Die geheimnisvolle Welt der Träume
Etwa ein Drittel unserer Lebenszeit verbringen wir schlafend. In einem Teil dieser Zeit eröffnet sich uns eine zweite Welt, ein veränderter Bewusstseinszustand, in dem alles möglich zu sein scheint; Wir Träumen. Die Träume sind dabei nur dem Träumenden selbst zugänglich- von außen lässt sich lediglich mittels Hirnstrommessungen und durch Körper und Augenbewegungen, die in der sogenannten REM-Schlafphase vermehrt auftreten, die Traumphase ausmachen. Der Träumende erlebt nun unterschiedliche Sinneswahrnehmungen und Eindrücke, die häufig von starken Emotionen begleitet werden. Die Szenen enthalten oft Elemente aus dem Wachsein, Bruchstücke von kürzlich ereigneten Erlebnissen des Träumenden, jedoch sind sie häufig paradox und scheinen keiner kausalen Logik zu folgen. Oft erscheint uns erst beim Aufwachen das Geträumte irgendwie skurril oder wir können uns beim Aufwachen nicht einmal mehr daran erinnern, dass wir überhaupt geträumt haben (Endriss, 2023, S.206-208; Kast, 2015, S.110).
Moderne bildgebende Verfahren ermöglichen es heute, die Gehirnaktivität von Träumenden genauer zu untersuchen. Dabei wurde festgestellt, dass der Hirnstamm während des Traums Signale aussendet, welche Informationen über Sinneswahrnehmungen enthalten. Diese Informationen stammen jedoch nicht wie im Wach-Zustand aus der unmittelbaren Umgebung, sondern werden im Gehirn selbst erzeugt. Im Kortex rufen diese Signale dann Erinnerungen hervor, die zu diesen Signalen passen. Die verschiedenen Erinnerungen werden assoziativ miteinander verknüpft. Dabei erfolgt die Verknüpfung jedoch nicht auf eine logisch-kausale Weise, was oft zu skurrilen und zusammenhanglosen Szenen führt (Dorsch et al., 2014, S.1688-1689). Tatsächlich ähnelt die Art der Aktivierung im träumenden Gehirn dem Zustand einer Psychose. Während beiden Zuständen sind Bereiche im frontalen Kortex inaktiv, welche für ein rationales Urteilsvermögen von Nöten wären (Mota-Rolim & Araujo, 2013, S.751-752).
Die Funktion der Träume könnte dabei sein, die Gedächtnisleistung zu verbessern. Eine Studie fand einen Zusammenhang zwischen der REM-Schlafphase und einer verbesserten Gedächtnisleistung (Whitehurst et al., 2022). Zudem werden in der REM-Schlafphase die auch Eindrücke und Erinnerungen des Tages verarbeitet und gespeichert (Boyce et al., 2017). Doch obwohl wir etwa 600h im Jahr mit Träumen verbringen und in unserem Leben etwa 100.000 Träume erleben, ist der Traum ein Gegenstand der Forschung, über den noch sehr viele Fragen offen sind. Warum wir überhaupt träumen, und was dabei genau passiert, darüber besteht in der Forschung aktuell noch kein Konsens (Myers & DeWall, 2023, S.114; Nielsen & Stenstrom, 2005, S.1286).
Was sind Alpträume?
Nicht alle Träume sind angenehm. Tritt ein Traum mit so starken negativen Emotionen auf, dass die träumende Person davon aufwacht, dann handelt es sich um einen Alptraum. Sie können auch von physiologischen Reaktionen wie Kurzatmigkeit oder Schwitzen begleitet werden. Unterschieden werden sie von den Angstträumen, welche ebenfalls negative Emotionen beinhalten, jedoch nicht zum Aufwachen führen. Begünstigt werden Alpträume unter anderem durch das Erleben von Stress, Traumata oder der Einnahme bestimmter Medikamente wie Antidepressiva oder Parkinson-Medikamente. Aber auch genetische und persönliche Faktoren beeinflussen, wie häufig und wie schlecht geträumt wird (Stuck et al., 2009, S.211-212).
Dabei erleben fast alle Menschen hin und wieder mal einen Alptraum. Besonders häufig treten sie bei Kindern auf, mit zunehmenden Alter nehmen sie ab. Dennoch leiden immerhin etwa 5% der Erwachsenen unter Alpträumen (Stuck et al., 2009, S.212). Besonders häufig handeln die Alpträume der Erwachsenen von körperlichen oder psychischen Angriffen. Versagen und Hilflosigkeit kommen ebenfalls häufig vor (Statista, 2013). Die Alptrauminhalte von Kindern enthalten ebenfalls ähnliche Szenen; Neben Verletzungen machen Verfolgungen rund die Hälfte ihrer Alpträume aus (Stuck et al., 2009, S.212).
Wie aus Alpträumen wieder schöne Träume werden können
Einen solchen Alptraum wollen viele Menschen direkt nach dem Aufwachen am liebsten gleich vergessen und sich nicht weiter damit auseinandersetzen. Diese Vermeidung kann jedoch dazu führen, dass diese Träume noch häufiger auftreten. Aus Angst sich mit dem Geträumten auseinanderzusetzen kann sich diese noch verstärken- Die Personen entwickeln quasi eine Angst vor der Angst (Stuck et al., 2009, S.211-212). Gleichzeitig holen sich nur wenige Personen, die unter regelmäßigen und belastenden Alpträumen leiden, Hilfe. Das könnte unter anderem daran liegen, dass die Mehrheit der Menschen davon ausgeht, dass Alpträume nicht behandelbar seien (Nadorff et al., 2015, S.749).
Dabei gibt es durchaus mehrere Möglichkeiten, Alpträume zu behandeln. Besonders effektiv scheint dabei folgende Methode zu sein; Die Träumenden beschreiben ihren Traum schriftlich oder malen ein Bild dazu. Anschließend formulieren sie ihren Alptraum so um, dass er ihnen keine Angst mehr bereitet. Dabei sollte ein konstruktiver Lösungsansatz gewählt werden. Die Lösung sollte also nicht darin bestehen, vor der angstmachenden Situation im Traum wegzulaufen, sondern die Person sollte sich der Angst im Traum beispielsweise mit einer unterstützenden Person an der Seite stellen. Diesen alternativen Traum soll sich die Person nun täglich für ein paar Minuten vorstellen. Nach wenigen Wochen sollte dadurch nicht nur der konkrete Alptraum seltener auftreten, auch weitere schlechte Träume treten durch die gelernte Bewältigungsstrategie seltener auf (Stuck et al., 2009, S.215).
Eine weitere Möglichkeit um Alpträume weniger beängstigend zu machen, ist das luzide Träumen, eine Technik welche bereits in einem anderen WiPub-Beitrag gut erklärt wurde:
https://www.wipub.net/luzides-traeumen-ist-das-steuern-der-eigenen-traeume-fuer-alle-erlernbar/
Erlangt eine Person während des Träumens ein Bewusstsein darüber, so kommen ihr die Szenen in dem Wissen, dass das Erlebte nicht real ist, weniger beängstigend vor. Außerdem hat die Person dann die Möglichkeit, das Traumgeschehen so zu verändern, dass der Traum positiv weitergeführt wird oder kann sich während ihres luziden Traums bewusst dazu entscheiden, aufzuwachen (Mota-Rolim & Araujo, 2013, S.754). Selbst wenn es dem Träumenden nicht gelingt, gänzlich luzide zu träumen, können die Übungen zum luziden Träumen durch die kritische Auseinandersetzung mit dem Träumen dennoch das Auftreten von Alpträumen verringern (De Macêdo et al., 2019, S.6).
Zusammenfassung und Fazit
Träume sind ein Phänomen, das viele Menschen fasziniert. Gleichzeitig gibt es noch viele offene Fragen darüber, was Träume eigentlich sind. Fest steht, dass sie uns einerseits die Möglichkeit geben, einen anderen Bewusstseinszustand zu erleben, der von unserem sonst logisch-rationalen Denken losgelöst ist. Manchmal bestehen Träume jedoch aus so stark negativen Inhalten, dass wir verschreckt davon aufwachen. Wen solche Alpträume quälen, dem stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, diese wieder zu angenehmen Träumen werden zu lassen.
Literaturverzeichnis
Boyce, R., Williams, S., & Adamantidis, A. (2017). REM sleep and memory. Current Opinion in Neurobiology, 44, 167–177.
De Macêdo, T. C. F., Ferreira, G. H., De Almondes, K. M., Kirov, R., & Mota-Rolim, S. A. (2019). My Dream, My Rules: Can Lucid Dreaming Treat Nightmares? Frontiers in Psychology, 10, 2618. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2019.02618
Dorsch, F., Wirtz, M. A., & Strohmer, J. (Hrsg.). (2014). Dorsch—Lexikon der Psychologie (17. Auflage). Verlag Hans Huber.
Endriss, L. (2023). Alltägliche Parallelwelten: Flow und andere außergewöhnliche Bewusstseinszustände analysieren und bewerten. Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-41164-0
Kast, V. (2015). Traumzeit. Psychotherapeut, 60(2), 110–117. https://doi.org/10.1007/s00278-015-0007-x
Mota-Rolim, S. A., & Araujo, J. F. (2013). Neurobiology and clinical implications of lucid dreaming. Medical Hypotheses, 81(5), 751–756. https://doi.org/10.1016/j.mehy.2013.04.049
Myers, D. G., & DeWall, C. N. (2023). Psychologie. Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-66765-1
Nadorff, M. R., Nadorff, D. K., & Germain, A. (2015). Nightmares: Under-Reported, Undetected, and Therefore Untreated. Journal of Clinical Sleep Medicine, 11(07), 747–750. https://doi.org/10.5664/jcsm.4850
Nielsen, T. A., & Stenstrom, P. (2005). What are the memory sources of dreaming? Nature, 437(7063), 1286–1289. https://doi.org/10.1038/nature04288
Statista. (2013). Häufigste Motive von Alpträumen und schlechten Träumen im Jahr 2012. Spiegel. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/287140/umfrage/alptraeume-und-schlechte-traeume-haeufigste-grundthemen/
Stuck, B., Maurer, J. T., Schredl, M., Weeß, H.-G., & Fricke-Oerkermann, L. (2009). Praxis der Schlafmedizin: Schlafstörungen bei Erwachsenen und Kindern: Diagnostik, Differentialdiagnostik und Therapie ; mit 35 Tabellen. Springer Medizin Verlag.
Whitehurst, L. N., Subramoniam, A., Krystal, A., & Prather, A. A. (2022). Links between the brain and body during sleep: Implications for memory processing. Trends in Neurosciences, 45(3), 212–223. https://doi.org/10.1016/j.tins.2021.12.007
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