Erziehung spielt eine zentrale Rolle in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, indem sie deren Werte, Fertigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale formt. Moderne Erziehungstrends wie „Helikopter-Eltern“ und „Tiger-Moms“ werfen dabei Fragen zu den Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und soziale Entwicklung auf. Dieser Blogbeitrag untersucht die unterschiedlichen Erziehungsstile und ihre langfristigen Auswirkungen auf die Selbstständigkeit und Resilienz junger Menschen.
Was versteht man unter Erziehung
„Bei der Erziehung hat eine Person, der Edukator, eine Vorstellung davon, wozu er eine andere Person, den Edukanden, erziehen möchte. Der Erziehende wendet dabei verschiedene Mittel und Techniken an. Der zu Erziehende bestimmt weder die Zielstellung noch die Mittel, er wird oder soll das Vermittelte übernehmen oder verinnerlichen.“ (Rössler und Mack 2024, S.9).
Die Beziehung die zwischen zwei Menschen während der Erziehung entsteht, ist asymmetrisch und nicht auf einer Ebene. Eine Person erzieht eine andere und steht somit über dem zu erziehenden Menschen. Diese Rolle haben nur wenige Menschen, nämlich die Erziehungsberechtigten und auch die Lehrenden oder Erziehenden (beispielsweise in einer Schule oder Kindertagesstätte). Die Erziehenden verfolgen dabei bestimmte Erziehungsziele, in welche Richtung sie den jungen Menschen bringen möchten. Innerhalb einer Schule oder Kindertagesstätte entstehen diese Ziele durch ein pädagogisches Konzept der Einrichtung im Zusammenspiel mit den eigenen Werten und den individuellen Vorstellungen der Erziehenden. Die Erziehungsziele geben also die Richtung vor und bestimmen welche Persönlichkeitsmerkmale und Fertigkeiten angestrebt werden. In die eigenen Erziehungsziele fließen dabei auch weitere Komponenten ein wie beispielsweise kulturelle oder religiöse Aspekte, das persönliche Umfeld und auch bisherige Erlebnisse und Erinnerungen die mit Erziehung in Verbindung stehen. In der Vergangenheit war Erziehung deutlich stärker als jetzt durch Kultur und Religion geprägt. Damals wurde hier der Begriff der „Tugend“ geformt. So gab es zum Beispiel christliche Tugenden (Demut, Keuchheit etc.) nach denen erzogen wurde und welche auch auf das Geschlecht des Kindes angepasst wurden.
Neben den Erziehungszielen gibt es auch noch Erziehungsmittel. Diese bilden die notwendigen Maßnahmen um die Erziehungsziele erreichen zu können und werden auf diese abgestimmt. Welche Maßnahmen notwendig sind, wird danach entschieden, ob bereits vorhandene Verhaltensweisen verstärkt werden sollen oder ob negative Muster unterbunden werden sollen. Zu den Mitteln gehören dann zum Beispiel Handlungsweisen der Erziehenden, welche direkte Konsequenzen zu den Verhaltensmustern des Kindes bilden. Das könnte beispielsweise Lob bei gewünschtem Verhalten sein, um dieses zukünftig zu verstärken oder auch eine Strafe bei negativem Verhalten, um dieses zukünftig zu reduzieren. Aus den Zielen, die eine Erziehung verfolgt und die Mittel die zur Erreichung der Ziele genutzt werden ergibt sich der persönliche Erziehungsstil. In der Pädagogik wurden verschiedene Erziehungsmethoden untersucht und in verschiedene Stile eingeteilt (Rössler und Mack 2024, S.8-14).
Erziehungsstile
Erziehungsstile unterscheiden sich in der Lenkung und der emotional-motivationalen Grundhaltung. Die Lenkung gibt dabei an, wie viele Freiheiten den Kindern und Jugendlichen innerhalb der Erziehung zugesprochen werden. Außerdem beschreibt sie, wie viele Anweisungen und Regeln vorgegeben werden und wie eng der erzieherische Rahmen gesteckt wird. Zu der emotional-motivationalen Grundhaltung zählen verschiedene Aspekte, wie die emotionale Bedürfnisbefriedigung und das Ausmaß, in dem das Kind zufrieden gestellt werden soll.
Zu den vier großen Erziehungsstilen zählen der vernachlässigende Erziehungsstil, der permissive, der autoritäre und der autoritative Erziehungsstil (Schierbaum und Ecarius 2022, S.138-140).
In welche Erziehungsstile fallen also die sogenannten Helikopter-Eltern oder Tiger-Moms? Beide Begriffe repräsentieren moderne Erziehungsstile und aktuelle Trends in den sozialen Medien und beschreiben somit vielleicht auch eine Richtung in welche Erziehung zukünftiger Generationen gehen könnten. Unter den Helikopter-Eltern wird der überbehütende Erziehungsstil verstanden, bei dem Hindernisse aus dem Weg geräumt werden und die Freiheiten eher gering gehalten werden. Das führt aber eben auch dazu, dass die Eigenverantwortung und Selbstständigkeit der Kinder und Jugendlichen nur wenig gestärkt wird und auch das Selbstbewusstsein und das Erleben von Selbstwirksamkeit kann negativ beeinträchtigt werden. Die Eltern schweben wie Helikopter über ihren Kindern und haben die Motivation sie vor den negativen Aspekten des Lebens zu beschützen (Spitzer 2015, S.83-86). Das entwickelt bei Kindern aus psychologischer Perspektive Ängstlichkeit, Unsicherheit und fehlende Autonomie. Die fehlende Selbstwirksamkeit wird sich langfristig auch auf die eigene Resilienz auswirken. Die Kinder erleben sich in einer starken Abhängigkeit zu ihren Eltern und trauen sich ohne deren Unterstützung nur wenig zu (Tomoff 2016, S.6-7).
Der Trend der Tiger-Moms wurde vor allem im asiatischen Raum gesetzt und bezeichnet eine sehr leistungsorientierte und autoritäre Erziehung. Die Eltern erwarten sehr gute schulische Leistungen, Engagement, Fleiß und Ehrgeiz. Dieser Erwartungen beziehen sich auch zusätzlich meist noch auf den Freizeitbereich, also Hobbys. Emotionale Wärme kommt hierbei häufig zu kurz. Die Motivation der Eltern ist es, erfolgreiche Kinder zu erziehen, welche einen hohen Bildungsstand anstreben sollen. Der hohe Leistungsdruck kann dabei aber auch zu Stress und Angst führen und die Zuneigung und Wärme innerhalb der Erziehung kommt dabei oft zu kurz. Das Bindungsverhalten der Kinder kann dabei negativ beeinflusst werden und es kann zu einem hohen Grad an Perfektionismus und Versagensangst kommen, da bei diesem Erziehungsstil die Erwartungshaltungen so hoch sind (Heimerdinger 2013, S.249-251).
Auch wenn beide Erziehungsstile eine positive Motivation der Eltern beinhalten, können sie die psychische Gesundheit der Kinder stark negativ beeinflussen und später auftretende psychische Störungsbilder begünstigen. Eine gesunde Erziehung entsteht, wenn alle Aspekte in einem guten Gleichgewicht vorhanden sind, sodass die Kinder und Jugendlichen sich als selbstwirksam erleben und so die Möglichkeit haben zu selbstbewussten, resilienten und autonomen Erwachsenen heranzuwachsen, welche gelernt haben, was gute Bindungen und Beziehungen ausmacht und so sowohl emotionale als auch soziale Kompetenzen erlernt haben.
Literaturverzeichnis
Heimerdinger, Timo (2013): Simply the Best. Elternschaft als kompetitive Praxis
Rössler, Gabriele; Mack, Wolfgang (2024): Pädagogik für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Grundlegend, prägnant und anwendungsorientiert. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg. Online verfügbar unter https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:31-epflicht-3117290
Schierbaum, Anja; Ecarius, Jutta (2022): Handbuch Familie. Band II: Erziehung, Bildung und pädagogische Arbeitsfelder. 2nd ed. 2022. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden; Imprint Springer VS (Springer eBook Collection)
Spitzer, M. (2015): Helicopter-Eltern. In: Nervenheilkunde. Online verfügbar unter https://www.vfa-ev.de/uploads/helicopter-eltern.pdf, zuletzt geprüft am 22.01.2025
Tomoff, Michael (2016): Positive Psychologie in der Erziehung. Für Eltern und andere Erziehende. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden (Essentials Ser)
Titelbildquelle
Titelbild von marimari1101 (Mari Kanezaki) veröffentlicht am 26.01.2017 über https://pixabay.com/de/photos/wachsmalstift-graffiti-zeichnung-2009816/, abgerufen am 26.01.2025
Nutzungsbedingungen unter https://pixabay.com/de/service/terms/, abgerufen am 26.01.2025