslichen Verhältnisse von Kindern gelegt werden soll. Die Verhaltensweisen in der Triade sind oft spezifische Arten mit der Frustration umzugehen. Jedoch kann ich mir vorstellen, dass es noch viele weitere Verhaltensweisen gibt, welche aus Frustration durch den Missbrauch ausgeübt werden und dann ebenfalls zu späterer Gewalt führen können. Deswegen sollte möglicherweise erst auf die beobachtbaren Anzeichen von kindlichem Missbrauch geachtet werden. Ausgehend von Ihnen könnten dann Gegenmaßnahmen eingeleitet werden und Schlüsse auf spätere Gewalttaten gezogen werden.


Literaturverzeichnis

Heller, M. S., Ehrlich, S. M., & Lester, D. (1984). Childhood cruelty to animals, firesetting, and enuresis as correlates of competence to stand trial. Journal of General Psychology, 110, S. 151-153. https://www.proquest.com/scholarly-journals/childhood-cruelty-animals-firesetting-enuresis-as/docview/1290507184/se-2

Irvine, L. (2008). Delinquency and Animal Cruelty: Myths and Realities about Social Pathology. Contemporary Sociology37(3), S. 267-268.

Leary, T., Southard, L., Hill, J., & Ashman, J. (2017). The Macdonald Triad Revisited: An Empirical Assessment of Relationships between Triadic Elements and Parental Abuse in Serial Killers. North American Journal of Psychology19(3). S. 627. link.gale.com/apps/doc/A517879282/AONE?u=lmum&sid=bookmark-AONE&xid=ac52a5b8.

Macdonald, J. M. (1963). THE THREAT TO KILL. American Journal of Psychiatry, 120(2), S. 125–130. https://doi.org/10.1176/ajp.120.2.125

McKenzie, C. (1995). A Study of Serial Murder. International Journal of Offender Therapy and Comparative Criminology, 39(1), S. 3-10.

Parfitt, C. H., & Alleyne, E. (2020). Not the Sum of Its Parts: A Critical Review of the MacDonald Triad. Trauma, Violence, & Abuse21(2), S. 300- 310.  

Petersen, M. L. & Farrington, D. P. (2007). Cruelty to Animals and Violence to People. Victims & Offenders, 2(1), S. 21–43. https://doi.org/10.1080/15564880600934187

Pfeiffer, C., Wetzels, P., & Enzmann, D. (1999). Innerfamiliäre Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und ihre Auswirkungen. Hannover: Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e.V. (KFN).

Singer, S. D., & Hensley, C. (2004). Applying social learning theory to childhood and adolescent firesetting: can it lead to serial murder?. International Journal of Offender Therapy and Comparative Criminology, 48(4), S. 461-476.

Wright, J., & Hensley, C. (2003). From animal cruelty to serial murder: applying the graduation hypothesis. International Journal of Offender Therapy and Comparative Criminology, 47(1), S. 71-88.

Zuniga, V. A. A. (2021). Descriptive Study of Serial Killers and the Presence of Macdonald Triad Symptoms. Masters Theses. 1013

Bildquellen

Titelbild: Maxim Hopman (2020). Abgerufen am 12.03.2023. Verfügbar unter https://unsplash.com/de/fotos/PEJHULxUHZs

Abbildung: Zuniga, V. A. A (2021). Descriptive Study of Serial Killers and the Presence of Macdonald Triad Symptoms. Masters Theses. 1013.

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