By Published On: 22. Juli 2024Categories: Psychologie

In der vielfältigen Welt menschlicher Emotionen gibt es kaum eine Erfahrung, die so universell und doch so intensiv persönlich ist wie der Liebeskummer. Die allermeisten Menschen wissen aus leidvoller Erfahrung, wovon die Rede ist. Dieses emotionale Erdbeben, das durch das Ende einer Liebesbeziehung ausgelöst wird, ist so alt wie die Liebe selbst und bleibt dennoch eines der am wenigsten verstandene Phänomene unseres emotionalen Daseins (Karandashev,2023, S. 125). In unserem Streben nach Liebe und Zugehörigkeit ist Liebeskummer der Preis, den wir für die Öffnung unseres Herzens zahlen. Er ist eine Reise durch die schmerzhaften Tiefen des Verlusts und der Selbstreflexion, ein Prozess, der oft mit Tränen und gebrochenen Herzen gepflastert ist, aber auch mit der unerwarteten Chance auf Wachstum und Neuanfang. In diesem Artikel tauchen wir in die Welt des Liebeskummers ein, erkunden seine Facetten, begreifen seine Bedeutung und entdecken, wie er uns als Individuen unter der psychologischen Lupe prägt und verändert.

Was genau ist Liebeskummer?

Liebeskummer beschreibt den emotionalen Schmerz und die physischen Symptome, die aus unerwiderter Liebe oder einer Trennung resultieren, und stellt eine Reaktion auf romantische Ablehnung dar. Er entsteht, wenn die gewünschte tiefe Verbindung zu einer anderen Person nicht möglich ist (Kattan, 2020, S. 55; Walter, 2021, S. 964). Liebeskummer ist ein häufiger und schmerzlicher, aber ganz normaler Bestandteil des Lebens. Er wird nicht als medizinische Erkrankung angesehen und erfordert keine Behandlung oder Diagnose im klinischen Sinne. Schon allein das deutsche Wort „Kummer“ suggeriert eine milde Form des Leidens. Auch wenn es „nur“ Kummer ist, kann für einige eine tiefe Krise bedeuten, mit Depression vergleichbaren Symptomen und ernsten Risiken (Walter, 2021, S. 964).

Liebeskummer spielt sich nicht nur im Kopf ab

Abbildung 1: Die rosarote Brille

Forschungen haben gezeigt, dass Liebeskummer nicht nur psychisch ist, sondern auch körperliche Reaktionen durch die Ausschüttung von Stresshormonen hervorruft, die physische Symptome ähnlich einer Erkrankung verursachen können. Bestimmte Gehirnregionen, die mit Belohnung und Motivation verbunden sind, werden bei Liebeskummer aktiviert, was den Reaktionen auf Drogen ähnelt. Anfänglich lösen Glückshormone wie Dopamin, wenn wir verliebt sind, ein berauschendes Gefühl aus, vergleichbar mit einem Amphetamin-High. Dies lässt uns nur noch an die geliebte Person denken und verleiht uns ein Gefühl von Allmacht: wir fühlen uns stark, lebendig, inspiriert, widerstandsfähig, gesund und voller Liebessehnsucht. Es kann auch eine rosarote Brille aufsetzen, die uns blind für Beziehungsprobleme macht. Bleibt die Liebe jedoch unerwidert, folgt oft eine Phase der Resignation, gekennzeichnet durch sinkenden Dopaminspiegel und zunehmende Antriebslosigkeit. Dies kann das vorherige emotionale Hochgefühl abrupt zerstören und einem Drogenentzug ähneln. In extremen Fällen kann dies zum „Broken-Heart-Syndrom“ führen, das Symptome wie bei einem Herzinfarkt verursacht (Kattan, 2020, S. 55; Mayer, 2023, S. 51; Karandashev, 2023, S. 128; Walter, 2021, S. 964).

Abbildung 2: Liebe ist wie eine Droge

Symptome von Liebeskummer

Es werden verschiedene Aspekte von Liebeskummer und seine Parallelen zur depressiven Symptomatik beschrieben. Die Symptome werden folgend beschrieben (Walter, 2021, S. 964):

Gebrochenes Herz als Diagnose

Abbildung 3: Gebrochenes Herz als Diagnose

Wenn das Herz bricht, sagen wir oft, es sei „nur“ Liebeskummer, doch die Auswirkungen können so intensiv sein, dass sie körperlich und emotional spürbar sind – und manchmal fühlt es sich an wie eine ernsthafte Krankheit. Obwohl Liebeskummer in der Regel nicht als psychische Erkrankung klassifiziert wird, da er nicht dauerhaft unseren Alltag beeinträchtigt, können wir uns fragen: Sind die Schmerzen unerwiderter Liebe in manchen Fällen nicht doch intensiver als die einer Depression? Wenn der Kummer so intensiv und langanhaltend wird, dass er unsere tägliche Funktion stört, sprechen Fachexperten von einer anhaltenden Trauerstörung – ein Zustand, der in seiner Schwere mit Depressionen vergleichbar ist und der ähnlichen Aufmerksamkeit und Behandlung erfordert. Diese Einsichten zeigen, wie wichtig es ist, die emotionalen Herausforderungen, die Liebeskummer mit sich bringt, ernst zu nehmen und erweitern unser Verständnis von psychischer Gesundheit und zeigen, wie komplex die Folgen unerwiderter Liebe sein können – manchmal sogar intensiver als die Symptome mancher Depressionen (Walter, 2021, S. 966-970).

Wie gehe ich mit Liebesschmerz um?

Trotz der Tatsache, dass Liebeskummer normalerweise nicht als psychische Störung gesehen wird, können diejenigen, die darunter leiden, therapeutische Hilfe suchen. Auch wenn es keine spezifischen Therapieformen für Liebeskummer gibt, helfen einige Strategien, um den Schmerz zu bewältigen (Walter, 2021, S. 972-973):

Keine feste Zeit: Der Heilungsprozess ist individuell. Gesunde Ernährung, eine klare Alltagsstruktur und das Meiden sozialer Medien (ihn nicht stalken) können helfen. Ein sinnerfülltes Leben ist wichtig.

Lebensglück erweitern: Unabhängigkeit von der Partnerschaft fördern und sich auf Hobbys, Beruf und soziale Aktivitäten konzentrieren. Liebeskummer wie eine Sucht behandeln, durch Kontaktabbruch und Ablenkung wie Sport und soziale Kontakte. Selbstwertgefühl und Trennungsumstände beeinflussen, wie stark Liebeskummer empfunden wird. Anstreben nach Sinn, täglicher Verbesserung und persönlicher Entwicklung das Wohlbefinden steigern kann, während Freundlichkeit zu anderen das eigene Leid mildern und Solidarität stärken kann (Mayer, 2023, S. 51-52).

Therapietechniken anwenden: Techniken aus der Psychotherapie können hilfreich sein. Es wird aufgezeigt, dass das Verständnis der eigenen Lebensgeschichte, sozialer Kontext und das Erkennen von überdauernden Verhaltensmustern zum Umgang mit Liebeskummer beitragen können. Wichtig sind hierbei auch das Akzeptieren temporärer Leidenszustände und das Vermeiden einer Pathologisierung von Lebensproblemen. Eine ehrliche Selbstreflexion und Dialoge führen zur Minderung des Leids.

Fazit: Liebeskummer – Lehrmeister des Lebens

Liebeskummer ist ein ernstzunehmendes Phänomen mit realen neuropsychologischen und neurophysiologischen Auswirkungen. Es kann psychische und physische Symptome hervorrufen, die oft intensiver als bestimmte Formen der Depression sind. Das wachsende Bewusstsein für die Komplexität des Liebeskummers fördert neue Forschungen und Behandlungsansätze, die sowohl körperliches als auch psychisches Leiden lindern können. Liebeskummer verdient Aufmerksamkeit für die psychische Gesundheit und persönliche Entwicklung. Gespräche und emotionale Unterstützung spielen eine wichtige Rolle im Heilungsprozess (Walter, 2021, S. 975; Mayer, 2023, S. 52). Es ist ein wichtiger Bereich des menschlichen Erlebens, der Aufmerksamkeit verdient, sowohl aus der Sicht der psychischen Gesundheit als auch im Hinblick auf die persönliche Entwicklung und das Wohlbefinden. Es ist wichtig mit anderen zu reden und die Stärke daraus zu ziehen. Liebeskummer ist nicht nur eine Phase der Traurigkeit, sondern auch ein Lehrmeister des Lebens, der uns beibringt, wie wir lieben, verlieren und letztendlich stärker daraus hervorgehen.

Abbildung 6: Liebeskummer – Lehrmeister des Lebens

Abbildungsverzeichnis

Titelbild: Bild von RDNE Stock project (2021). In Pexels. Zugriff am 07.07.2024. Verfügbar unter https://www.pexels.com/de-de/foto/liebe-love-traurig-betrubt-6670068/

Abbildung 1: Bild von Diana (2018). In Pexels. Zugriff am 07.07.2024. Verfügbar unter https://www.pexels.com/de-de/foto/gold-gerahmte-brille-1313064/

Abbildung 2: Bild von Lance Reis (2023). In Unsplash. Zugriff am 07.07.2024. Verfügbar unter https://unsplash.com/de/fotos/eine-nahaufnahme-einer-pillenflasche-mit-pillen-die-aus-ihr-herausfliessen-Xql9FpeQPCc

Abbildung 3: Bild von Karolina Kaboompics (2020). In Pexels. Zugriff am 07.07.2024. Verfügbar unter https://www.pexels.com/de-de/foto/gesund-person-rot-herz-4386467/

Abbildung 4: Bild von Karolina Kaboompics (2020). In Pexels. Zugriff am 07.07.2024. Verfügbar unter https://www.pexels.com/de-de/foto/frauen-emotion-problem-traurig-6135069/

Abbildung 5: Bild von Timur Weber (2021). In Pexels. Zugriff am 07.07.2024. Verfügbar unter https://www.pexels.com/de-de/foto/paar-frau-festhalten-halten-8560356/

Abbildung 6: Bild von Hassan Ouajbir (2018). In Pexels. Zugriff am 07.07.2024. Verfügbar unter https://www.pexels.com/de-de/foto/frau-die-sitzt-wahrend-herzzeichen-hande-zeigen-1535288/

Literaturverzeichnis

Karandashev, V. (2023). Liebe – kulturübergreifend betrachtet: Kulturelle Unterschiede und Ähnlichkeiten in der Erfahrung und dem Ausdruck von Liebe. Springer. doi:10.1007/978-3-031-29402-0

Kattan, C. (2020). L wie Liebeskummer. In: Durch die Pubertät von A bis Z: Wie Sie Ihr Kind bestmöglich begleiten und unterstützen. Wiesbaden: Springer. doi:10.1007/978-3-658-28133-5_12 

Mayer, C.-H. (2023). Schmerzen und Leid im Kontext der Liebe: Wie aus Liebesschmerz eine sinnhafte Lebenserfahrung werden kann. Schmerzmedizin, 39(6), 50-53. doi:10.1007/s00940-023-4300-4

Walter, H. (2021). Liebeskummer: Unter der psychiatrischen Lupe [Lovesickness Psychiatrically scrutinized]. Nervenheilkunde, 40(12), 963-976. doi:10.1055/a-1650-2810

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