Sich gesund entspannen; klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Doch Erkrankungen, wie die Volkskrankheiten Migräne und Rückenschmerzen, lassen sich mit der richtigen Form der Entspannung vorbeugen, lindern oder sogar ausheilen. Progressive Muskelrelaxation wirkt dabei positiv bei annährend allen Beschwerden, da sie meistens mit einer Muskelanspannung einhergehen.[1] Es lohnt sich also etwas Disziplin aufzubringen und das nicht nur im Krankheitsfall.
In nur 2 – 3 Wochen entspannt!
PMR ist ein im Jahre 1938 von Edmund Jacobsen entwickeltes Entspannungsverfahren, bei dem der Fokus auf der Wechselwirkung des zentralen Nervensystems und dem Muskeltonus liegt.[2] Er beobachtete, dass Unruhezustände, Angst und psychische Spannung oftmals in Begleitung mit einer erhöhten Muskelanspannung entstehen. Weshalb es bei der Ausübung des Verfahrens vorrangig um die Wahrnehmung und Unterscheidung der muskulären Anspannung und Entspannung geht.[3]
Wirkung zeigt PMR besonders bei Angststörungen, da die Entspannung einen angstlösenden Effekt hat.[4] Belegt werden konnte zudem, dass sich durch die Entspannungseinheiten ein signifikanter Unterschied der Anfallshäufigkeit von Migräne einstellt.[5] Aber auch bei Rückenschmerzen und verschiedenen Schmerzzuständen kommt PMR erfolgreich zum Einsatz.[6]
Weitere Anwendungsgebiete:
Kopfschmerzen, Migräne
Muskuläre Verspannungen
Rückenschmerzen
Unterstützend bei Herz-Kreislauferkrankungen
Begleitend zur Krebstherapie
Bluthochdruck
Depressive Verstimmungen
Schlafstörungen
Stress[7]
Viele Menschen merken im Alltag aufgrund von Stress und Dauerbelastung gar nicht, wie sehr sie verspannt sind. Durch die fehlende Wahrnehmung der muskulären Verspannungen wird oftmals nicht entgegengewirkt[8], was nicht ohne Folgen für die Gesundheit bleibt. PMR ist schnell lernbar und einfach umzusetzen und bietet damit einen großen Vorteil im Vergleich zu anderen Entspannungsübungen. In etwa 2 – 3 Wochen lässt es sich bereits als situationsbezogene Entspannung einsetzen.[9] Ideal also für diejenigen, die es eilig haben oder noch keine Erfahrungen mit Entspannungsverfahren sammeln konnten.[10]
6 Gründe, warum es sich lohnt durchzuhalten
- Durch das Üben von PMR kannst du ein besseres Körpergefühl erreichen, um dieses später bewusst einzusetzen, bspw. als Einschlafhilfe, um Verspannungen zu reduzieren, aber auch um Erwartungsängste wahrzunehmen und zu mildern[11]
- Führt zu mehr Ruhe und Gelassenheit
- Verbessert die allgemeine Stressverträglichkeit[12]
- Regelmäßige Entspannung fördert die Erholungskompetenz, was gerade in belastenden Zeiten hilfreich ist[13]
- Achtsamkeit und Konzentration werden geschult und sind damit im Alltag leichter nutzbar[14]
- Löst unangenehme Verspannungen im Körper[15]
Wie wird PMR durchgeführt?
Das Ziel von PMR ist die psychophysiologische Entspannung.[16] Erreicht wird diese durch die bewusste muskuläre Anspannung (ca. 5 – 10 Sekunden) und die darauffolgende bewusste (muskuläre) Entspannung (ca. 20 – 30 Sekunden).[17] Hierzu werden einzelne Muskelgruppen der Reihe nach für einige Sekunden angespannt und anschließend entspannt, also locker gelassen.[18] Beginnend wird der Ablauf mit 16 Muskelgruppen durchgeführt, nach etwas Übung lässt sich der Ablauf auf vier Gruppen zusammenfassen.[19] Das Verfahren kann je nach Belieben im Sitzen oder Liegen durchgeführt werden.[20]
Aber Achtung!
Nicht für jeden ist PMR geeignet. So sollte darauf geachtet werden, dass keine Kontraindikation vorliegt. Bei psychotischen Erkrankungen sollte auf Entspannungsverfahren verzichtet werden, um die Entwicklung von psychotischen oder affektiven Episoden zu vermeiden. Aber auch Herzfunktionsstörungen und neurologische Erkrankungen wie bspw. Epilepsie und Multiple Sklerose zählen zu den kontraindizierten Erkrankungen.[21] Ebenfalls verzichtet werden sollte bei Erkrankungen des Bewegungsapparates wie akutem Rheuma oder Lumbago.[22] Im Zweifelsfall sollte vorab eine Abklärung mit dem behandelnden Arzt erfolgen.
Fazit
PMR gilt als wirksames Entspannungsverfahren und bietet eine gute Möglichkeit mit nur wenig Zeit, kostenlos und leicht umsetzbar etwas für seine Gesundheit zu tun. Nicht nur im Krankheitsfall, sondern auch präventiv.[23]
[1] Vgl. (Rehberg, 2021)
[2] Vgl. (Rusch, 2019, S. 94)
[3] Vgl. (Janssen, Joraschky, & Tress, 2006, S. 409)
[4] Vgl. (Dobos & Paul, 2011, S. 23)
[5] Vgl. (Universitätsmedizin Rostock)
[6] Vgl. (Beiglböck, Feselmayer, & Honemann, 2006, S. 503)
[7] Vgl. (Schulte, 2016)
[8] Vgl. (Mosetter & Mosetter, 2016)
[9] Vgl. (Hoyer & Knappe, 2020, S. 723)
[10] Vgl. (Therapie.de)
[11] Vgl. (Hoyer & Knappe, 2020, S. 723)
[12] Vgl. (Neurologen und Psychiater im Netz)
[13] Vgl. (Schuh & Immich, 2019, S. 72)
[14] Vgl. (Kollak, 2008, S. 19)
[15] Vgl. (Hoyer & Knappe, 2020, S. 723)
[16] Vgl. (Berking & Rief, 2012, S. 108)
[17] Vgl. (Rief & Henningsen, 2015)
[18] Vgl. (Krumpen, 2013, S. 9)
[19] Vgl. (Rusch, 2019, S. 95)
[20] Vgl. (Amberger & Roll, 2010, S. 115)
[21] Vgl. (Schneider, 2021)
[22] Vgl. (Bahr, Gätz, Hartmann, Rievers, & Wildhage, 2020, S. 91)
[23] Vgl. (Rehberg, 2021)
Literaturverzeichnis
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Dobos, G., & Paul, A. (2011). Mind-Body-Medizin: Die moderne Ordnungstherapie in Theorie und Praxis. München.
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Universitätsmedizin Rostock. Abgerufen am 07.01.2022 von Einfluss der Progressiven Muskelrelaxation nach Jacobson auf die Migräneerkrankung: https://imp.med.uni-rostock.de/forschung/schmerzerkrankungen/migraene/progressive-muskelrelaxation-bei-migraene
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