Eltern wünschen sich, dass ihre Kinder ein glückliches und erfolgreiches Leben führen. Damit sie dieses erreichen, sollen sie gute Noten erbringen. In den Schulen wird kognitive Intelligenz nach wie vor hochgeschätzt (Bosley & Kasten, 2020, S. 2). Doch im späteren Berufsleben sind hohe emotionale und soziale Fähigkeiten, Kontaktbereitschaft sowie Offenheit genauso essentiell (Bosley & Kasten, 2018, S. 46). „Emotionale Intelligenz“ ist daher eine wichtige Eigenschaft. Doch was ist „emotionale Intelligenz“ überhaupt und wie kann diese bereits bei Kindern gefördert werden?
Was ist emotionale Intelligenz?
Wie bereits erwähnt ist immer noch die kognitive Intelligenz in den Schulen äußerst bedeutsam. Sie dient zur Beschreibung von geistigen Fähigkeiten, wie bspw. Abstraktionsvermögen, logisches Denken und Verarbeitungskapazität. Um diese zu messen, wurden bereits einige psychologische IQ-Tests entwickelt. Doch der Besitz einer hohen kognitiven Intelligenz bedeutet nicht gleich, dass sie auch zielführend eingesetzt werden kann, um einen Effekt für sich selbst oder andere zu erzielen. Erfolgreiche Menschen sind sich ihren Stärken und Schwächen bewusst, sie vertrauen nicht ausschließlich auf ihre kognitive Intelligenz. Sie wissen, dass sie auf ihre Stärken zählen und wie sie ihre Schwächen ausgleichen bzw. korrigieren können. Jemand mit hoher emotionaler Intelligenz schafft es bspw. seine Nervosität in einer Prüfungssituation zu bewältigen und kann dadurch sein Wissen besser einbringen. Emotionale Intelligenz verhilft im Gegensatz zur rein theoretischen Intelligenz den Menschen dabei bessere Schüler, Freunde, Familienmitglieder und Mitarbeiter zu sein. In allen Lebensbereichen können ausgeprägte emotionale und soziale Kompetenzen zum Erfolg beitragen (Bosley & Kasten, 2020, S. 2-3). Charakteristisch für die emotionale Intelligenz ist das Verständnis von und der Umgang mit menschlichen Gefühlen (von Hehn, Cornelissen & Braun, 2016, S. 173). „Menschen mit einer hohen emotionalen Kompetenz sind in der Lage, ihre eigenen Gefühle gut einzuschätzen, und sie sind fähig, die innere Welt – zu der Werte, Einstellungen und Haltung gehören – des Gegenübers nachzuvollziehen und sich darauf einzustellen“ (von Hehn et al., 2016, S. 173).
Der Begriff emotionale Intelligenz (EI) erlangte durch den 1995 veröffentlichten Bestseller von Daniel Goleman große Bekanntheit (Neubauer & Freudenthaler, 2006, S. 39; Bosley & Kasten, 2020, S. 3). Doch schon die amerikanischen Psychologen, Peter Salovey und John Mayer haben von dem Begriff im Jahre 1990 Gebrauch gemacht (Bosley & Kasten, 2020, S. 3). Die Psychologen gehen von vier Bereichen der emotionalen Intelligenz aus:
- Wahrnehmung und Ausdruck von Emotionen: Hierbei geht es zum einen um die Identifikation von eigenen Emotionen und die der anderen Menschen und zum anderen auch darum Bedürfnisse und Emotionen im Kontext zu äußern. Damit ist auch das Erkennen von Emotionen in nonverbaler Kommunikation (z.B. Körperhaltung, Mimik, Gestik) gemeint.
- Denken mit Emotionen: Emotionen werden hier benutzt, um die Aufmerksamkeit auf wesentliche Informationen zu lenken. Unterschiedliche emotionale Zustände lassen verschiedene Herangehensweisen zur Problemlösung zu.
- Verstehen und Analysieren von Emotionen: Dabei geht es um die Benennung und Deutung von Emotionen. Dazu gehört ebenso das Verständnis von komplexen Gefühlen (z.B. gleichzeitig Liebe und Hass verstehen) sowie die Fähigkeit Übergänge zwischen Emotionen (z.B. von Ärger zur Enttäuschung) wahrzunehmen.
- Verwaltung und Regulierung von Emotionen: Hierbei geht es um die Fähigkeit, offen für alle Gefühle zu sein, zu deuten, ob sie passend sind oder nicht und sie entsprechend zu regulieren (Bosley & Kasten, 2018, S. 43).
Förderung der Emotionalen Intelligenz bei Kindern
Die Fähigkeit mit Gefühlen richtig Umzugehen muss aber gelernt sein (Bosley & Kasten, 2020, S. 5). Kleine Kinder zeigen ihre Emotionen offen und leben sie intensiv aus. Der Grund ist ihnen dabei meist unbekannt, denn ihre Gefühle überwältigen sie (Kanitz, 2012, S. 21). Allerdings können Eltern ihren Kind beibringen eigene Gefühle wahrzunehmen und sinnvoll damit umzugehen. Ausgewählte Methoden davon sind:
- Fordern Sie ihr Kind dazu auf, eigene Körpersignale zu interpretieren. Fragen Sie Ihr Kind, woran es erkennt, dass es glücklich oder wütend ist.
- Stellen Sie eine Liste mit Beschreibungen von Gefühlen auf und lassen Sie diese von Ihrem Kind als angenehm oder unangenehm bewerten (Bosley & Kasten, 2018, S. 54-55).
Für das Kind ist es auch besonders wichtig, dass es lernt sich in die Gedanken- und Gefühlswelt anderer Menschen hineinzuversetzen. Dies stellt vor allem die Basis für soziales Verhalten dar. Eine sichere Bindung zwischen Kind und Eltern ist hierbei förderlich. Darüber hinaus sind u. a. diese Methoden zur Entwicklung von Empathie hilfreich:
- Spielen Sie Rollenspiele oder Theaterstücke mit Ihrem Kind. Dabei kann es sich in eine andere Person einfühlen. Anschließend sprechen Sie darüber, wie es ihrem Kind in dieser Rolle ergangen ist.
- Bitten Sie nach jeder Konfliktsituation Ihr Kind, sich in die Gefühlslage des Anderen zu versetzten (Bosley & Kasten, 2018, S. 55).
Des Weiteren ist es bedeutsam, dass das Kind die eigene Wut spüren und zulassen darf. Es gilt abzuwägen wann die Wut herausgelassen werden und wann sie durch andere Verhaltensweisen kompensiert werden soll. Auch das Beruhigen und Kontrollieren muss gelernt werden. Hierbei lassen sich bspw. diese Methoden anwenden:
- Erlauben Sie Ihrem Kind, seine negativen Emotionen (wie z.B. Wut) mithilfe eines Boxsacks oder Kissen zu besänftigen.
- Lassen Sie Ihr Kind nach einem hektischen, anstrengenden Schultag entspannen. Dabei bietet sich z.B. Musik hören, Sport oder Treffen mit Freunden an (Bosley & Kasten, 2018, S. 56).
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein hoher IQ zwar dazu beiträgt Aufgaben mit komplexen geistigen Anforderungen erfolgreich zu bewältigen. Doch Intelligenz allein ist nicht hinreichend, um Karriere und Erfolg zu haben (Bosley & Kasten, 2018, S. 45). Es werden Emotionen in Bezug auf intellektuelle Leistung eine positive Rolle zugeschrieben (Gerrig, 2016, S. 352). „Emotionen können das Denken intelligenter machen und Menschen können intelligent über ihre Emotionen und die anderer nachdenken“ (Gerrig, 2016, S. 352). Doch emotionale Intelligenz ist eine Fähigkeit, die erfahren, erlernt und trainiert werden muss (Bosley & Kasten, 2020, S. 54).
Eltern und Erzieher sollten sich dessen bewusst sein und schon im Kleinkindalter mithilfe von Spielen und Übungen beginnen emotionale Intelligenz zu fördern. Auch in der Schule darf die Förderung dieser Fähigkeit nicht in Vergessenheit geraten. Das Bewusstsein und der Umgang mit eigenen und fremden Emotionen ist eine Kompetenz, die im weiteren Lebensverlauf sehr geschätzt wird. Darum sollte nicht mehr nur dem IQ hohe Bedeutsamkeit geschenkt werden.
Literatur
Bosley, I. & Kasten, E. (2018). Emotionale Intelligenz. Ein Ratgeber mit Übungsaufgaben für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Berlin: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-662-54815-8.
Bosley, I. & Kasten, E. (2020). Emotionale Intelligenz bei Kindern fördern, Ein Elternratgeber mit interaktiven Geschichten, Übungen und Spielen. Wiesbaden: Springer Nature. https://doi.org/10.1007/978-3-658-28561-6.
Gerrig, R. J. (2016). Psychologie (20. Aufl.). Hallbergmoos: Pearson.
Kanitz, A. (2012). Emotionale Intelligenz (2. Aufl.). Freiburg: Haufe.
Neubauer, A. C. & Freudenthaler, H. H. (2006). Modelle emotionaler Intelligenz. In R. Schulze, P. A. Freund & R. D. Roberts (Hrsg.). Emotionale Intelligenz. Ein Internationales Handbuch. (S. 39-59). Göttingen/Bern/Wien/Toronto/Seattle/Oxford/Prag: Hogrefe.
Von Hehn, S., Cornelissen, N. & Braun, C. (2016). Kulturwandel in Organisationen. Ein Baukasten für angewandte Psychologie im Change-Management. Berlin/Heidelberg: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-662-48171-4_7
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[21.05.2021].