By Published On: 7. Juni 2024Categories: Gesundheit


Viele Menschen greifen bei Erkrankung auf homöopathische Arzneimittel als Alternativheilung anstatt auf die Medizin. Einige nehmen über einen längeren Zeitraum oder sogar dauerhaft homöopathische Mittel zu sich, um Beschwerden langfristig zu lindern oder um diesen präventiv vorzubeugen. Aber inwieweit sind homöopathische Mittel wirksam? Ist die dauerhafte Einnahme tatsächlich gesundheitlich fördernd oder sogar schädlich für den Körper? 

Der Stand der Homöopathie in der Gesellschaft

Die Homöopathie erfreut sich in der ganzen Welt großer Beliebtheit. Nicht nur in Europa, sondern auch in vielen anderen Regionen der Welt wie z.B. in Lateinamerika, Indien und auch in den USA ist die Homöopathie mal mehr mal weniger im Trend. Millionen von Personen schwören auf diese Alternativmedizin und nehmen fast täglich homöopathische Arzneimittel ein. Andere wiederum lehnen diese grundsätzlich ab und sehen diese als unwirksam und manche sogar als gesundheitsschädigend an. Obwohl die Homöopathie weit verbreitet ist, wissen viele Menschen trotzdem nicht genau, was hinter dieser Alternativmedizin steckt. Eine Umfrage über die Bedeutung von Homöopathie in Großbritannien ergab, dass 40% der Bevölkerung fälschlicherweise angaben, Homöopathie sei eine Kräutermedizin oder beinhalte nur natürliche Inhaltsstoffe (Ernst, 2018, S. 3, 9). Auch in Deutschland hat die Homöopathie viele Anwender gefunden. Laut einer Umfrage der Heilpraktiker Fakten (2019) gaben 70 % der Befragten an, schon homöopathische Mittel eingenommen zu haben. Monatlich kauft sogar mehr als jede*r Vierte homöopathische Mittel ein.

Die Wirkung der Homöopathie steht jedoch seit Jahren in Deutschland in der Kritik. Wie in der folgenden Statistik zu entnehmen, ist der Absatz von homöopathischer Mittel in den deutschen Apotheken in den letzten Jahren leicht zurück gegangen. Laut der Statistik der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V. (2023) lag der Absatz von homöopathischen Arzneimitteln im Jahr 2018 in den deutschen Apotheken noch bei 35 Mio. Packungen, bis zum Jahr 2020 verringerte sich der Absatz um 8 Mio. Packungen und im Jahr 2022 lag der Absatz nur noch bei 24 Mio. Packungen.  

Absatz von pflanzlichen, homöopathischen und anthroposophischen Arzneimitteln in Deutschland in den Jahren 2018 bis 2022
Absatz von pflanzlichen, homöopathischen und anthroposophischen Arzneimitteln in Deutschland in den Jahren 2018 bis 2022
Quelle: Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V. (2023)

Der Trend der Homöopathie scheint ins Schwanken zu kommen.

Grundlage und Herstellung von homöopathischen Mitteln

Die ersten Grundzüge der Homöopathie als alternative Heilmethode entwickelte der deutsche Arzt Samuel Hahnemann vor ungefähr 200 Jahren. Hahnemann war der Überzeugung, dass der Mensch dazu im Stande ist, sich selbst zu heilen. Er betrachtete die Symptome einer Krankheit als sichtbare Auseinandersetzung des Menschen mit seiner Erkrankung. Hahnemann empfand es daher als sinnvoller, die Krankheitssymptome zu stimulieren, anstatt diese zu unterdrücken, um so die Selbstheilungskräfte des Körpers zu unterstützen (Sommer, 2015, S. 4).

Die Homöopathie beruht nach Ernst (2018) im Wesentlichen auf drei Prinzipien: Ähnlichkeitsprinzip, Potenzierung und Miasmentheorie.Das Ähnlichkeitsprinzip besagt, dass Ähnliches mit Ähnlichem behandelt werden kann. Das heißt, dass die Krankheitssymptome mit einer Substanz behandelt werden, die genau diese Symptome hervorruft. Beispielsweise kann die homöopathische Behandlung von Heuschnupfen mithilfe von Zwiebeln erfolgen, weil Zwiebeln das Leitsymptom von Heuschnupfen, nämlich tränende Augen, auslösen. Beim Prinzip der Potenzierung werden Pflanzenextrakte oder auch toxische Substanzen mehrmals verdünnt und verschüttet, so dass am Ende des Prozesses von der Urtinktur nur noch wenige Moleküle vorhanden sind. In Deutschland werden i.d.R. Verdünnungen in Zehnerpotenzen verwendet. Diese sind mit dem Buchstaben D gekennzeichnet. Eine D1 Potenz entspricht beispielsweise einer Verdünnung im Verhältnis von 1:10. Eine D10-Potenz ist eine Verdünnung von 1:10 000 000 000. Gebräuchlich sind allerdings Potenzen zwischen D10 und D30 (S. 11-14). In der folgenden Abbildung wird das Vorgehen von einer Potenzierung dargestellt.

Darstellung einer Potenzierung bei homöopathischen Mitteln
Quelle: Ernst (2018)


Die Miasmentheorie beschreibt die Hypothese, dass chronische Erkrankungen durch Miasmen entstehen. Unter Miasmen werden schädliche Verunreinigungen, Ausdünstungen oder Gase verstanden. Gelangen Miasmen in den Körper und bleiben unbehandelt, so verursachen sie oftmals nach Jahren chronische Krankheiten. Um dies zu verhindern, wird von einigen Homöopathen antipsorische Mittel wie Schwefel zur Behandlung eingesetzt (Ernst, 2018, S. 17, 18).

Zur Herstellung von homöopathischen Mitteln kann fast jedes Material verwendet werden. Homöopathische Mittel bestehen nicht nur aus natürlichen Pflanzenstoffen, wie von vielen Menschen fälschlicherweise angenommen wird. Zwar werden viele homöopathische Medikamente aus pflanzlichen Extrakten gewonnen, jedoch nicht alle. In der Homöopathie werden auch chemische Stoffe wie Blei, Strychnin und Arsen verwendet, die in normaler Konzentration sehr giftig für den Körper sind, in der Homöopathie daher stark verdünnt werden. Bei einigen homöopathischen Mitteln wird sogar auf immateriellen Inhalten wie z.B. Röntgenstrahlen gegriffen (Ernst, 2018, S. 11, 13).  

Die Wirksamkeit von homöopathischen Arzneimitteln

Viele homöopathische Mittel sind durch die Potenzierung so stark verdünnt, dass in diesen nur noch sehr wenige Moleküle oder sogar kein einziges Molekül der Urtinktur zu finden sind. Wenn allerdings sehr toxische Pflanzenextrakte nicht genügend verdünnt werden, können sogar C1-Potenzen (Verhältnis 1:100) schwere Nebenwirkungen auslösen. Daher ist Vorsicht bei der Einnahme von homöopathischen Mitteln geboten, deren Urtinktur giftige Pflanzenextrakte sind (Ernst, 2018, S. 11-13).

Aus Sicht der Wissenschaft beschreibt Prof. Dr. med. Jürgen Windeler, Professor für Medizinische Biometrie und Klinische Epidemiologie, das Konzept der Homöopathie wie folgt: “Das Konzept der Homöopathie widerspricht unserem Wissen darüber, wie die Welt aufgebaut ist: Was verdünnt wird, wirkt nicht mehr. Und ein Wirkstoff, der nicht mehr da ist, kann nicht mehr wirken.“ Die homöopathischen Mittel sollen demnach weniger durch die Wirkstoffe, die in einigen Fällen so gut wie kaum enthalten sind, sondern vielmehr durch die positive Erwartungshaltung der Patienten gegenüber dem Mittel die Symptome verbessern. Der Glaube an dem Mittel löst ein Placebo-Effekt aus, welcher größtenteils zur Verbesserung der Symptomatik beiträgt (Heinrich, 2019). 

Nach den Medizinern Wiesenauer & Kirschner-Brouns (2007), die die Homöopathie befürworten, soll die Homöopathie in erster Linie den Organismus zur Selbstheilung anregen. Hierbei muss individuell das passende Mittel eingesetzt werden, welches im Körper den entsprechenden Reiz auslöst, damit der Körper richtig reagiert. Durch Regulationsvorgänge soll der Körper wieder in die richtige Bahn gelenkt werden. Die Homöopathie ist laut ihnen lediglich eine Reiz-Regulations-Therapie. Um diese Wirkung zu entfalten ist jedoch entscheidend, dass das richtige Mittel eingesetzt wird. Voraussetzend ist allerdings, dass ein gesunder Lebensstil mit mäßigem Stress, genügend Bewegung und ausreichend Schlaf geführt wird. Die Wirkung der Homöopathie kann durch den Konsum von Alkohol, Koffein, Zigaretten und andere für den Körper schädliche Substanzen negativ beeinflusst werden. Damit der Patient eine positive Wirkung erzielen kann, muss er einen inneren ausgeglichenen Zustand anstreben. Auch muss die Bereitschaft mitgebracht werden, sich selbst mit den Beschwerden auseinander zu setzen, sich zu beobachten und in sich hineinzuhören. Beide Mediziner betonen jedoch, dass die Homöopathie keine Universaltherapie ist und in erster Linie für leichte Beschwerden wie Blähungen, Neurodermitis, leichte Infektionen der Harnwege etc. einzusetzen ist (S. 11, 12).

Da homöopathische Mittel in der Bevölkerung weit verbreitet und beliebt sind, übernehmen auch immer mehr Krankenkassen die Kosten, obwohl die Wirkung nicht wissenschaftlich belegt ist. Hierbei spielen vielmehr die Kundenbindung sowie die Gewinnung von neuen Kunden eine Rolle (Heinrich, 2019). Zudem tragen die homöopathischen Mittel mit der damit einhergehendem Placebo-Effekt sowie die Umstellung zu einem gesunderen Lebensstil dennoch im Nebeneffekt zu einer Verbesserung der Gesundheit bei, wodurch auch die Krankenkassen wiederum profitieren.

Fazit

Die Homöopathie ist noch immer eine sehr umstrittene Methode. Ihre Prinzipien stehen im starken Wiederspruch zur Wissenschaft. Einige klinische Studien zeigten auch, dass der Placebo-Effekt bei der Einnahme von homöopathischen Mitteln überlegen ist (Ernst, 2010, S. 256).  

Ethisch ist dies kritisch zu sehen, da bislang nicht genau belegt werden kann, inwieweit die verwendeten Substanzen eine Besserung der Symptome hervorrufen oder ob es sich dabei lediglich um ein Placebo-Effekt handelt. Als Alternativbehandlung bei Erkrankungen ist die Homöopathie als alleinige Methode nicht ratsam und sogar sehr gefährlich. Homöopathische Mittel können als Behandlungsergänzung oder bei harmlosen Symptomen eingenommen werden, da dies bei einigen auch Besserungen verursacht. Letztendlich muss jede Person selbst für sich entscheiden, ob sie das Geld für homöopathischen Mittel ausgeben möchte, um selbst die eigene Erfahrung mit homöopathischen Mitteln zu machen. Solange die Einnahme keine Verschlechterung oder Nebenwirkungen hervorruft, ist dies unbedenklich. Ratsam wäre es, zunächst auf unumstrittene und kostengünstigere Methoden zu greifen, um selbst die Selbstheilung des Körpers zu fördern. Dabei könnte die eigene Erwartungshaltung trainiert werden, um selbst ein Placebo-Effekt auszulösen und dadurch die Symptome zu verbessern. Bei Stress oder Unruhe hat sich beispielweise auch Meditation als gute Methode erwiesen, um Achtsamkeit zu trainieren, was sich nachhaltig auf die Gesundheit und Lebensqualität auswirkt.


Literatur

ABDA (6. Juni, 2023). Absatz von pflanzlichen und homöopathischen Arzneimitteln in deutschen Apotheken in den Jahren 2018 bis 2022 (in Millionen Packungen). In Statista. Aufgerufen am 28.10.2023. Verfügbar unter https://de.statista.com/statistik/daten/studie/557905/umfrage/absatz-von-pflanzlichen-und-homoeopathischen-arzneimitteln-in-deutschen-apotheken/

Ernst, E. (2018). Homöopathie – die Fakten (unverdünnt). Springer: Berlin.

Ernst, E. (2010). Homöopathie. Wiener Medizinische Wochenschrift, 160, S. 256-258. DOI 10.1007/s10354-010-0780-7

HeilpraktikerFakten (2019). HeilpraktikerFakten-Umfrage: Mehr als jeder Vierte kaufte mindestens einmal im Monat Homöopraktika. Aufgerufen am 28.10.2023. Verfügbar unter https://www.heilpraktiker-fakten.de/2019/04/09/heilpraktikerfakten-umfrage-mehr-als-jeder-vierte-kauft-mindestens-einmal-im-monat-homoeopathika/

Sommer, S. (2015). Homöopathie: Alltagsbeschwerden selbst behandeln. (7. Aufl.). Gräfe und Unzer Verlag GmbH: München.

Wiesenauer, M., Kirschner-Brouns, S. (2007). Homöopathie – Das große Handbuch. (18. Aufl.). Gräfe und Unzer Verlag GmbH: München.

Titelbildquelle

Bild von Bruno (2016). In Pixabay. Aufgerufen am 10.09.2023. Verfügbar unter https://pixabay.com/de/photos/medizin-tabletten-pillen-1572978/

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