By Published On: 25. Januar 2024Categories: Gesundheit, Psychologie, Technologie

„Ich dachte ich müsste genauso trainieren und essen, damit mein Körper auch aussieht wie ihrer auf den Bildern“ (Shareen, 18 Jahre, in Behandlung wegen Anorexie und Bulimie). Social Media Plattformen bieten die Möglichkeit Beziehungen zu gestalten, aufzubauen, eine Identität zu formen und sich selbst auszudrücken. Doch alles, was online passiert steht in direktem Zusammenhang damit, was in der Realität passiert. Beiträge von Influencern haben einen großen Einfluss auf die Nutzer und so steht Social Media im Verdacht, der Auslöser für eine Reihe psychischer Erkrankungen zu sein (Pirker, 2018). So bieten die sozialen Medien Raum für sehr bedenkliche Inhalte. Von 1.000 Mädchen und Frauen, erkranken im Laufe ihres Lebens 28 an einer Binge-Eating-Störung, 19 an Bulimie und 14 an Magersucht. Essstörungen sind komplexe Erkrankungen deren Entstehung nie auf nur eine Ursache zurückzuführen ist. Sie entstehen im Zusammenspiel mehrerer Faktoren und die sozialen Medien können einer dieser Faktoren sein (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 2023). Essstörungen betreffen vorrangig Frauen, weswegen in diesem Beitrag ausschließlich auf Frauen eingegangen wird. Warum die sozialen Medien einen solch gefährlichen Ort und die Ursache für Essstörungen darstellen, wird in diesem Blogbeitrag erläutert.

Essstörungen

Essstörungen sind vor allem in den westlichen Industrieländern eine weit verbreitete Erkrankung, welche besonders junge Erwachsene betrifft (Fichter, 2018). Essstören gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen in Deutschland, beginnen meist im Jugendalter und weisen eine hohe Lebenszeitprävalenz auf (Bundesgesundheitsministerium, 2023). Dies liegt daran, dass Menschen in der westlichen Gesellschaft stark nach ihrem äußeren Erscheinungsbild bewertet werden. Die Störung des Essverhaltens ist ein besonders wichtiges Thema, da die Nahrungsaufnahme zu den Grundbedürfnissen eines Menschen gehört. Außerdem kann eine Essstörung schwerwiegende gesundheitliche, teils sogar tödliche Folgen haben. Das Selbstwertgefühl der Betroffenen orientiert sich daran, ob der eigene Körper als attraktiv wahrgenommen wird oder nicht. Wenn das Körpergewicht zunimmt, kann dies starke Selbstzweifel auslösen. Essstörungen betreffen vorrangig Frauen, weswegen in diesem Beitrag ausschließlich auf Frauen eingegangen wird (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen, 2022).

Arten von Essstörungen

Es existieren unterschiedliche Arten von Essstörungen, welche nachfolgend aufgezählt werden.

Die Anorexia Nervosa ist vor allem durch ein sehr starkes, gesundheitsbedrohliches Untergewicht gekennzeichnet. Bei der Bulimia Nervosa, kommt es abwechselnd zu Essanfällen gefolgt von gegenregulierendem Verhalten in Form von beispielsweise Erbrechen. Die Binge-Eating-Störung geht mit Essanfällen mit Kontrollverlust einher. Im Gegensatz zur Bulimia Nervosa kommt es hier nicht zu kompensatorischen Verhaltensweisen. Zudem existiert eine Gruppe von „nicht näher bezeichneten Essstörungen“. Diese dient der Einordnung von Essstörungen, welche den Kriterien für spezifische Essstörungen nicht entsprechen, aber wie auch die anderen Essstörungen zu einer Störung der normalen Regulation von Hunger und Sättigung führen. (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen, 2022).

Wie soziale Medien Essstörungen begünstigen

80-90% der Frauen fühlen sich in ihrem eigenen Körper nicht richtig wohl und sind nicht zufrieden mit ihrem Erscheinungsbild, wie etliche wissenschaftliche Studien belegen können. Fast jedes zweite Mädchen, fühlt sich zu dick, obwohl sich ihr Gewicht im Normalbereich befindet (Wimmer-Puchinger, 2015). Besonders in der Pubertät ist man sehr anfällig für Verunsicherungen. Da Menschen mit Essstörungen oft Unverständnis von ihrem sozialen Umfeld erfahren, finden sie auf Instagram in der sogenannten Pro-Ana und Pro-Mia-Szene gleichgesinnte, die sie in ihrer Krankheit unterstützen und sogar anspornen (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 2022).

Vorbildfunktion von Influencerinnen

Soziale Medien wie Instagram können Verursacher für Essstörungen sein. Körperideale werden internalisiert, es werden falsche Erwartungen an Körperbilder gestellt und zudem findet ein Vergleich der Frauen unter sich statt (Holland &Tilgmann, 2016). Mädchen und junge Frauen nutzen die sozialen Medien, um sich selbst darzustellen und gleichzeitig orientieren sie sich an den Fotos, die auf anderen Profilen der sogenannten Influencerinnen zu sehen sind. Diese Bilder sind oft stark bearbeitet und vermitteln die Botschaft, makellos, dünn und durchtrainiert sein zu müssen, wenn man beliebt und erfolgreich sein möchte. (BZgA, 2022).  Zudem bewerben diese Influencerinnen oft Proteinshakes, zuckerfreie Getränkesirups, Saucen und ähnliches.  So besteht die Gefahr, dass Tipps von Influencerinnen übernommen werden, um einen perfekten Körper zu bekommen. Viel Disziplin in den Bereichen Fitness und Ernährung und die Auseinandersetzung mit Diäten und Sport führen nicht zwangsläufig zu einer Essstörung, aber wenn die Selbstoptimierung zur Sucht wird, besteht die Möglichkeit, dass sich eine Essstörung entwickelt.  So wird auf Social Media oft problematisches Ess- und Sportverhalten verharmlost (BZgA, 2022). Es ist nachgewiesen, dass Influencerinnen für Mädchen und junge Frauen eine bedeutende Vorbildfunktion erfüllen. Das Verständnis von „natürlich“ und „spontan“ wird  weiter verzerrt und die falsche Realität wird zum Standard, der nicht hinterfragt wird und keine Abweichungen zulässt (Götz, 2019).

Was sich daraus schließen lässt

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in einer zunehmend digitalen Welt, die sozialen Medien eine große Auswirkung darauf haben, wie die Menschen sich selbst wahrnehmen. Vor allem Mädchen und junge Frauen werden zunehmend von Influencerinnen beeinflusst die ihre vermeintlich perfekten Körper präsentieren und ihre Diäten und Produkte bewerben. Wenn man täglich mit diesen Inhalten konfrontiert wird, kann die Sicht auf das eigene Körperbild negativ verändern, was zu einer Essstörung führen kann. Essstörungen sind psychische Störungen, die sich durch gestörtes Essverhalten und ein problematisches Verhältnis zum eigenen Körpergewicht und zur Körperwahrnehmung auszeichnen. Sie umfassen Krankheiten wie Anorexie Bulimie und Binge-Eating-Störung. Essstörungen haben oft schwerwiegende Auswirkungen auf die körperliche und psychische Gesundheit.

Allerdings findet im Netz im Moment eine Gegenbewegung gegen den Fitness- und Schlankheitswahn statt: Immer mehr Influencerinnen zeigen sich ungeschminkt, zeigen ihre Fettröllchen, Cellulite und ihre Figur ohne Filter, Bearbeitung und Posing. Viele sprechen auch offen über ihre Essstörung. Das kann viele junge Mädchen und Frauen ermutigen sich Hilfe zu suchen und zu begreifen, dass die vermeintlich perfekte Welt auf Social Media lange nicht so perfekt ist, wie sie es zu sein vorgibt. Um sich nicht täglich mit perfekten konfrontieren zu müssen, kann es helfen, bestimmten Hashtags oder Konten zu entfolgen oder Beiträge zu blockieren, welche für ein schlechtes Selbstwertgefühl sorgen.

Quellenverzeichnis

AOK- Bundesverband. (2023). AOK-Umfrage: Social Media verzerrt Selbstbild junger Menschen. https://www.aok.de/pp/bv/pm/social-media-selbstbild-junger-menschen/  (Stand: 09.10.20023)

Bieri, V. (2020). Jugend, Medien und Deliquenz. Der Einfluss neuer Medien auf die Straffälligkeit von Jugendlichen. Olten: Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW.

Bitkom. (9. Juni, 2022). Anteil der befragten Kinder und Jugendlichen, die folgende soziale Netzwerke nutzen, nach Altersgruppen in Deutschland 2021 [Graph]. In Statista. Zugriff am 18. Oktober 2023, von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/298176/umfrage/umfrage-zur-nutzung-sozialer-netzwerke-durch-kinder-und-jugendliche/

Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung. Fördern soziale Medien Essstörungen? 2022. Köln: BZgA.

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (2022) Essstörungen.Suchtmedizinische Reihe Band 3. (8. Aufl.) Meckenheim: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

Feistner, Renate (2018). Essstörungen-Heilung ist möglich. Ein Praxishandbuch. Stuttgart: Klett-Cotta.

Fichter, M.M.(2018). Epedemiologie des Ess- und Fütterstörungen. In: Herpertz,S., Fichter,M.M., Herpertz-Dahlmann,B., Hilbert,A., Tuschen-Caffier,B., Vocks,S., Zeeck,A. (Hrsg.) Leitlinie Diagnostik

Pirker, V. (2018). Social Media und psychische Gesundheit. Am Beispiel der Identitätskonstruktion auf Instagram. Communicato Socialis. 51:467-480.

Werg, J, & Cerny,L. (2020). Der Einfluss von sozialen Medien und Influencer/innen am Beispiel einer Wettbewerbskonzeption. Ökologisches Wirtschaften, 2 (35).

Wimmer-Puchinger, B. (2015). Adipositas und Essstörungen im Brennpunkt. Eine Außeinandersetzung mit dem Einfluss der Wirtschaft auf Kinder und Jugendliche. Wien: Jentzsch.

Bildnachweis:

https://unsplash.com/de/fotos/%EB%91%90-%EC%8C%8D%EC%9D%98-%EC%95%84%EB%A0%B9-%EC%9C%84%EC%97%90-%ED%9D%B0%EC%83%89-%EC%95%A1%EC%B2%B4%EA%B0%80-%EC%B1%84%EC%9B%8C%EC%A7%84-%EC%BB%B5%EC%9D%84-%EB%93%A4%EA%B3%A0-%EC%9E%88%EB%8A%94-%EC%82%AC%EB%9E%8C-__QqvTI5Edc

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