By Published On: 26. Juli 2023Categories: Meine Hochschule und mein Studium

Wussten Sie, dass der Großteil der Studierenden in Deutschland jünger als 31 Jahre ist?

Sicher kommt Ihnen das normal vor und das ist es ja auch. Schließlich ist unser Bildungssystem darauf ausgerichtet, dass wir nach Kindergarten, Grundschule und weiterführender Schule direkt eine Ausbildung oder ein Studium anschließen.

Dennoch gibt es Lebensläufe, die davon abweichen und Menschen, die auch zu einem deutlich späteren Zeitpunkt ein Erststudium beginnen. Ich selbst gehöre dazu und möchte im Folgenden meine Gedanken vor der Entscheidung darlegen und wie ich bis jetzt mit dem berufsbegleitenden Studium zurechtkomme.

Gesamtzahl Studenten
21/22
Zw. 18 und
30 Jahre
Zw. 31 und
36 Jahre
Ab 37Jahre
aufwärts
Durchschnittsalter
Studienanfänger:innen
2021
Durchschnittsalter
Abschluss
Erststudium 2021
2,9 Mio. 2.188.242 272.663 186.626 21,9 Jahre 23,6 Jahre

Tabelle (eigene Darstellung): Statista, Politik&Gesellschaft/Studium; did-12355-1

Leben ohne Studium, aber mit Ausbildung – Ist so Karriere möglich?

Nach dem Abitur hatte ich mich für ein Studium entschieden, dass mir auch Auslandserfahrung ermöglichen sollte. Zur Vorbereitung dieses Studiums hatte ich ein Praktikum und ein Volontariat absolviert. Bevor es mit dem Studium begann, wurde ich mit nur 20 Jahren schwanger und nahm diese Herausforderung freudig an, denkend, dass ich Studium und Auslandsaufenthalt auch mit Kind meistern könne. Meine Sichtweise änderte sich. Statt Studium, absolvierte ich eine Ausbildung und widmete mich anschließend gemeinsam mit meinem Mann dem Aufbau unseres erfolgreichen Familienunternehmens.

Ein Familienunternehmen über 15 Jahre mitzugestalten, am Laufen zu halten, zu vergrößern und den Wandel vom kleinen zum mittelständischen Unternehmen zu begleiten, ist eine unschätzbar wertvolle Erfahrung, die mich sehr viel gelehrt hat. Nicht nur die Herausforderungen im personellen und auch im technischen, sondern auch im politischen Bereich haben uns auf Trab gehalten.

Nach diesen 15 Jahren folgte dann die Herausforderung im privaten Bereich. Wir trennten uns und es war klar, dass wir nicht beide im Unternehmen bleiben konnten.

Entscheidung für ein berufsbegleitendes Studium – ist das nicht wahnsinnig stressig?

So gestaltete ich meinen Berufsweg neu. Meine ganze Erfahrung und Expertise standen nun in einem Arbeitszeugnis. Dies ist allerdings nicht ausreichend, wenn man einen anspruchsvollen Job haben möchte und eine faire Bezahlung. Ein Studium ist dann unerlässlich. Doch genau darauf hatte ich zugunsten der Firma und zugunsten der Familie bisher verzichtet.

Meine Entscheidung für ein berufsbegleitendes Studium habe ich daher sehr schnell getroffen. Ich wusste, dass ich, um Studium und Beruf zu vereinbaren, in meinem aktuellen Job vorübergehend nur Teilzeit arbeiten kann und damit auch Einbußen beim Lohn in Kauf nehmen muss. Ich konnte meinen Chef überzeugen, die Finanzierung des Studiums im Sinne der Firma zu übernehmen und musste nun nur noch die richtige Fernhochschule finden. Über die Studienberatung beim Arbeitsamt wurde mir die SRH empfohlen. Den für mich relevanten Studiengang konnte ich schnell eingrenzen: Wirtschaftspsychologie mit Spezialisierung Personal- und Organisationspsychologie.

Wie ist es mit Anfang 40 zu studieren?

Lernfähigkeit

Interessanterweise wurde ich hin und wieder gefragt, ob es nicht schwer sei, in meinem Alter noch zu lernen. „Nein, es ist nicht schwer,“ ist meine Antwort darauf. Ich selbst sehe es als Gewinn mit all meinem Wissen aus 20 Jahren Berufserfahrung nun noch die aktuellen wissenschaftlichen Grundlagen und neuen Ansätze zu verknüpfen. Das Lernen fällt mir nicht schwer, allerdings hat sich mein Anspruch an mich selbst sehr erhöht.

Vereinbarkeit Arbeit und Studium

Eine Herausforderung stellte für mich eher die Reduktion der Wochenstundenzahl dar und die damit einhergehende Einbuße beim Lohn. Ich wusste, dass ich so schnell als möglich mit dem Studium fertig werden muss, um nicht lange in dieser schwierigen finanziellen Situation zu bleiben. Einer der ersten Studienbriefe zum Thema Selbstmanagement half mir mich realistisch einzuschätzen, wie schnell ich vorankommen kann und dennoch Zeit für Arbeit, Familie und Freunde habe.

Kontakt zu Mitstudent:innen

Was mir vorab Sorgen machte, war tatsächlich, ob ich in meinem Alter noch mit den anderen Student:innen in Kontakt komme. Da durch Corona das komplette Studium nur noch online lief, trafen sich Student:innen allerdings nicht in Präsenz und auch danach nutze ich diese Option nicht. Daher kann ich diesen Punkt noch gar nicht einschätzen.

Schneller durch Berufserfahrung?

Meine Vorstellung vor Beginn des Studiums beinhaltete, dass ich einige der Sachverhalte (Rechnungswesen, Personal, Organisationsentwicklung,…) schon kenne und damit auch schnell die Prüfungsleistung erbringen kann. Meine Annahme erwies sich als nicht ganz richtig. Das wissenschaftliche Arbeiten war komplett neu für mich, eröffnete mir aber zugleich eine ganz neue Sichtweise und inspirierte mich, Sachverhalte neu zu bewerten.

Finanzielle Unsicherheit – wie wird ein Studium ab 40 finanziert?

Was es finanziell bedeutet außerhalb des sonst üblichen Alters zu studieren, war mir vorher nicht in Gänze bewusst. Es gibt bzw. gab die Altersgrenze von 30 Jahren bis zu welcher studentische Vorteile möglich waren.

Werkstudententätigkeit

Unternehmen, die Werkstudenten suchen, erwarten zum einen junge Student:innen, die dann auch im Unternehmen bleiben und sie wollen die steuerlichen Vorteile nutzen. Leider sind diese wie in SGB, Buch V, §5 Absatz 9 und 10 auf Studierende ab 40 nicht anwendbar, denn sie können nur bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres genutzt werden.

Bafög

Auch beim Bafög galt noch bis 2022 die Altersgrenze von 30 Jahren. Seit dem 01.08.22 gilt nun, dass der Beginn der Ausbildung bzw. des Studiums nicht später als nach Abschluss des 45. Lebensjahres erfolgen darf.

Förderprogramme für ältere Student:innen

Im Bereich des Erststudiums für Personen oberhalb von 30 gibt es nur wenige Förderungen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung bietet zum Beispiel jährlich 1000 Aufstiegsstipendien für besonders begabte Personen, an über 300 Hochschulen an. „Stipendiatinnen und Stipendiaten in einem berufsbegleitenden Studiengang erhalten im Kalenderjahr eine Förderung von 2.900 Euro.“ (BMBF)

Abonnement der ZEIT

Interessanterweise gab es selbst beim Abonnement der ZEIT Schwierigkeiten den Studententarif zu erhalten. Die Erklärung war auch hier, dass ich mit über 30 Jahren zu alt für dieses Angebot sei.

Fazit – Macht es Sinn später im Leben noch ein Studium zu beginnen?

Bei einem Studium im Alter bis zu 30 Jahren, ist es wahrscheinlicher, dass der Abschluss innerhalb der Regelstudienzeit erworben wird, da leichter Vollzeit studiert werden kann. Was in diesem Alter oft noch fehlt (außer bei BA-Studiengängen) ist die betriebliche Praxis, um die gelernten Inhalte sofort anzuwenden.

Ein Studium noch nach der ersten Berufskarriere zu beginnen hat den Vorteil, dass die erlernten Arbeitsweisen und das erlernte Wissen erweitert und erneuert wird. Die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse ermöglichen einen Mehrwert für Team und Unternehmen. Ein weiterer wichtiger Vorteil ist die Positionierung auf dem Arbeitsmarkt und das durch ein Studium sehr wahrscheinlich höhere Gehalt.

Durchschnittliches Bruttojahresgehalt 2022 von Nicht-Akademiker:innen 41.509EUR und von Akademiker:innen 58.602 EUR.

Ja! Auch mit 40 und danach macht es Sinn noch ein Studium zu beginnen. Ich beobachte mit Freude, dass unsere Bildungsministerin Stark-Watzinger hier entsprechende Schritte in Richtung der Förderung lebenslangen Lernens geht.

Literatur

Politik&Gesellschaft/Studium; Artikel-Nummer: did-12355-1 Zugriff am 24.05.23 über https://de.statista.com/statistik/studie/id/12355/dokument/studium-statista-dossier/

Zugriff am 24.05.23 über https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbv/5.html

Zugriff am 24.05.23 über https://www.bafög.de/bafoeg/de/dasneuebafoeg/dasneuebafoeg_node.html

Zugriff am 24.05.23 über https://www.sbb-stipendien.de/aufstiegsstipendium/wie-wird-gefoerdert

Zugriff am 25.05.23 über https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1184292/umfrage/bruttojahresgehaelter-in-deutschland-nach-bildung-und-berufserfahrung/

Studieren zu Hause, neben Beruf und Familie. Foto von Romy Herold

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