By Published On: 25. März 2025Categories: Digitalisierung, Pädagogik, Technologie

Im Zuge des zunehmenden Fachkräftemangels in der therapeutischen und pflegerischen Versorgung (Statistisches Bundesamt 2025; Bundesagentur für Arbeit 2023) und des Voranschreitens digitaler Technologien und künstlicher Intelligenz, rückt der Einsatz sozialer Roboter immer mehr in den Fokus (Halsband o. J.). Wohlbefinden und Gesundheit werden von sozialen Beziehungen positive beeinflusst. Doch können emotionale Roboter menschliche Bedürfnisse nach Beziehung und Kommunikation befriedigen? Welche Risiken birgt der Einsatz emotionaler Roboter für den Menschen?


Was sind emotionale Roboter?

Emotionale Roboter sind eine Unterkategorie sozial assistierender Roboter, die darauf ausgerichtet sind, psychosoziale Bedürfnisse wie Interaktion, Kommunikation und Zugehörigkeit zu erfüllen (Kolling et al. 2013, S. 84). Sie sind in menschlicher oder tierähnlicher Gestalt nachgebildet, um die intuitive Zuschreibung von Emotionen und menschlichen Eigenschaften zu fördern und somit eine affektive Bindung beim Nutzer hervorzurufen (Epley, Waytz, Cacioppo 2007, S. 864). Diese Roboter sind darauf ausgelegt, Emotionen ihres Gegenüber zu erkennen und selbst vordefinierte oder erlernte Emotionsäußerungen zu zeigen (Mara & Leichtmann 2021, S. 184). Durch maschinelles Lernen passen sie sich an ihre Nutzer an und zielen darauf ab, beim Gegenüber Emotionen auszulösen (Tettegah & Garcia 2016, S. 98–99).


Beispiele emotionaler Roboter

Paro ist ein interaktiver sozialer Roboter in Form einer Babysattelrobbe, der ursprünglich für die therapeutische Unterstützung älterer Menschen entwickelt wurde. Mithilfe von Sensoren erkennt er Licht, Geräusche, Berührung und seine räumliche Lage und reagiert entsprechend. Er kommuniziert durch Bewegung und robbentypische Laute, wodurch er Wohlbefinden oder Abwehr ausdrücken kann. Durch künstliche Intelligenz lernt er aus der Interaktion mit dem Nutzer, unter anderem reagiert er zunehmend auf dessen Stimme (paro therapeutic robot 2023).

Pepper ein humanoider Roboter, der Emotionen erkennt und durch unmittelbares Feedback soziale Interaktion fördert (Stapels & Eyssel 2021, S. 247). Er kann verschiedene Sprachen und Gesten erlernen, sich fortbewegen und animierend auf sein Gegenüber wirken. In der Autismus-Therapie wird er zur Förderung sozio-emotionaler Kompetenzen eingesetzt, während er in Pflegeeinrichtungen zu Bewegungsübungen anleiten kann oder bei Beratung und Unterhaltung unterstützt (Fraunhofer IIS; Deutsches Ärzteblatt 2019).


Positive Aspekte

  • Emotionale Roboter bieten vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten, regen zu Aktivierung an und fördern kognitive Fähigkeiten.  
  • Sie unterstützen soziale Interaktion und Kommunikation, sowohl im Einzelsetting mit dem Roboter als auch durch die Zunahme der zwischenmenschlichen Kommunikation in Kleingruppen. Dadurch wirken sie der Einsamkeit und Isolation entgegen.
  • Sie schaffen positive Erlebnisse und tragen zur Stärkung des psychischen Wohlbefindens bei (Baisch et al. 2018, S. 16).
  • In der Funktions- und Bewegungstherapie können sie sowohl als Trainingsassistent und zudem, als motivierende und animierende Elemente unterstützend eingesetzt werden (Baisch & Kolling 2021, S. 421–424). Außerdem bieten sie therapeutische Unterstützung, beispielsweise bei der Förderung sozio-emotionaler Kompetenzen von Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung (Fraunhofer IIS). Des Weiteren werden sie ergänzend in der Behandlung von Schizophrenie (Narita et al. 2016, S. 312) und Schmerzbewältigung eingesetzt (Geva, Uzefovsky, Levy-Tzedek 2020, S. 1).
  • Sie tragen zur Stressreduktion und zur Verbesserung der Lebensqualität bei, insbesondere bei Menschen mit Demenz.
  • Sie können zur Entlastung des Pflegepersonals beitragen (Bemelmans, Gelderblom, Jonker, Witte 2015).

Problematische Aspekte

  • Es besteht die Gefahr, dass Emotionale Roboter als Ersatz für zwischenmenschlichen Kontakt genutzt werden, wodurch echte menschliche Kontakte sich reduzieren können (Baisch & Kolling 2021, S. 433).
  • Der Einsatz Emotionaler Roboter kann zur Stigmatisierung beitragen, da ältere Menschen und Menschen mit Behinderung dadurch als kindlich oder unmündig wahrgenommen werden könnten (Fiske et al. 2019).
  • Ethische Bedenken ergeben sich insbesondere beim Einsatz in der Betreuung vulnerabler Personen, wie Menschen mit Behinderung oder Demenz.  Problematisch ist vor allem, dass Betroffene eine emotionale Bindung zu Robotern entwickeln können, da sie diese fälschlicherweise für echte Lebewesen halten (Baisch & Kolling 2021, S. 434).
  • Es mangelt an wissenschaftlichen Erkenntnissen zu Langzeitfolgen Emotionaler Roboter. Sowohl in Bezug auf die direkten Auswirkungen auf Nutzer*innen als auch auf mögliche Veränderungen sozialer Werte in Therapie und Pflege (Fiske, Henningsen, Buyx 2019). Zudem fehlen bisher verbindliche Richtlinien, die ethische und soziale Aspekte beim Einsatz dieser Technologie in Pflege und Therapie berücksichtigen.  
  • Die rechtlichen Herausforderungen umfassen Fragen der Haftung bei psychischen oder physischen Schädigungen, die Notwendigkeit klarer Regelungen zur Überwachung des Robotereinsatzes (Fiske et al. 2019; Baisch & Kolling 2021, S. 433–434) sowie das Fehlen von transparente Datenschutzrichtlinien, was insbesondere im sensiblen Bereich von Therapie und Pflege kritisch ist (Baisch & Kolling 2021, S. 434; Hung et al. 2019).

Fazit

Die Forschung in der Sozialen Robotik konnte positive Auswirkungen und neue Chancen in Therapie und Pflege aufzeigen. Emotionale Roboter können positive Gefühle beim Gegenüber hervorrufen, motivierend wirken und ein Gefühl von Halt vermitteln. Jedoch sind sozialwissenschaftliche Studien bislang kaum vorhanden, obwohl Konzepte der Sozialität eine zentrale Bedeutung haben (Henschel, Laban, Cross 2021, S. 12). Hier besteht erheblicher Nachholbedarf, insbesondere im Hinblick auf die sozialen Effekte und ethische Herausforderungen des Robotereinsatzes.    


Literaturverzeichnis

Baisch, S./Kolling, T. (2021), Roboter in der Therapie. Vom Demonstrationsobjekt zum Psychotherapeuten. In: Bendel, O. (Hrsg.), Soziale Roboter. Technikwissenschaftliche, wirtschaftswissenschaftliche, philosophische, psychologische und soziologische Grundlagen, Wiesbaden, Heidelberg, S. 417–440.

Baisch, S./Kolling, T./Rühl, S./Klein, B./Pantel, J./Oswald, F./Knopf, M. (2018), Emotionale Roboter im Pflegekontext, Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 51. Jg., Nr. 1, S. 16–24.

Bemelmans, R./Gelderblom, G. J./Jonker, P./Witte, L. de (2015), Effectiveness of Robot Paro in Intramural Psychogeriatric Care: A Multicenter Quasi-Experimental Study, in: https://​www.sciencedirect.com​/​science/​article/​abs/​pii/​S152586101500345X, abgerufen am 1. 3. 2025.

Bundesagentur für Arbeit (2023), Engpassanalyse, in: https://​statistik.arbeitsagentur.de​/​DE/​Navigation/​Statistiken/​Interaktive-Statistiken/​Fachkraeftebedarf/​Engpassanalyse-Nav.html?Thema%3Denglist%26DR_​Region%3Dd%26DR_​Engpassbewertung%3De%26DR_​Anf%3D2%26mapHadSelection%3Dfalse%26toggleswitch%3D0, abgerufen am 1. 3. 2025.

Deutsches Ärzteblatt (2019), Pflege: Pepper bezaubert in Unterfranken – Deutsches Ärzteblatt, in: https://​www.aerzteblatt.de​/​archiv/​pflege-pepper-bezaubert-in-unterfranken-27003723-0012-423e-b61a-f1e9254c8036, abgerufen am 1. 3. 2025.

Epley, N./Waytz, A./Cacioppo, J. T. (2007), On seeing human: a three-factor theory of anthropomorphism, Psychological review, 114. Jg., Nr. 4, S. 864–886.

Fiske, A./Henningsen, P./Buyx, A. (2019), Your Robot Therapist Will See You Now: Ethical Implications of Embodied Artificial Intelligence in Psychiatry, Psychology, and Psychotherapy, Journal of Medical Internet Research, 21. Jg., Nr. 5, e13216.

Fraunhofer IIS, Roboter als Teil der Therapie: Interaktive Strategien für Kinder mit eingeschränkten sozio-emotionalen Fähigkeiten, in: https://​www.scs.fraunhofer.de​/​de/​referenzen/​erik.html, abgerufen am 1. 3. 2025.

Geva, N./Uzefovsky, F./Levy-Tzedek, S. (2020), Touching the social robot PARO reduces pain perception and salivary oxytocin levels, Scientific Reports, 10. Jg., Nr. 1.

Halsband, A. (o. J.), Soziale Roboter in Medizin und Pflege, in: https://​www.drze.de​/​de/​forschung-publikationen/​journal-club/​soziale-roboter-in-medizin-und-pflege, abgerufen am 1. 3. 2025.

Henschel, A./Laban, G./Cross, E. S. (2021), What Makes a Robot Social? A Review of Social Robots from Science Fiction to a Home or Hospital Near You, Current robotics reports, 2. Jg., Nr. 1, S. 9–19.

Hung, L./Liu, C./Woldum, E./Au-Yeung, A./Berndt, A./Wallsworth, C./Horne, N./Gregorio, M./Mann, J./Chaudhury, H. (2019), The benefits of and barriers to using a social robot PARO in care settings: a scoping review, BMC Geriatrics, 19. Jg., Nr. 1.

Kolling, T./Haberstroh, J./Kaspar, R./Pantel, J./Oswald, F./Knopf, M. (2013), Evidence and Deployment-Based Research into Care for the Elderly Using Emotional Robots, GeroPsych, 26. Jg., Nr. 2, S. 83–88.

Mara, M./Leichtmann, B. (2021), Soziale Robotik und Roboterpsychologie. Was psychologische Forschung zur menschzentrierten Entwicklung robotischer Systeme beiträgt. In: Bendel, O. (Hrsg.), Soziale Roboter. Technikwissenschaftliche, wirtschaftswissenschaftliche, philosophische, psychologische und soziologische Grundlagen, Wiesbaden, Heidelberg, S. 169–190.

Narita, S./Ohtani, N./Waga, C./Ohta, M./Ishigooka, J./Iwahashi, K. (2016), A pet‐type robot Artificial Intelligence Robot-assisted therapy for a patient with schizophrenia, Asia-Pacific Psychiatry, 8. Jg., Nr. 4, S. 312–313.

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Stapels, J. G./Eyssel, F. (2021), Einstellungen gegenüber sozialen Robotern. In: Bendel, O. (Hrsg.), Soziale Roboter. Technikwissenschaftliche, wirtschaftswissenschaftliche, philosophische, psychologische und soziologische Grundlagen, Wiesbaden, Heidelberg, S. 231–250.

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Tettegah, S. Y./Garcia, Y. E. (Hrsg.) (2016), Emotions, Technology, and Health.

Titelbildquelle

Titelbild Close-Up Shot of a White Robot von Laura Musikanski veröffentlicht am 29.11.2020 unter https://www.pexels.com/photo/close-up-shot-of-a-white-robot-6019019 abgerufen am 02.03.2025

Nutzungsbedingungen unter https://www.pexels.com/license/

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