By Published On: 30. Mai 2024Categories: Digitalisierung, Psychologie, Technologie, Wirtschaft

Viele Online-Shops wie Shein oder Temu, aber auch Lebensmittelgeschäfte wie Aldi und Lidl bieten mittlerweile die Möglichkeit, auf spielerische Art und Weise Punkte zu sammeln, um Rabatte oder Coupons zu erhalten. Ob man sich für den Newsletter registriert, mehr Informationen über sich selbst einträgt oder die App downloadet. Das Konzept der sogenannten Gamification bedeutet, dass Nutzer*innen spielerisch Schnäppchen freischalten können. Aber welcher psychologischer Mechanismen bedient sich dieses Konzept? Welche sind die Chancen und Grenzen von Gamification?

Wie funktioniert Gamification?

Viele Unternehmen bauen spieltypische Elemente in Apps oder Websites ein, um die Aufmerksamkeit von Kund*innen zu wecken oder ihre Entscheidungen zu beeinflussen (Watson, 2014, S. 76.). Diese Elemente können beispielsweise das Sammeln von Punkten, oder auch Minispiele wie das Drehen eines Glücksrades sein. Die Gamification beruht auf drei Mechanismen:

  1. Die Verbraucher*innen können in einen Wettbewerb mit sich selbst oder anderen treten. Dadurch entsteht ein Verlangen danach, seinen eigenen Rekord zu überbieten, oder mehr Punkte zu erlangen als jemand anderes. Dies sorgt dafür, dass man sich immer wieder in die App einloggt um die Belohnungen freizuschalten.
  2. Die Nutzer*innen geben Informationen über sich selbst preis. Solche Informationen sind wertvoll für das Unternehmen, da es eine Einsicht in die Demographie der Kundschaft erhält. Außerdem kann das individuelle Angebot mithilfe dieser Angaben genauer auf die Nutzer*innen zugeschnitten werden.
  3. Durch die spielerischen Elemente entsteht Spaß und man erhält Belohnungen (Watson, 2014, S. 76). Das Glückshormon Dopamin wird dadurch vermehrt ausgeschüttet, wodurch ein Lerneffekt entstehen kann.

Diese spielerischen Elemente werden in den verschiedensten Bereichen angewendet. Es gibt Haushalts-Apps, bei denen man belohnt wird, wenn man eine Hausaltsaufgabe wie Putzen oder Einkaufen erledigt (Watson, 2014, S. 76), Abnehm-Apps, bei denen man Punkte sammelt, wenn man zum Sport geht, oder aber auch Mode-Apps, bei denen man mit der App Punkte bei jedem Einkauf sammelt. Als Belohnungen können Rabatte, virtuelle Abzeichen oder auch neue Avatare freigeschaltet werden.

Warum funktioniert Gamification?

Gamification funktioniert- viele Nutzer*innen öffnen täglich eine App, um Belohnungen freizuschalten. Doch warum tun sie das? Die spielerischen Elemente in den Apps geben den Nutzer*innen das Gefühl, Teil eines größeren Ganzen zu sein. Das Erreichen eines nächsten Levels oder das Freischalten von Belohnungen ist ein Feedback, welches den Nutzer*innen ein positives Gefühl von Fortschritt gibt. Dadurch entsteht kontinuierlich eine neue Motivationsquelle dafür, sich täglich erneut in die App einzuloggen. Ein spielerisches Glücksgefühl entsteht, das sich, wenn es auf TikTok oder Instagram geteilt wird, weiter amplifiziert und sich auf andere Nutzer*innen überträgt. Dadurch entsteht eine positive Einstellung zur Marke und ein gesteigertes Engagement mit der Marke (Burmann/Germroth, 2023, S. 63). Sogar ein sogenanntes Flow-Erleben, also ein mentaler Zustand der intensiven Konzentration auf den Moment, kann durch diese Minispiele hervorgerufen werden. Das heißt, dass durch die Spiele auch intrinsische, sowie extrinsische Bedürfnisse angesprochen werden (Burmann/Germroth, 2023, S. 64).

Chancen und Grenzen

Gamification kann auf den ersten Blick wie ein Manipulations-Tool von Unternehmen wirken, um Kund*innen dazu zu bringen, mehr einzukaufen. Shein zum Beispiel, ein chinesischer Mode- Großkonzern, bietet enorm viele Belohnungen in Form von Rabatten und Gutscheinen an, was viele Kunden dazu verleitet, mehr Klamotten zu kaufen, als sie eigentlich brauchen. Gamification ist ein hocheffektives Mittel, um Menschen etwas tun zu lassen, was sie eigentlich nicht wollen.

Doch Gamification kann auch in anderen Bereichen genutzt werden. Gamification löst Glücksgefühle aus und sorgt sogar für eine erhöhte Ausschüttung von Dopamin, dem Neurotransmitter für Motivation (Wikipedia, 2023). Menschen mit ADHS fällt es oftmals schwer, sich aufzuraffen, also eine intrinsische Motivation für Dinge zu finden. Gamification regt einen Kreislauf aus Belohnungen und daraus folgender Motivation an, durch den alltägliche Aufgaben leichter und lustiger werden. Besonders bei Menschen mit ADHS, bei denen der Umgang mit Dopamin im Gehirn anders abläuft, könnten solche Minispiele hilfreich sein (Edgefoundation, 2019).

Krankenkassen wie beispielsweise die Barmer bieten Bonusprogramme an, die Prämien dafür anbieten, sich im Fitnessstudio anzumelden oder eine Ernährungsberatung in Anspruch zu nehmen. Aber auch für die Krebsvorsorge, Schutzimpfungen oder Entspannungskurse können Boni gesammelt werden. Die Barmer zahlt ihren Kund*innen 10 Euro für jede dieser Aktivitäten aus. Dies sorgt für eine gesteigerte Motivation eine dieser Aktivitäten anzufangen (Barmer, 2024).

Denkbar wären in der Zukunft auch Apps, die dazu motivieren mit dem Rauchen aufzuhören, den Müll zu sortieren oder wählen zu gehen. Durch die Spiele sind viele Menschen gewillter, das zu tun, was sie tun sollten. Daraus könnte viel Gutes geschöpft werden (Watson, 2014, S. 77).

Fazit

Grundsätzlich ist der Einsatz spielerischer Elemente in der heutigen Zeit auch positiv zu bewerten. Viele Menschen sind in einem recht eintönigen Alltag gefangen und erleben selten eine kindlich-spielerische Stimmung. Die alltägliche Dosis an Minispielen, die Glücksgefühle auslöst kann den Alltag spannender gestalten. Außerdem kann das Abnehmen oder der Aufbau anderer guter Gewohnheiten einem schwerfallen. Eine Unterstützung durch Apps mit spielerischen Elementen kann so etwas enorm erleichtern, insbesondere für Menschen mit ADHS oder ähnlichen Problemen. Allerdings sollte man sich der manipulativen Wirkung dieser Elemente bewusst sein, und darauf achten, nicht nur wegen zahlreicher Belohnungen und Rabatte mehr einzukaufen als man ansonsten gebraucht hätte.

Literaturverzeichis

Edgefoundation (2019), When You Have ADHD and Need Motivation, Turn Your Life into a Game. Zugriff am 21.12.2023. Verfügbar unter https://edgefoundation.org/when-you-have-adhd-and-need-motivation-turn-your-life-into-a-game/.

Watson, R. (2014), 50 Schlüsselideen der Zukunft. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg.

Burmann, C. / Germroth, G. (2023), Gamification als Erfolgsfaktor moderner Markenführung. Das Beispiel SHEIN. In: Marketing Review St. Gallen, Issue 5, S. 60-66.

Wikipedia (2023), Dopamin. Zugriff am 21.12.2023. Verfügbar unter https://de.wikipedia.org/wiki/Dopamin.

Barmer (2024), Bonusprogramm. Zugriff am 22.01.2024. Verfügbar unter https://www.barmer.de/unsere-leistungen/leistungen-a-z/bonusprogramm.

Titelbild: Foto von Perry Merrity II auf Unsplash. Verfügbar unter https://unsplash.com/de/fotos/ein-schild-auf-dem-gutscheine-stehen-UmPS8Zf6FB0.

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