By Published On: 11. Dezember 2024Categories: Management, Psychologie, Wirtschaft

Hochbegabung wird oft mit außergewöhnlichem Erfolg, Kreativität und einem hohen Maß an Problemlösungskompetenz in Verbindung gebracht. Menschen mit überdurchschnittlicher Intelligenz verfügen über Fähigkeiten, die weit über das Normale hinausgehen, und viele von ihnen streben Spitzenpositionen an. Doch insbesondere im Management kann Hochbegabung sowohl eine Stärke als auch eine Quelle psychischer Belastung sein. Unternehmen und Organisationen stehen vor der Aufgabe, die Potenziale hochbegabter Führungskräfte zu erkennen und optimal zu nutzen, während sie gleichzeitig die spezifischen Herausforderungen berücksichtigen, die mit Hochbegabung einhergehen. Dieser Artikel beleuchtet die besonderen Herausforderungen hochbegabter Führungskräfte und die psychischen Belastungen, die durch ihren Alltag entstehen.

Hochbegabung – Definition und Merkmale

Hochbegabung beschreibt eine überdurchschnittliche intellektuelle Fähigkeit, die häufig mit einem IQ von 130 oder mehr assoziiert wird. Auch wenn der IQ einer der aussagekräftigsten Aspekte ist, ist Hochbegabung doch mehr als reine kognitive Intelligenz. Sie umfasst auch kreatives Denken, schnelle Informationsverarbeitung und die Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge zu erkennen (Stark, 2024, S. 24; Baudson, 2016, S. 3). Bei Lackner (2014) wird dazu das triarchische Intelligenz-Modell von Sternberg dargestellt, welches drei Intelligenz-Bereiche zusammenfasst: die analytische, die praktische und die kreative Intelligenz (S. 203). Im beruflichen Kontext, insbesondere im Management, zeichnen sich hochbegabte Menschen durch strategisches Denken, Innovationskraft und die Fähigkeit aus, unter Druck exzellente Leistungen zu erbringen. Gleichzeitig kämpfen sie jedoch oft mit einer starken Selbstkritik und dem Gefühl, den eigenen und fremden Erwartungen nicht gerecht zu werden (Schröder, S. 2022, 33-34).

Hochbegabung im Management – Potential und Herausforderung

Hochbegabte Führungskräfte sind in der Regel in der Lage, strategisch zu denken lernfähig zu sein und komplexe Probleme zu lösen und zeichnen sich durch Kreativität sowie Weitblick aus. Diese Fähigkeiten ermöglichen es ihnen, innovative Strategien zu entwickeln und dabei langfristig erfolgreich zu sein. Studien zeigen, dass Führungskräfte mit überdurchschnittlichen intellektuellen Fähigkeiten oft besser in der Lage sind, schwierige Entscheidungen zu treffen und Risiken angemessen zu bewerten (Yusof, Ishak & Zahidi, 2015, S. 589; Lackner, 2014, S. 17-19). Mit diesen außergewöhnlichen Fähigkeiten werden sie zu wertvollen Ressourcen für Unternehmen. Trotz ihrer Fähigkeiten stehen hochbegabte Manager oft unter enormem Druck. Ihre Neigung, nach Perfektion zu streben, kann in einer Führungsposition zur Überlastung führen. Sie neigen dazu, sich mit Aufgaben zu übernehmen, und unterschätzen ihre eigenen Grenzen (Stark, 2024, S. 75-80).

Ein weiteres Problem ist die fehlende Akzeptanz durch Kolleg*innen und Mitarbeiter*innen. Hochbegabte Menschen denken oft schneller und anders, was zu Kommunikationsproblemen und Missverständnissen führen kann. Dies kann das Gefühl der Isolation verstärken, welches viele Hochbegabte erleben (Schröder, 2022, S. 33-35).

Psychische Belastungen hochbegabter Führungskräfte

Hochbegabte Menschen neigen zu perfektionistischen Ansprüchen. Sie setzen sich selbst unter Druck, fehlerlos zu sein, und haben oft Schwierigkeiten, Aufgaben zu delegieren. Diese Eigenschaften können im Management zu Überforderung und chronischem Stress führen (Lackner, 2014, S. 326). Stark (2024) betont, dass Hochbegabte häufig unter dem sogenannten „Impostor-Syndrom“ (dt.: Hochstaplersyndrom) leiden – einem Gefühl, ihre Erfolge seien unverdient, und sie könnten jederzeit als „Betrüger*in“ entlarvt werden. Dieses Syndrom führt zu Selbstzweifeln, Angst vor Misserfolg und kann die psychische Gesundheit stark beeinträchtigen (S. 50-51). Hierbei spricht zusätzlich vieles für eine perfektionistische Persönlichkeit (Schröder, 2022, S. 35).

Hochbegabte Führungskräfte empfinden sich oft als „anders“ und finden nur schwer Anschluss in ihrem Umfeld. Torsten Schröder (2022) hebt hervor, dass viele Hochbegabte ihre Gedanken und Ideen in einer Weise artikulieren, die von anderen als zu abstrakt oder überfordernd wahrgenommen wird. Wie bereits erwähnt, erschwert dies die Zusammenarbeit im Team und verstärkt das Gefühl der Isolation (S. 60-61). Hochbegabte Führungskräfte haben oft das Gefühl, dass sie Aufgaben besser und schneller erledigen können als andere. Dies kann dazu führen, dass sie Schwierigkeiten haben, Aufgaben zu delegieren, was zu Überlastung und Ineffizienz führen kann (Lackner, 2014, S. 428). Die Kombination aus hohem Anspruchsniveau, fehlender sozialer Unterstützung und anhaltendem Druck erhöht zudem das Risiko für Burnout. Hochbegabte Führungskräfte erleben häufig emotionale Erschöpfung, die sich in Symptomen wie Schlafstörungen, Gereiztheit und einem Verlust an Motivation äußern kann (Lackner, 2014, S. 139-140).

Strategien zur Förderung von Hochbegabten im Management

Die Unternehmenskultur spielt eine entscheidende Rolle für das Wohlbefinden hochbegabter Führungskräfte. Eine unterstützende Umgebung kann helfen, die bereits genannten Herausforderungen zu mindern und die Führungskompetenzen zu stärken. Dazu zählen auch Diversität und Inklusion fördern, um hochbegabten Führungskräften ein Gefühl der Zugehörigkeit zu geben. Dies kann durch Schulungsprogramme, Mentoring und Netzwerkmöglichkeiten geschehen, die es hochbegabten Menschen ermöglichen, ihre Fähigkeiten zu entfalten und gleichzeitig von anderen zu lernen (Matthews, 2004, S. 83). Ebenfalls profitieren hochbegabte Führungskräfte von einem gezielten Selbstmanagement. Dazu gehört die Fähigkeit, Prioritäten zu setzen, realistische Ziele zu formulieren und den Fokus auf das Wesentliche zu lenken (Lackner, 2020, S. 425-427).

Individuelles Coaching bietet hochbegabten Managern die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten zu reflektieren und effektive Strategien für den Umgang mit Herausforderungen zu entwickeln. Mentoring-Programme können darüber hinaus als Plattform dienen, um Erfahrungen auszutauschen und von anderen zu lernen (Schröder, 2022, S. 84).

Um die Zusammenarbeit mit Kollegen zu verbessern, ist es wichtig, Kommunikationsbarrieren abzubauen. Hochbegabte Führungskräfte können von Trainings im Bereich der zwischenmenschlichen Kommunikation profitieren, um ihre Ideen verständlicher zu präsentieren und Missverständnisse zu vermeiden (Yusof, Ishak & Zahidi, 2015, S. 593).

Fazit

Hochbegabung im Allgemeinen, aber explizit im Management ist ein komplexes Phänomen. Hochbegabte Führungskräfte können durch ihre Fähigkeiten in strategischem Denken, Kreativität und Führungsqualitäten einen erheblichen Mehrwert für Unternehmen schaffen. Damit bietet Hochbegabung herausragende Potenziale und außergewöhnliche Fähigkeiten, kann jedoch auch erhebliche psychische Belastungen verursachen. Um die Herausforderungen zu bewältigen, sind individuelle Strategien und ein unterstützendes Arbeitsumfeld entscheidend. Unternehmen sollten hochbegabte Führungskräfte gezielt fördern, um ihre Talente optimal zu nutzen, zur beruflichen Entwicklung beitragen und damit auch langfristig den Erfolg des Unternehmens sichern. Zusätzlich müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die das psychische Wohlbefinden hochbegabter Menschen fördern.

Literaturverzeichnis

Baudson, T.G. (2016). The mad genius stereotype: Still alive and well. Frontiers in Psychology, 7(368), 1-9. doi: https://doi.org/10.3389/fpsyg.201600368

Lackner, M. (2014). Talent-Management spezial. Hochbegabte, Forscher und Künstler erfolgreich führen (2. Auflage). Berlin: Springer.

Matthews, M. S. (2004). Leadership education for gifted and talentes youth: A Review of the Literature. Journal for the Education of the Gifted, 28(1), 77-113. doi: https://doi.org/10.1177/016235320402800105

Schröder, T. (2022). Hochsensibilität: Jobchance oder Karrierekiller in der VUCA-Welt. Erfahrungen aus Coaching, Leistungssport und Job. Wiesbaden: Springer.

Stark, S. (2024). Hochbegabte Erwachsene in der Verhaltenstherapie. Stuttgart: Klett-Cotta.

Yusof, R., Shak, N. M. & Zahidi, A. M. (2015). Leadership characteristic among gifted and talented students at Malaysia National Gifted Center. International Journal of Scientific Research, 4(8), 588-594. Zuletzt abgerufen am 30.11.2024. Verfügbar unter https://www.researchgate.net/profile/Rorlinda-Yusof/publication/297907841_Education_Rorlinda_Yusof_Leadership_Characteristic_Among_Gifted_and_Talented_Students_at_Malaysia_National_Gifted_Center/links/56e423d108ae98445c1ef046/Education-Rorlinda-Yusof-Leadership-Characteristic-Among-Gifted-and-Talented-Students-at-Malaysia-National-Gifted-Center.pdf

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