By Published On: 4. Februar 2023Categories: Management, Technologie, Wirtschaft

Ohne Frage ist die Zusammenarbeit mit Influencern zu einem bedeutenden Instrument des Marketings geworden. Entsprechend kann das Influencer Marketing bemerkenswerte Zahlen vorweisen:

  • 45% der Unternehmen in Deutschland planten im Jahr 2021, das Budget für das Influencer Marketing zu erhöhen. 70% der Unternehmen nahmen eine wachsende Bedeutung dieser Marketing-Form wahr (Bundesverband Digitale Wirtschaft, 2021, S. 6).
  • 66% der Unternehmen planten und entwickelten ihre Kampagnen bereits gemeinsamen mit Influencern, 21% der Unternehmen involvieren Influencer sogar bei der Kampagnen- und Produktentwicklung (Bundesverband Digitale Wirtschaft, 2021, S. 11).
  • Für das Influencer Marketing wurde 2021 ca. 14 Milliarden US-Dollar ausgegeben. Das ist eine Verdopplung der Ausgaben in nur 2 Jahren (Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 2022).
  • Bekannte Unternehmen arbeiten mittlerweile mit einer Vielzahl von Influencern zusammen. Im Bereich Mode sind dort NA-KD (1.090 Influencer) und Zara (1.070 Influencer) führend (Adam, 2022).

Der Grund für diese Zahlen ist einfach zu erklären: So geben beispielsweise 38% aller Instagram-Nutzer an, dass sie bereits ein Produkt gekauft haben, weil es von einem Influencer empfohlen wurde (Statista, 2019). Dazu muss aber auch festgehalten werden, dass der Einfluss von Influencern auf die Kaufentscheidung deutlich zunimmt, je jünger die Social-Media-Nutzer sind (Faktenkontor, 2019). Wenn jedoch fast die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen ab 12 bis 13 Jahre einen Youtube-, TikTok-, Snapchat- oder Instagram-Zugang hat (Bitkom, 2022, S. 8), dann stellt sich zwangsläufig die Frage, welcher ethische Rahmen für die Influencer gelten sollte.

Infuencer Marketing

Influencer Marketing ist streng genommen kein neues Thema. Schon seit langem werden beispielsweise Sportler, Musiker oder Schauspieler als Fürsprecher in die Kommunikation von Unternehmen eingebunden, um über einen Imagetransfer das positive Image des Testimonials auf das zu bewerbende Angebot zu übertragen. Das Influencer Marketing greift jedoch oftmals nicht auf diese klassischen Testimonials zurück, sondern nutzt Influencer, die sich in den sozialen Medien durch ihre Aktivitäten eine Sichtbarkeit aufgebaut haben (Kreutzer, 2021a, S. 34).

Das Influencer Marketing zeichnet sich durch drei Eigenschaften aus (Nirschl & Steinberg, 2018, S. 7-10):

  • Social Media Marketing: Unternehmen nutzen bereits die sozialen Medien, um ihre Produkt- und Serviceangebote zu platzieren. Dabei soll auch durch ein authentisches Auftreten der Ruf eines Unternehmens und das Image einer Marke gestärkt werden. An dieser Stelle setzt das Influencer Marketing an.
  • Content Marketing: Ziel des Content Marketings ist es, durch hochwertige Inhalte, die einen Mehrwert bieten, die Zielgruppe anzusprechen und beispielsweise zu Käufen zu animieren. Dies spielt auch im Influencer Marketing eine große Rolle, da für die jeweilige Zielgruppe in Abhängigkeit vom Kanal die passenden Inhalte erzeugt werden müssen.
  • Empfehlungsmarketing: Weiterempfehlungen von Kunden, die von einem Produkt überzeugt sind, sind für Unternehmen besonders wertvoll. Im Rahmen des Influencer Marketings werden Empfehlungen der Influencer genutzt, die anschließend über die sozialen Medien schnell einer breiten Masse zugänglich gemacht werden können.

Ethik im Influencer-Marketing

Bereits die vorherigen Ausführungen machten deutlich, dass die Inanspruchnahme von Influencern von Unternehmen eine moralische Grauzone darstellt. So treffen beispielsweise Influencer in den sozialen Medien auf viele Kinder und Jugendliche, die tendenziell leichter zu beeinflussen sind und Werbung nicht von freier Meinungsäußerung unterscheiden können. Erschwerend kommt hinzu, dass sich bereits mit einzelnen Posts viel Geld als Influencer verdienen lässt. Influencer mit 20.000 bis 100.000 Followern erhalten teilweise bereits bis zu 2.300 US-Dollar pro Post (siehe Tabelle 1). Dies kann zu unethischen Verhalten verleiten, indem beispielsweise Produkte mit gefährlichen Inhaltsstoffen beworben werden. Im Jahr 2021 machte der YouTuber Marvin auf diese Problematik aufmerksam, indem er ein Fake-Produkt mit Inhaltsstoffen wie Uran, Asbest und „pipikaka seed oil“ entwarf und trotz dieser Inhaltsstoffe Influencer fand, die dieses Produkt bewarben (Immer, 2021). Auch kaufen viele Influencer mittlerweile Follower ein, um ihre Reichweite künstlich zu vergrößern und so die Chancen auf eine bessere Bezahlung zu erhöhen. Es wird davon ausgegangen, dass mittlerweile nur knapp die Hälfte aller Follower keine echten Menschen sind (van Rinsum, 2021).

FollowerVon (US-Dollar)Bis (US-Dollar)
1.000 – 5.0001060
5.000 – 20.00030270
20.000 – 100.0002002.300
100.000 – 1.000.0001.50010.500
> 1.000.00015.000
Tabelle 1: Einkommensmöglichkeiten der Influencer in Deutschland (Quelle: Hype-Journal, 2020)

Entsprechend hat mittlerweile der Bundesverband Influencer Marketing einen Ethikkodex herausgegeben, der Influencer dabei helfen soll, „sich innerhalb und außerhalb von verschiedenen Kooperations- und Rollenkonstellationen ethisch angemessen zu verhalten“ (Enke, et al., 2019, S. 11). Konkret werden mit diesem Ethikkodex drei wesentliche Ziele verfolgt (Enke, et al., 2019, S 9):

  1. Orientierung und Konfliktvorbeugung: Der Ethikkodex soll die Zusammenarbeit erleichtern und in Konfliktsituationen einen Entscheidungsrahmen bieten. Zudem soll er Orientierung für ethisch angemessene und verantwortungsvolle Zusammenarbeit geben.
  2. Reflexionsgrundlage: Das eigene Handel soll von dem Hintergrund ethischer Leitlinien reflektiert und eingeordnet werden können.
  3. Vertrauen und Legitimität: Das Befolgen des Ethikkodex soll dazu führen, dass sowohl in der Branche als auch außerhalb der Branche Vertrauen und Legitimität aufgebaut wird. Dadurch wird die Professionalisierung und Anerkennung des Influencer Marketings und der Influencer vorangetrieben.

Den Kern des Ethikkodex bilden zehn Richtlinien (siehe Abbildung 1), die in dem Kodex noch zu konkreten Handlungsempfehlungen ausformuliert und um passende Beispiele erweitert wurden. 

Abbildung 1: Die zehn Richtlinien des Ethikkodex (Quelle: Enke, et al., 2019, S. 4)

Fazit

Das Influencer Marketing hat in den vergangenen Jahren immer mehr Aufmerksamkeit erhalten. Dies äußert sich insbesondere darin, dass Unternehmen mittlerweile oftmals mit einer Vielzahl von Influencern weitreichend kooperieren und in diese Kooperationen große Summen investieren. Entsprechend lassen sich bei großen Follower-Zahlen hohe Einkünfte für einen Influencer erzielen. Dies kann jedoch auch Influencer zu unethischem Verhalten anleiten, indem sie beispielsweise die Follower-Zahlen künstlich in die Höhe treiben oder fragwürdige Produkte empfehlen. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Kinder und Jugendliche in den sozialen Medien anzutreffen sind, die oftmals nur schwer Werbung von freier Meinung unterscheiden können. Der Bundesverband Influencer Marketing hat sich daher genötigt gefühlt, einen Ethikkodex aufzustellen, der zu ethisch angemessen Verhalten anleiten soll. Befasst man sich jedoch eingehender mit diesem Ethikkodex, dann wird man feststellen, dass hier viele Themen aufgegriffen werden, die aus dem täglichen Leben bekannt und daher selbstverständlich sein sollten. Dadurch wirft der Ethikkodex kein besonders gutes Licht auf die Branche. Für Einsteiger kann der Ethikkodex jedoch zumindest eine gute Orientierung bieten.

Literatur

Adam, M. (2022). Diese 10 Modemarken haben die meisten Influencer-Kooperationen. Zugriff am 11.11.2022. Verfügbar unter https://www.textilwirtschaft.de/business/news/hype-auditor-analyse-diese-10-modemarken-haben-die-meisten-influencer-kooperationen-236919

Bitkom (2019). Mit 10 Jahren haben die meisten Kinder ein eigenes Smartphone. Zugriff am 11.11.2022. Verfügbar unter: https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Mit-10-Jahren-haben-die-meisten-Kinder-ein-eigenes-Smartphone

Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) (2021). Umfrage Influencer Marketing in Unternehmen. Berlin: Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW).

Enke, N., Borchers, N. S., Auksutat, P., Bühler, L., Göbel, S., Maus, S., Prötzsch, M., Schmiech, Y. & Virgil, F. (2019). Whitepaper Ethikkodex Influencer Kommunikation. Leipzig: Universität Leipzig.

Faktenkontor (2019). Social Media kills the Radio Star…? Zugriff am 11.11.2022. Verfügbar unter https://www.faktenkontor.de/corporate-social-media-blog-reputationzweinull/social-media-kills-the-radio-star/

Hype-Journal (2020). State of Influencer Marketing in Germany Part 2. Zugriff am 11.11.2022. Verfügbar unter https://hypeauditor.com/blog/state-of-influencer-marketing-in-germany-2/

Immer, C. (2021). Von YouTuber hinters Licht geführt: Influencer werben für Fake-Hautcreme. Zugriff am 11.11.2022. Verfügbar unter https://onlinemarketing.de/cases/youtuber-influencer-werben-fake-hautcreme

Institut der deutschen Wirtschaft Köln (2022). Influencer: Ein wachsender Werbemarkt. Zugriff am 11.11.2022. Verfügbar unter https://www.iwd.de/artikel/influencer-ein-wachsender-werbemarkt-532151/

Kreutzer, R. T. (2021a). Social-Media-Marketing kompakt – Ausgestalten, Plattformen finden, messen, organisatorisch verankern (2. Auf.). Wiesbaden: Springer Gabler.

Nirschl, M./Steinberg, L. (2018). Einstieg in das Influencer Marketing: Grundlagen, Strategien und Erfolgsfaktoren. Wiesbaden: Springer Gabler.

van Rinsum, H. (2021). Influencer Marketing: Jeder zweite Follower ist ein Fake. Zugriff am 11.11.2022. Verfügbar unter https://www.internetworld.de/social-media-marketing/influencer/influencer-marketing-zweite-follower-fake-2618870.html.

Bildquelle

Stellmach, V. (2019). Influencer Marketing: Der Ethik-Kodex und seine traurige Notwendigkeit. Zugriff am 11.11.2022. Verfügbar unter https://www.basicthinking.de/blog/2019/12/19/influencer-marketing-ethik-kodex/

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