By Published On: 13. Februar 2024Categories: Management, Wirtschaft

Obwohl die Anzahl an gut ausgebildeten Arbeitskräften in Deutschland bislang nicht gering war, klagen viele Unternehmen, dass offene Stellen für Fachkräfte nicht besetzt werden (Bosch, Brücker & Koppel, 2011, S. 583). Aus welchen Ursachen dieses Problem hervorgeht und welche Maßnahmen vorgenommen werden können, zeigt sich in diesem Blogbeitrag.

Definition und aktuelle Situation

Für den Begriff „Fachkräftemangel“ gibt es bislang keine einheitliche Definition. Unter einer Fachkraft wird eine Person verstanden, welche mindestens eine Berufsausbildung abgeschlossen hat. Der Mangel beschreibt eine Situation, in der auf lange Sicht verfügbare Fachkräfte die Nachfrage in Unternehmen nicht decken können. Ein Fachkräftemangel wird somit erst über einen längeren Zeitraum erkennbar (Bußmann, 2015, S. 45–46).

Aktuell sind besonders Berufe im Gesundheitsbereich wie Sozialarbeit, Erziehung und Pflege betroffen, aber auch Berufe im Handwerk und in MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) wie der IT-Bereich klagen über fehlendes Personal. Der Fachkräftemangel nimmt seit Jahren in Deutschland stetig zu. Momentan liegt die Lücke an qualifizierten Fachkräften im Jahresdurchschnitt (Juli 2021 bis Juli 2022) bezogen auf alle Berufe bei rund 540.000 Stellen. Dies bezieht sich auf Stellen, die nicht besetzt werden konnten, da passende qualifizierte Fachkräfte nicht vorhanden waren (Hickmann & Konenberg, 2022, S. 1).

Bezogen auf den Fachkräftemangel im wirtschaftlichen Bereich befindet sich nach dem ifo Institut der Indikator zum Fachkräftemangel auf einem Höchststand. Dieser Indikator für deutsche Wirtschaft gibt den Anteil deutscher Unternehmen an, die durch den Fachkräftemangel gehemmt werden. Demzufolge waren im Oktober 2021 43% deutscher Unternehmen durch fehlende Fachkräfte beeinträchtigt. Im Jahr zuvor waren es 34,4%. 2009 lag der Indikator noch bei ungefähr 10%. Im Wirtschaftsbereich sind besonders Dienstleistungsbereiche betroffen. Fast 48% der Unternehmen in diesem Bereich klagten über Beeinträchtigungen. In den restlichen Wirtschaftsbereichen ist der Anteil zwar geringer, dennoch ist der Anteil gestiegen. Im Verarbeitenden Gewerbe ist beispielsweise der Anteil um 9% zum Vorquartal auf 36,6% gestiegen (Sauer & Wollmershäuser, 2021, S. 3–4).

Gründe für den Fachkräftemangel

Für den Fachkräftemangel gibt es viele verschiedene mögliche Ursachen. Im Folgenden werden speziell drei Gründe näher vorgestellt.

Demografischer Wandel

Durch den demografischen Wandel verändert sich die Zusammensetzung der Bevölkerung. Die Größe und der Anteil erwerbsfähiger Menschen, welche von Geburten und Todesfällen beeinflusst werden, bestimmen das Arbeitsangebot (Kettner, 2012, S. 39). In Deutschland und auch in anderen europäischen Ländern kam es zu einem Rückgang der Geburtenrate. 2022 lag die Geburtenrate bei 1,46 Kinder je Frau, 8% weniger als im Vorjahr. Somit liegt dieser Wert auf dem aktuell niedrigsten Stand seit 2013 (1,42 je Frau) (Statistisches Bundesamt, 2023).

Während sich zum einen die Geburtenrate in Deutschland verringert, steigt zum anderen die Lebenserwartung, wodurch sich die Alterszusammensetzung verändert. Die Anzahl der Erwerbsbeteiligung älterer Menschen hat in den letzten Jahren stark zugenommen (Kettner, 2012, S. 41). 2012 lag die Erwerbsbeteiligung von 60- bis 64-Jährigen bei 47% und ist 2022 auf 63% gestiegen. Auch Menschen im Alter von 65 – 69 Jahren arbeiten mehr. 2012 arbeiteten 11% und 2022 19% (Statistisches Bundesamt, 2023).

Angesichts dieser demografischen Entwicklung wird sich die Anzahl der qualifizierten Fachkräfte verringern. Im Vergleich der Anzahl von Absolvierenden und Fachkräften entsteht laut dem Institut der deutschen Wirtschaft ein bedeutendes Defizit. Voraussichtlich werden in Deutschland 2027/2028 100.000 Fachkräfte altersbedingt mehr aus dem Arbeitsmarkt austreten als junges Fachpersonal nachrückt (Bökenkamp, 2010, S. 2).

Zu- und Abwanderung von Fachkräften

Die Zusammensetzung qualifizierter Erwerbspersonen wird auch durch die überregionale Zu- und Abwanderung beeinflusst. Gründe für eine Wanderung sind oftmals unterschiedliche Beschäftigungs- und Gehaltsangebote. Bei einer Zuwanderung von Fachkräften kann grundsätzlich ein Fachkräftemangel ausgeglichen werden, solange die Qualifikationen der ausländischen Erwerbspersonen der Nachfrage deutscher Unternehmen entsprechen. In vielen Fällen trifft dies jedoch nicht zu und ausländische Erwerbspersonen verfügen nicht über die gewünschten Qualifikationen, sodass ein Mangel bestehen bleibt (Bökenkamp, 2010, S. 3).

Aber auch durch Abwanderung deutscher Fachkräfte entwickelt beziehungsweise verstärkt sich der Fachkräftemangel. Gerade hochqualifizierte Erwerbspersonen tendieren zu einer Abwanderung, da die Aussichten hinsichtlich Beruf, Einkommen und Selbstverwirklichung im Ausland attraktiver erscheinen (Bökenkamp, 2010, S. 4).

Digitalisierung und steigender Wettbewerb

Die Digitalisierung nimmt zunehmend Einfluss auf eine Großteil der Arbeitsstellen, wodurch neue Fähigkeiten und Kompetenzen wie beispielsweise im Bereich Computer, Technik und Management gefragt sind (Anding, 2018, S. 15).

Auch neue Beschäftigungsoptionen durch die steigende Anzahl von Startup-Unternehmen werden Fachkräften angeboten und erhöhen dadurch den Wettbewerb innerhalb deutscher Unternehmen. Diese bieten oftmals attraktivere Arbeitsstellen, bessere Lohn- und Beteiligungsoptionen als auch schnellerer Entwicklungschancen. Dadurch kommt es auch zu Abwanderungen von Fachpersonal von besehenden Unternehmen in Startup-Unternehmen (Anding, 2018, S. 16–17).

Maßnahmen und Lösungsstrategien

Ein erster Ansatzpunkt legt den Fokus auf den Bereich der Schul- und Berufsausbildung. Zum einen muss die Anzahl der Schul- und Ausbildungsabbrecher verringert, zum anderen die Ausbildungszahl erhöht werden. Dies kann sich beispielsweise durch attraktivere Arbeitsbedingungen und -gestaltungen ergeben, sodass auch die Abwanderung von qualifizierten Fachkräften reduziert wird (Bosch et al., 2011, S. 585).

Durch bessere und flexiblere Arbeitsgestaltungen und eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf, kann die Erwerbsbeteiligung von Frauen erhöht werden. Auch die Möglichkeit zur Teilzeitbeschäftigung sollte intensiver in die Arbeitswelt eingeführt werden (Bußmann, 2015, S. 48).

Ein weiterer Ansatzpunkt liegt in der Weiterbildung beziehungsweise Umschulung von Arbeitskräften ohne abgeschlossene Berufsausbildung und von Arbeitslosen, die infolge des strukturellen Wandels ihren Beruf nicht weiter verüben können. Unternehmen haben die Aufgabe, die Leistungsfähigkeit ihrer Arbeitskräfte durch geeignete Weiterbildungen zu erhalten und zu fördern (Bosch et al., 2011, S. 585). Auch ältere qualifizierte Arbeitskräfte müssen in unternehmerische Weiterbildungen und in Maßnahmen der Arbeitsplatzgestaltung miteinbezogen werden, damit diese möglichst lang dem Unternehmen erhalten bleiben (Fuchs, 2013, S. 404).

Fazit

Bezüglich der Problemfrage zu Beginn kann schlussfolgernd gesagt werden, dass der Fachkräftemangel durchaus zum Teil durch die moderne Arbeitswelt verursacht wird, aber auch auf andere Ursachen zurückzuführen ist.

Auf dem Arbeitsmarkt werden künftig immer mehr qualifizierte Fachkräfte altersbedingt ausscheiden, weshalb die Ausbildung neuer Fachkräfte gefördert werden muss. Um langfristige Erfolge zu erzielen, müssen Maßnahmen vorgenommen werden, wie beispielsweise oben genannte, die es Frauen ermöglichen, Beruf und Familie besser zu vereinen. Sowohl Möglichkeiten zur Weiterbildung von Arbeitskräften, um weiterhin qualifizierte Fachkraft zu sein als auch Maßnahmen, damit auch ältere Erwerbsfähige Teil der Arbeitswelt bleiben (Fuchs, 2013, S. 405).

Bildverzeichnis

Titelbild: Selbst erstelltes Bild

Literaturverzeichnis

Anding, M. (2018). Fachkräftemangel: Zur Lösung eines greifbaren Problems in digitalen Zeiten. Wirtschaftsinformatik & Management, 10, S. 14-21. https://doi.org/10.1007/s35764-018-0012-2

Bosch, G. Brücker, H. & Koppel, O. (2011). Fachkräftemangel: Scheinproblem oder Wachstumshemmnis?. Wirtschaftsdienst, 9, S. 583-593. https://doi.org/10.1007/s10273-011-1268-9

Bußmann, S. (2015). Fachkräftemangel am deutschen Arbeitsmarkt. In J. Lempp, G. van der Beek & T. Korn (Hrsg.), Aktuelle Herausforderungen in der Wirtschaftsförderung (S. 45-49). Wiesbaden: Springer Gabler. https://doi.org/10.1007/978-3-658-08960-3_5

Bökenkamp, G. (2010). Demografischer Wandel und Fachkräftemangel. Potsdam: Friedrich-Naumann-Stiftung.

Fuchs, J. (2013). Demografie und Fachkräftemangel. Bundesgesundheitsblatt, 56, S. 399-405. https://doi.org/10.1007/s00103-012-1616-y

Hickmann, H & Konenberg, F. (2022). Die Berufe mit den aktuell größten Fachkräftelücken. Institut der deutschen Wirtschaft, 67, S.1-3.

Kettner, A. (2012). Fachkräftemangel und Fachkräfteengpässe in Deutschland: Befunde, Ursachen und Handlungsbedarf. Berlin

Sauer, S. & Wollmershäuser, T. (2021). Fachkräftemangel wird zunehmend zur Belastung für die deutsche Wirtschaft. Ifo Schnelldienst Digital, 17, S. 1-4.

Statistisches Bundesamt (2023). Geburtenrate 2022 auf 1,46 Kinder je Frau gesunken. Zugriff am 04.01.2024. Verfügbar unter https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/07/PD23_290_12.html

Statistisches Bundesamt (2023). Erwerbstätigkeit älterer Menschen. Zugriff am 04.01.2024. Verfügbar unter https://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Demografischer-Wandel/Aeltere-Menschen/erwerbstaetigkeit.html

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