70 Stunden Arbeits-Wochen unter gesundheitsschädlichen Bedingungen, eine Entlohnung so gering, dass es für die Ernährung der Familie nicht reicht, weshalb man seine Kinder in die Arbeit statt zur Schule schicken muss. Heutzutage unvorstellbar? Doch für 60 Millionen Menschen aus der Textil- und Bekleidungsbranche in Entwicklungs- und Schwellenländern sieht so der Arbeitsalltag aus. (Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2021) Wofür das Ganze? Damit wir so schnell wie möglich eine breite Auswahl an Bekleidung der neuesten Trends shoppen können. Was man unter Fast-Fashion genau versteht, wie die aktuelle Lage aussieht und was jeder Einzelne tun kann, um der Bewegung entgegenzuwirken soll mithilfe dieses Beitrags aufgezeigt werden.
Die Gier nach preiswerter angesagter Kleidung hat die Art und Weise wie Menschen in der Textilbranche einkaufen und jene Teile entsorgen enorm verändert. Durch das Angebot großer Mengen an Kleidung zu günstigen Preisen hat sich Fast Fashion zu einem dominierenden Geschäftsmodell entwickelt, was den Bekleidungsverbrauch unfassbar ansteigen ließ. Der Begriff lässt sich schon fast mit einem Wettrennen beschreiben, welche Einzelhändler die Designs am schnellsten vom Laufsteg in die Läden bringen können, um die ständig wachsende Nachfrage nach neuen Styles zu stillen. (Bick, Halsey, Ekenga, 2018)
Was auf den ersten Blick wie ein gut geplantes Geschäftsmodell aussieht, hat jedoch eine sehr dunkle Schattenseite, wenn man sich die Frage stellt, wie so viel Ware so billig produziert werden kann. Mit der zunehmenden Globalisierung sind Lieferketten international geworden, wodurch die Herstellung von Textilien und Bekleidung in Gebiete mit billigeren Arbeitskräften verlagert wurden, um die Kosten niedrig zu halten. (Tewes, Buschmann und Schewes, 2019, S. 3)
Die Arbeitsbedingungen
Rund acht Jahre ist es bereits her, als es 2013 in Bangladesch zum Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza kam, wodurch 1135 Menschen getötet und 2483 verletzt wurden, und das obwohl bereits auf die Baufälligkeit des Gebäudes hingewiesen wurde. Um für internationale Marken wie Primark, Benetton, Mango oder C&A Kleidung zu nähen wurden sie jedoch zur Weiterarbeit aufgefordert, was einige in weiterer Folge ihr Leben kostete. Dieses Ereignis war ausschlaggebend dafür, dass viele sich das erste Mal über die massiv gefährlichen Arbeitsbedingungen der Textilindustrie bewusst wurden. (Husting, 2021, S. 86 – 87) Laut den Ergebnissen der Arbeit der Clean Cloth Campaign (CCC) wurden 1589 Fabriken untersucht und über hunderttausend Gefahrenquellen ausgemacht. Fast alle Fabriken kümmern sich nicht um erforderliche Reparaturen und hinken den vereinbarten Sanierungen immer noch hinterher. Lediglich sieben haben bemängelte Sicherheitslücken behoben – Notausgänge und Brandschutzmaßnahmen fehlen zum großen Teil immer noch. (Ecowoman, 2021)
Die Schädigung der Umwelt
Doch nicht nur die Arbeitsbedingungen der Textilindustrie stellen ein Problem dar, sondern auch der umweltschädliche Umgang der sowohl die Herstellung als auch die Entsorgung betrifft. In den Vereinigten Staaten werden beispielsweise ungefähr 90% der Bekleidung aus Baumwolle oder Polyester hergestellt, was mit erheblichen gesundheitlichen Auswirkungen durch die Herstellungs- und Produktionsprozesse verbunden ist. Bei Polyester handelt es sich beispielsweise um eine synthetische Faser, die aus Öl gewonnen wird, während es sich bei Baumwolle zwar um eine natürlich gewonnene Faser handelt, welche jedoch große Mengen an Wasser und Pestiziden benötigt, um den Wachstum zu fördern. Außerdem birgt das Färben von Textilien zusätzliche Gefahren, da unbehandeltes Abwasser häufig in lokale Wassersysteme eingeleitet, welches Schwermetalle und andere Giftstoffe beinhaltet. (Bick, Halsey, Ekenga, 2018) Einmal freigesetzt reichern sich die Giftstoffe in Flüssen, Meeren, Böden und in Pflanzen an und tauchen später in Nahrungsmitteln und dem Trinkwasser wieder auf, was die Gesundheit von Bewohnern sowie auch Tieren enorm beeinträchtigen kann. (Ecowoman, 2021)
Wir alle sind Teil des Problems
Auch wenn die Probleme der Umwelt und der Arbeitsbedingungen der Herstellung ferne Themen sind, deren Ausmaß man sich kaum vorstellen kann muss gestanden werden, dass wir alle, Teil des Problems sind. Um den Belastungen der Textilindustrie entgegenzuwirken, ist nicht nur die Wirtschaft gefordert, sondern auch das Konsumverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher muss geändert werden bzw. nachhaltiger gestaltet werden. Nachhaltiger Kleidungskonsum bedeutet zum einen beim Neukauf von Kleidung qualitativ hochwertige, umwelt- und sozialverträglich produzierte Kleidung zu wählen. Zum anderen gehört jedoch auch eine freiwillige Verlangsamung und damit den Verzicht bzw. zumindest eine Einschränkung des Kleidungskonsums dazu, was bedeutet, dass bereits vorhandene Teile möglichst lange getragen werden, was einen schonenden Umgang in Hinsicht auf angemessene Pflege sowie eventuelle kleine Reparaturen voraussetzt. Aussortierte Kleidung sollte, falls sie noch in gutem Zustand ist, an andere weitergegeben, geändert oder für neue Stücke weiterverarbeitet werden. (Lopez, 2017)
Zusammenfassend ist demnach zu sagen, dass der einzige Weg den Auswirkungen von Fast-Fashion entgegenzuwirken der ist, sein eigenes Kaufverhalten zu ändern und bei dem nächsten Kleidungsstück nicht nur auf die schöne Farbe, den Schnitt oder den günstigen Preis des Teils, sondern auch auf die Qualität, Pflegeeigenschaften und vor allem die Bedingungen der Herstellung zu achten.
Literatur
Bick, H. E. (2018). The global environmental injustice of fastfashion.
Bundesministerium für Arbeit und Soziales. (2021). Von https://www.csr-in-deutschland.de/DE/Unternehmen/Branchen/Textil-Bekleidungs-Industrie/textil-bekleidungs-industrie.html abgerufen
Ecowoman. (2021). Von https://www.ecowoman.de/nachhaltige-nachrichten/blog/wie-schlecht-sind-die-arbeitsbedingungen-in-der-textilindustrie-4845 abgerufen
Husting, M. (Juli/August 2021). Die Pflicht hinzusehen. Vogue, S. 86, 87.
Lopez, I. (2017). CSR und Wirtschaftspsychologie. Köln: Springer.
Tewes, B. S. (2019). Fast Fashion – Eine verbraucherorientierte Analyse zur Verringerung des Massenkonsums. Kompetenzzentrum Verbraucherforschung NRW | KVF NRW.