Der absolute Allrunder der Psychologie wie es noch zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts üblich war, ist heute kaum noch zu finden. Zu Beginn dieser Wende versuchten Pioniere der Psychologie den Zusammenschluss von diversen Theorien und Methoden zu sichern. Eine beste oder einzig taugliche Methode konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Nach rasendem Wachstum haben sich verschiedenste Spezialisierungen gebildet (vgl.: Schönpflug, 2015, S. 41 – 43). So kam es auch dazu, dass im ausgehenden 1900 Jahrhundert die Sportpsychologie entstand (vgl.: Hänsel/Baumgärtner/Kornmann/Ennigkeit, 2016, S. 5).
Sportphysiologie versus Sportpsychologie
Sport und Bewegung werden individuell unterschiedlich erlebt und erfahren. Die Physiologie spricht von vergleichbaren biologischen Vorgängen, wie zum Beispiel Puls- und Laktatwerten, im Techniktraining von beobachtbaren Bewegungsabläufen oder von messbaren Größen wie Schnelligkeit, Höhe oder Weite (vgl.: Weinek, 2010, S. 45). Dem Gegenüber ist im Interesse der Psychologie das innere Erleben und das äußere beobachtbare Verhalten. Darunter fallen die psychischen inneren Voraussetzungen die eine Bewegung umzusetzen, die Art und Weise, wie der Mensch mit der Außenwelt kommuniziert und das Verhältnis der Innenwelt mit der Außenwelt (vgl.: Alfermann/Stoll, 2017, S. 11).
Gegenstandsbereiche der Sportpsychologie
Die Sportpsychologie untersucht das Erleben und Verhalten von Individuen in sportbezogenen Situationen, wobei die Bandbreite einer sportbezogenen Situation sehr groß ist und nicht eindeutig abgegrenzt werden kann. Ganz allgemein wird der Begriffe „Sport“ oder sportliche Aktivität, als strukturierte körperliche Betätigung bezeichnen, die den Energieverbrauch über den Grundumsatz anhebt. Die Sportpsychologie versteht sich als eine angewandte Wissenschaft und Forschung. Daher strebt sie nach Lösungen zu praktischen Problemen (vgl.: Hänsel et al., 2016, S. 18).
Fragestellungen in der Forschung
Die Forschung kann als Grundlage für die Beantwortung sportpsychologischer Fragen betrachtet werden. Zum einen wird der Einfluss psychologischer Faktoren auf Sport und Bewegung untersucht, um ein besseres Verständnis für psychologische Voraussetzungen bei Sport und Bewegung zu erlangen. Fragestellungen zu Psychische Prozesse beim Sport könnten wie folgt lauten. Verschlechtert Wut die Leistung? Wie muss sich der Trainer verhalten um Zufriedenheit bei seinen Athleten zu erzeugen? Kann mit guter Stimmung mehr sportliche Leistung erbracht werden als mit schlechter Stimmung?
Zum anderen wird der Einfluss von Sport und Bewegung auf psychische Prozesse untersucht. Wie weit können durch sportliche Aktivität die individuelle Entwicklung, das Wohlbefinden und die Gesundheit gesteigert werden. Sport als Mittel der Intervention. Die Fragestellung könnte wie folgt lauten. Vermindern regelmäßige Sporteinheiten Stressaktivitäten in Körper und Geist? Wird durch Sport das Selbstwertgefühl verbessert? (vgl.: Gabler/Nitsch/Singer, 2000, S. 13)
Disziplinen der Sportpsychologie
Die Sportpsychologie bildet sich aus der Schnittmenge Psychologie, Sportwissenschaft und Sportpraxis. In diesem „triadische Bezug“ behandelt sie Fragestellungen aus psychologischer Sichtweise, mit dem Einbezug von Sportwissenschaft als Gegenstand und ebenso als Ziel für die Sportpraxis. Sportpsychologie integriert somit nicht nur die beiden Wissenschaftsdisziplinen in ihre Forschung und Anwendungen, sondern auch die Anforderungen der Sportpraxis. Bei der Anwendung sportpsychologischer Erkenntnisse in der Praxis sollten wissenschaftliche Erkenntnisse die Grundlage bilden (vgl.: Alfermann/Stoll, 2017, S. 20).
Anwendungsfelder
Durch die gesteigerte Bedeutung sportlicher Aktivität im Alltag der Menschen, fand die Sportpsychologische Praxis Einzug in wachsende Bereiche des Breiten-, Freizeit-, Gesundheits-, Betriebs-, Schul-, Betriebs-, Behinderten- und Rehabilitationssportes. Die neu etablierten gesellschaftlichen Werte ergeben derzeit ein Dreieck aus dem klassischen Leistungsthema sowie den beiden weiteren fundamentalen Themen Gesundheit und Lebensqualität. Schnittstellen bilden dabei die Faktoren Spaß, Fitness und Abenteuer (vgl.: Hänsel et al., 2016, S. 238). Eines der wichtigsten und größten Anwendungsfelder bildet jedoch nach wie vor der Leistungssport. Die Sportpsychologische Lehre hat auch Einzug in verschiedenste Bereiche Sportlicher Ausbildungen gefunden. Hauptsächlich wird die Lehre der Sportpsychologie in universitären Studiengängen gelehrt, aber auch in Schulen, Übungsleiter-, Trainerausbildungen oder Weiterbildungskursen hat sie eine hohe Bedeutung erhalten. Wissenschaftlich fundierte Anwendungsmethoden, die in der Praxis genutzt werden können werden so weitervermittelt (Vgl.: Alfermann/Stoll, 2017, S.17).
Fazit
Das Menschliche Erleben und Verhalten in sportlichen Situationen wird in der Sportpsychologie durchleuchtet. Sport hat eine förderliche Wirkung auf die Persönlichkeitsentwicklung sowie die geistige Leistungsfähigkeit. Sie hilft, psychische Barrieren im Sport zu überqueren und Leistungsvoraussetzungen besser zu verstehen. Im Kontext des Leistungssports steht die Ausbildung von Trainern sowie die Entwicklung und Testung von Verfahren und Methoden im Mittelpunkt.
Im unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Schulsport stehen neben der Leistung auch Fragen zum Bewegungslehren und -lernen, zur Persönlichkeitsentwicklung und die Stärkung des Selbstkonzeptes im Fokus (Vgl.: Hänsel et al., 2016, S. 243). Die Sportpsychologie bringt Handlungswissen zur Leistungsverbesserung und zur Steigerung des Wohlbefindens. Sie hat in den meisten sportlichen Tätigkeiten und Ausbildungen bereits ihren Platz gefunden.
Literaturverzeichnis
Alfermann, D., & Stoll, O. (2017). Sportpsychologie, Ein Lehrbuch in 12 Lektionen. Aachen: Meyer&Meyer Verlag.
Gabler, H., Nitsch, J. R., & Singer, R. (2000). Einführung in die Sportpsychologie. Teil 2.: Anwendungsfelder. – Sport und Sportunterricht Band 3. Schorndorf: Hofmann Verlag.
Hänsel, F., Baumgärtner, S. D., Kornmann, J. M., & Ennigkeit, F. (2016). Sportpsychologie. Berlin Heidelberg: Springer-Verlag.
Schönpflug, W. (2015). Psychologie – historisch betrachtet, Eine Einführung. Wiesbaden: Springer.
Weinek, J. (2010). Optimales Training, Leistungsphysiologische Trainingslehre unter besonderer Berücksichtigung des Kinder- und Jugendtrainings. Balingen: Spitta Verlag.
Bildquelle
https://cdn.pixabay.com/photo/2017/08/24/21/41/tartan-track-2678544_1280.jpg