Führungskraft zu sein, ist nicht gleichbedeutend mit unfehlbar und perfekt sein. Vielmehr müssen sich auch Führungskräfte immer wieder selbst fachlich wie auch persönlich weiterentwickeln. Durch ihre übergeordnete Stellung in einer Top-Down-Hierarchie erhalten bestehende Führungskräfte oft kaum noch direktes und ehrliches Feedback zu ihrer Arbeit. Das führt dazu, dass sie sich und ihren Arbeitsstil nicht adäquat weiterentwickeln können, was dann wiederrum zu steigender Unzufriedenheit bei den Mitarbeitenden führen kann.
Führungskräfteentwicklung muss im Fokus der Chefetagen wie auch der Personalabteilungen sein, denn Führungskräfte haben großen Einfluss darauf, wie die Mitarbeitenden sich mit dem Unternehmen identifizieren, wie sie arbeiten und sich ans Unternehmen binden.
Welche Kompetenzen aktuell von Führungskräften verlangt werden und welche möglichen Entwicklungsmaßnahmen und -konzepte es bereits gibt, soll in diesem Blog im Fokus sein.
Welche Kompetenzen müssen heutige Führungskräfte haben?
Die Anforderungen an heutige Führungskräfte beschreibt Dr. Sebastian Biedenkopf beim Impulsvortrag „The Future of skill & leadership development“ im Rahmen der Kienbaum People Convention 2023 wie folgt:
- Führungskräfte müssen loslassen können!
- Sie können nicht alles können und sie müssen auch nicht perfekt sein.
- Vielmehr müssen sie akzeptieren und auch kommunizieren, dass auch Mitarbeitende in ihren Fachgebieten ggf. bessere Kenntnisse haben.
- Führungskräfte müssen Feedback geben & annehmen!
- Fähigkeit angemessenes positives wie negatives Feedback zur richtigen Zeit zu geben aber auch anzunehmen und konstruktiv damit umzugehen.
- Führungskräfte müssen Vorbild sein & Werte vorleben!
- Fähigkeit entwickeln, das eigene Verhalten anzupassen. Mitarbeitende schauen genau auf die Führungskraft. Wenn diese z.B. immer mit dem Auto kommt, obwohl das Unternehmen Nachhaltigkeit leben will, muss ein Umdenken der Führungskraft möglich sein.
- Führungskräfte müssen Spürsinn für psychologische Veränderungen der Mitarbeitenden entwickeln!
- Anzeichen erkennen für psychische Erkrankungen, wie Burn-Out oder Depression.
- Führungskräfte müssen psychologische Sicherheit bieten!
- Ängste der Mitarbeitenden ab- und Vertrauen aufbauen, dass alles angesprochen werden kann ohne Angst vor Reaktion.
- Führungskräfte müssen Umgang mit externer und interner Unsicherheit vorleben!
- Lernen in Szenarien zu denken, um auch hier den Mitarbeitenden psychologische Sicherheit zu vermitteln.
Nach der Studie „It starts with the CEO“ des Personalberatungsunternehmens Egon Zehnder (2021) gaben viele der befragten Führungskräfte an, wie sehr sich die Anforderungen an sie verändert haben. Es sind sowohl die ständigen technologischen Neuerungen, die sich schnell verändernten Erwartungen von Kunden und neue Marktkonkurrenten, sondern auch aktuelle Themen, wie Umweltbelange oder soziale Gerechtigkeit in der Arbeitswelt, die insbesondere Geschäftsführern eine große Anpassungsfähigkeit abverlangen. In dieser neuen äußerst komplexen wirtschaftlichen Phase können Führungskräfte sich nicht mehr auf die bisherigen Führungsansätze verlassen, sondern sind aufgefordert ihre Führung zu überdenken und anzupassen.
Insbesondere auf intrapersonelle Veränderungen hin zu mehr Mitarbeitendenfokussierung kommt es nun verstärkt an, wissen auch die Führungskräfte selbst. Ganze 45% sahen ihre größten Schwächen in ihrer Ungeduld beim Zuhören und dem selbst zu viel sprechen. 17% gaben an zu nett und zu konfliktscheu zu sein, gefolgt von 13%, die meinen zu wenig Empathie für Mitarbeitende zu haben (Egon Zehnder, 2021).
Wie werden Führungskompetenzen (v)ermittelt?
Welche Führungskompetenzen und Prinzipien in der jeweiligen Organisation wichtig sind, entscheidet das strategische Management. Es gleicht die Werte und Ziele der Organisation mit den Anforderungen an ihre Führungskräfte ab. Anschließend können Anforderungen und Kompetenzen einer Führungskraft damit abgeglichen und individualisierte Entwicklungsmaßnahmen herausgearbeitet werden.
Ein praktischer Ansatz für die Identifikation der Motivationen und Kompetenzen von (angehenden) Führungskräften kann sein:
FÜMO-Coaching
Das Hamburger Führungsmotivationsinventar-Coaching dient zur Erstellung eines Profils der (angehenden) Führungskraft, das deren Motivation und ggf. auch Motivationshindernisse in den Blick nimmt. So können die Basismotive, das Führungsmotiv, die führungsaffinen Interessenfelder sowie auch eventuell unterbewusste Vorbehalte gegen eine Führungsrolle aufgedeckt werden und bilden so eine erste Grundlage zur individualisierten Führungskräfteentwicklung (Kauffeld, S., Spurk, D. 2019, S.419).
Welche Ansätze und welche Führungskräfteentwicklungsprogramme sind empfehlenswert?
Grundsätzlich ist es empfehlenswert ein Führungskräfteentwicklungsprogramm zu etablieren, das auf die Unternehmensziele, -grundsätze und -strategien abgestimmt ist. Vielversprechende Ansätze für das Erlernen von innovativen Führungsmethoden insbesondere für die Entwicklung der interpersonellen Führungskompetenzen stellen die folgenden Ansätze dar:
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Managerial Coaching
Das Managerial Coaching ist eine Methode, bei der Führungskräfte klassische Coachingmethoden erlernen und beim Führen so zur Anwendung bringen, dass sie die berufliche Entwicklung und die Arbeitsleitung ihrer direkten Mitarbeitenden, aber auch deren persönliche Weiterentwicklung verbessern. Im Unterschied zu externen Coaches müssen Führungskräfte dabei häufigeres Feedback an ihre Coachees geben, anpassungsfähig an verschiedene Gesprächssituationen sein und auch ganze Teams coachen können (Pentz, W., Nitschke, N., Wittgenstein, L., Schilling, L. 2022, S. 12).
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Lösungsfokussiertes Coaching für Führungskräfte
Das lösungsfokussierte Coaching nach Steve de Shazar wendet seinen Blick auf Lösungen, auf die Ressourcen und Kompetenzen von Menschen und weniger auf die Probleme, im Sinne des “Stärken stärken und Schwächen schwächen“. Die lösungsorientierte Gesprächsführung ist dabei darauf ausgelegt, dass jedes Gespräch das Letzte sein könnte, weil dann schon eine Lösung gefunden sein kann (Middendorf, J. 2019, S. 4,7,8,14). Damit bietet es einen positiven und sehr mitarbeiterorientierten Ansatz der Führung mit den Methoden und Instrumenten des Coachings.
Für die externe Führungskräfteentwicklung können folgende Programme großer und sehr etablierter Personalberatungsunternehmen in Frage kommen, z.B.:
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Egon Zehnder Breakthrough Programm
Das Personalberatungsunternehmen Egon Zehnder gestaltet sein einjähriges Führungskräfteprogramm „Executive Breakthrough“ durch ein individualisiertes Assessment (Egon Zehnder Potential Model), bei welchem der eigene authentische Führungsstil bestimmt wird, Feedback gegeben und personalisierte Maßnahmen abgeleitet werden für die Entwicklung passender Verhaltensweisen und das Mindset, um die Menschen anzuleiten, für die man verantwortlich ist. Die persönliche Transformation steht dabei im Mittelpunkt (Egonzehnder.com, 2023).
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Kienbaum Führungskräfteentwicklung
Das Kienbaum Führungskräfteprogramm besteht aus der Grundqualifizierung und dem Aufbauprogramm. Die Programme haben eine starke Umsetzungsorientierung und sind sequenziell aufgebaut. Es werden Coachingkompetenzen erlernt und anhand naturwissenschaftlicher Modelle Verständnis für die eigene Stressbewältigung sowie Leistungsfähigkeit geschaffen. Unterstützend können digitale Lernbegleitungen eingebettet werden. Des Weiteren können für die interne Führungskräfteentwicklung die einzelnen Tools Leadership Compass und Change Capability Profile unterstützend genutzt werden. Der Leadership Compass ist ein Online Tool, das den individuellen Führungsstil bestimmt und auch als 360Grad Feedback genutzt werden kann, indem anonymisiert Mitarbeitende der Organisation ihre Einschätzung der Führungskraft geben können.
Das Capability Profile ist ein Online Tool, das die Veränderungsbereitschaft und -kompetenz misst unter Einbeziehung der Kontextfaktoren des Unternehmens (kienbaum.com, 2023).
Fazit – Führungskräfte müssen sich ständig weiterentwickeln
Wie die Personalberatungsagentur Egon Zehnder 2023 schrieb „It starts with the CEO“. Damit ein Unternehmen am Markt besteht, muss es die nötigen Veränderungsprozesse meistern. Das kann es nur gemeinsam mit seinen Mitarbeitenden schaffen. Diese werden in ihrer Arbeit und Bindung für und an das Unternehmen maßgeblich von den Führungskräften beeinflusst.
JA! Führungskräfte müssen sich weiterentwickeln, um auf die neuen Anforderungen sowohl der Mitarbeitenden als auch der gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen eingehen zu können. Besonders im Bereich der personellen Kompetenzen besteht bei vielen Führungskräften Bedarf sich weiterzuentwickeln, um den Bedürfnissen der Mitarbeitenden danach gehört und wertgeschätzt zu werden, nachkommen zu können.
Anpassung der Führungskräfteentwicklung an Unternehmensziele
Wichtig bei der Führungskräfteentwicklung ist die Abstimmung der Unternehmensziele und -strategien auf die Auswahl und Ausbildung der Führungskräfte. Diese müssen sich an den Kundenwünschen aber auch an den Bedürfnissen der Mitarbeitenden orientieren.
Lebenslanges Lernen gilt auch für Führungskräfte. Ist man in der obersten Hierarchieebene angekommen, ist das dennoch oder sogar besonders ein Grund weiter zu lernen, sich neuen technologischen Trends zu stellen, Empathie gegenüber Mitarbeitenden zu verbessern und nicht zuletzt auch sich selbst zu reflektieren und an die Bedürfnisse der Mitarbeitenden anzupassen.
Literatur
Egon Zehnder.(2021).It starts with the CEO. A global study. Zugriff am 10.06.23 über https://www.egonzehnder.com/cdn/serve/article-pdf/1642761622-6063f84b0988eecb53297702d589a28b.pdf
Egonzehnder.com (2023).Executive Breakthrough. Zugriff am 11.06.23 über https://www.egonzehnder.com/what-we-do/leadership-advisory/leadership-programs/executive-breakthrough
Kauffeld,S., Spurk,D. (2019). Handbuch Karriere und Laufbahnmanagement. Springer Verlag Deutschland. https://doi.org/10.1007/978-3-662-48750-1
Kienbaum.com (2023). Leadership Development. Zugriff am 11.06.23 über Kienbaum https://www.kienbaum.com/de/leistungen/leadership-development
Kienbaum People Convention.(2023). Zugriff am 10.06.23 über Kienbaum https://www.kienbaum.com/de/veranstaltungen/people-convention-2023
Leibowitz, Z. B., Farren, G., & Kaye, B. L. (1986). Designing career development systems: Principles and Practices. San Francisco: Jossey-Bass. EBSCO Publishing.
Middendorf, J. (2019). Lösungsorientiertes Coaching. Springer Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-25797-2
Pentz, W., Nitschke, N., Wittgenstein, L., Schilling, L. (2022). Die Führungskraft als Coach. 2. Quadriga Coachingstudie. Quadriga Hochschule Berlin.
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